Annotierte Lesefassung
Textgrundlage
Grundlage der Lesefassung der Dritten Walpurgisnacht ist das ‚Jerusalemer Konvolut‘ – das Fahnenkonvolut aus der Abraham-Schwadron-Collection an der National Library of Israel, Jerusalem (Sign. Schwad 01 19 290.1). Es besteht aus einem Fahnenabzug mit zahlreichen handschriftlichen Korrekturen (268 Blatt) sowie eingeschobenen Typoskriptblättern (14 Blatt) und dem ebenfalls nur in Form von Typoskriptblättern vorliegenden Schluss des Textes (11 Blatt); die Typoskripte weisen ebenfalls handschriftliche Korrekturen auf (wenn auch nicht von Kraus’ Hand). (Siehe hier für mehr Informationen zum Textträger.)
Dieses Fahnenkonvolut wurde in mehrerlei Hinsicht ergänzt: Die Motti der Dritten Walpurgisnacht liegen als Fahnenabzug in der Handschriftensammlung der Wienbibliothek vor (Sign. 175.455). Ein Blatt, das im Jerusalemer Fahnenkonvolut fehlt, das Ergänzungsblatt 266a, existiert als Teil des Duplikats des ‚Jerusalemer Konvoluts‘ im Nachlass Sidonie Nádherný von Borutins am Brenner-Archiv. Die im letzten Absatz der Dritten Walpurgisnacht zitierte Antwort Jörg Lanz von Liebenfels’ auf eine Rundfrage der Zeitschrift Der Brenner wurde der Fackel Nr. 381–383 entnommen (September 1913, S. 44–46).
Zur Textgestalt
Der Text der Dritten Walpurgisnacht besteht aus 64 Absätzen, denen Motti vorausgehen. Die Absätze wurden als Gliederungseinheit der vorliegenden annotierten Lesefassung bestimmt. Der ursprüngliche Zeilenfall wird in dabei aufgrund der zahlreichen und umfangreichen Korrekturen und Ergänzungen nicht wiedergegeben.
Die Seitenumbrüche lassen sich mittels des entsprechenden Schiebereglers einblenden: Das Zeichen „||“ markiert sowohl den Beginn neuer Seiten als auch Beginn und Ende von Einschüben aus den eingelegten Typoskriptblättern. Der Seitenangabe in der Infospalte ist ein Link in die topographische Umschrift der jeweiligen Seite beigefügt.
Editorische Eingriffe
Emendiert wurden in der vorliegenden Fassung Trivialversehen, d. h. offensichtliche Satzfehler und orthographische Fehler, grammatikalische Fehler (nicht zuletzt dort, wo sie im Zuge handschriftlicher Korrekturen entstanden, z. B. auf S. 241: „ihn Handlungen gewährend“ > „ihm Handlungen gewährend“; auf S. 99: „Umsturz die Theaterverhältnisse“ > „Umsturz der Theaterverhältnisse“), sowie Textpassagen oder Satzzeichen, die im Zuge der teils umfangreichen handschriftlichen Korrekturen unorthographisch verdoppelt bzw. falsch gesetzt wurden. In zwei weiteren Fällen wurden überschüssige Kommata korrigiert: S. 194: „nimmt er, selbst, in diesem Belang zur Sklaverei geneigt“ > „nimmt er, selbst in diesem Belang zur Sklaverei geneigt“; S. 232: „Die natürliche Gegnerschaft […] eingeräumt, selbst, die Unverbundenheit antisozialer Maßnahmen mit der höchst sozialen Haupttendenz“ > „Die natürliche Gegnerschaft […] eingeräumt, selbst die Unverbundenheit antisozialer Maßnahmen mit der höchst sozialen Haupttendenz“).
