134.50 Protokoll der Berufungsverhandlung (Landesgericht für Strafsachen I Wien, G.Z. 15a Bl 132/31, Adolf Neuwirth)

Materialitätstyp:

  • Typoskript
Datum: 21. März 1931
Seite von 3

Abschrift.15 a Bl 132/31

Berufungsverhandlung vor dem Landgerichte in Strafsachen I am 21. März 1931

Strafsache gegen Karl Kraus wegen § 491 StG

Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit und punkto Schuld undStrafe gegen das Urteil des Strafbezirksgerichtes I in Wien vom 4.12.1930 Geschäftszahl 4 U 114/30/18

Gegenwärtig:

Vorsitzender Hofrat Neuwirth Richter Hofrat Heidrich Hofrat Dr. Zaczek Hofrat Dr. Demel Schriftführer Justizsekretär Hanak Privatankläger Dr. Paul Amadeus Pisk sein Vertreter Dr. Otto Pisk lt. O.V. vom 12.7.1929

Verteidiger Dr. Oskar Samek lt. O.V. vom 27.7.1929 für denAngeklagten Karl Kraus.

Stempel 55 Schilling

Um 9.17 Uhr ruft der Schriftführer die Sache auf ./ Anberaumt auf9.00.

Die Verhandlung ist öffentlich

Hofrat Heidrich erstattet den Bericht.

Der Vorsitzende lässt das Urteil der ersten Instanz samt Gründenund das Hauptverhandlungsprotokoll sowie den übrigen Akteninhalt,die Strafen Blattzahl 21 verso, vorlesen,

Der Vorsitzende stellt aus O. Nr. 20 fest, dass der angerufene Nichtig-keitsgrund nach Z. 4 des § 281 St.P.O. nicht rechtzeitig ausgeführtwurde.

Der Verteidiger stellt folgende

Beweisanträge:

1.) Vorlesung des Manuskriptes aus der August-Nummer 1929 der „Fackel“;

2.) Einvernehmung des Verteidigers als Tatzeugen, da er bei beidenVorträgen am 7. Juni und 10. Juni 1929, die der Angeklagte imArchitektenvereinssaal, Wien I., Eschenbachgasse 9 hielt, anwesendwar;

3.) Vorlesung der Zeugenaussage des Dr. Fritz Löwy aus Blattzahl 19verso;

4.) Vorlesung des Artikels: „Schönberg-Uraufführungen in Wien“ ausder Berliner Börsenzeitung Nr. 535 von Freitag den 15. November 1929;

5.) Vorlesung des Artikels aus Nr. 806–809Die FackelSeite 62 und 63: „Aus dem Anbruch (XI. Heft 3 März 1929, Universal-Edition)“;

6.) Vorlesung des Artikels: „Das Jubiläums-Arbeiter-Symphoniekonzertaus der Arbeiterzeitung Nr. 313 von Dienstag den 12. November 1929;

7.) Vorlesung des Artikels aus Nr. 820–826Die FackelSeite 57bis 64: „Die Wohnbaukantate“;

8.) Vorlesung des Artikels aus Nr. 811–819Die FackelSeite 75bis 93Verklungen und vertan“;

9.) die Akten an die Staatsanwaltschaft zu leiten weil die Zeugen-aussagen Hertha Gropper Blattzahl 37, 37 verso und Otto Silbermann Blattzahl 19 verso sich im Widerspruch befinden;

insbesondere führt der Verteidiger zu diesen Beweisanträgen aus wiebereits in Blattzahl 49 verso ff schriftlich enthalten ist.

Der Klagevertreter beantragt Ablehnung der Beweisanträge der Verteidi-gung und stellt folgende

Beweisanträge:

a.) Vorlesung der Beilage rot C aus O. Nr. 12: „Nach dem Druck“;

b.) Ablehnung insbesondere des Antrages der Verteidigung ad 9.), weil

Dr. Martha Pisk und Margarethe Philipsky zugegen waren als dasStenogramm übertragen wurde und dies vollkommen integre Persön-lichkeiten sind;

c.) Einvernehmung von Sachverständigen aus dem Kritikerfache.Der Verteidiger spricht sich gegen die Zulassung der Beweisanträgedes Klagevertreters aus.

Beratung 10.35–11.32 Uhr

Beschluss

verkündet: Den Anträgen der Verteidigung auf Vorlesung ad 1.), 3.)bis 8.), des Klagebegehrens auf Vorlesung ad a.) und ferners ad b.)wird stattgegeben. Die Beweisanträge der Verteidigung ad 2.) und9.) sowie des Klagevertreters ad c.) werden als unerheblich, be-ziehungsweise da der Sachverhalt nach der Aktenlage hinreichendgeklärt ist abgelehnt.

Nach den Vorlesungen erteilt der Vorsitzende dem Verteidiger dasWort zur Berufungsausführung.

Der Verteidiger führt die Berufung aus wie O. Nr. 20 und beantragt,Stattgebung der Berufung des Angeklagten.

Der Klagevertreter beantragt, Zurückweisung der Berufung des Ange-klagten.

Urteilsberatung 13.02–13.12 Uhr.

Urteilsverkündigung samt Gründen

Ende 13.25 Uhr

Der Vorsitzende Dr. Neuwirth m.p.

Der SchriftführerHanak m.p.