134.47 Ausführung der Berufung

Schreiberhände:

  • Oskar Samek, Bleistift
  • Oskar Samek, schwarze Tinte
  • Karl Kraus, Bleistift
  • schwarze Tinte

Materialitätstyp:

  • Typoskript mit handschriftlichen Überarbeitungen
  • Typoskript mit handschriftlichen Annotationen
Datum: 8. Jänner 1931
Stempel: Strafbezirksgericht I
Seite von 60

Durchschlag der endgültigen Eingabe nicht im Akt.

Dr.S/Fa. G.Z. 4 U 114/30.

An dasStrafbezirksgericht I Wien.

Privatankläger: Dr. Paul Amadeus Pisk, Musiker und Musik-schriftsteller in Wien IV., Schleifmühlgasse 19,durch:Dr. Otto Pisk Rechtsanwalt in Wien

als Verteidiger desBeschuldigten: Karl Kraus, Schriftstellers in Wien III.,Hintere Zollamtsstrasse Nr. 3,

wegen Ehrenbeleidigung

1 fach

Ausführung der Berufung.

das ich meide Kümmerlicher SchönbergschülerSeelenschlieferloffiziöses OrganUraufführungOffenbach hätte es auch für Klavier und Gesangschreiben können

Kraus Dr. Pisk

Als Verteidiger des Beschuldigten Herrn Karl Kraus führe ich die gegen das Urteil des Strafbezirksgerichtes I in Wien vom 4. Dezember 1930, zugestellt am 31. Dezember 1930, rechtzeitig angemeldete Berufung aus.

Geltend gemacht werden die Nichtigkeitsgründe des§ 468, Absatz 1, Z. 2 und 3 St.P.O. (§ 281, Z. 4, 5 und 9b StPO.)

Den Nichtigkeitsgrund des § 281, Z. 4 erblicke ich darin,dass entgegen den Anträgen der Verteidigung die Verlesungdes Manuskriptes und die Einvernahme Dris. Oskar Samek alsZeugen abgelehnt wurde. Die Verlesung des Manuskriptes waraus folgenden Gründen von wesentlichster Bedeutung. Dem Ge-richte erster Instanz wurde der Abdruck dieses Manuskriptesin den Nummern 811 bis 819 des 31. Jahres der August-Nummer 1929 der Fackel, welcheanfangs August 1929 erschienen waren, vorgelegt, worden und eswar notwendig festzustellen, dass dieser Abdruck bis auf ge-ringfügige stilistische Abänderungen winzige, an der Hand der Bürstenabzüge nachweisbare formale Änderungen wie Aus-tausch von Synonima (körperlich anstatt physisch, anwenden anstatt durchführen) genau dem Manuskriptenämlich Austausch zweier Synonima an ganz anderen als den inkriminierten Stellen entsprach. Der Beschuldigte Karl Kraus spricht niemals freisondern immer nach einem auf das genaueste vorbereitetenund bis in das letzte Detail, bis in die letzte Interpunktion durchdachten Manuskripte. Es ist

vollständig ausgeschlossen, dass auch nur ein Wort mehroder weniger gesprochen wird, als das Manuskript enthält.Alle Zeugen, die das Gegenteil gefunden ausgesagt haben, haben ent-weder wissentlich oder fahrlässig eine falsche Aussage ab-gelegt, deren Untersuchung Sache der Staatsanwaltschaft wäre und möglicherweise auch sein wird. Zur Vorlesung des Manuskriptes und dessen Vergleichmit dem Abdruck war umsomehr Anlass, als die die von der Gegenseite geführten Zeugenihre falschen Aussagen nicht mit der notwendigen Entschiedenheit und zur Urteilfällung erforderlichen Genauigkeit gemacht haben, die inder Anklage inkriminierten Beleidigungen bestätigt hatten und,soweit sie dies die Angaben der Anklage bestätigt haben, durch ihre eigenen vorher dem [Steno] abgegebenen [Steno] andere Zeugen wider-legt wurden. Den wichtigsten Anlass aber gab die Zeugenaus-sage des Fritz Löwy, von dem der Privatanklagevertreter aucheine Erklärung vorlegte, in der er sagte, dieser Zeuge bekundet hatte, dasser, wenn auch die Niederschrift erschwert war, weil der Saalvollkommen verfinstert war, er doch in der Lage war, einzel-ne Stellen mitzuschreiben. Diese mitgeschriebenen Stellenentsprechen nun vollkommen wörtlich den in der Fackel ab-gedruckten:

… das gegen mich wirkende Schlieferl- und Tinterl-tum …der Stelle: Fackel August-Nummer Seite 76, Zeile 9ff.,

… der Musikkritiker des Organs, der Referent, der seitJahren den Kitsch der bürgerlichen Operette toleriert undbejaht …der Stelle: Seite 78, Zeile 22ff.,

… unter dem Vorwand einer Fachkritik …Seite 78, Zeile 29.

… die leichtfertige journalistische Mache wird abgelöst vonder planvollen …der Stelle: Seite 79, Zeile 1ff.,

… kümmerliches Fachwissen …

… bessere Schönbergschüler haben anders gesprochen …der Stelle: Seite 79, Zeile 14ff.,

… unter fachlichem Vorwand eine üble Gesinnung auszudrücken …der Stelle: Seite 80, Zeile 1 und 2.,

… dass ich in solcher Fachkritik eine Petite erkenne …xCorrepetite …der Stelle: Seite 80, Zeile 6 und 7.,

x… der unapettitliche Plan, meine Hingabe an seine Kunstherabzuwürdigen …der Stelle: Seite 80, Zeile 20 und 21.,

… diese armen Teufel nennen sich Fachmänner …der Stelle: Seite 81,Zeile 12 und 13.,

… jede Parole gegen mich nach Partei- und Redaktionsbe-schluss gebrauchsfertig zu machen …der Stelle: Seite 81, Zeile 5ff. v.u.,

… Schlieferlpraktiken …der Stelle: Seite 84, Zeile 11 und 12.

Alle diese Stellen zeigen die wörtliche Uebereinstimmung desgedruckten mit dem gesprochenen Worte und von de m n in der Er-klärung des Herrn Fritz Löwy angeführten Stellen fehlen in der Fackel le-diglich zwei, nämlich: „… das Schlieferl schreibt …und „… armseliges Fachwissen …“. Diese wurden aber auchnie gesprochen. Wie wenig verlässlich eine Zeugenaussageüber gebrauchte Worte ist, wenn nicht der besondere Fall, wiebei dem als Zeugen geführten Dr. Oskar Samek vorliegt, derden Aufsatz in seinem wesentlichen Teil vor der Wiedergabein der Rede kennen lernte und den Abdruck nicht erst bei derVeröffentlichung, sondern unmittelbar nach dem Vortrag beider Drucklegung , geht schon daraus hervor, dass dieser ZeugexLöwy auf die Frage des Privatanklagevertreters bestätigte, dass der Ausdruck „kümmerlicherSchönbergschüler“ gefallen sei, obwohl er ihn selbst in sei-ner Erklärung nicht anführt und aus dieser Erklärung genauzu rekonstruieren ist, dass es sich um den Satzdes Vortrags handelt, der auf Seite 79, Zeile 14ff. abge-xdruckt ist: „der Mann, der hier sein kümmerliches Fachwissen

– denn bessere Schönbergschüler haben anders von mir ge-sprochen – zur Exequierung einer Meinungsrache hergebenmusste …“ Wenn also schon dieser Zeuge der Suggestion derFrage des Privatanklagevertreters erlag, um wieviel mehrmusste dies bei den anderen von der Privatanklageseite geführten Zeugen der Fall sein, die sich nicht vor Ablegungxihrer Zeugenaussage durch Einsichtnahme in ihre Erklärungen“den Tatbestand rekonstruieren konnten.

Wenn man nun damit die Notizen des Herrn Otto Silber-mann vergleicht oder die der Zeugin Herta Gropper, solässt sich leicht konstatieren, dass diese Niederschriftennicht im Vortragssaal selbst gemacht worden sein können,sondern auf Grund einzelner Schlagwörter nachträglichkonstruiert wurden. Sie widersprechen sowohl in der An-ordnung als auch im Wortlaut denen des Zeugen Löwy, dessenAnführungen wieder im Wortlaut und in der Anordnung demVortrag entsprechen. Es ist also kein Zweifel, dass derVortrag so gehalten wurde, wie er in der Fackel abgedruckt warund zu dieser Konstatierung war sowohl die Verlesung des

Abdruckes als auch des Manuskriptes erforderlich, wodurcherst wirklich festgestellt hätte werden können, was beimVortrage wirklich tatsächlich gesprochen wurde. Ergänzend aber wareventuell auch die Einvernahme Dris. Oskar Samek notwendig,der als bester Kenner des Vortrags, seiner Entstehung undseine s r Abdruckes Drucklegung für die Uebereinstimmung des Abdrucks sowohl mit xde s m Manuskriptes und als auch mit dem gesprochenen Worte der besteZeuge ist.

Die Vorlesung des Abdruckes und des Manuskriptes hätteaber auch die logische Unmöglichkeit gezeigt, dass d as ie Worte das Schlieferl schreibt“ oder „das Schlieferl schreibtweiter“ gebraucht wurden. Der Zusammenhang der Rede lässteinen solchen Gebrauch gar nicht zu. Es wurden nicht Sätzedes Aufsatzes des Privatanklägers vorgelesen, sondern Stellenaus diesem Aufsatz in die Rede verflochten, so dass für Wortewie „das Schlieferl schreibt“ oder „das Schlieferl schreibtweiter“ gar kein Raum war. Auch der ästhetische Eindruck desVortrages hätte diese Tatsache noch verstärken müssen undgleichzeitig auch die Unmöglichkeit dargetan, aus einem sich einen Vortrag von soxkunstvolle n m , schwierige n m Gefüge sich einzelne Wörter so genau

zu merken, oder gar um ihn wiederzugeben. Der Zeuge gibt also nur Wortedaraus wieder, deren Schall ihm geblieben ist, und ist so aber noch imstande, aus einer Betrachtung über „Schlieferlpraktiken“ des Wortes „Schlieferl“ habhaft zu werden.

Bei diesem Sachverhalt können die Anträge der Ver-teidigung gewiss nicht als unerheblich bezeichnet werden,sondern im Gegenteil, sie waren einzig und allein geeignet,den wirklichen Sachverhalt festzustellen.