Nicht korrigiert wurden uneinheitliche und Fehlschreibungen von Orts- und Personennamen (letztere können in ihrer korrekten Schreibung der Annotation entnommen werden) sowie fehlende Kommata, und zwar aufgrund der im ganzen Konvolut uneinheitlich gehandhabten Zeichensetzung. Unterlassen wurden Konjekturen, sofern unterschiedliche Einfügungen möglich wären (z. B. auf S. 279: „Soll frommer Sinn [„in“? „an“?] zivilisiertem Mißbrauch der Gottesgaben die Zuchtrute am Himmel erkennen?“). Belassen wurden ebenso sinnentstellte, dabei grammatikalisch korrekte Passagen (z. B. auf S. 64: „Geistessitz“ [„Geistesbesitz“?], auf S. 98: „derjenigen Pleite“ [„diejenige Pleite“?]), Fehler in zitatweise übernommenen Textausschnitten sowie falsch Zitiertes (vgl. etwa S. 66: "Wirklichkeitlocker" – Gottfried Benn in der DAZ: "Wirklichkeit=locker", recte: "Wirklichkeit: locker"), faktische Fehler sowie zuletzt ein Fehler, der in bisherigen Ausgaben emendiert wurde, hinter dem sich jedoch auch eine Kraus’sche Wortschöpfung verbergen könnte (S. 251): „autodiktatisch“ [mit Bezug auf Hitlers Werdegang: „autodidaktisch“ + „Diktat(or)“?]
Vereinheitlicht wurden deutsche Anführungszeichen
in hand- oder maschinenschriftlichen Passagen, sofern sie nicht zur
Auszeichnung von Zeitungstiteln dienen, zu französischen
Anführungszeichen, sowie Elisionen mit Apostroph (zusätzliche
Leerzeichen wurden eliminiert).
Belassen
hingegen wurde die uneinheitliche Verwendung von Anführungszeichen bei
Zeitungstiteln und die von Punkten bei Abkürzungen.
NEU: Verhältnis zur Fackel Nr. 890-905
Hinterlegt in der Darstellung der annotierten Lesefassung sind nun auch die von Kraus 1934 in die Fackel Nr. 890-905 übernommenen Textpassagen. Mit Aktivierung des Schiebereglers werden die Passagen farblich hervorgehoben, dunklerer Farbton markiert Varianz sowie, in wenigen Fällen, doppelte Übernahme einer Passage in die Fackel. Klick auf die jeweils ausgeleuchtete Passage öffnet in der rechten Spalte bibliographische Angaben bzw. den Apparat mit der Gegenüberstellung der Varianten aus der Fackel und der Dritten Walpurgisnacht (mit Ausnahme des Zitats aus der ‚Brenner–Rundfrage‘: Nachdem diese im ‚Jerusalemer Konvolut‘ ausgespart ist und die Lesefassung den Text aus der Fackel Nr. 381–383 enthält, wird die Varianz zwischen dieser und der Fackel des Jahres 1934 dargestellt).
Berücksichtigt wurden mehrere Arten von Übernahmen in die Fackel Nr. 890-905: Neben den als solche gekennzeichneten Übernahmen, die sich auch durch eine vom übrigen Fackelheft unterscheidende Type auszeichnen (vgl. dazu Pohl 1981), werden auch solche berücksichtigt, die dort nicht gekennzeichnet sind und damit “statt Vorzeige- Verwertungscharakter haben“ (Stremmel 1982, S. 81). Dazu zählen auch weniger umfangreiche Übereinstimmungen, wenn die Übernahme durch Textidentität und Spezifität (i. S. v. semantischer Stärke) argumentierbar war. Für die Fälle, wo korrespondierende Textsegmente unterhalb der Satzgrenze abgegrenzt werden mussten, wurde jeweils die die Übereinstimmung umfassende nächstgrößere syntaktische Einheit gewählt, im Fall der Verszitate die jeweils zitierte Versgruppe.
Stellenkommentare
Der entsprechende Schieberegler markiert diejenigen Stellen im Text, an denen ein Stellenkommentar hinterlegt wurde (zum Register der Stellenkommentare).
