Register der Stellenkommentare

Tatsächlich finden Hitler beziehungsweise der Nationalsozialismus in der Fackel im Jahrzehnt vor der Dritten Walpurgisnacht mehrfach und in unterschiedlichen Zusammenhängen Erwähnung. Schon 1921 sah Kraus in Deutschland das Hakenkreuz „über den Trümmern des Weltbrands rag[en]“ (Weihnachtsgeschenke, F 557, 59). Den noch verhältnismäßig bedeutungslosen Hitler nannte er schon im Juni 1923 namentlich: In Mussolinis Bezähmung taucht Hitler in einer Reihe mit Mussolini und Horthy auf (F 622, 5–7). 1923 kam Kraus noch einmal auf Hitler zu sprechen: Den Anlass bildete eine völkische Großveranstaltung, der „Deutsche Tag“ am 1. und 2. September 1923 in Nürnberg, dessen eigentliche Honoratioren Rupprecht von Baiern und Erich Ludendorff waren. Hier fand die Gründung des „Deutschen Kampfbundes“ statt, der für den gescheiterten Hitlerputsch in München sechs Wochen später verantwortlich zeichnete. Während Kraus Ludendorffs Äußerungen als inhaltsleer abtat, stellte er über Hitler die Vermutung an, dieser als Einziger könnte „in dem Vorschlag, dem anderen das Gesetz der Vaterlandsliebe aufzuzwingen, etwas Gegenständiges empfinden und wissen, wie man es anstellt. Er meint natürlich den Gummiknüttel, mit dem einem die Vaterlandsliebe beizubringen ist […]“ (Sehnsucht eines Schweidnitzers, mit seinen Gedanken allein zu sein, F 632, 43). Noch am 12. November desselben Jahres wurde Hitler in einer von Kraus’ Lesungen genannt, in einer Zusatzstrophe zu Nestroys So gibt es halt allerhand Leut’ auf der Welt (F 640, 109). Erwähnungen Hitlers in den folgenden Jahren fallen in politischen, kulturellen und publizistischen Zusammenhängen sowie im Rahmen eines Hinweises auf einen gegen den Völkischen Beobachter gewonnenen Rechtsstreit (F 800, 50).

Quellen

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 16–18

Links

Weihnachtsgeschenke, in: Die Fackel Nr. 557–560 vom Januar 1921 Mussolinis Bezähmung, in: Die Fackel Nr. 622–631 vom Juni 1923 Sehnsucht eines Schweidnitzers, mit seinen Gedanken allein zu sein, in: Die Fackel Nr. 632–639 von Mitte Oktober 1923 [Zusatzstrophen], in: Die Fackel Nr. 640–648 von Januar 1924 [Programmnotiz], in: Die Fackel Nr. 800–805 von Anfang Februar 1929

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...1933 Mir fällt zu Hitler nichts ein. Ich bin mir bewußt, daß ich mit diesem Resultat länge...

Absatz 1

Registereintrag

Die ‚Machtergreifung‘: Von Hitlers Ernennung zum Reichskanzler bis zum Ermächtigungsgesetz

Am 30. Jänner 1933 wurde Hitler zum deutschen Kanzler ernannt. Obwohl die NSDAP die stärkste Reichstagsfraktion war, waren nur zwei nationalsozialistische Minister Teil der Regierung: Hermann Göring als Reichsminister ohne Geschäftsbereich (sowie Reichskommissar für das preußische Innenministerium) und Wilhelm Frick als Innenminister. Franz von Papen war Vizekanzler und vorerst weiterhin Reichskommissar für Preußen, Alfred Hugenberg Wirtschaftsminister. Schon am 1. Februar erfolgte auf Hitlers Wunsch die Auflösung des Reichstags durch Hindenburg; bei den anstehenden Neuwahlen strebten die Regierungsparteien die für das Ermächtigungsgesetz nötige Zweidrittelmehrheit an. Am 4. Februar wurde mittels einer Notverordnung die (schon in den Vorjahren auf diesem Wege verminderte) Versammlungs- und Pressefreiheit weiter stark eingeschränkt. Am 20. Februar fand ein Treffen Hitlers, Görings sowie Hjalmar Schachts mit Industriellenvertretern statt, bei dem Hitler sein Programm vorstellte und die Industriellen einer Wahlkampfspende in der Höhe von 3 Millionen RM an die NSDAP zustimmten. Als am 27. Februar der Reichstag brannte, erfolgten noch in der Nacht Massenverhaftungen von KPD-Mitgliedern sowie die Schließung aller KPD-Büros; am Tag darauf wurde die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ („Reichstagsbrandverordnung“) erlassen, die „bis auf weiteres“ die Grundrechte der Weimarer Verfassung suspendierte: Die Freiheit der Person, die Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit, das Vereins- und Versammlungsrecht, das Brief- und Fernsprechgeheimnis wurden eingeschränkt, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen ermöglicht. Bei den unter diesen Bedingungen stattfindenden Reichstagswahlen am 5. März errang die Regierung aus NSDAP sowie Deutschnationaler Volkspartei (DNVP) und „Stahlhelm“ (die gemeinsam die „Kampffront Schwarz-Weiß-Rot“ bildeten) dennoch nur eine knappe Mehrheit von 51,9 Prozent. Am 23. März stimmte der Reichstag dem Ermächtigungsgesetz – dem „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ – zu; die nötige Mehrheit kam durch Versprechungen und Drohungen gegenüber der Zentrumspartei zustande. Damit war der Reichstag entmachtet, die gesetzgebende Macht lag nun allein bei der Regierung.

Quellen

Enzyklopädie des Nationalsozialismus. Hg. v. Wolfgang Benz, Hermann Graml u. Hermann Weiß. 5., akt. u. erw. Aufl. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2007 , darin: Reiner Pommerin: Eintrag „Machtergreifung“, S. 633–634

Michael Grüttner: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Bd. 19: Das Dritte Reich 1933–1939. 10., völlig neu bearb. Aufl. Hg. v. Wolfgang Benz. Stuttgart: Klett-Cotta 2014 , S. 47–55

Deutsches Historisches Museum, Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland u. Bundesarchiv (Hg.): LEMO – Lebendiges Museum Online. [Relaunch 2014]. URL: , darin: Dorlis Blume u. Manfred Wichmann: Eintrag „Chronik 1933“. 2015. URL: https://www.dhm.de/lemo/jahreschronik/1933

Links

LeMO: Chronik 1933

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...i Erweckung einer Nation und Aufrichtung einer Diktatur, die heute alles beherrscht außer der Sprache. Daß...

Absatz 1

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Belastung der deutschen Wirtschaft durch die ‚Machtergreifung‘

Die ‚Machtergreifung‘ der Nationalsozialisten sowie ihre Aktionen und Maßnahmen gegen wirtschaftliche und politische Feindbilder wirkten sich vielfach negativ auf die deutsche Wirtschaft aus. Die Vermögen der politischen Gegner – kommunistische und sozialdemokratische Verlage, Immobilien, Druckereien und mehr – wurden enteignet und weit unter Wert an dem Regime nahestehende Privatpersonen verkauft (die jedoch die Schulden der solcherart erworbenen Unternehmen nicht beglichen). Für Mitglieder von Parteiorganisationen wurden Posten erzwungen, politisch „unzuverlässige“ Angestellte entlassen, jüdische Geschäftsleute zum Kauf von „Schutzbriefen“ genötigt. Als Hebel gegen missliebige Industrielle diente vielfach ein vorgeblicher Korruptionsverdacht. Der „Kampfbund für den gewerblichen Mittelstand“ organisierte Boykottaktionen gegen Warenhäuser, Konsumvereine und Kapitalgesellschaften. Auch die unklare Kompetenzverteilung zwischen den verschiedenen Formationen und Stellen innerhalb des Machtapparats und die oftmals widersprüchlichen Vorgaben und Forderungen trugen zur Verunsicherung der Wirtschaftstreibenden bei. Mehrfach beklagte sich Koalitionspartner Hugenberg bei Hitler über Angriffe auf DNVP-Mitglieder und -Einrichtungen; in einem Artikel vom 20. April forderte er ein Einschreiten gegen „eigenmächtige Umbildungen“ im Wirtschaftsleben; eine ähnliche Intervention erfolgte durch Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht. Für den deutschen Export erwies sich die internationale Besorgnis über die in Deutschland herrschende Gesetzlosigkeit und die Gewalt gegen Juden und politische Gegner als Hürde. Der Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933, der erste Höhepunkt der seit den Reichstagswahlen herrschenden Ausschreitungen, wurde international zum Anlass, zum Boykott deutscher Waren aufzurufen. Dazu kam das Problem der jüdischen Auswanderung: Die in die Emigration mitgenommenen Mittel griffen den Devisenvorrat der Reichsbank an, allein im Oktober 1933 betrug der Verlust 11 Millionen RM. Darüber hinaus litt die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Exports auch darunter, dass die Reichsbank der Abwertung von Pfund und Dollar nicht folgte, um die Rückzahlung der deutschen Auslandsschulden zu erleichtern. Auf der Berliner Gläubigerkonferenz im Mai 1933 scheiterte Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht zudem mit dem Ansuchen um Aussetzung des deutschen Schuldendienstes; ein Grund für die harte Linie der Gläubiger kann auch in der antisemitischen Politik Deutschlands gesehen werden.

Quellen

Wolfgang Benz: Geschichte des Dritten Reichs. 3. Aufl. München: dtv 2005 , S. 41f.

Peter Longerich: Hitler. München: Siedler 2015 , S. 323

Tim Schanetzky: Kanonen statt Butter. Wirtschaft und Konsum im Dritten Reich. München: Beck 2015 (= Die Deutschen und der Nationalsozialismus, Bd. 5) , S. 18–28

Tim Schanetzky: Kanonen statt Butter. Wirtschaft und Konsum im Dritten Reich. München: Beck 2015 (= Die Deutschen und der Nationalsozialismus, Bd. 5) , S. 49

Adam Tooze: Ökonomie der Zerstörung. Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus. Übers. v. Yvonne Badal. München: Pantheon 2008 , S. 100–103

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...delsinteressen zwar berührt, aber nicht berücksichtigt, unbeschadet eines Aufsehens der Umwelt, worin sich Ne...

Absatz 1

...ten Energie Eingriffen ins Wirtschaftsleben entgegentritt. Der wenngleich erfolglose Versuch, sich’s mit den Antwerpen...