Den Nichtigkeitsgrund des § 281, Z. 5 erblicke ichdarin, dass der Richter erster Instanz den Widerspruchder Aussagen der Zeugen Fritz Löwy, Hanna Schwarz und Hertha Gropper mitihren Erklärungen, die sie Herrn Dr. Pisk gegenüber abge-geben haben, nicht beachtet hat, dass er nicht beachtethat, dass die Aussagen weit über die Erklärungen“ hinausgingen, und dass er auch nicht begründet hat, warum er über diesenWiderspruch bei der Beurteilung der Zeugenaussagen hinwegge-gangen ist. In ihrer Erklärung vom 10. November 1929 schreibtFräulein Hanna Schwarz, dass Herr Kraus in seinem Vortragdie Bemerkung einflocht: „es hat sich ein ‚Schlieferl‘ ein-geschlichen und morgen werden Sie wahrscheinlich in derZeitung lesen, dass ich nicht singen kann.“ Das ist zwarnicht die wörtliche Wiedergabe dessen, was gesprochen wurde,

Daß es kriminalistisch monströs ist, daß das Gericht dieAngabe über ein nicht mehr vorhandenes Stenogrammfür beweiskräftiger hält, als vorhandene Manuskripte,Bürstenabzüge, einen Abdruck, sämtliche Zeugenaussagen,die deren Wahrhaftigkeit bestätigen und das Angebot einesAnwaltes, der bereit ist, sein Verteidigungsamtniederzulegen, ein als Zeuge des inkriminiertenVorganges die Wahrhaftigkeit einer Verteidigung und dieWahrheitswidrigkeit einer Anklage zu Urkunden.Schon, die von der Gegenseite vorgelegte Erklärung desZeugen Löwy, die gleichfalls nach einem Stenogrammsein soll, widerspricht in flagrantester Weise der Möglichkeit,daß das was die Zeugin Gropper angibt, auf Grundeines Stenogramms hergestellt wurde. Es ist, selbstwenn man von dem stärksten Verdacht durch-drungen sein könnte, daß Herr Karl Kraus einen nachträglich redigierten Sachverhalt zu veröffentlichenimstande ist, im Bereiche des schlichtesten Menschen-verstandes schlechthin unmöglich, daß zwei Stenogrammevon zwei Zeugen, die ihn doch beide belasten sollen, einanderso kraß widersprechen. Hier war der Punkt ge-geben, wo der Richter, anstatt auf Grund einerso verdächtigen Angabe über ein nicht mehr vor-handenes Stenogramm zur Urteilsfällung undSchuldspruch zu gelangen, in der viel erheblicherenkriminalistischen Angelegenheit, als so die Beleidigungdes Herrn Pisk bot, die Abtretung an die Staatsanwaltschaft hätte beschließen sollen.

aber immerhin entspricht es noch halbwegs dem Sachverhaltwortgetreuwie er richtig und wortgetreu auf Seite 83 der August-Nummer 1929 der Fackel ab-gedruckt wurde. Bei der Hauptverhandlung erweiterte die Zeu-gin Hanna Schwarz schon ihre Angaben und sagte, dass HerrKraus auch die Worte gebraucht hat: „Es wird ihnen morgenein Schlieferl erzählen, dass ich nicht singen kann“. Undhandgreifliche Unwahrheitdas ist vollkommen unwahr die handgreiflichste Unwahrheit. Der Zeuge Fritz Löwy hat in sei-nen Aufzeichnungen nichts von einem „kümmerlichen Schön-bergschüler“. Bei der Hauptverhandlung hat er den Ausdruckwenn auch bei über Befragen bestritten bestätigt. Die Aufzeichnungen der ZeuginHerta Gropper, welche dem Gerichte vo m der Privatankläge-vertret ung er vorgelegt wurden, w ie ei sen in der Anordnung der-artige Verschiebungen auf, dass sie unmöglich einer wirklichenstenografischen Niederschrift entsprechen können. Die Zeugin erklärte, daß sie diese stenographische [Steno] insoferne [Steno]. Es wird Sache der Untersuchungsbehörde sein, dieses äußerst verdächtige Moment aufzuklären. Man kann wohl behaupten, Das Ge-richt erster Instanz hat sich auch über diese horrende, wie über alle anderen Tatsachen hin-xweggesetzt und nicht einmal begründet, warum es dies tat. Es wärexaber außerdem von grösster Bedeutung gewesen, dass das Gericht erster Instanz d ieses as Hinausgehen der dieser und der anderen Zeug i e n über ihre

xursprünglichen Angaben in de n r Erklärungen in Erwägung ge-zogen hätte, oder begründet hätte, warum es eine solche Er-wägung für überflüssig hielt. In Widerspruch mit sämtlichenAussagen steht aber die Behauptung des Urteils, dass dieKritik des Privatanklägers anschliessend an die Besprechungdes Artikels des Privatanklägers erfolgt ist. Keiner derZeugen hat bestätigt oder nur erwähnt, dass zuerst eineBesprechung des Artikels des Privatanklägers und anschlies-send daran eine Kritik erfolgt ist, sondern alle Zeugenhaben bestätigt, dass der Vortrag mit der Zitierung derSchlussstrophe der Zanetta aus der „Prinzessin von Trapezunteingeleitet wurde und sich daran die Worte anschlossen:„Das Krupnikorgan … zwingt mich die Verunstaltung Offen-bachs für eine Weile zu unterbrechen … und so weiter.Dies ist von wesentlicher Bedeutung, weil sich offenbar trotzwiewohlallem Widerspruch de r s Verteidig ung ers und, trotzdem wiewohl kein einzigerZeuge es bestätigt hatte, im Kopfe des Erstrichters dieMeinung festgesetzt hatte, dass es so etwas wie eine beson-dere Besprechung oder Vorlesung des Artikels des Privatan-klägers gegeben hat.

Als Nichtigkeitsgrund der Ziffer 5 des § 281 StPO. muss auch gerügt werden, dass der Richter erster Instanzohne Begründung als erwiesen annimmt, dass der Beschuldigte die Bemerkung machte: „Ich weiss nicht, ob sich das Schlie-ferl wieder in den Saal verirrt hat.“ Der Gebrauch derAnführungszeichen lässt darauf schliessen, dass der Richter erster Instanz dies für eine wörtliche Wiedergabe hält. Auf welchexAussage sich der Richter dabei stützt, ist einfach unerklärlich.Der Zeuge Fritz Löwy hat in seiner Erklärung die Anrede infolgendem Wortlaut wiedergegeben: „Ich muss nachsehen, obsich das Schlieferl wieder im Saale befindet.; D d er ZeugeOtto Silbermann in folgendem Wortlaut: „Wenn (das Schlieferl) heutehier ist, so beneide ich ihn nicht um den Beifall, den meinePolemik und Satire hier auslösen wird.(was selbstverständlich nicht Eigenlob sondern ironische Zitierung des Lobs war, daß Herr Pisk eines prosaistischen Vortragskunst gespendet hatte. s. den Artikel) Die Zeugin HertaGropper hat bei ihrer mündlichen Einvernahme angegeben, dasssie gehört habe, wie der Beschuldigte sagte: „Ich weiss nicht,ob sich das Schlieferl wieder in den Saal verirrt hat.“ InWirklichkeit hat der Satz gelautet: „Aber sollte der Musik-fachmann, der behauptet hat, dass ihm die Bezeichnung‚Schlieferl‘ gelte, jener ‚dienstlichen Verpflichtung‘ ent-

sprechend, für die ich seit dreissig Jahren ein Gelächterhabe, heute wieder anwesend sein, so wünsche ich ihm nochbessere Nerven als mir. Denn ich beneide ihn nicht um diegeradezu elementare Wirkung, die ich auf mein Publikum alsSchriftsteller durch Polemik und Satire erziele.(siehe oben) Schon dieDivergenz dieser Zeugenaussagen in diesem Punkte hätte de n m Richter veranlassenmüssen, sich darüber klar zu werden machen müssen , dass es sich hier nicht um eine wörtliche sondern um einedem Sinn, wie ihn der Zeuge aufgefasst hat, entsprechendeWiedergabe handeln muss und er hätte unbedingt dazu Stellungnehmen müssen, warum er den Wortlaut, wie er in der Fackel abgedruckt ist, sich nicht zu Eigen gemacht hat anerkennt . Denn mag manes noch hingehen lassen, dass er glaubt, dass etwas gesprochenwurde, was in der Fackel nicht drinen steht, obwohl dies voll-ständig unwahr wäre das diametralste Gegenteil der Wahrheit wäre, so kann man es doch keinesfalls glauben, dass darf doch der Richter erster Instanz keinesfalls annehmen darf, dass alles, wasin der Fackel drinnen steht, anders gesprochen wurde, und zwar noch dazu in dieser unkünstlerischen und einfältigen Form, wie es sie sichdie Hörer gemerkt zu haben glauben. Die zitierten Wortebilden den Diese Abschlussstelle der Rede, und verwenden welche die Worte „dienst-liche Verpflichtungen“ und „geradezu elementare Wirkung,

Leider scheint auf den Richter auch ein Argument des Privatanklage-vertreters Eindruck gemacht zu haben, dessen geringe Eignung ein-zuleuchten in die Augen fällt: nämlich, daß eine Abänderungdes Druckes – ein Ansinnen, das geradezu der Vorwurf der Fälschung wäre;aus dem Grunde erfolgt sein könnte, weil der Beschuldigte dasBedürfnis hatte, im Bannkreis der angekündigten Klage ein Ab-schwächung festzulegen, dieses Argument fällt in nichts zu-sammen vor der Tatsache, daß ja gerade die inkriminierteRede vom 10. Juni von der am 9. Juni angedrohten Klagegehandelt hat, also alle Vorsichtsmaßregeln, alle verbale Zurück-haltung schon beim Vortrag am Platze gewesen wäre. Tatsächlichwurde gerade in der juristischen Besprechung, die zwischenmir und meinem Klienten vor dem Vortrag und im Hinblickauf die angedrohte Klage stattfand, das größte Gewichtdarauf gelegt, daß nicht etwa der Zweck und Sinn des Vortrages,die gerichtliche Beweisführung, der man entgegengesehen hat,durch eine formale Beleidigung vereitelt würde. Ich binüberzeugt, daß der Privatankläger, um zu einer billigenGenugtuung zu gelangen, in der Hoffnung, daß das Gericht das Wort „Schlieferl“ als unbeweisbares Schimpfwort auffassenwerde, vom Drange beseelt war, eine solche Handhabe zu finden,und daß die in den Vortrag zu Kontrollzwecken entsandtenFreunde ihm darin assistiert haben. Hätte der Privatankläger nur den wahrheitsgetreuen Druck und dazu sogar nochdas Stenogramm des Zeugen Löwy vor sich gehabt, das jamit dem Druck in fast allen Punkten übereinstimmt, so wärees ihm nicht eingefallen, sich der Beweisführung über einenSachverhalt auszusetzen, von dem er ganz gut weiß, daß erihn im Gerichtssaal nicht mit heiler moralischer Hautvertreten kann. Keinesfalls war er darauf gefaßt, daß derRichter, wie er es mit Recht getan hat, die Beweisfähigkeitselbst des Ausdruckes „Schlieferl“ als solchen erkannt und,wie ausgeführt werden wird, lediglich in der Auffassungdes Begriffes geirrt hat. Daß die angebotenen Beweisegerade auch der engeren Bedeutung des Wortes, wie sie derRichter entgegen dem Sprachgebrauch annahm, gerechtwerden, soll später dargetan werden.

die ich auf mein Publikum als Schriftsteller durchPolemik und Satire erziele“, aus dem Aufsatz des Privat-anklägers ironisch verwendet, war die einzige Stelle und die einzige Form, in der sich der Sprecher an den Verfasser der Kritik gewendet hat, und keineswegs die von den Zeugen ausgesagte Apostrophierung. Der Richter erster Instanz durfte sich nichtmit einer der allgemeinen Begründung, dass das Manuskript keineverlässliche Unterlage dafür bieten kann, dass sämtlichemündlichen Aeusserungen des Beschuldigten in dasselbeAufnahme gefunden haben, darüber alles hinwegsetzen, sodass er auchdort die Worte der Zeugen zur Grundlage seines Urteils machte, wo der Manuskript und Abdruck oder sowie die Angaben dervon mir geführten Zeugen und des Beschuldigten selbst einen dem Sinn entsprechenderen undlogischeren Wortlaut angeben. Text feststellen ließen.

Als Nichtigkeitsgrund der Ziffer 5 des § 281StPO. wird auch angesehen betrachtet , dass das Gericht erster Instanzganz allgemein die Verantwortung des Beschuldigten alsdahingehend annimmt, auffasst, „ dass die Aeusserungen derart gehaltenwaren, dass aus denselben und den Begleitumständen für dieOeffentlichkeit der Privatankläger nicht erkennbar gewesensei“. Diese Verantwortung Diese Annahme steht im Widerspruch zu demvon mir im Namen des Beschuldigten eingereichten Schrift-satz vom 24. Juni 1930 und zum Vorbringen in der Hauptver-

handlung. Nur für den Vortrag vom 7. Juni gilt sie. Nurdamals war der Privatankläger nicht erkennbar, beimVortrag vom 10. Juni war der Privatankläger natürlich voll-xständig erkennbar, weil ja unterdessen sein Aufsatz in derArbeiter-Zeitung vom 9. Juni erschienen war. Für den Vor-trag vom 10. Juni 1929 wurde vom Beschuldigten lediglichvorgebracht, dass die Polemik nicht gegen den Privat-xankläger als Person Individuum, sondern gegen das Zentralorgan derSozialdemokratie gerichtet war und sich mit dem Privat-ankläger nur insoweit befasste, als sein Aufsatz dieGrundlage dieser Polemik bildete.