Die Stellenkommentare dienen, wo nötig, einerseits der begrifflichen Klärung (im Fall von Fremdwörtern, Redensarten, Eigennamen von Institutionen), andererseits der Erläuterung historischer und kulturhistorischer Zusammenhänge, die sich nicht aus dem Text selbst ergeben, sondern bloß angespielt werden, dabei aber für sein Verständnis notwendig sind. (Siehe hier für Erläuterungen zum Kommentar sowie eine Liste der verwendeten Quellen.)
Im Text genannte Ereignisse sind entweder direkt oder im entsprechenden Stellenkommentar angelegt und werden darüber hinaus in einer Zeitleiste dargestellt (zur Zeitleiste).
Intertexte
Der entsprechende Schieberegler hinterlegt diejenigen Textpassagen farblich, die intertextuelle Bezüge aufweisen.
Berücksichtigt wurden wörtliche Zitate, ob markiert oder unmarkiert, vorlagengetreu oder abgewandelt, zudem Paraphrasen sowohl kommentierender als auch berichtender Textpassagen, die häufigen Fälle von direkter Aufeinanderfolge oder Verschränkung von wörtlichem Zitat und Paraphrase, darüber hinaus die Nennung von Intertexten. Als Eingriffe in wörtliche Zitate, hinter denen aber u. E. dennoch der Intertext erkennbar bleibt, gelten Kürzungen, syntaktische Umstellungen, Änderungen in Tempus und Modus sowie kleinere lexikalische Abweichungen.
Verzichtet wurde auf die Markierung von Wiederaufnahmen von Passagen aus vorangegangenen wörtlichen Zitaten. Nicht berücksichtigt wurden außerdem zitierende Passagen, die auf Sprachgebrauch, etwa des nationalsozialistischen Jargons, Bezug nehmen, ohne dabei jedoch konkrete Intertexte erkennen zu lassen – wodurch zugleich zu viele und zu wenige mögliche Texte als Beleg des Zitats dienen könnten. Zur sinnvollen Erfassung dieser Stellen bräuchte es einen anderen, erweiterten Textbegriff und/oder eine lexikographische Herangehensweise.1
Die Suche nach Intertexten ist nicht abgeschlossen (noch ist sie, nach welcher Maßgabe auch immer, abschließbar). Textpassagen, die auf nicht identifizierte Intertexte verweisen, deren Identifikation jedoch prinzipiell aussichtsreich erscheint, wurden als „nicht ermittelt“ markiert. Hinweise werden gerne unter bernhard.oberreither@oeaw.ac.at entgegengenommen.
Durch Klick auf die Textpassage gibt die Marginalie rechts eine Kurzform der bibliographischen Angabe des Intertexts, durch Klick hierauf wiederum eine vollständige Form der bibliographischen Angabe, ggf. inklusive externer Links und Scans. In vielen Fällen stehen Intertexte dabei repräsentativ für eine größere Anzahl an möglichen Intertexten, die Beispielhaftigkeit des Verweises ist gekennzeichnet. In einigen wenigen, ebenfalls gekennzeichneten Fällen konnte kein direkter Intertext ausfindig gemacht, jedoch der berichtete Sachverhalt in anderweitiger Berichterstattung nachgewiesen werden.
In Fällen, die vor allem die sogenannten ‚Klassiker‘ betreffen, wurde eine Identifikation der jeweils zitierten Ausgabe nicht angestrebt. Um dies nicht missverständlicher Weise über die bibliographische Angabe zu suggerieren, beschränkt sich die bibliographische Angabe auf Autor, Titel und Jahr (als historische Markierung, wenn nicht anders angegeben: der Uraufführung, der Erstausgabe). Der Verlagsort als Hinweis auf eine bestimmte Ausgabe entfällt. In anderen Fällen – wenn ausgabenspezifische Paratexte zitiert werden oder bei prekärer Überlieferungsgeschichte (wie im Fall von Nietzsches Nachlass) – werden Publikationsorte, Herausgeber u. ä. genannt.
„Zit. in“ und „Zit. z. B. in“ markieren Texte, die von den hier angeführten Intertexten zitiert werden. Dies dient der Sichtbarmachung von Zitatverhältnissen in der Medienlandschaft unter den spezifischen Voraussetzungen des Jahres 1933.