Absatz 45

Registereintrag

Maßnahmen gegen die „Eingriffe ins Wirtschaftsleben“

Schon ab dem Frühjahr 1933 sah sich die deutsche Führung mehrfach zu Maßnahmen gegen die wirtschaftlichen Folgen der eigenen Politik genötigt. Der designierte Reichskommissar für Wirtschaft, Otto Wagener, stellte Ende April alle Eingriffe in die Wirtschaft unter seine Kontrolle, eine Maßnahme, die gegen die unter Parteimitgliedern vorherrschende Eigenmächtigkeit wirkungslos blieb; Ende Mai folgte eine Warnung Hitlers per Erlass, um das „Gefühl der Vogelfreiheit“ bei Wirtschaftsführern zu bekämpfen. Am 6. Juli 1933 hielt Hitler eine Rede an die Reichsstatthalter, in der er feststellte, in der Wirtschaft seien die Fähigkeiten wichtiger als die Parteizugehörigkeit. Anstelle der Revolution müsse nun die Evolution einsetzen. Nach einem Protestschreiben Görings und Hugenbergs hatten Wagener und Adrian von Renteln, Reichsführer des „Kampfbunds für den gewerblichen Mittelstand“, dem „Kampfbund“ schon die zahllosen Eingriffe in die Wirtschaft – von der Einsetzung von Kommissaren bis zur Beseitigung unliebsamer Personen – verbieten müssen; unter Hugenbergs Nachfolger Schmitt wurde Wagener abgesetzt, weitere Aktionen gegen Warenhäuser und Konsumvereine wurden untersagt.

Quellen

Tim Schanetzky: Kanonen statt Butter. Wirtschaft und Konsum im Dritten Reich. München: Beck 2015 (= Die Deutschen und der Nationalsozialismus, Bd. 5) , S. 28f., S. 47

Gerhard Schulz: Die nationalsozialistische Machtergreifung. Studien zur Errichtung des totalitären Herrschaftssystems in Deutschland 1933/1934. Bd. II: Die Anfänge des totalitären Maßnahmenstaates. Frankfurt am Main, Berlin u. Wien: Ullstein 1974 , S. 324–330

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...ten Energie Eingriffen ins Wirtschaftsleben entgegentritt. Der wenngleich erfolglose Versuch, sich’s mit den Antwerpen...

Absatz 45

...n Eingriffe in die Wirtschaft unerträglich geworden« sind, klingt bereits wie eine Forderung, die gegenüber einem verflossenen Regime er...

Absatz 62

Registereintrag

Rettung der deutschen Warenhäuser

Noch Mitte März hatte die Regierung die breite Boykottbewegung gegen die Warenhäuser unterstützt, indem sie die Gewerbesteuer verdoppelte. Auf deren drohenden Konkurs jedoch – die Umsätze waren um ein Viertel unter das schon schlechte Vorjahresniveau gesunken – reagierte sie, um dessen wirtschaftliche und politische Folgen abzuwehren, unter anderem mit Rettungskrediten etwa für Karstadt oder Hermann Tietz (später: Hertie).

Quellen

Tim Schanetzky: Kanonen statt Butter. Wirtschaft und Konsum im Dritten Reich. München: Beck 2015 (= Die Deutschen und der Nationalsozialismus, Bd. 5) , S. 19–21

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... seine Wirkung verfehlt hätte, weil sie jetzt saniert werden, und als genügte es nicht, daß überall dort, wo Juden raus ...

Absatz 37

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Hitlers 44. Geburtstag in der NS-Propaganda

Während Hitler seinen 44. Geburtstag zurückgezogen am Tegernsee verbrachte, wurde das Datum als nationaler Feiertag propagandistisch ausgeschlachtet: durch allgegenwärtige Beflaggung, Gottesdienste, Aufmärsche, durch ein auf den Geburtstag abgestimmtes Rundfunkprogramm und Lobeshymnen in fast der ganzen Presselandschaft. Ziel des Personenkultes war es, die Idee einer hinter Hitler geeinten Nation zu suggerieren.

Quellen

Peter Longerich: Hitler. München: Siedler 2015 , S. 324

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...g, der als der 44. noch keinen besondern Einschnitt bedeutet, als den Tag, »da der Herrgott ihm seinen Retter aus tief...

Absatz 2

Registereintrag

Die ‚Gleichschaltung‘ der deutschen Presselandschaft

Vor dem 30. Jänner 1933 gab es in Deutschland rund 3.400 Zeitungen mit meist kleiner Auflage und Reichweite; NS-Zeitungen hatten noch Ende 1932 einen Marktanteil von bloß drei Prozent. Durch die Reichstagsbrandverordnung wurde die Pressefreiheit außer Kraft gesetzt. In der Folge wurden sozialdemokratische und kommunistische Zeitungshäuser – sie verlegten etwa 200 Titel mit einer Auflage von an die 2 Millionen – gestürmt und verwüstet. Ihre entschädigungslose Enteignung im Lauf des Frühjahrs 1933 kam oft Gauverlagen zugute. In Privatbesitz verbliebene, bürgerliche Zeitungen übten Selbstzensur. Das „Schriftleitergesetz“ von Oktober 1933 definierte Pressearbeit als patriotischen Dienst am Staat; verboten war nun jede Meldung, welche „die Kraft des Deutschen Reiches nach außen oder im Innern“ oder etwa auch die Wehrhaftigkeit schwächte. Für Journalist:innen wurde die Eintragung in eine Berufsliste der Landesverbände der deutschen Presse verpflichtend, Nicht-Arier:innen sowie mit Nicht-Arier:innen Verheirateten wurde die Mitgliedschaft verwehrt. Verstöße gegen die politischen Vorgaben konnten von den Berufsgerichten des Reichsverbandes mit Berufsverbot geahndet werden. Dieses Gesetz diente nicht zuletzt der personellen Säuberung, 1.300 Journalisten mussten ihren Beruf aufgeben. Darüber hinaus waren in den Jahren 1933 und 1934 40 verschiedene staatliche und nichtstaatliche Stellen mit der Zensur von Druckerzeugnissen beschäftigt.

Quellen

Enzyklopädie des Nationalsozialismus. Hg. v. Wolfgang Benz, Hermann Graml u. Hermann Weiß. 5., akt. u. erw. Aufl. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2007 , darin: Heiko Pollmeier: Eintrag „Presse“, S. 714–715

Enzyklopädie des Nationalsozialismus. Hg. v. Wolfgang Benz, Hermann Graml u. Hermann Weiß. 5., akt. u. erw. Aufl. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2007 , darin: Wolf Kaiser: Eintrag „Zensur“, S. 882

Michael Grüttner: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Bd. 19: Das Dritte Reich 1933–1939. 10., völlig neu bearb. Aufl. Hg. v. Wolfgang Benz. Stuttgart: Klett-Cotta 2014 , S. 341–344

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... deren rassenmäßiger Erneuerung an Haupt und Gliedern nichts zu schaffen hat und solche Allotria überdauern wird ...

Absatz 8

... »Gleichschaltung« der Presse als politischen Eingriff, so bedeutet sie nur ihre eigene letzte Möglichkeit, die ...

Absatz 64

Registereintrag

Repressionen gegen Journalist:innen in der Folge der ‚Machtergreifung‘

Nach dem Reichstagsbrand fielen zahlreiche Journalist:innen einer Verhaftungswelle zum Opfer, eine weitere folgte nach der Reichstagswahl. Nach der Beschlagnahmung des SPD-Parteivermögens wurde im Mai bzw. Juli die Enteignung der KPD- und SPD-Presse legalisiert. Doch trafen die Repressionsmaßnahmen nicht nur den politischen Gegner; so wurden zahlreiche jüdische Journalist:innen aus ‚rassischen‘ Gründen verhaftet. Auch die Verbreitung von Zeitungen ohne Parteibindung wurde vielfach eingeschränkt: Im Februar wurde Ullsteins Tempo verboten, andere Verbote betrafen etwa das Berliner Tageblatt, die Deutsche Allgemeine Zeitung und viele mehr. Zahlreiche Blätter – darunter die demokratisch orientierten Zeitungen Berliner Tageblatt, Vossische Zeitung, Frankfurter Zeitung – waren Anfang 1933 schon wirtschaftlich angeschlagen, was sich durch Erscheinungsverbote und Beschlagnahmungen noch verschärfte. Die Verlage reagierten vielfach u. a. mit Personalwechsel. Unter den katholisch-konservativen Blättern waren es etwa die Münchner Neuesten Nachrichten, die durch Verhaftungen unter Druck gesetzt wurden; Himmler installierte hier einen SS-Sturmbannführer als neuen Leiter, 50 Personen wurden entlassen. Die nationalkonservative Deutsche Allgemeine Zeitung war zwar schon seit Sommer 1932 für eine Regierungsbeteiligung Hitlers eingetreten, handelte sich jedoch durch einen Kommentar zum „Bruderzwist“ zwischen Hitler und Dollfuß ein dreimonatiges Verbot ein, das erst nach dem Austausch des Chefredakteurs Fritz Klein vorzeitig aufgehoben wurde.

Quellen

Norbert Frei u. Johannes Schmitz: Journalismus im Dritten Reich. 3., überarb. Aufl. München: C. H. Beck 1999 , S. 16–17, 26–28, 39–44, 56, 59–60, 208–210

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... deren rassenmäßiger Erneuerung an Haupt und Gliedern nichts zu schaffen hat und solche Allotria überdauern wird ...

Absatz 8

Registereintrag

Das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“

Einer der nachhaltigsten und destruktivsten Eingriffe ins deutsche Rechtsleben fand mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 statt, mithilfe dessen nun ‚rassisch‘ und politisch unliebsame Beamte entlassen werden konnten. Auf Hindenburgs Drängen wurden jedoch Ausnahmen gewährt; sie betrafen jüdische Beamte, die schon vor dem 1. August 1914 im Amt waren, sowie Kriegsteilnehmer und Kinder oder Eltern von im Ersten Weltkrieg Gefallenen.

Quellen

Peter Longerich: Politik der Vernichtung. Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung. München u. Zürich: Piper 1998 , S. 41–42

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ALEX: Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933

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...Gesetz über die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums — über die Frage Rechenschaft ablegen: Wer waren eigentlich deine Vorfahren, ...

Absatz 40

Registereintrag

Der „Arierparagraph“

Zentral für das Einsetzen antisemitischer Gesetzgebung unter Hitler war der erste Arierparagraph, der sich in der „Ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 11. April 1933 findet. Als „nicht arisch“ galten demnach jene Personen, die zumindest einen jüdischen Großelternteil hatten.

Quellen

Peter Longerich: Politik der Vernichtung. Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung. München u. Zürich: Piper 1998 , S. 42

Links

ALEX: Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 11. April 1933

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... ins dritte Glied rückwirkenden Austritts aus der Rasse — es beschreiben wollen wäre das Unzulängliche, das nie Ereignis würde wie d...

Absatz 5

... Wurzel«, einer Vergeltung bis ins dritte Glied (wenngleich rückwirkend!) als total erweisen und deutlich herausstellen? Und könnte s...

Absatz 37

Registereintrag

Zur „Erledigung“ der jüdischen Anwält:innen

Das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ betraf nicht zuletzt die Justiz: Schon im März hatte es Angriffe gegeben, Gerichtsgebäude waren gestürmt, jüdische Richter und Anwält:innen vertrieben worden. Solche Eingriffe erhielten mit diesem Gesetz ihre nachträgliche Legalisierung. Auf seiner Grundlage konnten neben ‚Nicht-Ariern‘ auch politisch missliebige Beamte entlassen werden. Das zugleich erlassene „Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft“ ermöglichte den Entzug der Anwaltszulassung. Allein in Preußen verlor ein Drittel der jüdischen Anwält:innen die Zulassung, desgleichen fast 60 Prozent der Notar:innen. Mit dem „Gesetz, betreffend die Zulassung zur Patentanwaltschaft und zur Rechtsanwaltschaft“ vom 22. April erhielten zudem jüdische Patentanwält:innen faktisch Berufsverbot.

