193.102 Brief RA Johann Turnovsky an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

JUDr. JOHANN TURNOVSKY | Advokat
Vodičkova 33
Prag
Datum: 29.IV.1936
Betreff: Kraus – Varia

Empfänger

An: P.T. | Herrn Dr. Oskar Samek, | Advokat
Reindorfgasse 18
Wien – XIV
Seite von 4

Sehr geehrter Herr Doktor.

Ich bestätige mit bestem Dank den EmpfangIhres gesch. Schreibens vom 28. d.M. In der Angelegenheit der Berich-tigungen habe ich zur Kenntnis genommen, dass dem PRAGER TAGBLATT ein Brief geschrieben wird, der eine Weiterverfolgung dieser Berich-tigungsangelegenheit überflüssig macht. An den Redaktor der PRAGERPRESSE, Laurin, habe ich heute in dem von Ihnen vorgeschlagenen Sinnegeschrieben. In der Berichtigungsangelegenheit SOZIALDEMOKRAT glau-be ich aus dem Inhalte Ihres Briefes schliessen zu müssen, dass HerrK. die Ueberreichung des Antrages nach § 14 der Pressgesetznovelle wünscht, denn die Einsendung einer zweiten, die erste abändernden Be-richtigung ist selbstverständlich unmöglich. Die Ueberreichung einerWiderrufsklage gegen den Sozialdemokrat möchte ich keinesfalls em-pfehlen, weil ich – ebenso wie Sie – befürchte, dass es kaum gelingenwird, nachzuweisen, dass die in dem Prozessberichte verbreiteten Tat-sachen geeignet sind, den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen desHerrn K. zu gefährden. Dagegen glaube ich wohl, dass der Prozessbe-richt zum Gegenstand einer neuen Ehrenbeleidigungsklage gemachtwerden kann, wobei zu erwägen wäre, ob man in diesem Falle nicht ris-kieren sollte, den Verteidiger Dr. Schwelb, als Autor, gemeinsam mitDr. Strauss, als verantwortlichen Redakteur, zu klagen.

Die Berichtigung für den „TAGESBOTE“ habe ich mit derAuslassung des ersten Absatzes heute an den Redakteur des Blat-tes abgesendet.

Ihre Mitteilungen über die Nichtigkeitsbeschwerdehabe ich mit grossem Interesse gelesen. Zum Teil sind Ihre Aus-führungen, wie Sie aus der inzwischen sicherlich eingelangtenUebersetzung der von mir verfassten Beschwerde ersehen habenwerden, in dieser Beschwerde bereits enthalten. Insofern diesnicht der Fall ist, werde ich die von Ihnen angeregten Argumen-te noch verwenden, wobei ich mich allerdings auf die rein juri-stischen Argumente beschränken möchte, um den Schriftsatz, trotz-dem er an das Oberste Gericht gerichtet ist, welches zweifellosauf einem höheren geistigen Niveau steht als der Prager Presse-senat, durch Ihre ausgezeichneten, aber immerhin nicht ganz leichtverständlichen Ausführungen nicht allzu kompliziert zu fassen.

Ich danke Ihnen für die Einsendung des Durchschla-ges des vorbereitenden Schriftsatzes in Angelegenheit Brünner-Arbeiterzeitung, der ein wirkliches Kunstwerk ist. Hoffentlichist das Brünner-Gericht imstande, den Inhalt des Schriftsatzeszu erfassen und zu würdigen.

Ich werde nach dem 1.V. d.J. den Entwurf der neuenKlage in der Angelegenheit Sozialdemokrat verfassen und Ihnenzur Genehmigung durch Herrn K. einsenden.

Die Herren Dr. Herrmann und Dr. Gallia werde ich er-suchen, bei der Generalprokuratur wegen der Erhebung der Nichtig-keitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes einzuschreiten. Ausser-

dem werde ich, wie ich Herrn K. bereits mitgeteilt habe, diesbe-züglich auch noch mit dem ihm gegenüber erwähnten hohen Mini-sterialbeamten sprechen. Ich hoffe, dass die Beschwerde und die-se Intervention Erfolg haben werden.

Es wird mir leider nicht möglich sein, Herrn K. in Brünn aufzusuchen, da ich heute und morgen leider nicht ab-kommen kann.

Ihrem Wunsche entsprechend retourniere ich Ihnendie Berichtigung SOZIALDEMOKRAT, deren Fassung ich in diesem Sta-dium der Sache – wie gesagt – nicht abändern kann, und schliesseDurchschläge der abgeänderten Berichtigungen PRAGER PRESSE undTAGESBOTE für Ihre Akten bei.

Ich zeichne in vorzüglichster Hochachtung undmit besten Grüssen, Ihr ergebener:Dr. Turnovsky

mit Beilagen

Kraus – diverses30. APR. 1936