Die Zurverfügungstellung von Links und Scans der zitierten Texte dient der Nachvollziehbarkeit des interpretatorischen Aktes, den die Setzung/Feststellung eines intertextuellen Verhältnisses darstellt, sowie der weiteren Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Text und Intertext.
Die den bibliographischen Angaben beigelegten Scans geben den zitierten Text wieder; rote Rahmen markieren ggf. betreffende Textpassagen. Externe Links verweisen, wo nicht auf konkrete Zeitungsausgaben, beispielhaft auf online verfügbare Fassungen der jeweiligen Texte.
Über die im Projektzusammenhang angestellten Recherchen hinaus baut diese Edition der Dritten Walpurgisnacht auf bereits vorliegenden Forschungsergebnissen auf. Diese Arbeiten etwa Jochen Stremmels oder Eckart Frühs waren essentiell für die Entstehung der Edition.
Die Identifikation zahlreicher Stellen, vor allem die der sog. ‚Klassiker-Zitate‘, entnehmen wir Stremmel (1982); die Identifikation zahlloser Zeitungstexte geht auf Eckart Frühs unschätzbare Arbeit im Tagblatt-Archiv sowie Früh (1983), Früh (1984a), Früh (1984b) und Früh (2004) zurück.
Zurückgegriffen wurde zudem auf Brügel (1980), Krolop (1992a), Krolop (1992b), Scheichl (1980), Timms (1995) und Timms (2016), sowie die englische bzw. französischen Ausgaben des Texts (Bridgham und Timms 2020, Deshusses und Bouveresse 2005).
1 Sigurd Paul Scheichl ortet für solche und ähnliche Fälle Kraus’ Quelle in der „Gesamtheit der Zeitungen einer bestimmten Epoche“ bzw. im „gesamten zeitgenössischen Diskurs“, der im Kommentar natürlich nur beispielhaft bereitgestellt, aber durchaus auch durch Texte vertreten werden könne, „die Kraus gekannt haben kann, aber nicht unbedingt gekannt haben muß“. Vgl. Scheichl 1997, v. a. S. 288f.
Personen
Farblich hinterlegt werden nach Betätigung des entsprechenden Schiebereglers diejenigen Textpassagen, die direkt oder indirekt – durch Nennung des Namens, Anspielung, Pronomina – auf Personen bzw. Personengruppen verweisen. Die Identifikation bisher noch nicht lexikographisch erfasster Personen wurde dabei vielfach der zeitgenössischen Berichterstattung entnommen, dem tragen Quellenangaben zu den Personendatensätzen und zu Gruppenbezeichnungen Rechnung. Quellen für Lebensdaten erscheinen bei mouse-over über dem Quellen-Icon rechts unten (zum Siglenverzeichnis).
Nicht identifizierte Personen, in deren Fall jedoch eine Identifikation prinzipiell aussichtsreich erscheint, sind als „nicht ermittelt“ markiert. Hinweise werden gerne unter bernhard.oberreither@oeaw.ac.at entgegengenommen.
Die biographischen Angaben zu den Personen haben ihren Schwerpunkt dem historischen Horizont entsprechend im Jahr 1933; Orte werden ggf. durch aktuelle Ortsnamen in Klammern ergänzt.
Einige Personen werden in der Dritten Walpurgisnacht genannt, weil sie in nationalsozialistischen Zeitungen zum Objekt öffentlicher Bloßstellung wurden, der sie aufgrund ihrer Beziehungen zu Personen jüdischer Herkunft zum Opfer fielen bzw. weil sie als solche Beziehungen zu sogenannten „Ariern“ unterhielten. Diese Fälle sind zum größten Teil belegbar und teilweise schon historisch erforscht. Die Opfer im Zusammenhang der Dritten Walpurgisnacht zu identifizieren, würde die Verletzung der Privatsphäre, die in der öffentlichen Bloßstellung lag, wiederholen, weshalb in diesen Fällen auf die Identifikation verzichtet wurde.