Quellen

Peter Longerich: Politik der Vernichtung. Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung. München u. Zürich: Piper 1998 , S. 29f., S. 41–43, S. 600

Links

ALEX: Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 7. April 1933 ALEX: Gesetz, betreffend die Zulassung zur Patentanwaltschaft und zur Rechtsanwaltschaft vom 22. April 1933

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... Anwälte gedruckt hat; die am 31. März, am Vortag des Boykotts, die ...

Absatz 23

Registereintrag

Zur „Erledigung“ der jüdischen Ärzt:innen

Das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ betraf auch die Ärzteschaft: Während davor schon die ärztlichen Spitzenverbände „gesäubert“ worden waren, griff dieses Gesetz vor allem im Hochschulbereich ein. Am 22. April wurde dann – um nur einige der weiteren Maßnahmen des Jahres 1933 zu nennen – „nicht arischen“ Ärzt:innen sowie politisch Missliebigen die Tätigkeit im Rahmen von Krankenkassenverträgen per Verordnung untersagt und die Neuzulassung der betroffenen Gruppen verboten. Im August wurde die Zusammenarbeit zwischen „arischen“ und „nicht arischen“ Ärzt:innen stark eingeschränkt, im September die Zusammenarbeit jüdischer Ärzt:innen mit privaten Krankenversicherungen beendet.

Quellen

Wolfgang Uwe Eckart: Medizin in der NS-Diktatur. Ideologie, Praxis, Folgen. Köln u. Wien: Böhlau 2012 , S. 106–109

Links

ALEX: Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen

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... Anwälte gedruckt hat; die am 31. März, am Vortag des Boykotts, die ...

Absatz 23

Registereintrag

Der „Judenboykott“

Ab Anfang März 1933 wurden vielerorts erste Boykottaktionen gegen zumeist jüdische Kaufleute organisiert. Vor Geschäftslokalen wurden Demonstrationen abgehalten, uniformierte SA- und SS-Posten dienten der Abschreckung der Kundschaft. Schon am 10. und 13. März riefen Hitler und Reichsinnenminister Frick zur Eindämmung der „Einzelaktionen“ auf.

Der Vorwand für den „Judenboykott“

Als Vorwand des offiziellen Boykotts diente die Abwehr vermeintlicher „jüdischer Hetze“ gegen Deutschland, tatsächlich waren jüdische Organisationen in den ersten drei Monaten eher zurückhaltend in ihren Reaktionen auf das Regime. Das tatsächliche Motiv war vermutlich der Versuch, die ungeregelte Gewalt auf den Straßen zu kanalisieren bzw. neu zu entfachen.

Quellen

Hannah Ahlheim: „Deutsche, kauft nicht bei Juden!“ Antisemitismus und politischer Boykott in Deutschland 1924 bis 1935. Göttingen: Wallstein 2011 , S. 243

Avraham Barkai: Vom Boykott zur „Entjudung“. Der wirtschaftliche Existenzkampf der Juden im Dritten Reich 1933–1943. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch 1988 , S. 27

Beschränkung des „Judenboykotts“ auf einen Tag

Während Hitler ursprünglich einen Judenboykott mit offenem Ende wünschte, intervenierten Schacht und Neurath unter wirtschaftlichen und diplomatischen Gesichtspunkten, sodass der offizielle Boykott schließlich auf einen Tag, den 1. April 1933, beschränkt wurde.

Quellen

Ian Kershaw: Hitler. 1889–1936. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998 , 598f.

Tatsächlich hatte der Boykott teilweise schon an den Tagen davor eingesetzt. Kunden „jüdischer“ Geschäfte und Dienstleister wurden mit Stempeln mit beschimpfenden Parolen gekennzeichnet, fotografiert, die Fotos publiziert; es kam zu Vandalismus, Gewalttätigkeiten und Plünderungen. Zur Reaktion der Passanten liegen Berichte von Solidaritätsbekundungen, aber auch von Schadenfreude und Gleichgültigkeit vor. Nach seinem offiziellen Ende wurde der Boykott vielfach auf lokaler Ebene fortgesetzt, vor Geschäftslokalen wurden Posten zur Abschreckung der Kundschaft plaziert. Propaganda-Aktionen in der Presse und auf Plakaten, Aktionen zur Anprangerung von Kunden und dergleichen dauerten, da sie im Widerspruch zur offiziellen Reichspolitik standen, meist nur wenige Tage. Stattdessen setzte ein stiller Boykott ein: Jüdische Geschäfte wurden durch Nachbarn und Konkurrenten beobachtet, es kam zu Einschüchterungen, zu Massenaussendungen an Kund:innen jüdischer Geschäfte; jüdische Geschäftsleute konnten keine Inserate mehr drucken lassen und erhielten keine kommunalen Aufträge mehr, Gutscheine und Bedarfsdeckungsscheine konnten in ihren Geschäften nicht mehr eingelöst werden. So begann die sukzessive Verdrängung der jüdischen Bevölkerung aus dem Wirtschaftsleben.

Wirtschaftliche Folgen des Judenboykotts für Deutschland

Zu den von Seiten des Regimes unerwünschten Folgen des Boykotts gehörten die wirtschaftlichen Nachteile nichtjüdischer Angestellter ‚jüdischer‘ Unternehmen, außerdem wurde deutlich, dass die Unterscheidung zwischen ‚jüdischen‘ und ‚nichtjüdischen Unternehmen‘ vorerst noch große praktische Probleme bereitete. Darüber hinaus wurde die Boykottaktion in ausländischen Medien noch stärker kolportiert als die vorangegangenen „Einzelaktionen“, in jüdischen wie nichtjüdischen Kreisen wurde im Gegenzug zum Boykott deutscher Waren aufgerufen – allerdings mit schwer einzuschätzendem, vermutlich nur geringem Erfolg.

Quellen

Avraham Barkai: Vom Boykott zur „Entjudung“. Der wirtschaftliche Existenzkampf der Juden im Dritten Reich 1933–1943. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch 1988 , S. 31

Tim Schanetzky: Kanonen statt Butter. Wirtschaft und Konsum im Dritten Reich. München: Beck 2015 (= Die Deutschen und der Nationalsozialismus, Bd. 5) , S. 24–26

Quellen

Avraham Barkai: Vom Boykott zur „Entjudung“. Der wirtschaftliche Existenzkampf der Juden im Dritten Reich 1933–1943. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch 1988 , S. 28f.

Peter Longerich: Politik der Vernichtung. Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung. München u. Zürich: Piper 1998 , S. 26–28

Peter Longerich: Politik der Vernichtung. Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung. München u. Zürich: Piper 1998 , S. 39–41

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... des Volkes nicht schon zum Boykott-Tag an jüdischen Schaufenstern ausgegeben haben, da und dort...

Absatz 14

..., als die Gemüter noch von der Genugtuung jenes Boykott-Tages erregt waren, dessen volkswirtschaftlicher Erfolg an den mo...

Absatz 15

...ige Kirchengänger lachend, wie sie am Tage des Boykotts ihren Spaß gehabt hätten mit einem Krämer, den zwei S...

Absatz 18

...nwälte gedruckt hat; die am 31. März, am Vortag des Boykotts, die Feststellung einer Firma brachte, daß im Bereich ihrer ...

Absatz 23

...statierung! Es waren Telegramme vom 31. März: als der Boykott längst angesagt war. Aber tatsächlich mußten solche Dokumen...

Absatz 23

...n. Was bedeutet denn gegen die Nationalfeier des Boykott-Tags jener Mummenschanz der Bücherverbrennung, dem ja ein europä...

Absatz 25

... nationalen Ehre empfindet und selbst nicht den Abbruch als Schmach. Und von jeglicher Niederlage bis zum Triumph der Sinnentäus...

Absatz 42

...r Produktion sich auf Länder erstrecken, die dem Judenboykott abhold sind, ließ sich, mit Hochachtung vor den gegenseitig...

Absatz 45

...mitten in die Panik, die sich des Auslands nach dem Boykottag bemächtigt hatte, mit der Forderung trat: ...

Absatz 47

...ß die Juden zur besseren Durchführung des Judenboykotts auf Anforderung dieselben freiwillig zur Verfügung gestellt und sich obendrei...

Absatz 63

... soll mit dem Urheber eines radikalern Judenboykotts identisch sein, der dann allerdings auch eingeschränk...

Absatz 64

Registereintrag

Der Vorwand für den „Judenboykott“

Quellen

Hannah Ahlheim: „Deutsche, kauft nicht bei Juden!“ Antisemitismus und politischer Boykott in Deutschland 1924 bis 1935. Göttingen: Wallstein 2011 , S. 243

Avraham Barkai: Vom Boykott zur „Entjudung“. Der wirtschaftliche Existenzkampf der Juden im Dritten Reich 1933–1943. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch 1988 , S. 27

Die „amerikanischen Judenschützer[]“

Verhältnismäßig große Resonanz hatte die antideutsche Boykottbewegung in den USA; allerdings herrschte hier bezüglich des Boykotts genauso wie hinsichtlich anderer Maßnahmen Uneinigkeit zwischen verschiedenen jüdischen Organisationen. So kündigten die Jewish War Veterans of the United States of America schon im März 1933 einen Boykott an, desgleichen ab August der American Jewish Congress, der später zur Hauptstütze der Bewegung wurde. Ebenfalls im März hatte diese Organisation eine Großkundgebung im New Yorker Madison Square Garden gegen die Verfolgung von Jüdinnen und Juden in Deutschland veranstaltet. Aus Furcht vor dem Antisemitismus im eigenen Land vermied sie es hingegen, für die Lockerung der Einreisebestimmungen für Juden einzutreten, eine Haltung, die auch andere einflussreiche jüdische Organisationen teilten. Um wiederum die Lage der Juden in Deutschland nicht zu verschlimmern, sprachen sich zahlreiche Organisationen – etwa B’nai B’rith oder das American Jewish Committee – gegen Boykottmaßnahmen aus. Stattdessen forderten das ‚Committee‘ und andere den amerikanischen Präsidenten Roosevelt auf, auf politischer Ebene Einspruch gegen die Zustände in Deutschland zu erheben, was dieser jedoch ablehnte.

Quellen

United States Holocaust Memorial Museum, Washington DC: Holocaust Encyclopedia. [o. J.]. URL: , Einträge „The United States and the Nazi-Threat: 1933–1937“, URL: https://encyclopedia.ushmm.org/content/en/article/the-united-states-and-the-nazi-threat-1933-37 u. „American Jewish Congress“, URL: https://encyclopedia.ushmm.org/content/en/article/american-jewish-congress

Fred Skolnik u. Michael Berenbaum (Hg.): Encyclopaedia Judaica. 2. Aufl. Detroit: Macmillan Reference USA u. Keter Publishing House 2007 , darin: Moshe Gottlieb: Eintrag „Boycotts, Anti-Nazi“, Bd. 4, S. 110–111

Israel Gutman u. a. (Hg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. München u. Zürich: Piper 1995 , Bd. 1, Einträge „Boykott gegen die Nationalsozialisten“, S. 235–236, „B’nai B’rith“, S. 223–225, „American Jewish Congress“, S. 36–37, „American Jewish Committee“, S. 34–35

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...t begleiten. Hitler kann den amerikanischen Judenschützern leicht versichern: ...

