173.20 Brief Verlag Die Fackel an Universal-Edition

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Sender

VERLAG „DIE FACKEL“
HINTERE ZOLLAMTSSTR. 3
WIEN, III.
Datum: 2. März 1932

Empfänger

An: die Universal-Edition
Wien I.
Seite von 3

Sehr geehrte Herren!

Wir danken Ihnen bestens für Ihre Zuschrift vom 29. Februar und antworten zunächst, daß Herr Kraus natürlich gern zu einer Rück-sprache bereit ist, welche auch die Kontrolle der Prager Aufführung,die Sie besuchen werden, fördern soll. Eine Erinnerung an alle dieMängel, deren Beseitigung ihm fest versprochen wurde, könnte freilichnur seine eigene Anwesenheit gewährleisten, wie ja auch nur er dannfestzustellen vermöchte, was an Üblem, gleich der Besudelung des Sex-tetts, zu den Werten der Aufführung hinzugekommen ist. Das im Wesentli-chen Problematische – nach dem Probeneindruck – ist in dem Schreibenvom 16. Febr. (an Direktion, Regisseur und Dirigenten) zusammengefaßt,dessen Kopie wir beilegen und mit dessen Ausarbeitung Herr Kraus un-mittelbar nach der Prager Strapaze noch bemüht war. Daß er bis heutenicht einmal die Anzeige des Empfangs erhalten hat, versteht sich –ganz so wie der Umstand, daß bis heute auch kein Beleg der Programm-nachdrucke eingetroffen ist – von selbst bei einer Theaterbürokratie,die ja noch weniger als die staatliche die Formen menschlichen Umgangsanerkennt. Diese Erfahrung, an der Sie natürlich ebenso unschuldig wiegegen sie machtlos sind, ist einer der Beweggründe zu dem Vorschlag,den wir Ihnen heute machen wollen und zu dem uns vor allem die Erkennt-nis bestimmt, daß Sie mit dem besten Willen auch nicht imstande wären,das geistige Recht des Autors gegen die Übergriffe des Theaterwesensals solchen zu schützen.

Damit kommen wir zu dem Wunsche, den Sie im SchlußpassusIhrer Zuschrift aussprechen und der uns leider nicht ganz verständlichist. Sie sagen: „Wir glauben damit Ihrem Schreiben vom 29. in vollemUmfange entsprochen zu haben und würden Ihnen dankbar sein, wenn Sieuns dies bestätigen würden“. Wenn sich die Bestätigung nicht bloß aufden Empfang der Antwort, sondern auch auf deren Inhalt beziehen soll,so werden Sie unschwer einsehen, daß wir sie vorläufig nur so weit er-teilen könnten, als sie sich auf den von Ihnen ausdrücklich betontenGlauben bezieht, daß Sie unserer Forderung durch die zweite Zuschriftan die Prager Direktion in vollem Umfange entsprochen haben. Diesen