Es möge gestattet sein, an dieser passenden Stellegleich die Schuldberufung wegen des Vorfalles am vom 7. Juni 1929auszuführen. Lediglich für diesen Vorfall galt die Ver-antwortung des Beschuldigten, dass der Privatankläger nicht erkennbar gewesen ist. Der Privatankläger hat Zeugendafür geführt, dass er erkannt wurde. Wie ich nach gewiesen weisen werden soll will , haben diese Zeugen auf Grund eines vollstän-dig falschen Schlusses und in Unverständnis weil sie d er ie tatsäch-lich gesprochenen Worte nicht erfaßten, den Privatankläger erkannt oder

glaubten ihn zu erkennen geglaubt. Aber ungeachtet des Umstandes, dassder Privatankläger erkannt wurde, bleibt doch die Behauptungaufrecht, dass der Privatankläger nicht erkennbar war. Dieaussagenden Zeugen haben auf den Privatankläger als Belei-digten geschlossen, weil er am 7. Juni im Vortragssaal an-wesend war. Die Bemerkung im Vortrag vom 7. Juni bezog sich aber offen-kundig nicht auf eine Person, die am 7. Juni an diesem Tage anwesend war,sondern in einer früheren Vorlesung, denn dort es ist die Redevon einem Schlieferl, das sich in diese m n Saal verirrt hatund an einer Zusatzstrophe Anstoss nahm. Es musste sich– aus der Verbindung „Anstoß nahm“ und „verirrt hat“ – also logischerweise um etwas Vergangenes handeln, denn eswäre doch unmöglich gewesen, während des Vortrages von einemZettel abzulesen, was gegen eine Person gerichtet ist, diegerade an einer Zusatzstrophe dieser Vorlesung Anstossnimmt. Durch welche Zauberkunststücke sollte der Vortragen-de während des Vortrages sich einen solchen Zettel fabri-zieren können. Dies wurde auch schon in der von der Ver-teidigung des Beschuldigten gemachten Eingaben vom 24.Juni 1930 genau ausgeführt und daraufhin von der Privat-anklageseite, d ie er in der Privatanklage selbst, die Bemerkung,

dass „das Schlieferl an einer Zusatzstrophe Anstoss ge-nommen habe“, noch aufgenommen hatte, und offenbar ausxeinem Mangel an Vorstellungsvermögen heraus Fähigkeit sich vorzustellen, was beieiner Vorlesung sich abspielen könnte, die Meinung ausge-sprochen hatte, dass der Beschuldigte dies „vielleichtaus einer abwehrenden Bewegung schliessen konnte, die erder Privatankläger möglicherweise gemacht hatte ohnexsich dessen bewusst zu sein, und diese Tatsache zum Beweis seiner Erkennbarkeit verwenden wollte, hat dann, als er einsah, daß dies ein Unsinn sei, über diese Tatsachen einen Schleier der Vergessenheit gebreitet, der sich auch über den Richter die Verhandlung erster Instanz legte, so dass der Richter in seinen Entscheidungs-gründen gar nicht berücksichtigte und begründete, warumHerr Dr. Pisk erkennbar gewesen ist, wo doch offenbar dieZeugen ihn nur deshalb erkannt hatten, weil er gerade imSaal anwesend war, während sich die Sätze mit jemandemBeschäftigten, der bei einer früheren Vorlesung anwesendwar. Wenn also Herr Pisk auch erkannt wurde, so war erdoch nicht erkennbar, und wäre an diesem Tage anstatt desHerrn Pisk Herr Bach oder Herr Otto Koenig im Saale an-wesend gewesen, so hätten mit derselben falschen Logikdie Zeugen bestätigt, dass sich die Worte gegen diesen Personen

richteten.

Der Nichtigkeitsgrund der Ziffer 9b des § 281 StPO. liegt darin, dass das Gericht erster Instanz zu Unrechterkannt hat, dass die vorgebrachten Argumente, derenWahrheit erwiesen werden sollte, nicht geeignet sind, umdie gegen den Privatankläger erhobenen Anschuldigungenzu rechtfertigen, weshalb sie als zur Führung des Wahrheits-beweises vollkommen ungeeignet von vorneherein abzuweisenwaren. Dabei geht das Gericht von der in keinem Dialekt-lexikon auffindbaren Ansicht aus, dass man unter Schlie-xferl im Allgemeinen einen Menschen ansehen muss, der sichim Gesellschaftskreise oder Berufszweige hineindrängt bezw.xaufdrängt, ohne dass die hiezu erforderlichen persönlichenVoraussetzungen vorliegen. Ich habe in meiner Eingabe vom24. Juni 1929 anhanden verschiedener Dialektwörterbüchernachgewiesen, dass unter Schlieferl ein widerlicherSchmeichler, Liebediener zu verstehen ist, jemand, derxsich um die Gunst eines anderen bewirbt und aus dieser Be-werbungsa A bsicht heraus Handlungen begeht, die der allgemeinen

Sachlichkeit Moral widersprechen. Wenn es auch möglich ist,dass der Erstrichter das Wort „Schlieferl“ nur auch zur Be-zeichnung eines Menschen verwenden würde, der sich ineinem Gesellschaftskreis oder Berufszweig hinein-drängt ohne die erforderlichen persönlichen Voraussetzun-gen zu besitzen, so geht es doch keinesfalls an, dassjemand, der das Wort in einem anderen geläufigeren Sinne verwendet,von der Führung des Wahrheitsbeweises ausgeschlossenxwird, also darüber, dass Handlungen vorliegen begangen wurden , die das Wort in seinem dem xSinne rechtfertigen, in welchem er es, gerechtfertigt durch Wörterbücher, gebraucht hat. Am allerwenigsten ist dies aberxmöglich, wenn für den gebrauchten Sinn ein hinlänglicherBeweis in den vorhandenen Dialektwörterbüchern gegebenist. Selbst wenn dieser Gebrauch falsch wäre, würde ein solcher Irrtum des Beschuldigten die Strafbarkeit ausschließen. Aber sogar für den Sinn des Wortes, wie ihn derRichter meinte, liegt ein der Wahrheitsbeweis vor. Denn wennes richtig ist, dass man unter „Schlieferl“ jemandenverstehen darf, der sich in einem Gesellschaftskreishineindrängt, ohne dass die hiezu erforderlichen per-sönlichen Voraussetzungen vorliegen, so ist dies auchfür den Privatankläger bewiesen worden. Entgegen demVerhandlungsprotokoll hat der Richter angenommen, dass

dem Privatankläger zum Vorwurf gemacht werde, dass erzugleich für Zeitungen verschiedener politischer Richtungxtätig ist. Dies ist unrichtig und begründet auch einenNichtigkeitsgrund nach § 281, Z. 5 STPO. denn es wurdedem Privatankläger zum Vorwurf gemacht, dass er alsorganisierter Sozialdemokrat Mitarbeiter der BerlinerBörsen-Zeitung ist– nicht wie im Urteil steht „Börsen Courier“, der ein linksgerichtetes bürgerliches Blatt ist –, „die auf der äussersten Rechtensteht und gegen die Sozialdemokraten auftritt. Entwederauf Seiten der Sozialdemokraten oder auf Seiten derNationalsozialisten ist der Privatankläger unmöglich (alsoauch ein „Schlieferl“ im Sinne des Erstrichters.) Diese beiden Richtungen können auch nicht in der Kunst-rubrik von einer und derselben Person einwandfrei vertreten werden, da die radikal ent-gegengesetzten Welta politischen A nschauungen auch zu radikal ent-gegengesetzten Welt- und Kunstanschauungen geführt haben bedeuten, wofür ichja auch in meinem Schriftsatz vom 24. Juni 1929 den Beweis angetreten krassesten Beleg gebracht habe, ganz besonders gegen die österreichische Sozialdemokratie, deren Mitglied ihr Wiener Korrespondent ist, gegen die Wiener Arbeiterzeitung, deren Redakteur er ist. Ich habe den Bericht des Privat-anklägers über das Jubiläumskonzert anlässlich der 25.Jahrfeier der Wiener Arbeiter Symfoniekonzerte in derArbeiter-Zeitung vom 12. November 1929 und seinen Bericht über dasselbe Konzert in der Berliner Börsen-Zeitung

vom 15. November 1929 vorgelegt. In dem Wiener Bericht waren ausser den Werken von Schönberg auch Arbeiter-chöre von Hans Eisler besprochen, es wird dort sogarbehauptet, dass sie den Höhepunkt bildeten. Die Chörewerden „wirklich revolutionäre Stücke“ genannt, derPrivatankläger sagt von diesen Stücken: „Unsere Ge-danken, unsere Gefühle sind hier im Worte gefasst undsprechen auch aus der Musik zu uns allen.“ Von demzweiten Chor „Auf den Strassen zu singen“ sagt derPrivatankläger: „Man spürt in der Melodie, in der be-sonders ein breiter Kehrreim öfter wiederkehrt, daseherne Schreiten der Massen, die alles mit sich fort-reissen. Worte wie „Opfer der Revolution“, „Revolutions-chor“ u.dgl. erfüllen den Artikel. Man vergleiche damitden Bericht desselben Berichterstatters in der BerlinerBörsen-Zeitung. Die beiden Chöre werden nicht einmalerwähnt, obwohl sie „den Höhepunkt bildeten“. KeinWort von revolutionärer Musik, kein Wort vom Schreitenxder Massen. Wie ist es also mit dieser Kunst und dieserKunstkritik bestellt? Hat sie wirklich mit Politik nichts

zu tun wie der gegnerische Anwalt zur Exkulpierung des Klägers vorgebracht hat, und darf der Kritiker das Kunstwerk, xvon dem er in der Arbeiter-Zeitung sagt, dass seine und seiner Gesinnungsgenos-sen Gedanken und Gefühle hier in Worten gefasst sind undauch aus der Musik zu ihnen allen sprechen, verkünden?Er musste schweigen, weil es aber im Bannkreis Gebiete der Schlieferl-xund Tinterlpraktiken eben nicht angängig gestattet ist, das zuloben, was auf der anderen politischen Seite steht.Ich habe auch die Nummern der Berliner Börsen-Zeitungvom 14. September und 5. November 1930 vorgelegt, um zubeweisen, welcher Richtung diese Zeitung angehört. DerPrivatankläger hat behauptet, dass die Zeitung von sichselbst sage, dass sie „keiner Partei zugehörig, unab-hängig von jeder Organisation oder Interessengruppe … überparteilich … sei. Sie leihe ihre Hilfe jeder Gruppe,jeder Partei, jeder Koalition und jeder Regierung …Die Überparteilichkeit sieht so aus: „Wer nicht wählt,überantwortet sich, seine Familie und Deutschland denxroten Verderbern!“ Oder: „Riesige Waffenfunde bei denAustromarxisten … Die Austromarxisten sind von jeher offener,brutaler und gradliniger in der Verfolgung ihrer Ziele

Wenn nicht das Wort „Börsenzeitung“ fürsozialdemokratische Begriffe etwas grundsätzlich beruhigendeshat, so erweist jede ihrer Nummern, daß dieseZeitung der Sozialdemokratie totfeindlichgegenübersteht.