Absatz 14

Registereintrag

Notverordnungen und Pressefreiheit unter Dollfuß

Am 7. März 1933, drei Tage nach der sogenannten ‚Selbstausschaltung‘ des österreichischen Parlaments, wurde eine Verordnung erlassen, welche die „Verletzung des vaterländischen, religiösen oder sittlichen Empfindens“ und die daraus folgende Gefährdung von „Ruhe, Ordnung und Sicherheit“ unter Strafe stellte. Die Maßnahmen ermöglichten Repressionen gegen Zeitungen und Druckereien; diese umfassten Beschlagnahmen, Vorlagepflicht, Geld- und Arreststrafen sowie den Verlust der Gewerbeberechtigung. In darauf folgenden Verordnungen wurde unter anderem die Vorzensur verschärft.

Quellen

Emmerich Tálos: Das austrofaschistische Herrschaftssystem. Österreich 1933–1938. Wien: Lit-Verlag 2013 , S. 421–423

Links

ALEX: Verordnung der Bundesregierung vom 7. März 1933, betreffend besondere Maßnahmen zur Hintanhaltung [...]

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...fallen zu lassen — so mitten im Kampf gegen die Notverordnung ein Beispiel gebend, wie eine freisinnige Redaktion, lieber...

Absatz 8

...wird, welche mir durch eine Beeinträchtigung der Preßfreiheit keineswegs alteriert erscheint. Nicht einmal durch die Redu...

Absatz 52

Registereintrag

Tod Johann Schobers

1930 hatte Karl Kraus in seinem Text Befriedung (F 834, 1–11) die langjährige Fehde mit Schober ad acta gelegt und seine Machtlosigkeit diesem gegenüber eingeräumt. Schober war hingegen selbst bald am Ende seiner politischen Erfolge angelangt. Als er am 19. August 1932 einem Herzleiden erlag, war er in vielerlei Hinsicht gescheitert: Der „Schober-Block“ war zerfallen, die neugegründete „Österreichische Wirtschaftspartei“ erfolglos, die von ihm verfolgten Zollunionspläne mit Deutschland ein Fehlschlag. Im Amt des Polizeipräsidenten, das er nur noch nominell inne hatte, war er längst durch seinen Stellvertreter Franz Brandl entmachtet.

Quellen

Rainer Hubert: Schober. „Arbeitermörder“ und „Hort der Republik“. Biographie eines Gestrigen. Wien u. a.: Böhlau 1990 , S. 417–422

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Befriedung, in: Die Fackel Nr. 834–837 vom Mai 1930

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... Mann der Öffentlichkeit auf der Höhe gemeinsamer Schaffenskraft entrückt wird. Denn ein anderes ist die publizistische Aktion, die eine kr...

Absatz 8

Registereintrag

Kraus contra Ludwig

Am 21. August 1931 brachte Kraus’ Berliner Anwalt Willy Katz eine – erfolglose – Ehrenbeleidigungsklage gegen Emil Ludwig ein, weil Kraus sich durch seine Darstellung in Ludwigs autobiographischem Buch Geschenke des Lebens (1931) herabgesetzt fühlte. In einer unveröffentlichten Glosse von 1932 kontrastiert Kraus das mit Ludwigs Darstellung eines Gesprächs, das dieser mit Mussolini geführt hatte und das in der Neuen Freien Presse vom 19. Juni 1932 erschienen war, als Vorabdruck aus Mussolinis Gespräche mit Emil Ludwig (1932). In diesem Band kommen Ludwigs Bewunderung für den Diktator sowie seine Skepsis gegenüber den Begriffen Demokratie und Parlamentarismus zum Ausdruck.

Quellen

Karl Kraus: Emil Ludwig. Mit Mussolini [o. J.]. Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung, Nachlass Anita Kössler, ZPH 985, Box 5, 403 ,

Karl Kraus: Emil Ludwig bei Mussolini [1932]. Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung, Nachlass Marcel Faust, ZPH 2007, Box 1, 1.1.3 ,

Emil Ludwig: Mussolinis Gespräche mit Emil Ludwig. Wien: Zsolnay 1932 , S. 14–16, 31ff.

Johannes Knüchel u. Isabel Langkabel (Hg.): Karl Kraus: Rechtsakten der Kanzlei Oskar Samek. Wissenschaftliche Edition. Auf Grundlage der Vorarbeiten Katharina Pragers, unter Mitarb. v. Laura Untner u. a. 2022. URL: , darin: Akte 165 Karl Kraus ca. Emil Ludwig. URL: https://www.kraus.wienbibliothek.at/legalkraus-app/objects/188932

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Rechtsakten Karl Kraus: Akte 165 Karl Kraus ca. Emil Ludwig

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...erden kann, wie er Mussolini und wie er mich geschaut hat. Aber in Bezug auf Reinhardt hege ich eine schier unzerstörb...

Absatz 8

Registereintrag

Kraus contra Békessy

Erste Angriffe Kraus’ gegen die unlauteren Praktiken des Zeitungsverlegers Imre Békessy bzw. gegen sein Blatt Die Stunde erfolgten ab 1923. In der Folge attackierte Kraus die Zeitung wegen ihrer Anzeigenpraxis, da sie wissentlich Inserate einer in die Pleite schlitternden Bank angenommen hatte, und ihrer Berichterstattung, die regelmäßig in Privatangelegenheiten vordrang. Békessy reagierte u. a. mit falschen Berichten über Streitigkeiten in Kraus’ Familie sowie dem Abdruck einer entstellend retouschierten Kinderfotografie von Kraus und seiner Schwester, wogegen dieser juristisch mehrfach vorging. Bis August 1926 griff Kraus Békessy zudem über ein Dutzend mal in seinen Vorlesungen an; beim Vortrag von Entlarvt durch Bekessy am 25. Juni 1925 soll eine 900-köpfige Menge „Hinaus aus Wien mit dem Schuft!“ skandiert haben (F 691, 36). Kraus’ Anwalt Oskar Samek sammelte belastendes Material und unterstützte auch andere Parteien in Rechtsstreitigkeiten gegen Bekéssy. Im Juli 1926 schließlich wurde Eugen Forda, der Anzeigenchef der Stunde, verhaftet, Békessy floh nach Paris, er und Chefredakteur Karl Tschuppik traten zurück.

Quellen

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 309–322

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Wien. [Zu den Vorlesungen vom 9. und 25. Juni sowie vom 7. Juli, mit Materialien und Kommentar], in: Die Fackel Nr. 691–696 vom Juli 1925 Entlarvt durch Bekessy, in: Die Fackel Nr. 691–696 vom Juli 1925

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...lg abzuschließen hat, etwa daß einer hinaus aus Wien kommt — ein anderes die satirische Beweisführung, daß er der größ...

Absatz 8

...sosehr den Ergötzungen der Bürgerwelt an Bekessy entgegentrat wie der Beschmutzung Goethes, vor allem aber auch der Verwe...

Absatz 11

Registereintrag

Die Arbeiter-Zeitung und der Fall Békessy

Ursprünglich war die Arbeiter-Zeitung gemeinsam mit Kraus medial und juristisch gegen Bekéssy vorgegangen, sah sich jedoch zwischenzeitlich gezwungen, sich aus dem Konflikt zurückzuziehen: Zum einen war Die Stunde ein wichtiger Bündnispartner der Sozialdemokratie, zum anderen bestand eine finanzielle Abhängigkeit von Bekéssys Compagnon Siegmund Bosel. Erst nach einer erneuten Schmutzkampagne gegen den Chefredakteur Austerlitz setzten Ende Juni 1926 die Angriffe der Arbeiter-Zeitung auf Bekéssy wieder ein. Kraus machte ihr diese Haltung in seinen Vorlesungen, teils vor Arbeiter-Publikum, zum Vorwurf.

Quellen

Alfred Pfabigan: Karl Kraus und der Sozialismus. Eine politische Biographie. Wien: Europaverlag 1976 , S. 255–287

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 319–321

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Nachträgliche Republikfeier, in: Die Fackel Nr. 712–716 von Ende Januar 1926

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...entralorgan (vielleicht im Gedenken der Beugung durch Bekessy) zu starker Toback und es ließ einen Beifallssturm erdröhne...

Absatz 55

Registereintrag

Hanns Johst als Dramatiker und Kulturpolitiker des Nationalsozialismus

Am 1. März 1933 wurde Hanns Johst zum ersten Dramaturgen am Staatlichen Schauspielhaus am Gendarmenmarkt in Berlin ernannt, am selben Tag wurde Schlageter erstmals als Hörspiel gesendet. Die Bühnenuraufführung fand (nach 15 weiteren Radioübertragungen) am 20. April, Hitlers Geburtstag, mit prominenter Besetzung im Staatlichen Schauspielhaus statt. Weil Johst zwar auf die ideologische Tauglichkeit seiner Theaterautoren achtete, der künstlerische Rang des Hauses jedoch darunter litt, verlor er den Posten als Chefdramaturg schon im Februar 1934. Daraufhin verfasste er Propagandaschriften und Drehbücher; seine enge Freundschaft zu Heinrich Himmler brachte ihm unter anderem 1935 den Rang eines SS-Oberführers im Stab des Reichsführers-SS ein. In kulturpolitischer Hinsicht machte Johst sich als Handlanger der Führungsriege bzw. ihres jeweils stärkeren Lagers verdient: Am 23. April 1933 wurde der deutsche P.E.N.-Club in einem Drohmanöver von einer Gruppe von NS-Autoren übernommen; Johst wurde gemeinsam mit Hans Hinkel und Rainer Schlösser zum Vorsitzenden. Die internationale P.E.N.-Konferenz in Ragusa wurde mit gewissem Erfolg genutzt, um gegen die sogenannte „Greuelhetze“ gegen Deutschland vorzugehen und eine Resolution gegen Deutschland möglichst zu verhindern oder zu entschärfen. Der deutsche P.E.N.-Club zeigte sich betont regimetreu, bis er Anfang Jänner 1934 die eigene Auflösung und die Neugründung als „Union nationaler Schriftsteller“ beschloss, mit Johst als Präsident. Am 5. Mai 1933, nach erfolgter „Säuberung“ der Sektion für Dichtkunst der preußischen Akademie, wurde Johst zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Auch in dieser Funktion verfasste er regimetreue Kundgebungen und verpflichtete darüber hinaus sämtliche Mitglieder zum Stillschweigen in politischen Belangen. Die Sektion verlor zunehmend an Bedeutung, einige ihrer Agenden wurden von der neu gegründeten Reichsschrifttumskammer übernommen (Goebbels war damit Plänen Rosenbergs zur Einverleibung der Sektion zuvorgekommen), zu deren Präsidialrat auch Johst zählte.