Glauben bezweifeln wir keineswegs. Worum es sich jedoch Herrn Kraus han-delt und was doch schon unser Schreiben vom 26. mit größter Deutlichkeitzum Ausdruck gebracht hat, ist der Anspruch auf eine solche Remedur, diees dem Theater unmöglich macht, weiterhin jene gröbliche Entstellung desKunstwerks zu verüben, die ohne Wissen des Autors verübt wurde und fürdie er von einem Publikum, dem seine Mitwirkung, ja sein Wohlgefallenannonciert wurde, mit Recht ebenso verantwortlich gemacht wird wie für et-waige Vorzüge der Aufführung. Wir wiederholen, daß wir von Ihrem gutenGlauben, die Verwahrung gegen solche Möglichkeit und den Anspruch aufRemedur des Übels nunmehr vorgebracht zu haben, nicht zweifeln. Wir dür-fen aber vielleicht noch zweifeln, ob die Art Ihres Vorbringens auch denWünschen des Textautors in vollem Umfange gerecht wird, solange Sie ihmnicht durch Vorweisung des Schreibens, das Sie an die Theaterdirektion gelangen ließen, die Beruhigung verschafft haben, daß, wenn er, wie vor-behalten, selbst an die Direktion heranträte, dem so berechtigten Ver-langen kein wirksamerer Ausdruck zuteil würde. Sie haben eingesehen, daßihre erste Erledigung einen Zweifel übrig ließ und einer wesentlichenErgänzung bedurft hat. Wenn es Ihnen, wie Sie nunmehr sagen, „selbstver-ständlich erscheint“, daß der autorrechtliche Schutz auch jene elende Zu-tat der Regie betrifft, so möchten wir darauf hinweisen, daß ja die Be-schwerde über eben diese den eigentlichen Inhalt unserer ersten Zuschrift gebildet hat. Die verspätete Erledigung dürfte immerhin noch die Fort-setzung des Unfugs ermöglicht haben. Ein volles Gefühl der Sicherheit,daß alles geschehen ist, um die Remedur zu erzielen, könnte Herr Kraus nur haben, wenn er wüßte, in welcher Art Sie einen bis zur Selbstver-ständlichkeit erkannten Sachverhalt auch behandeln. Er macht kein Hehldaraus, daß ihm die Vertretung seines geistigen Rechtes, wenn in jedemGebiete, so ganz besonders in dem seiner Offenbach-Arbeit, eine Angele-genheit bedeutet, die Zugeständnisse welcher Art immer ausschließt undganz und gar die Möglichkeit, daß er im Umkreis des eigenen Wirkens Din-ge geschehen lassen könnte, die er an der Praxis anderer tadelnswertfindet. Er möchte aber auch daraus kein Hehl machen, daß die bloße Ahnungsolcher Möglichkeit, ja auch nur der Notwendigkeit, zu ihrer Abwehr, zurDurchsetzung des primitivsten geistigen Anspruchs, diese Korrespondenzzu führen, ihn davor bewahrt hätte, die Offenbach-Bearbeitungen andersals für den eigenen Zweck zu verwenden. Das Verständnis aber, das er für

seine Interessen fordert, versagt er den Ihrigen durchaus nicht, ja erwürde ohneweiters verstehen, daß ein legitimes geschäftliches Interesseöfters der unerbittlichen Vertretung des geistigen Anspruches im Wegesteht und daß dann eine Unvereinbarkeit resultiert, aus der es keinenandern Ausweg gäbe als die Trennung der Interessensphären. Gerade weiler Ihren besten Willen und Ihre Bemühung anerkennt, dem geistigen An-spruch gerecht zu werden, möchte er Sie bitten, die Schwierigkeit zuermessen, die naturnotwendig für beide Teile erwachsen muß, und Ihnenden Entschluß nahelegen, auf den weiteren Vertrieb der Offenbach-Bear-beitungen zu verzichten, angesichts der völligen Aussichtslosigkeit,gegenüber dem heutigen Bühnenwesen die Prinzipien des Vertragsteilneh-mers zu vertreten und seinem Repräsentanten entweder Achtung vor Kunst-werten beizubringen oder es durchzusetzen, daß der Mitautor selbst fürderen Erhaltung tätig und verantwortlich sei.

Sollten Sie es aber vorziehen, in jedem einzelnen Fall, derruchbar wird, sein geistiges Recht gegen die Übergriffe eines respekt-losen Dilettantismus zu verteidigen, so wäre es unerläßlich, daß Sieuns von der Art, in der Sie es tun oder zu tun beabsichtigen, Kenntnisverschaffen. Daß wir ohne eine solche Ihnen nicht gut eine Erfüllungdes Anspruchs „in vollem Umfange“ bestätigen können, werden Sie gewißeinsehen. Ihn in der vorliegenden Sache selbst zu vertreten, könnteuns nur, und wird uns hoffentlich, durch die Mitteilung Ihrer Korres-pondenz mit dem Prager Theater, um die wir ersuchen, erspart bleiben.

Mit vorzüglicher Hochachtung[Unterschrift]