gewesen als ihre reichsdeutschen Gesinnungsfreunde.Schon mehr als einmal hat man handgreiflich den öster-reichischen Sozialdemokraten die Vorbereitung desbewaffneten Umsturzes nachweisen können, und die Er-innerung an jenen blutigen Sommertag, der mit dem Brandedes Wiener Justizpalastes endete, ist noch wach …

Und in diesem Artikel war auch das eigene Blatt des Privatanklägers, die Arbeiterzeitung der tückischen Lüge beschuldigt angegriffen. Ist dies alles dem Privatankläger unbekannt geblieben?Hat er sich wirklich damit begnügt, das zu hören und zuxwissen was ihm die Zeitung selbst sagte zum Abonnentenfang zu einer Jubiläumsnummer an Phrasen der Neutralität vorgewendet hat ? Und hat erniemals ein solches Blatt in die Hand bekommen, das ihmden wahren Charakter dieser Zeitung gezeigt hätte? Jede Nummer, die ihm als Belegexemplar seiner Kritiken zugesendet wird, offenbart diesen extrem rechtsradikalen Charakter der für Berliner Begriffe den Standpunkt des Lokalanzeigers weit hinter sich läßt. Das Wort „Börsenzeitung“ Es wäre mir natürlich möglich gewesen, hunderte von Beleg-exemplaren für die Gesinnung der Berliner Börsen-Zeitung vorzuweisen. Ich habe solche aus der letzten Zeit aus-gewählt, weil die Erinnerung noch wach sein dürfte, dasses sich bei diesen „riesigen Waffenfunden“ nach dem Be-richte der Arbeiter-Zeitung gar nicht um Waffen gehandelthat die dem Zwecke der sozialdemokratischen Partei dienen sollten, sondern umxsolche, welche seinerzeit im Einverständnis mit HerrnVaugoin den Blicken der Entente entzogen werden sollten,

die in heuchlerischer Weise die Praktiken der bürgerlichenJournalistik zugleich angreifen und befolgen tadeln und praktizieren, jaes ermöglichenm daß der sozialdemokratische Journalist im gegnerischen journalistischen Lager mitwirkt,dem gegnerischen Bedarf durch Wort undSchweigen dient und an dem Sold partizipiert,auf deren Quell finanziellen Quellen wirtscha ökonomischen Ursprung Schwer und von der Sozialdemokratischen Publizistikals eine Schmach hingewiesen wird.

um sie im Bedarfsfalle für den Staat zur Verfügung zu haben. DerPrivatankläger redet sich allerdings damit aus, dassdie Mitarbeiterschaft an dieser Zeitung der Arbeiter-Zeitung und der sozialdemokratischen Partei bekannt sind ist. Das mag sein, ändert aber eher zu Ungunsten derSache etwas offenbart aber nur die Unsauberkeitder Partei selbst und beweist nur umsomehr, wie berechtigtdie Polemik vom 10. Juni 1929 war. Denn diese Polemikrichtete sich, wie schon erwähnt wurde, nicht gegenden Privatankläger als Person, sondern gegen diese Par-tei , und sie und die bei ihr üblichen journalistischen Praktiken. Die Polemik betraf den Privatankläger nur, gerade soweit erxdas Faktotum dieser so beschaffenen Parteijournalistik war. Wenn die sozialde-mokratische Partei es zulässt, dass ihr Genosse undMitarbeiter, der musikalische Verherrlicher ihrer Ideen,an einem solchen Blatt mitarbeitet, so ist der Ausdruckvon de m n „ Schlieferl- und Tinterlpraktiken sowohl fürdie Erlaubnis, als auch für deren Gebrauch zulässig.Es ist also mindestens auch der Beweis erbracht worden, dass derPrivatankläger sich in einer Gesellschaft befindet, indie er nicht hineingehört.

Ich bleibe aber dabei, dass die geläufigere Verwendungdes Wortes „Schlieferl“ für einen Menschen erfolgt, deraus Liebedienerei handelt. Und auch dafür nämlich, dass derPrivatankläger seine Kritik nicht aus sachlichen Gründen betrieben geschrieben hat, sondern, um in die zwischen Herrn KarlKraus und der Arbeiter-Zeitung bestehende Polemik auchals „Fachmann“ einzugreifen und eine Blamage der Ar-beiter-Zeitung der Behauptung, daß Offenbach verklungen und vertan sei, wettzumachen, habe ich den Beweis ange-treten. Der Herr Privatankläger hat versucht – hoffentlich vergebens –,das Geständnis seiner Privatanklage, dass ersich „über Auftrag der Schriftleitung seines BlattesKarten zu vier Vorlesungen gekauft hat, um „über denmusikalischen Teil dieser Darbietung in der Arbeiter-Zeitung zu berichten“, aus der Welt zu schaffen. Keines-xfalls ist das aber durch die Behauptung möglich, dassder Privatanklägerniemals von irgend einer Seite mitder Leitung der Arbeiter-Zeitung in Wien oder mit dersozialdemokratischen Parteileitung in Wien in Verbindungstehenden Person einen Auftrag oder auch nur einen Winkerhalten hätte, in gewisser Richtung zu schreiben“.

Schluß des Artikels vonanderen stilisiert

Beschimpfungsmotiv.von der Klage gewußt.

Aber die Befolgung dieses Winkes hat sichtlich auch derKontrolle der Auftraggeber unterlegen und es könntedurch Zeugen und stilistische Sachverständige nachgewiesen, daß der Schluß der „fachmännischenArtikels“, der nach einer langen Periode des Totschweigensüberraschend erschien, nicht mehr die so wenigmarkante geistige Tat Handschrift des Kritikers, sonderndie anderer Stilisten seiner redaktionellen Umgebungaufweist. Es war ganz bestimmt eine redaktionelleÄußerung, die auf Grund einer Verabredung, einerKonferenz und zur kläglichen Wettmachung der kläglichen Parole „Ver-klungen und vertan“ zustande gekommen ist,

Er wäre ein schlechter Diener seiner Herren, wenn esnoch eines besonderen Winkes bedurfte, wie er zu schreibenhabe, wenn man ihm zur Kritik eines Vortrages auffordertAuftrag gibt, wo der Vortragende in offener Polemik zuseine m n Herren steht. Dass er den Auftrag nach jahrelangemSchweigen über das Wirken des Herrn Kraus erhielt, nachxvielen Angriffen und Gegenangriffen, ist Wink genug. Aberdas beste Zeichen des Winkes ist ja die Art, wie der P.A. sich des Auftrages entledigt hat. War es dem HerrnPrivatankläger, der den Beschuldigten sicher besser kannteals dieser ihn, denn nicht von vorneherein klar, dass beieinem Vortrag des Herrn Kraus von Offenbachoperetten nicht „über denmusikalischen Teil dieser Darbietung“ zu berichten war,xdass es Herrn Kraus nicht darauf ankam, Musik im gesangstechnischen Sinn darzubieten,sondern das Kunstwerk Offenbachs, welches einer durchdie moderne Operette schwerhörig gewordenen Zeitgenos-senschaft, abhanden gekommen war, neu zu beleben?Hier handelte es sich nicht darum, dass man auch andererAnsicht sein dürfte , g . G ewiss steht jedem sein Urteil frei.xund seine Kritik ist natürlich häufig lediglich auch eine Kritik seines

Wesens, die man seinen Lesern überlassen muss. Hierhandelte es sich aber von vorneherein nicht um Kritik,eine solche war niemals beabsichtigt, denn seitdemHerr Kraus sich von der in bürgerliches Fahrwasser ge-xratenen sozialdemokratischen Partei der er freili niemals als Mitglied angehörte, abgewendet hatte, wurdekein neu erschienenes Buch, keine Vorlesung sei es eigener Schriften oder, sei es der Werke Shakespeareischer Dramen oder der Werke Shakespeares xGoethes, Nestroys, Raimunds oder anderer Geistesgrössen Dichter besprochen.Es handelte sich dem Privatankläger und seiner Parteixlediglich darum, eine sich selbst zugefügte Blamage, daß Offenbach verklungen und vertan sei, aus-zumerzen und unter dem Vorwand einer fachlichen Kritikwurde „kümmerliches Fachwissen“ dem lebendigen Kunstwerkentgegengesetzt, um einen Unsinn, der das Hohngelächterder Kunstwelt hervorgerufen hatte, vergessen zu machen.xIch habe die Berichte über die von Herrn Kraus gehaltenen Offenbach-Vorträge oder von ihm geleitete InszenierungOffenbach’scher Werke nicht zu dem Zwecke vorgelegt, umzu zeigen welche Anerkennung diese Wirksamkeit gefundenhat, sondern lediglich deshalb, weil es eine Offenbach-Renaissance erst seit dem Wirken des Herrn Kraus für Offenbach

Ganz zutreffend hat der Erstrichter erkannt, daß selbst der Ausdruck„Schlieferl“ in dem gegebenen Zusammenhang, der Ausdruck alssolcher, der wie nachweisbar fälschlich der Rede vom 10. Juniabgehört wurde, einer Bewe der Führung eines Wahrheitsbeweiseszugänglich sei, weil es ja doch klar ist und wiederholt durchoberstgerichtliche Entscheidungen festgelegt, daß derjenige, derin einem Zusammenhange ein Wort, das eine moralischeQualität bezeichnet, straflos anwenden darf, wenn erimstande ist, die Gesinnungen und Handlungennachzuweisen, die durch das Wort charakterisiert werden.Das ist Erlaubnis wäre hier, im hohen Grade wo tatsächlich von „Schlieferl-und Tinterlpraktiken“ die Rede war und klarerweisedie Absicht vorwaltete, diese darzustellen und aneinem fragranten Fall zu geißeln, in höchstem Gradegegeben. Wenn der Vortragende statt von „Schl. u. T.praktiken“von „Lumpereien“ gesprochen, ja selbst den Ausdruck„Lump“ gebraucht hätte, – wie er nach der Annahmedes Richters Wort „Schlieferl“ gebraucht hat, – sohätte das vorliegende Material zum Beweis de Beweis und zur Deckungdes Wortinhalts vollständig ausgereicht, da nichts geringeresbehauptet werden sollte kann, als daß ein eingeschriebener Sozialdemokrat, Schöpfer der Wohnbau einer Wohnbaukantate zum Preise der Gemeinde Wien imNebenamt eine Journalistik bedient, die in ihrenpolitischen Äußerungen und ihrer wirtschaftlichen Spalten[¿]von den Hintergründen des Hakenkreuzes nicht zu weit entferntist und daß er also im Solde einer Zeitung, die die österreichi-sche Sozialdemokratie am heftigsten bekämpft und deren Gesinnungenvon diesen am heftigsten bekämpft wird, publizistischwirkt und der gegenteiligen Richtung durch Abschwächung

und Unterdrückung von Meinungen anpasst, wobeies fast noch erstaunlicher ist, daß ein Blatt extremnation deutschnationaler Richtung, als daß die Sozialdemokratie dieses Kuriosum Abend dem von Inkompatibilitätläßt. Der Fall läßt sich offenbarnur so erklären, daß zwar Herr Pisk be-haupten kann, daß seine Parteigenossen von seiner Mitarbeit Gastrolleim feindlichen Lager Kenntnis haben, nicht aber dessen Beherrschervon der sozialdemokratischen Gesinnung des Gastes. Wenneine derartige Verwendbarkeit und Gewandtheit, eine derartige treue Diener Anschmiegsamkeit und treue Dienerschaft Dienstbereitschaft für zwei Herren eines Journalistennicht zureichen sollte, dem vom Erstrichter gesetzten engstenBegriff von Schlieferltum als einer Beteiligung an zu entsprechen,dann läge wohl der erstaunlichste Fall jener Unterdrückungder freien Meinungsäußerung vor, gegen die sich vor allemdie Sozialdemokratische Publizistik zu wenden pflegt.

gibt, weil dieses Wirken einem Kunstwerk wieder Anerken-nung verschafft hat, das geeignet ist, dem Schundwerkder modernen Operette den Garaus zu machen und weil ausder Entgegenhaltung des Berichtes des Privatanklägers mit den vorgelegten Berichten klar zu Tage tritt, dassder Privatankläger bewusst und willkürlich in den kritischenVordergrund stellt, was wenn es überhaupt wahr ist und von irgendeinem Sachstandpunkt zu halten (den [¿] keiner der hundert Kritiker hervorgekehrt hat), nebensächlich und für den gewolltenErfolg bedeutungslos war. Es ist unerfindlich, wieso derRichter erster Instanz zur der Ansicht kommen konnte, dassall dies nicht geeignet sein sollte wäre , um „Schlieferl- undTinterlpraktiken“, „kümmerliches Fachwissen“ und dasübrige Gesprochene zu beweisen.