Quellen

Rolf Düsterberg: Hanns Johst: „Der Barde der SS“. Karrieren eines deutschen Dichters. Paderborn u. a.: Schöningh 2004 , S. 189–220, 287–293

Rolf Düsterberg: Hanns Johst: „Der Barde der SS“. Karrieren eines deutschen Dichters. Paderborn u. a.: Schöningh 2004 , S. 179–187

Rolf Düsterberg: Hanns Johst: „Der Barde der SS“. Karrieren eines deutschen Dichters. Paderborn u. a.: Schöningh 2004 , S. 168–178

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..., die »Verkündigung des Dritten Reiches« durch Herrn Johst als etwas zu empfinden, das »an die Herzen schlägt«. Bald e...

Absatz 11

...nd der natürlich ein besserer deutscher Dichter ist als Johst und sogar als die Lieblinge, deren Anlagen Diebold dem Schu...

Absatz 11

...ene Zeit einzurichten, mit eigenen Schriften und denen Johsts, welchem Diebold ...

Absatz 11

... Theaters in Erfurt bekam Offenbach mehr Stimmen als Johst. Nichts als Pech, nichts als Mißverständnisse, die Einheimischen halten die F...

Absatz 59

Die österreichische Sozialdemokratie zu Beginn des Ersten Weltkriegs

Im Frühjahr 1914 war der österreichische Reichsrat vertagt worden, das Kabinett Stürgkh regierte auf Grundlage kaiserlicher Verordnungen. Die Sozialdemokratie war also nicht wie in Deutschland gezwungen, offiziell Stellung zu beziehen. Stattdessen tat sie es in ihren Publikationsorganen: Um ihre bisher aufgebauten Organisationen möglichst unbeschadet durch den Krieg zu bringen, gab sie ihre antimilitaristische und pazifistische Haltung auf. Am 28. Juli 1914 publizierte Otto Bauer ein Manifest, das nach zwecklos gewordenem Kampf für den Frieden zur Sicherung der Organisation aufrief; eine für den 30. Juli geplante Friedenskundgebung fand nicht mehr statt. Am 5. August erschien unter dem Titel Der Tag der deutschen Nation ein Leitartikel von Friedrich Austerlitz in der Arbeiter-Zeitung, der wortreich die „heilige Sache des deutschen Volkes“ beschwor und die deutsche Sozialdemokratie zur parlamentarischen Bewilligung des Kriegskredits beglückwünschte. Die Kriegsschuld wird in Folge bei Russland, Frankreich und England gesucht.

Quellen

Hans Hautmann u. Rudolf Kropf: Die österreichische Arbeiterbewegung vom Vormärz bis 1945. Sozialökonomische Ursprünge ihrer Ideologie und Politik. Wien: Europa 1978 , S. 116f.

Wolfgang Maderthaner: Krieg und Frieden. In: Vorwärts. Österreichische Sozialdemokratie seit 1889. Hg. v. Hannes Androsch, Heinz Fischer u. Wolfgang Maderthaner. Wien: Brandstätter 2020 , S. 116f.

Links

ANNO: Arbeiter-Zeitung vom 5. 8. 1914

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... abzuwehren vermochte, wie sie den Krieg gefördert hat. Die Schuld am Krieg von denen geleugnet, die ihn eröffnet h...

Absatz 20

Registereintrag

Die „Österreichische Legion“ 1933

Die „Österreichische Legion“ bildete gemeinsam mit den nach dem Parteiverbot illegal in Österreich verbliebenen SA-Mitgliedern die SA-Obergruppe VIII (später XI). Sie setzte sich aus geflüchteten österreichischen Nationalsozialisten zusammen und bestand seit 7. Juni 1933. Sie war im Lager Lechfeld bei Augsburg untergebracht, das zu diesem Zweck am 30. Juni beschlagnahmt wurde. In der ersten Julihälfte beherbergte es rund 250 SA-Angehörige, Ende August 3.511; die Ausbildner wurden von der bayerischen Landespolizei und der Reichswehr gestellt. Ab Anfang Oktober wurde die Belegschaft des Lagers Lechfeld auf andere Lager aufgeteilt, beginnend mit dem Lager Wöllershof bei Weiden (Oberpfalz), das in einer ehemaligen Nervenheilanstalt eingerichtet wurde.

Quellen

Hans Schafranek: Söldner für den Anschluss. Die Österreichische Legion 1933–1938. Wien: Czernin 2011 , S. 32–45

Zum Text

...illigung für Attentäter, mit der Aufstellung einer Legion, mit der Revoltierung eines Landes, von dem gesagt werden ka...

Absatz 44

Registereintrag

Tausend-Mark-Sperre

Als Reaktion auf die Behandlung des bayerischen Justizministers Hans Franks bei seinem Österreichbesuch Mitte Mai bestimmte Hitler am 29. des Monats, dass bei der Einreise nach Österreich künftig eine Gebühr von 1.000 RM einzuheben sei. Die sog. „Tausend-Mark-Sperre“ traf als wirtschaftliche Sanktionsmaßnahme vor allem den Tourismus, zugleich wurde sie von österreichischen Nationalsozialisten als Signal zur Verschärfung ihrer Agitation und ihrer Gewaltaktionen aufgefasst.

Quellen

Gerhard Botz: Gewalt in der Politik. Attentate, Zusammenstöße, Putschversuche, Unruhen in Österreich 1918 bis 1938. 2. Aufl. München: Wilhelm Fink 1983 , S. 215f.

Links

ALEX: Gesetz über die Beschränkung der Reisen nach der Republik Österreich vom 29. Mai 1933

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...usreise nach Österreich den Tausendmarkschein, den sie kostet, eintrüge. Jede Kreatur möchte frei leben gottgewollt, abe...

Absatz 14

...nicht anders helfen können als mit der Absperrung der Grenze, mit der Ausreisebewilligung für Attentäter, mit der Aufstel...

Absatz 44

...sucht aller Deutschen, welcher selbst eine Taxe von 1000 Mark kein Hindernis bedeutet und die ihre Erfüllung nötigenfalls...

Absatz 44

...t wollen. Vorausgesetzt, daß sie nicht um die 1000 Mark-⨯Taxe hergegeben wird, bin ich bereit, den Fremdenverkehr zu bejahen, als wirtschaf...

Absatz 54

Registereintrag

Homosexualität in der NSDAP – „Friderizianische Tradition“

Gerüchteweise war Homosexualität unter – auch hohen – Nationalsozialisten keine Seltenheit; darauf zielen Kraus’ entsprechende Äußerungen sowie die angeführte Parallele zur kolportierten Homosexualität Friedrichs II. von Preußen oder August von Platens ab. Homosexualität unter NS-Funktionären wurde in der Presse der politischen Gegner vielfach gegen diese verwendet, in diesem Zusammenhang wurden etwa Baldur von Schirach und SA-Stabschef Ernst Röhm genannt. Ende der 20er Jahre kündigten die Nationalsozialisten erstmals Anti-Homosexuellenmaßnahmen an. Über die Homosexualität Röhms wusste Hitler früh Bescheid; vorerst wurde dieser Widerspruch zur offiziellen Ideologie soweit wie möglich vertuscht. Bald nach der ‚Machtergreifung‘ jedoch ging das Regime auch gegen Homosexuelle mit Schutzhaft, Internierung und Maßnahmen wie Zwangstherapien und Kastration vor. Die Zahl der während der NS-Zeit wegen Homosexualität Deportierten liegt Schätzungen zufolge zwischen 5.000 und 15.000. Kraus hatte sich schon früh für die Straffreiheit einvernehmlicher homosexueller Handlungen zwischen Erwachsenen eingesetzt und oft mit Vehemenz auf die publizistische Einmischung in Privatangelegenheiten reagiert – zu nennen ist in diesem Zusammenhang Kraus’ Konflikt mit Maximilian Harden, der die Homosexualität im sogenannten „Lienberger Kreis“ politisch ausschlachtete („Eulenburg-Affäre“). Dennoch war sein Bild des männlichen Homosexuellen, wie man anlässlich seiner Unterscheidung zwischen ‚angeborener‘ und ‚erworbener‘ Homosexualität nachlesen kann (Perversität, F 237, 16–22), nicht frei von abwertenden Stereotypen.

Quellen

Jens Malte Fischer: Karl Kraus. Der Widersprecher. Wien: Zsolnay 2020 , S. 104f., 213f.

Burkhard Jellonek: Homosexuelle unter dem Hakenkreuz. Die Verfolgung von Homosexuellen im Dritten Reich. Paderborn: Ferdinand Schöningh 1990 , v.a. S. 11–175

Edward Timms: Karl Kraus. Satiriker der Apokalypse. Leben und Werk 1874 bis 1918. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1999 , S. 101f.

Nike Wagner: Geist und Geschlecht. Karl Kraus und die Erotik der Wiener Moderne. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1982 , S. 132ff.

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Perversität, in: Die Fackel Nr. 237 vom 2. Dezember 1907

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... Bräuchen, durch die lediglich die friderizianische Tradition fortgepflanzt wird, aber sonst nichts, erklärt sich auch ei...

Absatz 49

...eglicher Mitwissenschaft von Machterschleichung und Mannszucht wider die Natur. Erpressung das nährende und erhaltende Element — höchstens ...

Absatz 63

Registereintrag

Die Leipziger Herbstmesse 1933

In den ersten Jahren nach der ‚Machtergreifung‘ gab es in ganz Deutschland hunderte ‚Braune Messen‘; dabei handelte es sich meist um Publikumsmessen, die einerseits der Propaganda dienten, andererseits mittelständische regionale Unternehmen unterstützen sollten. Ab Sommer 1933 waren diese Messen dem Propagandaministerium unterstellt, ab 1936 wurde jedoch die Mittelstandspolitik der Rüstungspolitik untergeordnet; im Zuge dessen wurden die ‚Braunen Messen‘ nicht mehr fortgeführt. Die ‚Braune Messe‘ in Leipzig fand parallel zur eigentlichen Leipziger Herbstmesse von 27. bis 31. August 1933 statt und machte 15% der Aussteller aus; sie fand in dieser Form nur einmal statt. Hier durften auch überregionale und größere Betriebe teilnehmen, es war keine Verkaufsveranstaltung. Die Berichterstattung zur Herbstmesse strich die ‚Braune Messe‘ besonders hervor, was zu einer verzerrten öffentlichen Wahrnehmung führte: Der ‚Arierparagraph‘ etwa galt nur dort, wurde jedoch in den kritischen Berichten ausländischer Medien auf die gesamte Messe bezogen; die Zahl ausländischer Aussteller blieb unter der des Vorjahres. Dennoch können als Beweggrund für diese Art der Parallelveranstaltung wirtschaftliche Motive angenommen werden: Die ‚Braune Messe‘ brachte zusätzliche Aussteller und Publikum, was nach 1933, als die wirtschaftliche Lage sich entspannte, nicht mehr nötig war.

