167.21 Urteil des Oberlandesgerichts Wien (G.Z. 16 Cg 552/31, Vorsitz: Hermann Prey, Richter: Anton Roitz, Bruno Jaitner, Gustav Krauss)

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Datum: 20. September 1932
Stempel: Oberlandesgericht Wien
Stempel: Oberster Gerichtshof
Seite von 4

3 Ob 436/322

2R 12/32

16 Cg 552/3117

Im Namen der Republik!

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatsprä-sidenten Dr. Prey als Vorsitzenden und durch die Räte desObersten Gerichtshofes Dr. Roitz, Dr. Jaitner, Dr. Krauss und Dr. Pupacher als Richter, in der Rechtssache derklagenden Partei Lothar Rübelt, Photographen in Wien I.,Wollzeile 14, vertreten durch Dr. Otto Gustav Wächter,Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei KarlKraus, Eigentümer, Herausgeber und verantwortlicherRedakteur der Zeitschrift „Die Fackel“ in Wien, III.,Hintere Zollamtsstrasse 3, vertreten durch Dr. Oskar Samek,Rechtsanwalt in Wien, wegen Verletzung des Urheberrech-tes, infolge Revision der klagenden Partei gegen dasUrteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerich-tes vom 2. März 1932, GZ.2 R 185/32/13, womit infolgeBerufung der beklagten Partei das Urteil des Landes-gerichtes für ZRS. Wien vom 28. Dezember 1931,GZ. 16 Cg 552/31/7, abgeändert wurde, in nicht öffent-licher Sitzung zu Recht erkannt:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagtenPartei die mit 128 S 68 g bestimmten Kosten des Revisions-verfahrens binnen 14 Tagen bei Zwangsfolge zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat aus seiner Lichtbildaufnahne einenAusschnitt hergestellt und veröffentlicht, der nureine einzelne Person darstellt. Es handelt sich also umein Photographieporträt.

Auch wenn das Urheberrecht mangels der Voraussetzun-gen des § 13 (1.) UrhGes. dem Lichtbildner zusteht,ist die Ausübung des Urheberrechtes an die Zustimmungder dargestellten Person gebunden. Das Berufungsgericht vertritt die Anschauung, dass unter der Ausübung desUrheberrechtes an Werken der Photographie nur jene Ver-fügungen zu verstehen sind, die nach § 35 dem Inhalt desUrheberrechtes an Werken der Photographie bilden unddass der Rechtsschutz des Urheberrechtes gegen EingriffeDritter von der Zustimmung des Dargestellten unabhängigsei.

Diese Auffassung findet im Gesetze keine Stütze.Das Urheberrecht wird durch das Persönlichkeitsrechtdes Dargestellten am eigenen Bilde allerdings nicht aus-geschlossen. Aber die Ausübung des Urheberrechtes istdurch das Persönlichkeitsrecht des Dargestellten be-schränkt. Zur Ausübung des Urheberrechtes gehört aberkeineswegs bloss die Verwertung der dem Urheber zuste-henden Befugnisse, sondern auch die Geltendmachung desmit dem Urheberrechte verbundenen Rechtsschutzanspruches,der ja nicht nur auf Feststellung und Untersagung be-schränkt ist, sondern auch auf vermögensrechtliche Lei-stungen gerichtet sein kann.

Das in § 13 (2) und § 45 (1), Z.3 UrhG. ge-schützte Persönlichkeitsrecht ist vom Urheberrechteunabhängig, nicht aber umgekehrt das Urheberrecht vomPersönlichkeitsrecht des Dargestellten.

Diese Abhängigkeit von der Zustimmung des Darge-stellten hat zur Folge, dass jede Ausübung des Urheber-rechtes, also auch das Recht, einen Dritten auszuschlies-sen (vgl. § 35das ausschliessliche Recht“) und dessenGeltendmachung durch die Klage an die Zustimmung des Dar-gestellten gebunden ist. Das Persönlichkeitsrecht desDargestellten am eigenen Bilde ist stärker als das Ur-heberrecht des Gewerbeinhabers (§ 12 UrhGes.) Das Be-denken des Erstrichters, dass der Urheber, der sich nichtder Zustimmung des Dargestellten versichert, gegen Ein-griffe Dritter nicht schutzlos bleiben dürfe, ist dahernicht begründet. Eine unter das Urheberrecht fallendeVerfügung über ein Photographieporträt des Dargestelltenbildet nicht eine rechtmässige Ausübung des Urheberrech-tes, sondern eine rechtswidrige, sogar strafbare Handlung.Es widerspricht somit durchaus nicht dem vom Gesetz auf-gestellten Verhältnis zwischen dem Urheberrecht und demPersönlichkeitsrecht des Dargestellten, dass einer rechts-widrigen Ausübung des Urheberrechtes auch gegen Dritteder Schutz versagt wird.

Da diese Zustimmung fehlt, war das Klagebegehrenabzuweisen.

Eine Erörterung der übrigen Rechtsfragen ist ent-behrlich.

Kostenspruch nach §§ 41 und 50 ZPO.

Oberster Gerichtshof, Abt.3Wien, am 20. September 1932.[Unterschrift]

Kraus Rübelt