Ich stelle daher den

Antrag:

dieser Berufung Folge zu geben und , das Urteil ersterInstanz aufzuheben und ihr aufzutragen, die beantragtenBeweise durchzuführen; eventuell diese Beweise selbst durch-zuführen und zu entscheiden. Ich beantrageden Freispruch des Beschuldigten.

Für den Fall, als das Berufungsgericht die Beweiseselbst durchführt und mich als Zeugen ladet, bitte ich umeinen mindestens vierzehntägigen Zwischenraum zwischenZustellung der Ladung und der Hauptverhandlung, damit füreine entsprechende neue Verteidigung gesorgt werden kann.

Dr. Oskar Samek als Verteidigerdes Herrn Karl Kraus.

Für Herrn Kraus

8. Jänner 1931.Dr.S/Fa.G.Z. 4 U 114/30.

An dasStrafbezirksgericht I Wien.

Privatankläger: Dr. Paul Amadeus Pisk, Musiker und Musik-schriftsteller in Wien IV., SchleifmühlgasseNr. 19,durch:Dr. Otto Pisk,Rechtsanwalt in Wien

als Verteidiger desBeschuldigten: Karl Kraus, Schriftstellers in Wien III.,Hintere Zollamtsstrasse Nr. 3,

wegen Ehrenbeleidigung

1 fach

Ausführung der Berufung.

Als Verteidiger des Beschuldigten KarlKraus führe ich die gegen das Urteil des Strafbezirksgerichtes Iin Wien vom 4. Dezember 1930 rechtzeitig angemeldete Berufungaus.

Geltend gemacht werden die Nichtigkeits-gründe des § 468, Absatz 1, Z. 2 und 3 STPO. (§ 281, Z. 4, 5 und9 b STPO.)

Den Nichtigkeitsgrund des § 281, Z. 4 er-blicke ich darin, dass entgegen den Anträgen der Verteidigungdie Verlesung des Manuskriptes und die Einvernahme Dris. OskarSamek als Zeugen abgelehnt wurden. Die Verlesung des Manuskrip-tes war von wesentlichster Bedeutung. Dem Gerichte ersterInstanz wurde der Abdruck dieses Manuskriptes in der August-Nummer 1929 der Fackel vorgelegt und es war notwendig, fest-zustellen, dass dieser Abdruck bis auf winzige, an der Handder Bürstenabzüge nachweisbare formale Aenderungen wie z.B.Austausch von Synonima (körperlich anstatt physisch, anwendenanstatt durchführen) genau dem Manuskripte entsprach. Der Be-schuldigte Karl Kraus spricht niemals frei sondern immer nacheinem auf das genaueste vorbereiteten und bis in das letzteDetail, bis in die letzte Interpunktion durchdachten Manus-kripte. Es ist vollständig ausgeschlossen, dass auch nur einWort mehr oder weniger gesprochen wird, als das Manuskriptenthält. Alle Zeugen, die das Gegenteil ausgesagt haben, habenentweder wissentlich oder fahrlässig eine falsche Aussage ab-gelegt, deren Untersuchung Sache der Staatsanwaltschaft wäreund möglicherweise auch sein wird. Zur Vorlesung des Manus-kriptes und dessen Vergleich mit dem Abdruck war umsomehr An-lass, als die von der Gegenseite geführten Zeugen ihre falschen

Aussagen nicht mit der zur Urteilfällung erforderlichen Ge-nauigkeit gemacht haben, und, soweit sie die Angaben der An-klage bestätigt haben, durch ihre eigenen vorher dem gegneri-schen Anwalt gegenüber abgegebenen schriftlichen Erklärungenund andere Zeugen widerlegt wurden. Den wichtigsten Anlass abergab die Zeugenaussage des Fritz Löwy, von dem der Privatanklage-vertreter auch eine Erklärung vorlegte, in der dieser Zeuge be-kundet hatte, dass er, wenn auch die Niederschrift erschwertwar, weil der Saal vollkommen verfinstert war, er doch in derLage war, einzelne Stellen mitzuschreiben. Diese mitgeschriebe-nen Stellen entsprechen nun vollkommen wörtlich den in derFackel abgedruckten:

…. das gegen mich wirkende Schlieferl- und Tinterltum …der Stelle: Fackel August-Nummer Seite 76, Zeile 9ff;

…. der Musikkritiker des Organs, der Referent, der seit Jahrenden Kitsch der bürgerlichen Operette toleriert und bejaht …der Stelle: Seite 78, Zeile 22ff;

…. unter dem Vorwand einer Fachkritik ….“ der Stelle: Seite78, Zeile 29;

…. die leichtfertige journalistische Mache wird abgelöst vonder planvollen ….“ der Stelle: Seite 79, Zeile 1ff;

…. kümmerliches Fachwissen ….

…. bessere Schönbergschüler haben anders gesprochen .…der Stelle: Seite 79, Zeile 14ff;

…. unter fachlichem Vorwand eine üble Gesinnung auszudrücken …der Stelle: Seite 80, Zeile 1 und 2;

…. dass ich in solcher Fachkritik eine Petite erkenne ….Correpetite ….“ der Stelle: Seite 80, Zeile 6 und 7;

…. der unappettitliche Plan, meine Hingabe an seine Kunst

herabzuwürdigen ….“ der Stelle: Seite 80, Zeile 20 und 21;

…. diese armen Teufel nennen sich Fachmänner ….“ der Stelle:Seite 81, Zeile 12 und 13;

… jede Parole gegen mich nach Partei- und Redaktionsbe-schluss gebrauchsfertig zu machen …“ der Stelle:Seite 81, Zeile 5ff v.u.;

… .Schlieferlpraktiken …“ der Stelle: Seite 84, Zeile 11und 12. Alle diese Stellen zeigen die wörtliche Uebereinstim-mung des gedruckten mit dem gesprochenen Worte und von denin der Erklärung des Herrn Fritz Löwy angeführten Stellenfehlen in der Fackel lediglich zwei, nämlich: „…. das Schlieferlschreibt .…“ und „…. armseliges Fachwissen .…“. Diese wurdenaber auch nie gesprochen. Wie wenig verlässlich eine Zeugenaus-sage über gebrauchte Worte ist, wenn nicht der besondere Fall,wie bei dem als Zeugen geführten Dr. Oskar Samek vorliegt, – derden Aufsatz in seinem wesentlichen Teil vor der Wiedergabe inder Rede kennen lernte und den Abdruck nicht erst bei der Ver-öffentlichung, sondern unmittelbar nach dem Vortrag bei derDrucklegung, – geht schon daraus hervor, dass dieser Zeuge Löwy auf die Frage des Privatanklagevertreters bestätigte, dass derAusdruck „kümmerlicher Schönbergschüler“ gefallen sei, obwohl erihn selbst in seiner Erklärung nicht anführt und aus dieser Er-klärung genau zu rekonstruieren ist, dass es sich um den Satzdes Vortrags handelt, der auf Seite 79, Zeile 14ff abgedrucktist: „der Mann, der hier sein kümmerliches Fachwissen – dennbessere Schönbergschüler haben anders von mir gesprochen – zurExequierung einer Meinungsrache hergeben musste ….“ Wenn alsoschon dieser Zeuge der Suggestion der Frage des Privatanklage-vertreters erlag, um wieviel mehr musste dies bei den anderen

von der Privatanklageseite geführten Zeugen der Fall sein, diesich nicht vor Ablegung ihrer Zeugenaussage durch Einsichtnahmein ihre „Erklärungen“ den Tatbestand rekonstruieren konnten.

Wenn man nun damit die Notizen des Herrn Otto Silber-mann vergleicht oder die der Zeugin Herta Gropper, so lässt sichleicht konstatieren, dass diese Niederschriften nicht im Vor-tragssaal selbst gemacht worden sein können, sondern auf Grundeinzelner Schlagwörter nachträglich konstruiert wurden. Siewidersprechen sowohl in der Anordnung als auch im Wortlaut denendes Zeugen Löwy, dessen Anführungen wieder im Wortlaut und inder Anordnung dem Vortrag entsprechen. Es ist also kein Zweifel,dass der Vortrag so gehalten wurde, wie er in der Fackel abge-druckt war und zu dieser Konstatierung war sowohl die Verlesungdes Abdruckes als auch des Manuskriptes erforderlich, wodurcherst wirklich festgestellt hätte werden können, was beim Vor-trage tatsächlich gesprochen wurde. Ergänzend aber war eventuellauch die Einvernahme Dris. Oskar Samek notwendig, der als besterKenner des Vortrags, seiner Entstehung und seiner Drucklegungfür die Uebereinstimmung des Abdrucks sowohl mit dem Manuskript,als auch mit dem gesprochenen Wort der beste Zeuge ist.

Die Vorlesung des Abdruckes und des Manuskriptes hätteaber auch die logische Unmöglichkeit gezeigt, dass die Wortedas Schlieferl schreibt“ oder „das Schlieferl schreibt weitergebraucht wurden. Der Zusammenhang der Rede lässt einen solchenGebrauch gar nicht zu. Es wurden nicht Sätze des Aufsatzes desPrivatanklägers vorgelesen, sondern Stellen aus diesem Aufsatz in die Rede verflochten, so dass für Worte Wendungen wie „das Schlieferl

schreibt“ oder „das Schlieferl schreibt weiter“ gar kein Raumwar. Auch der ästhetische Eindruck des Vortrages hätte diese Tatsache Einsicht noch verstärken müssen und gleichzeitig auch dieUnmöglichkeit dargetan, sich einen Vortrag von so kunstvollem,schwierigem Gefüge so genau zu merken, um ihn wiederzugeben.Der Zeuge gibt also nur Worte daraus wieder, deren Schall ihmgeblieben ist, und ist so eben noch imstande, aus einer Be-trachtung über „Schlieferlpraktiken“ des Wortes „Schlieferl“ habhaftzu werden.

Bei diesem Sachverhalt können die Anträge der Ver-teidigung gewiss nicht als unerheblich bezeichnet werden, son-dern im Gegenteil, sie waren einzig und allein geeignet, denwirklichen Sachverhalt festzustellen.