Quellen

Berit Baß: Die Braune Großmesse 1933 in Leipzig. In: Leipzigs Messen 1497–1997: Gestaltwandel – Umbrüche – Neubeginn. Teilband 2: 1914–1997. Hg. v. Hartmut Zwahr, Thomas Topfstedt u. Günter Bentele. Köln, Weimar u. Wien: Böhlau 1999 (= Geschichte und Politik in Sachsen, Bd. 9/2), S. 553–562 ,

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...rangement mit den Leipziger Pelzjuden. Besuchern der Messe aber wird eine Vergünstigung in Aussicht gestellt, sie können sich ...

Absatz 45

... über angebliche Greuel. Aber daß er auf der Braunen Messe willkommen geheißen wird, ist doch auch möglich. Es wird...

Absatz 45

Registereintrag

Adolf-Hitler-Spende

Die „Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft“ wurde durch einen Spendenaufruf Gustav Krupps vom 30. Mai 1933 initiiert und erfolgte von da an jährlich. Vordergründig diente sie dem Schutz der Wirtschaftstreibenden vor den Forderungen örtlicher Parteifunktionäre, stellte jedoch tatsächlich eine dauerhafte Einnahmequelle Hitlers persönlich dar. Bis 1945 zahlte die deutsche Wirtschaft so 700 Millionen RM an Hitler.

Quellen

Enzyklopädie des Nationalsozialismus. Hg. v. Wolfgang Benz, Hermann Graml u. Hermann Weiß. 5., akt. u. erw. Aufl. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2007 , darin: Hermann Weiß: Eintrag „Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft“, S. 391

Tim Schanetzky: Kanonen statt Butter. Wirtschaft und Konsum im Dritten Reich. München: Beck 2015 (= Die Deutschen und der Nationalsozialismus, Bd. 5) , S. 37

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...chaftslebens erfolgt«. Ferner ist für die Adolf Hitler-Spende, deren Freiwilligkeit in umfassender Weise durchgeführt wird, ...

Absatz 45

Registereintrag

Gerhart Hauptmann im Nationalsozialismus

Kraus war ursprünglich ein großer Verehrer Hauptmanns gewesen: Sein erster journalistischer Text vom April 1892 war eine hymnische Rezension von Hauptmanns De Waber. Für die öffentliche Vorlesung aus der hochdeutschen Fassung des Werkes dankte Hauptmann Kraus brieflich, Kraus besuchte die Berliner Uraufführung, es folgte ein gemeinsamer Spaziergang. Als Hauptmann bei Kriegsbeginn zwei Kriegsgedichte publizierte und später am Aufruf für die 6. Kriegsanleihe teilnahm, hatte er für Kraus als moralische Autorität ausgedient. Dem Nationalsozialismus gegenüber zeigte sich Hauptmann anpassungsfähig und durchaus geltungssüchtig. Er zählte zu den Unterzeichnern von Benns Solidaritätsbekundung der Sektion für Dichtkunst der preußischen Akademie, am „Tag der nationalen Arbeit“ ließ er an seinem Wohnsitz auf Hiddensee die Hakenkreuzfahne hissen. Zwar stand er der NS-Kulturpolitik skeptisch gegenüber und lehnte die Rassegesetzgebung ab, Hitler jedoch brachte er einige Begeisterung entgegen. Er selbst wiederum diente den Nationalsozialisten als Aushängeschild und wurde dementsprechend umworben, die Uraufführung der Goldenen Harfe in den Kammerspielen des Münchner Schauspielhauses fand auf Verfügung Hitlers am 15. 10. 1933, dem „Tag der Deutschen Kunst“, statt.

Quellen

Peter Sprengel: Gerhart Hauptmann. Bürgerlichkeit und großer Traum. Eine Biographie. München: Beck 2012 , S. 217, S. 231, S. 478f., S. 513

Peter Sprengel: Gerhart Hauptmann. Bürgerlichkeit und großer Traum. Eine Biographie. München: Beck 2012 , S. 669–691

Zum Text

...ptmann soll sich jenem ohne alle Strapaze anvertraut haben und nun gefaßt der Eventualität entgegensehen, daß der Maur...

Absatz 25

Registereintrag

Gerhart Hauptmann und der „Deutsche Abend“ auf Hiddensee

Mediale Aufmerksamkeit erregte Gerhart Hauptmanns Teilnahme an einem „Deutschen Abend“ am 9. August 1933 im Gasthof Dornbusch auf Hiddensee. Zur Einleitung wurde Hauptmanns Ritter, Tod und Teufel (1921) vorgetragen – die in zahlreichen Blättern verbreitete Ungenauigkeit, Hauptmann habe für den Abend einen lyrischen Vorspruch verfasst, stammt aus der DAZ vom 1. September 1933 –, es folgten Musik und Tanz sowie das Horst-Wessel-Lied, zu dem kolportiertermaßen auch Hauptmann den Hitlergruß leistete.

Quellen

Peter Sprengel: Der Dichter stand auf hoher Küste. Gerhart Hauptmann im Dritten Reich. Berlin: Propyläen 2009 , S. 39 43

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Registereintrag

Arbeitsbeschaffung unter Hitler

Arbeitsbeschaffung war schon im Wahlkampf im Mai 1932 ein zentrales Thema für die NSDAP; in seiner ersten Radioansprache am 1. Februar 1933 versprach Hitler erneut die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die mit enormem propagandistischem Aufwand betrieben wurde. Tatsächlich jedoch war sie von Anfang an der Rüstungspolitik untergeordnet. Von den 600 Millionen RM, die aus Zeiten des Kabinetts Schleicher für Arbeitsbeschaffung vorgesehen und noch vorhanden waren, wurde etwa ein Drittel für das Militär verwendet. Das am 1. Juni verkündete sogenannte „Reinhardt-Programm“ im Umfang von einer Milliarde RM diente zu großen Teilen zur Finanzierung von Bauprojekten mit militärischem Hintergrund. Im zum „Mustergau“ erklärten Ostpreußen gelang die Vollbeschäftigung durch große Investitionen in primitive, nicht auf andere Teile Deutschlands übertragbare Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Ein zweites, kleineres „Reinhardt-Programm“ im Herbst diente der Stimmungsmache und der Minderung der saisonbedingten Arbeitslosigkeit in den Städten. Der in Hinsicht auf Arbeitsbeschaffung besonders prominente Autobahnbau hatte von Beginn an militärische Zwecke. Trotz des Verzichts auf Maschinen waren dabei anstatt der versprochenen 600.000 nach dem ersten Jahr erst 38.000 Arbeitsplätze entstanden. Ein Jahr nach der ‚Machtergreifung‘ stand die Arbeitsbeschaffung nicht mehr auf der Agenda des Regimes. Der tatsächliche Rückgang der Arbeitslosigkeit kann zu großen Teilen auf den schon im Herbst 1932 einsetzenden Konjunkturaufschwung und die Rüstung zurückgeführt werden, darüber hinaus wurde die Statistik durch verschiedene Maßnahmen (etwa das Vorgehen gegen Doppelverdiener oder gegen die Berufstätigkeit von Frauen) geschönt.

Quellen

Tim Schanetzky: Kanonen statt Butter. Wirtschaft und Konsum im Dritten Reich. München: Beck 2015 (= Die Deutschen und der Nationalsozialismus, Bd. 5) , S. 34–66

Adam Tooze: Ökonomie der Zerstörung. Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus. Übers. v. Yvonne Badal. München: Pantheon 2008 , S. 46–87

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...der deutschen Revolution letzten Endes ausschlaggebend. Die ‚Deutsche Allgemeine Zeitung‘ aber führt noch ...

Absatz 30

Registereintrag

Der deutsche Buchmarkt 1933

Durch das Verbot einer großen Zahl von Titeln aus den Sparten Belletristik, Sachbuch und wissenschaftliches Buch und die Zerschlagung politisch missliebiger Verlage sowie den Einbruch des Exports erlebte die ohnehin schon von der Wirtschaftskrise mitgenommene Buchbranche bis Anfang 1934 eine weitere deutliche Verschlechterung. Dies wurde jedoch geheimgehalten, die Konjunkturberichte waren vertraulich und wurden im Buchhändler-Börsenblatt nur ausschnittsweise – aber aussagekräftig genug – wiedergegeben. Der Aufschwung des Buchhandels in den Folgejahren verdankte sich staatlichen Eingriffen wie der Subvention von Buchexporten zur Kulturpropaganda, hinkte aber dennoch hinter anderen Wirtschaftssparten her.

Quellen

Jan-Pieter Barbian: Der Buchmarkt: Marktordnung und statistische Marktdaten. In: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Band 3: Drittes Reich. Teil 1. In Zsarb. m. Jan-Pieter Barbian hg. v. Ernst Fischer u. Reinhard Wittmann. Berlin u. Boston: de Gruyter 2015, S. 161–196 , S. 162–176

Zum Text

...erschätzung eines Unheils, dessen Eingriff in den Büchermarkt doch den geringsten seiner Effekte bedeutet. Nicht ...

Absatz 25

Registereintrag

Goebbels’ Bewerbungen beim Berliner Tageblatt

Ins Jahr 1923/1924 falle die Bewerbung Goebbels’ bei dem zum Verlagshaus Mosse gehörenden liberal-demokratischen Berliner Tageblatt – ein vielfach kolportiertes Gerücht, das auf einem Missverständnis beruht: Nicht beim Verlagshaus Mosse, sondern über die „Annoncen-Expedition Rudolf Mosse“ hatte Goebbels sich auf einen Redakteursposten beworben, und zwar bei einem Zentrumsblatt.

Quellen

Simone Richter: Joseph Goebbels – der Journalist. Darstellung seines publizistischen Werdegangs 1923 bis 1933. Stuttgart: Steiner 2010 , S. 138–146

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...t angekommen, dem er nicht nur kosmisch zugestrebt hat, so wäre ihr mehr als dessen Gleichschaltung erspart gebl...

Absatz 64

Registereintrag

Die „Freiwillige Spende zur Förderung der nationalen Arbeit“

Die „Freiwillige Spende zur Förderung der nationalen Arbeit“ war Teil des am 1. Juni 1933 erlassenen „Gesetzes zur Verminderung der Arbeitslosigkeit“ und wurde ab Mitte Juni in der NS-Presse lanciert. In vielen Fällen wurde sie direkt von Lohn oder Gehalt abgezogen, auch kann von einem hohen Gruppendruck innerhalb der Betriebe, in denen die Sammellisten kursierten, ausgegangen werden. Die bis zu ihrem Auslaufen Ende März 1934 eingenommenen 149 Millionen RM flossen zum Großteil in die Rüstung, an die SA, weitere Millionen in Prestigebauten und die Inszenierung des Nürnberger Parteitags. Da die Maßnahme bloß die Kaufkraft verschob und die Nachfrage im Binnenmarkt senkte, ist ihr wirtschaftlicher Nutzen zweifelhaft.

Quellen

Detlev Humann: „Arbeitsschlacht“. Arbeitsbeschaffung und Propaganda in der NS-Zeit 1933–1939. Göttingen: Wallstein 2011 , S. 87–95

Zum Text

...ige Spende zur Förderung der nationalen Arbeit« abgeführt, sondern ⨯ ...

