196.124 Brief Samek an RA Felix Gallia

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Reindorfgasse
XV., Rudolfsheim-Fünfhaus
Datum: 13. August 1936
Betreff: Kraus – Arbeiterzeitung
Diktiersigle: Dr.S/Fa.

Empfänger

An: Herrn | Dr. Felix Gallia, | Advocat
Masarykstrasse 25/27
Brünn
Seite von 4

Sehr geehrter Herr Kollege!

Ich komme nun endlich dazu, zu demSchriftsatz der Angeklagten Sonka und Schramek, den Sie mirmit dem Schreiben vom 30. Juni 1936 eingesendet haben, Stellungzu nehmen. Allerdings ist dies nur zu Punkt 3) möglich, dererste Punkt betrifft eine Rechtsfrage, die ich ja auch imgleichen Sinne entscheide, wie der Schriftsatz der Angeklagten,nämlich, dass nicht das Bezirksgericht sondern das Kreisgericht zuständig wäre und beide Angelegenheiten dort zu verbinden sind.In dieser Hinsicht kann wohl auch nichts anderes passieren,als dass die Angelegenheit wieder dem Strafkreisgericht über-wiesen wird. Beim Punkt 2) wird es wohl davon abhängen, obHerr Dr. Křepelka tatsächlich bezeugt, nur von Herrn Sonka in-formiert worden zu sein und im Drange der Arbeit den Schrift-satz auch für Herrn Schramek eingereicht zu haben. Dagegen istdas Vorbringen im Punkt 3) offenbar nicht geeignet eine Ent-schuldigung des Angeklagten zu bewirken. Die Fackel hat, wieschon seinerzeit vorgebracht wurde, nicht mehrere Ausgaben,sondern nur eine Ausgabe, auf welcher je nach dem Erscheinungs-land der Preis in der Währung dieses Landes angegeben ist. Wenn

der Angeklagte seinem Verteidiger die mit der österreichischenPreisangabe versehenen Ausgabe der Fackel zum Beweise angebotenhat, so konnte er, da auf dieser Ausgabe nichts davon steht, dasses eine „österreichische Ausgabe“ sei, sie nicht als solche be-nennen, wenn er nicht einen Gegensatz im Inhalt zu den anderenAusgaben ausdrücken wollte. Ein solches Vorbringen hätte nurdann eine Berechtigung, wenn die Ausgabe ausdrücklich als„österreichische Ausgabe“ bezeichnet wäre oder wenn es eineninhaltlichen Unterschied zwischen der „österreichischen Aus-gabe“ und einer anderen Ausgabe gäbe. Wenn der Angeklagte meint,er habe sich auf die „österreichische Ausgabe“ der Zeitschrift berufen, weil er die Aeusserung von der Partei, welche denHausherrn hinausgeworfen hat, in der „österreichischen Ausgabe“gelesen habe, so ist dies wieder ein Manöver, mit dem er vonseiner beleidigenden Aeusserung abzulenken versucht. Denn keinLeser der „österreichischen Ausgabe“ kann auf die Idee kommen,dass es auch noch eine andere Ausgabe gibt, wenn diese Tatsachenicht auf der „österreichischen Ausgabe“ ausdrücklich vermerktist oder er verschiedene Ausgaben vor sich hat. Der Fall liegtnicht etwa so wie beim Prager Tagblatt oder anderen Zeitungen,von denen man weiss und die es auch offiziell bekanntgegebenhaben, dass es eine Inlandsausgabe und eine Auslandsausgabegibt, die verschiedenen Inhalt haben. Wenn dem Angeklagten beide Ausgaben, die mit österreichischem Preisaufdruck und diemit tschechischen Preisaufdruck, vorgelegen waren, so mussteer feststellen, dass „beide Ausgaben“ bis auf den Preisauf-druck inhaltlich genau übereinstimmen. Lagen ihm diese Ausgabennicht vor, so hatte er keine Veranlassung, von einer „öster-reichischen Ausgabe“ zu sprechen, was gar keinen anderen Sinn

haben könnte, als dass in einer anderen Ausgabe die Stellenicht enthalten sei. Darin liegt aber die Beleidigung.

Ich hoffe, dass Sie unterdessen, im Be-sitze der eingesendeten Vollmachten, alles Nötige veranlassthaben und bin, Sie aufs Herzlichste grüssend, mit vorzüglicherkollegialer Hochachtung

Ihr ergebener

Betr. KrausArbeiterzeitung exp. 13.8.1936.