Den Nichtigkeitsgrund des § 281, Z. 5 erblicke ichdarin, dass der Richter erster Instanz den Widerspruch derAussagen der Zeugen Fritz Löwy, Hanna Schwarz und HerthaGropper mit ihren Erklärungen, die sie Herrn Dr. Pisk gegenüberabgegeben haben, nicht beachtet hat, dass er nicht beachtethat, dass die Aussagen weit über die „Erklärungen“ hinausgingen,und dass er auch nicht begründet hat, warum er über diesen Wider-spruch bei der Beurteilung der Zeugenaussagen hinweggegangen ist.In ihrer Erklärung vom 10. November 1929 schreibt Fräulein HannaSchwarz, dass Herr Kraus in seinem Vortrag die Bemerkung ein-flocht: „es hat sich ein ‚Schlieferl‘ eingeschlichen und morgenwerden Sie wahrscheinlich in der Zeitung lesen, dass ich nichtsingen kann.“ Das ist zwar nicht die wörtliche Wiedergabe dessen,was gesprochen wurde, aber immerhin entspricht es noch halbwegsdem Sachverhalt,wie er richtig und wortgetreu auf Seite 83 derAugust-Nummer 1929 der Fackel abgedruckt wurde. Bei der Haupt-

verhandlung erweiterte die Zeugin Hanna Schwarz schon ihreAngaben und sagte, dass Herr Kraus auch die Worte gebrauchthat: „Es wird ihnen morgen ein Schlieferl erzählen, dass ichnicht singen kann“. Und das ist die handgreiflichste Unwahrheit.Der Zeuge Fritz Löwy hat in seinen Aufzeichnungen nichts voneinem „kümmerlichen Schönbergschüler“. Bei der Hauptverhandlunghat er den Ausdruck wenn auch über Befragen bestätigt. DieAufzeichnungen der Zeugin Herta Gropper, welche dem Gerichte vom Privatanklägevertreter vorgelegt wurden, weisen in der An-ordnung derartige Verschiebungen auf, dass sie unmöglich einerwirklichen stenografischen Niederschrift entsprechen können. Die Zeugin erklärte, daß sie diese stenografische Niederschriftnicht mehr hat. Diese Angabe entspricht nur insoferne der Wahr-heit, als sie diese stenografische Niederschrift auch vorhernicht gehabt haben kann. Es wird Sache der Untersuchungsbehörde sein, dieses äusserst verdächtige Moment aufzuklären. Man kannwohl behaupten, dass es kriminalistisch monströs ist, daß dasGericht die Angabe über ein nicht mehr vorhandenes Stenogrammfür beweiskräftiger hält, als vorhandene Manuskripte, Bürsten-abzüge, einen Abdruck, sämtliche Zeugenaussagen, die dessenWahrhaftigkeit bestätigen und das Angebot eines Anwaltes, derbereit ist, sein Verteidigungsamt niederzulegen, um als Zeugedes inkriminierten Vorganges die Wahrhaftigkeit einer Verteidi-gung und die Wahrheitswidrigkeit einer Anklage zu beurkunden. Schondie von der Gegenseite vorgelegte Erklärung des Zeugen Löwy, diegleichfalls nach einem Stenogramm hergestellt sein soll, widerspricht inflagrantester Weise der Möglichkeit, dass das was die ZeuginGropper angibt, auf Grund eines Stenogramms hergestellt wurde.

Es ist, selbst wenn man von dem stärksten Verdacht durchdrungensein könnte, dass Herr Karl Kraus einen nachträglich redigiertenSachverhalt zu veröffentlichen imstande ist, im Bereiche desschlichtesten Menschenverstandes schlechthin unmöglich, daß zweiStenogramme von zwei Zeugen, die ihn doch beide belasten sollen,einander so krass widersprechen. Hier war der Punkt gegeben, woder Richter, anstatt auf Grund einer so verdächtigen Angabe überein nicht mehr vorhandenes Stenogramm zur Urteilsfällung undSchuldspruch zu gelangen, in der viel erheblicheren kriminalisti-schen Angelegenheit, als so die Beleidigung des Herrn Pisk ist,die Abtretung an die Staatsanwaltschaft hätte beschliessen sollen.Das Gericht erster Instanz hat sich über diesen horrenden Widerspruch, wie überalle anderen Tatsachen hinweggesetzt und nicht einmal begründet, wa-rum es dies tat. Es wäre aber ausserdem von grösster Bedeutung ge-wesen, dass das Gericht erster Instanz das Hinausgehen dieser undder anderen Zeugen über ihre ursprünglichen Angaben in der „Er-klärung“ in Erwägung gezogen hätte, oder begründet hätte, warumes eine solche Erwägung für überflüssig hielt. In Widerspruch mitsämtlichen Aussagen steht aber die Behauptung des Urteils, dass die Kritik des Polemik gegen den Privatanklägers anschliessend an die Besprechung desArtikels des Privatanklägers erfolgt ist. Keiner der Zeugen hatbestätigt oder nur erwähnt, dass zuerst eine Besprechung des Ar-tikels des Privatanklägers und anschliessend daran eine Kritik Polemik er-folgt ist, sondern alle Zeugen haben bestätigt, dass der Vortragmit der Zitierung der Schlussstrophe der Zanetta aus der „Prinzes-sin von Trapezunt“ eingeleitet wurde und sich daran die Worte an-schlossen: „Das Krupnikorgan … zwingt mich die VerunstaltungOffenbachs für eine Weile zu unterbrechen …[“] und so weiter. Diesist von wesentlicher Bedeutung, weil sich offenbar trotz allem

Widerspruch des Verteidigers und, wiewohl kein einziger Zeugees bestätigt hatte, im Kopfe des Erstrichters die Meinung fest-gesetzt hatte, dass es so etwas wie eine besondere Besprechungoder Vorlesung des Artikels des Privatanklägers gegeben hat.

Als Nichtigkeitsgrund der Ziffer 5 des § 281 StPO. muss auch gerügt werden, dass der Richter erster Instanz ohneBegründung als erwiesen annimmt, dass der Beschuldigte die Be-merkung machte: „Ich weiss nicht, ob sich das Schlieferl wiederin den Saal verirrt hat.“ Der Gebrauch der Anführungszeichenlässt darauf schliessen, dass der Richter erster Instanz diesfür eine wörtliche Wiedergabe hält. Auf welche Aussage sich derRichter dabei stützt, ist einfach unerklärlich. Der Zeuge FritzLöwy hat in seiner Erklärung die Anrede in folgendem Wortlautwiedergegeben: „Ich muss nachsehen, ob sich das Schlieferl wie-der im Saale befindet.“; der Zeuge Otto Silbermann in folgendemWortlaut: „Wenn er (das Schlieferl) heute hier ist, so beneideich ihn nicht um den Beifall, den meine Polemik und Satire hierauslösen wird.“ (Was selbstverständlich nicht Eigenlob, sondernironische Zitierung des Lobs war, dass Herr Pisk seiner Kraus’ pro-saistische n r Vortragskunst gespendet hatte. Siehe den Artikel.)Die Zeugin Herta Gropper hat bei ihrer mündlichen Einvernahmeangegeben, dass sie gehört habe, wie der Beschuldigte sagte:Ich weiss nicht, ob sich das Schlieferl wieder in den Saalverirrt hat.“ In Wirklichkeit hat der Satz gelautet: „Abersollte der Musikfachmann, der behauptet hat, dass ihm die Bezeich-nung ‚Schlieferl‘ gelte, jener ‚dienstlichen Verpflichtung‘ ent-sprechend, für die ich seit dreissig Jahren ein Gelächter habe,

heute wieder anwesend sein, so wünsche ich ihm noch bessereNerven als mir. Denn ich beneide ihn nicht um die geradezuelementare Wirkung, die ich auf mein Publikum als Schriftstellerdurch Polemik und Satire erziele.“ (siehe oben) Schon die Di-vergenz der Zeugenaussagen in diesem Punkte hätte dem Richter klar machen müssen, dass es sich hier nicht um eine wörtlichesondern um eine dem Sinn, wie ihn der Zeuge aufgefasst hat, ent-sprechende Wiedergabe handeln muss und er hätte unbedingt dazuStellung nehmen müssen, warum er den Wortlaut, wie er in derFackel abgedruckt ist, nicht anerkennt. Denn mag man es nochhingehen lassen, dass er glaubt, dass etwas gesprochen wurde,was in der Fackel nicht steht, obwohl dies das diametralsteGegenteil der Wahrheit wäre, so darf doch der Richter ersterInstanz keinesfalls annehmen, dass alles, was in der Fackel steht, anders gesprochen wurde, und noch dazu in der unkünstleri-schen und einfältigen Form, wie sie sich die Hörer gemerkt zu ha-ben glauben. Diese Abschlusstelle der Rede, welche die Wortedienstliche Verpflichtungen“ und „geradezu elementare Wirkung,die ich auf mein Publikum als Schriftsteller durch Polemik undSatire erziele“, aus dem Aufsatz des Privatanklägers ironischverwendet, war die einzige Stelle und die einzige Form, in dersich der Sprecher an den Verfasser der Kritik gewendet hat, undkeineswegs die von den Zeugen ausgesagte Apostrophierung. DerRichter erster Instanz durfte sich nicht mit der allgemeinen Be-gründung, dass das Manuskript keine verlässliche Unterlage dafür bieten kann, dass sämtliche mündlichen Aeusserungen des Beschul-digten in dasselbe Aufnahme gefunden haben, über alles hinweg-setzen, so dass er auch dort die Worte der Zeugen zur Grundlageseines Urteils machte, wo Manuskript und Abdruck sowie die Angabender von mir geführten Zeugen und des Beschuldigten selbst einen dem

Sinn entsprechenderen und logischeren Text feststellen liessen.

Leider scheint auf den Richter auch ein Argumentdes Privatanklagevertreters Eindruck gemacht zu haben, dessengeringe Eignung einzuleuchten in die Augen fällt: nämlich, dasseine Abänderung des Druckes – ein Ansinnen, das geradezu derVorwurf der Fälschung wäre, – aus dem Grunde erfolgt sein könnte,weil der Beschuldigte das Bedürfnis hatte, im Bannkreis der an-gekündigten Klage ein Abschwächung festzulegen. Dieses Argumentfällt in nichts zusammen vor der Tatsache, dass ja gerade dieinkriminierte Rede vom 10. Juni von der am 9. Juni angedrohtenKlage gehandelt hat, also alle Vorsichtsmassregeln, alle verbaleZurückhaltung schon beim Vortrag am Platze gewesen wäre. Tat-sächlich wurde gerade in der juristischen Besprechung, diezwischen mir und meinem Klienten vor dem Vortrag und im Hinblickauf die angedrohte Klage stattfand, das grösste Gewicht daraufgelegt, dass nicht etwa der Zweck und Sinn des Vortrages, diegerichtliche Beweisführung, der man entgegengesehen hat, durcheine formale Beleidigung vereitelt würde. Ich bin überzeugt, dassder Privatankläger, um zu einer billigen Genugtuung zu gelangen,in der Hoffnung, dass das Gericht das Wort „Schlieferl“ als un-beweisbares Schimpfwort auffassen werde, vom Drange beseelt war,eine solche Handhabe zu finden, und dass die in den Vortragzu Kontrollzwecken entsandten Freunde ihm darin assistiert haben.Hätte der Privatankläger nur den wahrheitsgetreuen Druck und dazusogar noch das Stenogramm des Zeugen Löwy vor sich gehabt, dasja mit dem Druck in fast allen Punkten übereinstimmt, so wärees ihm nicht eingefallen, sich der Beweisführung über einen Sach-verhalt auszusetzen, von dem er ganz gut weiss, dass er ihn im

Gerichtssaal nicht mit heiler moralischer Haut vertreten durchstehen kann.Keinesfalls war er darauf gefaßt, dass der Richter, wie er esmit Recht getan hat, die Beweisfähigkeit selbst des Ausdruckes„Schlieferl“ als solchen erkannt und, wie ausgeführt werden wird,lediglich in der Auffassung des Begriffes geirrt hat. Dass dieangebotenen Beweise gerade auch der engeren Bedeutung des Wor-tes, wie sie der Richter entgegen dem Sprachgebrauch annahm,gerecht werden, soll später dargetan werden.