Absatz 58

Registereintrag

Hugenbergs „Fettplan“

Schon zwei Wochen nach der ‚Machtergreifung‘ traf die Regierung Hitler einschneidende Maßnahmen zugunsten der Agrarier und der in der Landwirtschaft Beschäftigten (die 1933 noch 29% der Erwerbstätigen ausmachten): Ab nun galt ein Vollstreckungsschutz für landwirtschaftliche Betriebe, die Zölle auf agrarische Importprodukte wurden teils um mehr als 100% erhöht. Resultierende Verschlechterungen der internationalen Handelsbeziehungen wurden in Kauf genommen. Hugenbergs „Fettplan“ aus dem März 1933 (den er noch gegen den Willen Hitlers durchsetzen konnte) strebte dann vor allem die Stützung der Milchwirtschaft an. Dazu diente die Steigerung der erforderlichen Butterbeimischung für Margarine und die Kontingentierung der Margarineproduktion. Solche Maßnahmen zugunsten der Landwirtschaft gingen letztlich auf Kosten der Verbraucher: Bis September 1933 stiegen Großhandelspreise für Butter, Milch, Schmalz oder Schweine um 40-50%.

Quellen

Gustavo Corni u. Horst Gies: Brot, Butter, Kanonen. Die Ernährungswirtschaft in Deutschland unter der Diktatur Hitlers. Berlin: Akademie-Verlag 1997 , S. 55–60

Dieter Petzina: Hauptprobleme der deutschen Wirtschaftspolitik 1932/33. In: Vierteljahresheft für Zeitgeschichte 15 (1967), H. 1, S. 18–55. URL: , S. 37–52

Zum Text

...Feuilletonbegriff, durch den das Fett nicht billiger wird, aber er bittet die Gegner, fest überzeugt zu sein, daß d...

Absatz 30

...n behandelt wären. Denn der Abbau der Butter- und Milchpreise wird sich kaum mit dem Erfolg erzielen lassen, mit dem bisher der Abbau der K...

Absatz 30

...er wohl der Meinung sein müssen, daß es mit den Butterpreisen zusammenhängt. Ein Gran Verstand wäre dochnoch höchstens in...

Absatz 40

...lschewismus herbeiführt, so ist guter Rat teurer als Butter. ...

Absatz 58

Registereintrag

Pollakwitze

Die sogenannten „Pollakwitze“ gehen zurück auf Mathilde Gerstl (25. 10. 1845, Prag – 26. 11. 1923, Wien), die mit dem geadelten Industriellen Leopold Pollack von Parnegg verheiratet war. Als „Frau Pollak“, „Rosa Pollak von Parnegg“ o. Ä. war sie vor allem gen Ende der Monarchie in Wien für ihre verdrehten Phrasen, ‚falsch‘ gebrauchten Wörter oder sonstigen lustigen Aussprüche bekannt. Von ihren Söhnen sollen diese als „Ausflüsse aus dem Muttermund“ gesammelt worden sein. Die frühesten Belege für „Pollakwitze“ sind bei Heinrich Eisenbach (1905) zu finden. 1906 folgt in Die Muskete ein weiterer Hinweis auf den „Pollakwitz“. 1908 kam es in Prag zu einer Aufführung der Burleske Soirée bei Frau von Pollak durch den Deutschen Männergesangsverein.

Quellen

Georg Gaugusch: Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938. L–R. Wien: Amaltea 2016 , S. 2596 ff.

Salcia Landmann: Der jüdische Witz. Soziologie und Sammlung. 14. Aufl. Düsseldorf: Patmos 2006 , S. 36f., S. 574ff.

Robert Sedlaczek: Sprachwitze. Die Formen, die Techniken, die jüdischen Wurzeln. Mit mehr als 500 Beispielen. Innsbruck u. Wien: Haymon 2020 , S. 60–63

Links

Pst – – Ministerrat!, in Die Muskete vom 11. 1. 1906

Zum Text

...her Wortführer angewiesen bleibt, die heute schon Pollakwitze sind. Greifbar aber nichts als die Sprache einer Entmachtun...

Absatz 53

... »Zwischen zwei Faschismen« eine Serie von Pollakwitzen an, die wohl das Äußerste sind, was in ernster Zeit gewa...

Absatz 57

Registereintrag

Menetekel

Vgl. Daniel 5:25; „(vollständig: Mene, Mene Tekel Uphársin), dunkle, den Untergang verkündende [...] Worte, drohende, letzte Warnung vor dem Untergange“.

Quellen

Friedrich Wilhelm Looff: Allgemeines Fremdwörterbuch, enthaltend die Verdeutschung und Erklärung der in der deutschen Schrift- und Umgangssprache, sowie in den einzelnen Künsten und Wissenschaften vorkommenden fremden oder nicht allgemein bekannten deutschen Wörter und Ausdrücke, mit Bezeichnung der Abstammung, Aussprache und Betonung. 8. Auflage. Langensalza: Hermann Beyer und Söhne (Beyer und Mann) 1911. Digitalisat des Münchner Digitalisierungszentrums: , darin: Eintrag „Mene Tekel“, S. 501

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Diurnist

Schreiber.

Quellen

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geodynamisch

Adjektiv zu „Geodynamik“ – „Lehre von den Kräften der Erde“.

Quellen

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Impia mater

Vgl. lat. „Pia mater“ – „die dünne Hirnhaut, Gefäßhaut des Gehirns“, wörtl. „zarte, fromme“ bzw. spätlat. „gütige Mutter“; lat. „impius“ – „gewissenlos, ruchlos“.

Quellen

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Hekatomben

Plural zu Hekatombe – „großes Opfer (eigentl. v. 100 Stieren)“.

Quellen

Daniel Sanders: Moment-Lexikon und Fremdwörterbuch. Vollst. neu revidiert u. bearb. Berlin: Hugo Steinitz Verlag 1907. Digitalisat des Münchner Digitalisierungszentrums: , darin: Eintrag „Hekatombe“, S. 179

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Das Wirtschaftsprogramm der NSDAP

Das 25-Punkte-Programm der NSDAP von 1920 hatte Forderungen wie die nach der „Abschaffung des arbeits- und mühelosen Einkommens“, nach der Einziehung von Kriegsgewinnen, nach Verstaatlichung von Betrieben, Kommunalisierung von Großkaufhäusern, Verhinderung der Bodenspekulation etc. beinhaltet. In ihren Wahlkämpfen verfolgte die Partei hingegen keine einheitliche Linie gegenüber Industriellen und Bankiers; Hitler war wirtschaftspolitisch Opportunist. Hatte der Wahlerfolg der NSDAP im September 1930 noch zu Unruhe im deutschen Bankensektor geführt, kam es 1931/32 zu einer ersten Annäherung zwischen Hitler und Industriellenkreisen. Gregor Strassers radikales „wirtschaftliches Sofortprogramm“ von 1932 (das Forderungen wie die nach Arbeitsbeschaffung durch Infrastruktur- und Wohnbauprojekte, verbesserter Sozial- und Pernsionsversicherung, Erhöhung des Geldumlaufs, staatlichen Monopolen und staatlichen Wirtschaftslenkungsmaßnahmen enthielt) trug seiner Zugkraft unter der Arbeiterschaft wegen zum Wahlsieg der NSDAP bei. Nach Kritik vom Reichsverband der Deutschen Industrie war das Sofortprogramm realpolitisch vom Tisch, wurde jedoch propagandistisch weiterhin eingesetzt. Ab 1933 beteiligten sich die Banken an der Umsetzung der politischen und ideologischen Ziele des Regimes, waren Nutznießer der Arisierungsmaßnahmen und verliehen ihnen einen rechtmäßigen Anschein. 1936 gab es in den Vorständen deutscher Banken keine jüdischen Mitglieder mehr.

Quellen

Udo Kissenkoetter: Gregor Straßer und die NSDAP. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1978 (= Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Bd. 37) , S. 84–86, 112–113

Christopher Kopper: Bankiers unterm Hakenkreuz. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag 2008 , S. 7f., S. 41f.

Christopher Kopper: Bankiers unterm Hakenkreuz. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag 2008 , S. 3–5

Tim Schanetzky: Kanonen statt Butter. Wirtschaft und Konsum im Dritten Reich. München: Beck 2015 (= Die Deutschen und der Nationalsozialismus, Bd. 5) , S. 33f.

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Das Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 1933

Der Buchhändler-Börsenverein, Anfang 1933 noch deutschnational und konservativ eingestellt, erhoffte sich von den neuen Machthabern dennoch Maßnahmen zur Unterstützung des Buchhandels. Am 12. April veröffentlichte er ein „Sofortprogramm“, das etwa die Erhebung des Börsenvereins zur Zwangsorganisation und die Zurückdrängung der Tätigkeiten von Einrichtungen forderte, die mit dem Buchhandel konkurrierten (wie Vereine, Buchgemeinschaften, Leihbibliotheken). Nach der Bücherverbrennung war der Buchhändler-Börsenverein an einem vom Kampfbund für deutsche Kultur geleiteten Arbeitsausschuss beteiligt, der für die Erstellung und Versendung von Verbotslisten zuständig war. Am 15. Juni wurde Hellmuth Langenbucher, Mitglied des „Kampfbunds“, neuer Chefredakteur des Börsenblattes, sein jüngerer Bruder Erich Redakteur ebendort.

Quellen

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Abstrakta

Plural von lat. „Abstractum“ – „Begriffsname“; vgl. lat. „abstract[us]“ – „abgezogen, für sich allein betrachtet“.

Quellen

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Ostelbier

katexochen

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Der Ullstein-Verlag 1933

Der Ullstein-Verlag war 1933 neben Hugenbergs Scherl-Verlag der mächtigste Pressekonzern des Reiches und besaß die größte Druckerei Europas. Die auf Grundlage der Verordnung vom 4. Februar 1933 gegen die Presse gerichteten Maßnahmen betrafen auch Ullsteins Tempo – das erste von mehreren Zeitungsverboten, die dem Verlagshaus wirtschaftlich zusetzten. Im März wurden zwei Mitglieder der Familie Ullstein für kurze Zeit verhaftet. Zahlreiche offene Sabotage- und Boykottaktionen richteten sich gegen das Verlagshaus. Als Reaktion darauf wurde der dem Regime nahestehende Richard A. Müller zum Vorstandsvorsitzenden berufen; ihm teilte Goebbels im April mit, die Arisierung des Verlags sei der persönliche Wunsch Hitlers, woraufhin jüdische und politisch missliebige Redakteure entfernt wurden. Am 13. Oktober, eine Woche nach Verabschiedung des Schriftleitergesetzes, wurde gemeldet, dass jeder dritte Redakteur mittlerweile entlassen worden sei. Zahlreiche Blätter des Verlages, darunter im Frühjahr 1934 die Vossische Zeitung, mussten eingestellt werden, stattdessen wurde eine Handvoll regimetreuer Zeitschriften herausgegeben. Anfang Juni 1934 sah sich die Eigentümerfamilie genötigt, den Verlag zu verkaufen. Er war 60 Millionen RM wert, ging jedoch um nur 12 Millionen an die Cautio Treuhand-Gmbh, die im Auftrag der NSDAP handelte.