Als Nichtigkeitsgrund der Ziffer 5 des § 281 StPO. wird auch betrachtet, dass das Gericht erster Instanz ganz all-gemein die Verantwortung des Beschuldigten alsdahingehend auffasst, „dass die Aeusserungen derart gehalten waren, dass aus den-selben und den Begleitumständen für die Oeffentlichkeit der Privat-ankläger nicht erkennbar gewesen sei“. Diese Annahme steht imWiderspruch zu dem von mir im Namen des Beschuldigten eingereich-ten Schriftsatz vom 24. Juni 1930 und zum Vorbringen in der Haupt-verhandlung. Nur für den Vortrag vom 7. Juni gilt sie. Nur damalswar der Privatankläger nicht erkennbar, beim Vortrag vom 10. Juniwar der Privatankläger natürlich vollständig erkennbar, weil jaunterdessen sein Aufsatz in der Arbeiter-Zeitung vom 9. Juni er-schienen war. Für den Vortrag vom 10. Juni 1929 wurde vom Be-schuldigten lediglich vorgebracht, dass die Polemik nicht gegenden Privatankläger als Individuum, sondern gegen das Zentralorgan der Sozialdemokratie gerichtet war und sich mit dem Privatankläger nur insoweit befasste, als sein Aufsatz die Grundlage dieserPolemik bildete.

Es möge gestattet sein, an dieser passenden Stellegleich die Schuldberufung wegen des Vorfalles vom 7. Juni 1929auszuführen. Lediglich für diesen Vorfall galt die Verantwortung

des Beschuldigten, dass der Privatankläger nicht erkennbar ge-wesen ist. Der Privatankläger hat Zeugen dafür geführt, dass ererkannt wurde. Wie ich nachweisen will, haben diese Zeugen aufGrund eines vollständig falschen Schlusses und weil sie dietatsächlich gesprochenen Worte nicht erfassten, den Privatan-kläger erkannt oder zu erkennen geglaubt. Aber ungeachtetdes Umstandes, dass der Privatankläger erkannt wurde, bleibtdoch die Behauptung aufrecht, dass der Privatankläger nicht erkenn-bar war. Die aussagenden Zeugen haben auf den Privatankläger alsBeleidigten geschlossen, weil er am 7. Juni im Vortragssaal an-wesend war. Die Bemerkung im Vortrag vom 7. Juni bezog sich aber offen-kundig nicht auf eine Person, die an diesem Tage anwesend war,sondern in einer früheren Vorlesung, denn es ist die Rede voneinem Schlieferl, das sich in diesen Saal verirrt hat und aneiner Zusatzstrophe Anstoss nahm. Es musste sich – aus der Ver-bindung „Anstoss nahm“ und „verirrt hat“ – also logischerweiseum etwas Vergangenes handeln, denn es wäre doch unmöglich gewesen,während des Vortrages von einem Zettel abzulesen, was gegen einePerson gerichtet ist, die gerade an einer Zusatzstrophe dieserVorlesung Anstoss nimmt. Durch welche Zauberkunststücke sollteder Vortragende während des Vortrages sich einen solchen Zettelfabrizieren. Dies wurde auch schon in der von der Verteidigungdes Beschuldigten gemachten Eingabe vom 24. Juni 1930 genau aus-geführt. Der Privatankläger, der in der die Privatanklage selbst dieBemerkung, dass „das Schlieferl an einer Zusatzstrophe Anstossgenommen habe“, noch aufgenommen hatte, und offenbar aus Mangel

an Fähigkeit sich vorzustellen, was bei einer Vorlesung sich ab-spielen könnte, die Meinung ausgesprochen hatte, dass der Beschul-digte dies „vielleicht aus einer abwehrenden Bewegung schliessenkonnte, die er möglicherweise gemacht hatte, ohne sich dessen be-wusst zu sein, und diese Tatsache zum Beweis seiner Erkennbarkeitverwenden wollte, hat dann, als er einsah, dass dies ein Unsinnsei, über diese Tatsachen einen Schleier der Vergessenheit ge-breitet, der sich auch über die Verhandlung erster Instanz legte,so dass der Richter in seinen Entscheidungsgründen gar nichtberücksichtigte und begründete, warum Herr Dr. Pisk erkennbar gewe-sen ist, wo doch offenbar die Zeugen ihn nur deshalb erkannthatten, weil er gerade im Saal anwesend war, während sich dieSätze mit jemandem beschäftigten, der bei einer früheren Vor-lesung anwesend war. Wenn also Herr Pisk auch erkannt wurde,so war er doch nicht erkennbar, und wäre an diesem Tage anstattdes Herrn Pisk Herr Bach oder Herr Otto Koenig im Saale anwesendgewesen, so hätten mit derselben falschen Logik die Zeugen be-stätigt, dass sich die Worte gegen diese Personen richteten.

Der Nichtigkeitsgrund der Ziffer 9 b des § 281 StPO. liegt darin, dass das Gericht erster Instanz zu Unrecht erkannthat, dass „die vorgebrachten Argumente, deren Wahrheit erwiesenwerden sollte, nicht geeignet sind, um die gegen den Privatanklä-ger erhobenen Anschuldigungen zu rechtfertigen, weshalb sie alszur Führung des Wahrheitsbeweises vollkommen ungeeignet vonvorneherein abzuweisen waren“. Dabei geht das Gericht von derin keinem Dialektlexikon auffindbaren Ansicht aus, dass man „unterSchlieferl im allgemeinen einen Menschen ansehen muss, der sichin Gesellschaftskreise oder Berufszweige hineindrängt bezw. auf-drängt, ohne dass die hiezu erforderlichen persönlichen Voraus-setzungen vorliegen“. Ich habe in meiner Eingabe vom 24. Juni 1929

anhanden verschiedener Dialektwörterbücher nachgewiesen, dassunter „Schlieferl“ ein widerlicher Schmeichler, Liebedienerzu verstehen ist, jemand, der sich um die Gunst eines anderenbewirbt und aus dieser Absicht heraus Handlungen begeht, dieder allgemeinen Moral widersprechen. Wenn es auch möglich ist,dass der Erstrichter das Wort „Schlieferl“ auch zur Bezeichnungeines Menschen verwenden würde, der sich in einen Gesellschafts-kreis oder Berufszweig hineindrängt ohne die erforderlichenpersönlichen Voraussetzungen zu besitzen, so geht es doch keines-falls an, dass jemand, der das Wort in einem geläufigeren Sinnverwendet, von der Führung des Wahrheitsbeweises ausgeschlossenwird: also darüber, dass Handlungen begangen wurden, die dasWort in dem Sinne rechtfertigen, in welchem er es, gerechtfertigtdurch Wörterbücher, gebraucht hat. Selbst wenn dieser Gebrauchfalsch wäre, würde ein solcher Irrtum des Beschuldigten dieStrafbarkeit ausschliessen. Aber sogar für den Sinn des Wortes,wie ihn der Richter meinte, liegt der Wahrheitsbeweis vor. Dennwenn es richtig ist, dass man unter „Schlieferl“ jemanden ver-stehen darf, der sich in einen Gesellschaftskreis hineindrängt,ohne dass die hiezu erforderlichen persönlichen Voraussetzungenvorliegen, so ist dies auch für den Privatankläger bewiesenworden. Entgegen dem Verhandlungsprotokoll hat der Richter ange-nommen, dass dem Privatankläger zum Vorwurf gemacht werde, dasser „zugleich für Zeitungen verschiedener politischer Richtungtätig“ ist. Dies ist unrichtig und begründet auch einen Nichtig-keitsgrund nach § 281, Z. 5 StPO. denn es wurde dem Privatankläger zum Vorwurf gemacht, dass er „als organisierter Sozialdemokrat

Mitarbeiter der ‚Berliner Börsen-Zeitung‘ ist,“ „die auf deräussersten Rechten steht und gegen die Sozialdemokraten auf-tritt,“ ganz besonders gegen die Sozialdemokratie, deren Mitglied ihr Wiener Korrespondent ist, gegen die Wiener Arbeiter-Zeitung, deren Redakteur er ist, – nicht wie im Urteil steht des „Börsen-Courier“, derein linksgerichtetes bürgerliches Blatt ist. Entweder auf Seitender Sozialdemokraten oder auf Seiten der Nationalsozialisten istder Privatankläger unmöglich. (Also auch ein „Schlieferl“ im Sinnedes Erstrichters.) Diese beiden Richtungen können auch nicht inder Kunstrubrik von einer und derselben Person einwandfrei ver-treten werden, da die radikal entgegengesetzten politischenAnschauungen auch radikal entgegengesetzte Welt- und Kunstan-schauungen bedeuten, wofür ich ja auch in meinem Schriftsatz vom24. Juni 1929 den krassesten Beleg gebracht habe. Ich habe denBericht des Privatanklägers über das Jubiläumskonzert anlässlichder 25. Jahrfeier der Wiener Arbeiter Symfoniekonzerte in derArbeiter-Zeitung vom 12. November 1929 und seinen Bericht überdasselbe Konzert in der Berliner Börsen-Zeitung vom 15. November1929 vorgelegt. In dem Wiener Bericht waren ausser den Werkenvon Schönberg auch Arbeiterchöre von Hans Eisler besprochen, eswird dort sogar behauptet, dass sie den Höhepunkt bildeten. DieChöre werden „wirklich revolutionäre Stücke“ genannt, der Privat-ankläger sagt von diesen Stücken: „Unsere Gedanken, unsere Gefühle sind hier im Worte gefasst und sprechen auch aus derMusik zu uns allen.“ Von dem zweiten Chor „Auf den Strassenzu singen“ sagt der Privatankläger: „Man spürt in der Melodie, inder besonders ein breiter Kehrreim öfter wiederkehrt, das eherneSchreiten der Massen, die alles mit sich fortreissen.“ Wortewie „Opfer der Revolution“, „Revolutionschor“ u.dgl. erfüllen denArtikel. Man vergleiche damit den Bericht desselben Berichter-statters in der „Berliner Börsen-Zeitung“. Die beiden Chöre

werden nicht einmal erwähnt, obwohl sie „den Höhepunkt bilde-ten“. Kein Wort von revolutionärer Musik, kein Wort vomSchreiten der Massen. Wie ist es also mit dieser Kunst unddieser Kunstkritik bestellt? Hat sie wirklich mit Politik nichtszu tun wie der gegnerische Anwalt zur Exkulpierung des Klägers vorgebracht hat, und darf der Kritiker das Kunstwerk, von dem erin der Arbeiter-Zeitung sagt, dass seine und seiner Gesinnungs-genossen Gedanken und Gefühle hier in Worten gefasst sind undauch aus der Musik zu ihnen allen spreche, verkünden? Er mussteschweigen, weil es eben im Gebiete der „Schlieferl- und Tinterl-praktiken“ nicht gestattet ist, das zu loben, was auf der ande-ren politischen Seite steht. Ich habe auch die Nummern der„Berliner Börsen-Zeitung“ vom 14. September und 5. November 1930 vorgelegt, um zu beweisen, welcher Richtung diese Zeitung ange-hört. Der Privatankläger hat behauptet, dass die Zeitung von sichselbst sage, dass sie „keiner Partei zugehörig, unabhängig vonjeder Organisation oder Interessengruppe … überparteilich … sei.Sie leihe ihre Hilfe jeder Gruppe, jeder Partei, jeder Koalitionund jeder Regierung …“ Die Überparteilichkeit sieht so aus:Wer nicht wählt, überantwortet sich, seine Familie und Deutsch-land den roten Verderbern!“ Oder: „ Riesige Waffenfunde bei denAustromarxisten …. Die Austromarxisten sind von jeher offener,brutaler und gradliniger in der Verfolgung ihrer Ziele gewesenals ihre reichsdeutschen Gesinnungsfreunde. Schon mehr als einmalhat man handgreiflich den österreichischen Sozialdemokraten dieVorbereitung des bewaffneten Umsturzes nachweisen können, und dieErinnerung an jenen blutigen Sommertag, der mit dem Brande

des Wiener Justizpalastes endete, ist noch wach ....“ Und in diesemArtikel war auch das eigene Blatt des Privatanklägers, die Ar-beiterzeitung angegriffen. Ist dies alles dem Privatankläger unbekannt geblieben? Hat er sich wirklich damit begnügt, das zuhören und zu wissen was die Zeitung zum Abonnentenfang ineiner Jubiläumsnummer an Phrasen der Neutralität vorgewendethat? Und hat er niemals ein solches Blatt in die Hand bekommen,das ihm den wahren Charakter dieser Zeitung gezeigt hätte? JedeNummer, die ihm als Belegexemplar seiner Kritiken zugesendetwird, offenbart diesen extrem rechtsradikalen Charakter, der fürBerliner Begriffe Anschauungen den Standpunkt des Lokalanzeigers weit hintersich lässt. Wenn nicht das Wort „Börsenzeitung“ für sozialdemo-kratische Begriffe etwas grundsätzlich beruhigendes hat, soerweist jede ihrer Nummern, dass diese Zeitung der Sozialdemo-kratie totfeindlich gegenübersteht. Es wäre mir natürlich mög-lich gewesen, hunderte von Belegexemplaren für die Gesinnungder Berliner Börsen-Zeitung vorzuweisen. Der Privatankläger redet sich allerdings damit aus, dass die Mitarbeiterschaft andieser Zeitung der Arbeiter-Zeitung und der sozialdemokratischenPartei bekannt ist. Das mag sein, offenbart aber nur die Un-sauberkeit der Partei selbst und beweist nur umsomehr, wie be-rechtigt die Polemik vom 10. Juni 1929 war. Denn diese Polemikrichtete sich, wie schon erwähnt wurde, nicht gegen den Privat-ankläger als Person, sondern gegen diese Partei und die bei ihrüblichen journalistischen Praktiken, die in heuchlerischerWeise die Praktiken der bürgerlichen Journalistik zugleichtadeln und praktizieren, ja es ermöglichen, dass der sozialde-mokratische Journalist im gegnerischen journalistischen Lagermitwirkt, dem gegnerischen Bedarf durch Wort und Schweigen

dient und an dem Sold partizipiert, auf dessen ökonomischenUrsprung von der sozialdemokratischen Publizistik als eineSchmach hingewiesen wird. Die Polemik betraf den Privatan-kläger gerade soweit er das Faktotum dieser so beschaffenenParteijournalistik war. Wenn die sozialdemokratische Partei es zulässt erlaubt , dass ihr Genosse und Mitarbeiter, der musikalischeVerherrlicher ihrer Ideen, an einem solchen Blatt mitarbeitet,so ist der Ausdruck von den „Schlieferl- und Tinterlpraktiken“sowohl für die Erlaubnis, als auch für deren Gebrauch zulässig.Es ist also mindestens auch der Beweis erbracht worden, dassder Privatankläger sich in einer Gesellschaft befindet, in dieer nicht hineingehört.

Ich bleibe aber dabei, dass die geläufigere Verwendungdes Wortes „Schlieferl“ für einen Menschen erfolgt, der ausLiebedienerei handelt. Und auch dafür, nämlich, dass der Privat-ankläger seine Kritik nicht aus sachlichen Gründen geschriebenhat, sondern, um in die zwischen Herrn Karl Kraus und der Arbeiter-Zeitung bestehende Polemik auch als „Fachmann“ einzugreifen undeine Blamage der Arbeiter-Zeitung, dass Offenbach verklungen undvertan sei, wettzumachen, habe ich den Beweis angetreten. DerHerr Privatankläger versucht – hoffentlich vergebens –, das Ge-ständnis seiner Privatanklage, dass er sich „über Auftrag derSchriftleitung seines Blattes“ Karten zu vier Vorlesungen ge-kauft hat, um „über den musikalischen Teil dieser Darbietung inder Arbeiter-Zeitung zu berichten“, aus der Welt zu schaffen.Keinesfalls ist das aber durch die Behauptung möglich, dass derPrivatanklägerniemals von irgend einer mit der Leitung der

Arbeiter-Zeitung in Wien oder mit der sozialdemokratischenParteileitung in Wien in Verbindung stehenden Person einenAuftrag oder auch nur einen Wink erhalten hätte, in gewisserRichtung zu schreiben“. Er wäre ein schlechter Diener seinerHerren, wenn es noch eines besonderen Winkes bedurfte, wie erzu schreiben habe, wenn man ihm zur Kritik eines Vortrages Auf-trag gibt, wo der Vortragende in offener Polemik zu seinenHerren steht. Dass er den Auftrag nach jahrelangem Schweigenüber das Wirken des Herrn Kraus erhielt, nach vielen Angriffenund Gegenangriffen, ist Wink genug. Aber die Befolgung diesesWinkes hat sichtlich auch der Kontrolle der Auftraggeber unter-legen und es könnte durch Zeugen und stilistische Sachverständi-ge nachgewiesen werden, dass der Schluß des „fachmännischenArtikels“, der nach einer langen Periode des Totschweigensüberraschend erschien, nicht mehr die so wenig markante geisti-ge Handschrift des Kritikers, sondern die anderer Stilistenseiner redaktionellen Umgebung aufweist. Es war ganz bestimmteine redaktionelle Aeusserung, die auf Grund einer Verabredung,einer Konferenz, und zur kläglichen Wettmachung der kläglichenParole „Verklungen und vertan“ zustande gekommen ist. Aber dasbeste Zeichen des Winkes ist ja die Art, wie der Privatankläger sich des Auftrages entledigt hat. War es dem Herrn Privatanklä-ger, der den Beschuldigten sicher besser kannte als dieser ihn,denn nicht von vorneherein klar, dass bei einem Vortrag desHerrn Kraus von Offenbachoperetten nicht „über den musikalischenTeil dieser Darbietung“ zu berichten war, dass es Herrn Kraus nicht darauf ankam, Musik im gesangstechnischen Sinn darzubieten,sondern das Kunstwerk Offenbachs, welches einer durch die

moderne Operette schwerhörig gewordenen Zeitgenossenschaftabhanden gekommen war, neu zu beleben? Hier handelte es sichnicht darum, dass man auch anderer Ansicht sein dürfte. Gewisssteht jedem sein Urteil frei. Hier handelte es sich aber vonvorneherein nicht um Kritik, eine solche war niemals beabsich-tigt, denn seitdem Kraus sich von der in bürgerliches Fahr-wasser geratenen sozialdemokratischen Partei, der er niemalsals Mitglied angehörte, abgewendet hat, wurde kein neu er-schienenes Buch, keine Vorlesung sei es eigener Schriften, seies der Werke Shakespeares, Goethes, Nestroys, Raimunds oderanderer Dichter besprochen. Es handelte sich dem Privatanklä-ger und seiner Partei lediglich darum, eine sich selbst zuge-fügte Blamage, dass Offenbach verklungen und vertan sei, aus-zumerzen und unter dem Vorwand einer fachlichen Kritik wurdekümmerliches Fachwissen“ dem lebendigen Kunstwerk entgegenge-setzt, um einen Unsinn, der das Hohngelächter der Kunstwelthervorgerufen hatte, vergessen zu machen. Ich habe die Berichteüber die von Kraus gehaltenen Offenbach-Vorträge oder von ihm ge-leitete Inszenierung Offenbach’scher Werke nicht zu dem Zweckevorgelegt, um zu zeigen, welche Anerkennung diese Wirksamkeitgefunden hat, sondern lediglich deshalb, weil es eine Offenbach-Renaissance erst seit dem Wirken des Herrn Kraus für Offenbach gibt, weil dieses Wirken einem Kunstwerk wieder Anerkennung ver-schafft hat, das geeignet ist, dem Schundwerk der modernenOperette den Garaus zu machen, und weil aus der Entgegenhaltungdes Berichtes des Privatanklägers mit den vorgelegten Berichtenklar zu Tage tritt, dass der Privatankläger bewusst und will-

kürlich in den kritischen Vordergrund stellt, was, wenn es über-haupt wahr ist und von irgendeinem Fachstandpunkt zu halten(den noch keiner der hundert Kritiker hervorgekehrt hat), neben-sächlich und für den gewollten Erfolg bedeutungslos war. Es istunerfindlich, wieso der Richter erster Instanz zu der Ansichtkommen konnte, dass all dies nicht geeignet wäre, um „Schlieferl-und Tinterlpraktiken“, „kümmerliches Fachwissen“ und das übrigeGesprochene zu beweisen.

Ganz zutreffend hat der Erstrichter erkannt, dassselbst der Ausdruck „Schlieferl“ in dem gegebenen Zusammenhang,der Ausdruck als solcher, der, wie nachweisbar, fälschlich derRede vom 10. Juni abgehört wurde, der Führung eines Wahrheitsbewei-ses zugänglich ist, weil es ja doch klar ist und wiederholt durchoberstgerichtliche Entscheidungen festgelegt wurde, dass derjeni-ge, der in einem Zusammenhange ein Wort gebraucht, das eine moralischeQualität bezeichnet, es straflos anwenden darf, wenn er imstande ist,die Gesinnungen und Handlungen nachzuweisen, die durch das Wortcharakterisiert werden. Diese Erlaubnis wäre hier, wo tatsächlichvon „Schlieferl- und Tinterlpraktiken“ die Rede war und klar dieAbsicht vorwaltete, diese darzustellen und an einem flagrantenFall zu geisseln, in höchstem Grade gegeben. Wenn der Vortragende statt von „Schlieferl- und Tinterlpraktiken“ von „Lumpereien“ ge-sprochen, ja selbst den Ausdruck „Lump“ gebraucht hätte, – wie ernach der Annahme des Richters das Wort „Schlieferl“ gebraucht hat, –so hätte das vorliegende Material zum Beweis und zur Deckung desWortinhalts vollständig ausgereicht, da nichts geringeres be-hauptet werden kann, als dass ein eingeschriebener Sozialdemokrat,Schöpfer einer „Wohnbaukantate“ zum Preise der sozialistischen Ge-meinde Wien im Nebenamt eine Journalistik bedient, die in ihren

politischen Aeusserungen und ihrer wirtschaftlichen Struktur vonden Hintergründen des Hakenkreuzes nicht zu weit entfernt ist,und dass er also im Solde einer Zeitung, die die österreichischeSozialdemokratie aufs Heftigste bekämpft und deren Gesinnung vondieser aufs Heftigste bekämpft wird, publizistisch wirkt und dergegenteiligen Richtung durch Abschwächung und Unterdrückung vonMeinungen sich anpasst, wobei es fast noch erstaunlicher ist, dassein Blatt extremdeutschnationaler Richtung, als dass die Sozial-demokratie dieses Kuriosum von Inkompatibilität zulässt. DerFall lässt sich offenbar nur so erklären, dass zwar Herr Pisk behaupten kann, dass seine Parteigenossen von seiner Gastrolleim feindlichen Lager Kenntnis haben, nicht aber dessen Beherr-scher von der sozialdemokratischen Gesinnung des Gastes. Wenneine derartige Verwendbarkeit und Gewandtheit, eine derartigeAnschmiegsamkeit und treue Dienstbereitschaft für zwei Herreneines Journalisten nicht zureichen sollte, dem vom Erstrichter gesetzten engsten Begriff von Schlieferltum zu entsprechen, dannläge der erstaunliche Fall jener Unterdrückung der freien Meinungs-äusserung vor, gegen die sich vor allem die sozialdemokratischePublizistik zu wenden pflegt.

Ich stelle daher den

Antrag:

dieser Berufung Folge zu geben, das Urteil erster Instanz aufzu-heben und ihr aufzutragen, die beantragten Beweise durchzuführen;eventuell diese Beweise selbst durchzuführen und zu entscheiden.Ich beantrage den Freispruch des Beschuldigten.

Für den Fall, als das Berufungsgericht die Beweiseselbst durchführt und mich als Zeugen ladet, bitte ich um einen

mindestens vierzehntägigen Zwischenraum zwischen der Zustellung derLadung und der Hauptverhandlung, damit für eine entsprechendeneue Verteidigung gesorgt werden kann.

Dr. Oskar Samek als Verteidigerdes Herrn Karl Kraus.