Quellen

Juliane Berndt: Die Restitution des Ullstein-Verlags (1945–52). Remigration, Ränke, Rückgabe: Der steinige Weg einer Berliner Traditionsfirma. Berlin u. Boston: de Gruyter 2020 (= Europäisch-jüdische Studien – Beiträge, Bd. 50) , S. 63–80

Reinhard Wittmann: Verlagsbuchhandel. Literarische/belletristische Verlage. In: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Band 3: Drittes Reich. Teil 1. Im Auftrag d. Historischen Kommission hg. v. Ernst Fischer u. Reinhard Wittmann in Zsarb. m. Jan-Pieter Barbian. Berlin u. Boston: de Gruyter 2015, S. 295–379 , S. 326

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... immer nachgrübeln müssen. Bei Ullstein beten sie schon: Wir woll...

Absatz 39

Die Leipziger Pelzwirtschaft 1933

Die traditionsreiche Leipziger Rauchwarenwirtschaft hatte ab 1924 einen Boom erlebt, jedoch unter der verstärkten russischen Ausfuhr veredelter Pelzwaren sowie unter der Weltwirtschaftskrise von 1929 stark gelitten. Die ‚Machtergreifung‘ der Nationalsozialisten beschädigte Leipzigs Status als internationales Pelzzentrum endgültig und irreparabel. 58 Prozent der Firmen des Leipziger Pelzhandels hatten jüdische Eigentümer, sodass die Branche von den antisemitischen Ausschreitungen und Gesetzen besonders hart betroffen war. Nach den Reichstagswahlen im März war es zu ersten Ausschreitungen am Brühl, einem traditionsreichen Handelsviertel, gekommen, gegen Ende des Monats beschlossen die jüdischen Pelzhändler Englands den Boykott deutscher Rauchwaren, im Juli tat der National Council of Fur Trade Organisations in den USA desgleichen. Eine Intervention des Bürgermeisters gemeinsam mit Vertretern der Rauchwarenwirtschaft und der Handelskammer führte zu Forderungen der zuständigen Stellen, die Pelzindustrie sei mit Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Bedeutung unbehelligt zu lassen; Anfang Mai 1933 erklärten nationalsozialistische Wirtschaftsvertreter, jüdische Firmen der Branche hätten keine Eingriffe zu befürchten. Unter den wirtschafts- und rassepolitischen Folgen der ‚Machtergreifung‘ brach der Pelzexport jedoch weiter ein; bis 1936 hatten über 100 jüdische Rauchwarenhändler ihre Firmensitze von Leipzig nach London, Paris, Prag, Mailand oder Brüssel verlegt.

Quellen

Robrecht Declercq: World Market Transformation. Inside the German Fur Capital Leipzig 1870 – 1939. New York u. London: Routledge 2017 (= Routledge International Studies in Business History, Bd. 37) , S. 210–213

Steffen Held: Juden in der Leipziger Rauchwarenwirtschaft 1830–1938. In: Leipzigs Wirtschaft in Vergangenheit und Gegenwart. Akteure, Handlungsspielräume, Wirkungen (1400–2011). Hg. v. Susanne Schötz. Leipzig: Leipziger Universitätsverlag 2012 (Quellen und Forschungen zur Geschicihte der Stadt Leipzig, Bd. 3), S. 269–284 ,

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... das gelungene Arrangement mit den Leipziger Pelzjuden. Besuchern der Messe aber wird eine Vergünstigung in Aussicht gestellt, sie kö...

Absatz 45

Registereintrag

Politisches Ende Alfred Hugenbergs und Ende der DNVP

Die Versuche Alfred Hugenbergs, als Vorsitzender der DNVP die Macht des Koalitionspartners NSDAP einzuschränken, scheiterten sämtlich: Durch den Ausgang der Reichstagswahl geschwächt, gelang es ihm weder, den Einfluss der Nationalsozialisten durch verstärkte Einbindung des Reichspräsidenten zurückzudrängen, noch durch eine Absprache mit der Zentrumspartei einen Zusatz zum Ermächtigungsgesetz durchzusetzen, der politische Freiheiten bewahrt hätte. Zudem machten sich innerhalb der DNVP Zerfallserscheinungen bemerkbar, es kam zu Übertritten in die NSDAP, die Lähmung des Parteiapparates konnte auch durch hektische propagandistische Bemühungen nicht ausgeglichen werden. Hugenbergs Scherl-Verlag agierte weitgehend orientierungslos, die NS-Presse forderte immer vernehmlicher seinen Rücktritt. Ende April ging die Braunschweiger DNVP in die NSDAP ein. Zudem entfremdete Hugenbergs Förderung der Agrarier ihn aufgrund der befürchteten Folgen für den internatinalen Handel auch von den nicht-nationalsozialistischen Ministern (wie Neurath) sowie von Vertretern der Industrie. Auf der Weltwirtschaftskonferenz am 16. Juni 1933 in London beging Hugenberg politischen Selbstmord: Das von ihm vorgetragene Memorandum beinhaltete unter anderem die Forderung nach Kolonien und nach der Expansion in den Osten sowie in wirtschaftlicher Hinsicht nach einem Stop internationaler Investitionen. In einer darauffolgenden Aussendung des Außenministers Neurath bezeichnete dieser das Memorandum aufgrund schwerer diplomatischer Bedenken als „Privatmeinung“. Am 24. Juni beschloss Hugenberg seinen Rücktritt, am 27. erfolgte dieser offiziell; zugleich löste sich die DNVP auf – aus Sorge, sonst in die gefährliche Oppositionsrolle zu geraten. In den Jahren ab 1933 musste der politisch entmachtete Medienzar Hugenberg Teile seines Imperiums verkaufen, 1933/34 etwa die Telegraphen-Union sowie die Allgemeine Anzeigen GmbH, 1937 die UFA. Für den Scherl-Verlag erhielt er 1944 immerhin 64 Millionen RM.

Quellen

John A. Leopold: Alfred Hugenberg. The Radical Nationalist Campaign Against the Weimar Republic. New Haven (Connecticut): Yale University Press 1977 , S. 144–163

Klaus Wernecke u. Peter Heller: Der vergessene Führer. Alfred Hugenberg. Pressemacht und Nationalsozialismus. Hamburg: VSA-Verlag 1982 , S. 193–195

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...und drüber. Seldte huldigt, Hugenberg ward vom Teufel geholt, Papen soll sich als Herrenreiter produzieren: ...

Absatz 63

Registereintrag

Das Konzentrationslager Dachau

Vier Tage nach der ‚Gleichschaltung‘ Bayerns empfahl der Gauleiter und nunmehrige kommissarischer Innenminister Adolf Wagner das Errichten von Anhaltelagern für die große Zahl an Schutzhäftlingen. Am 20.3. wurde die Gründung des Lagers in einer ehemaligen Munitionsfabrik in der Nähe der Kleinstadt Dachau angekündigt. Dachau war damit nicht das erste Konzentrationslager überhaupt, wohl aber das erste, das nicht als Provisorium angelegt wurde. Bis Mai hatte das Lager über 2.000 Insassen, die ersten Häftlinge waren politische Gegner: Kommunisten, dann Sozialdemokraten, Bürgerliche und Monarchisten. Die Zustände im Lager verschlechterten sich durch die Übernahme des Lagers durch Himmlers SS am 10. April 1933 gravierend. Schon zwei Tage später kam es zu den ersten als „Erschießung auf der Flucht“ getarnten Morden; von nun an wurde die Todesstrafe mit drakonischer Strenge verhängt. Der für Morde und Folterungen vorgesehene „Bunker“ wurde eingerichtet, auch im Rahmen der gewalttätigen Empfangsprozeduren kam es zu Todesfällen unter neuen Häftlingen. Bis Ende Mai wurden in Dachau 13 Menschen ermordet, die polizeiliche Verfolgung der Taten wurde jedoch schnell eingestellt. Im Oktober 1933 entkoppelte sich das Lager mit der Einrichtung einer eigenen „Disziplinar- und Strafordnung“ endgültig von der Justiz. Der Einsatz der Häftlinge als Zwangsarbeiter diente nicht zuletzt Himmlers Ziel der teilweisen wirtschaftlichen Unabhängigkeit der SS.

Quellen

Wolfgang Benz u. Barbara Distel (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 2: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. München: C. H. Beck 2005 , darin: Stanislav Zámečnik: Eintrag „Dachau-Stammlager“, S. 233–274, hier bes. S. 233–240

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...m ‚Völkischen Beobachter‘ gelitten haben; es grenzt an Dachau. Aber: ...

Absatz 16

... daß er ein Raubtier ist«, ja der den Vorgängen in Dachau und Sonnenberg, in der Hedemannstraße und Papestraße unmitt...

Absatz 18

...erdrein den Flüchtlingen bietet, welche Bedenken wegen Dachau hatten. Was aber die aktive Behandlung von Negern ...

Absatz 29

...n München haben etwa 200 Händler den Weg nach Dachau in das Konzentrationslager antreten müssen, und zwar,...

Absatz 30

...icht erschwingen, auch wenn schon sämtliche Händler in Dachau mit dem Stecken behandelt wären. Denn der Abbau der Butter-...

Absatz 30

... sprechen. Ja man muß geradezu. In Dachau hat man sogar die Wahrnehmung gemacht, ...

Absatz 48

... zu machen«, dort herrscht deren Auswurf. Da somit Dachau, Dürgoy und Sonnenburg nicht bloß Internaten gleichkommen, sondern geradezu a...

Absatz 48

...ung vollkommener darzubieten als durch den Vorgang von Dachau, wo Neugläubige damit beschäftigt wurden, ein Horst Wess...

Absatz 48

...ines Steckbriefs der Wiener Polizei als Aufseher in Dachau angestellt hat. Freilich darf man nicht außeracht lassen, d...

Absatz 63

Registereintrag

Das Konzentrationslager Breslau-Dürrgoy

Das Lager, das im Warenlager einer Düngemittelfabrik untergebracht war, existierte von 28. April bis 10. August 1933 und wurde aufgrund der Überfüllung des Polizeigefängnisses nach den Verhaftungswellen im März und April 1933 eingerichtet. Es wurde als das „Privatlager“ Edmund Heines’ bezeichnet. Gefangene waren Zwangsarbeit und Folterungen ausgesetzt, wobei zwischen beiden ein fließender Übergang herrschte; besonders gefürchtet waren die im ‚Braunen Haus‘ durchgeführten Folterverhöre. Regelmäßig wurden Gefangene in ‚Triumphzügen‘ durch Breslau geführt. Bei Schließung des Lagers (das auch, wie in der von Kraus zitierten Meldung kolportiert, einen Schweinestall umfasste) hatte es 423 Insassen.

Quellen

Wolfgang Benz u. Barbara Distel (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 2: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. München: C. H. Beck 2005 , darin: Andrea Rudorff: Eintrag „Breslau-Dürrgoy“, S. 83–86

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...machen«, dort herrscht deren Auswurf. Da somit Dachau, Dürgoy und Sonnenburg nicht bloß Internaten gleichkommen, sondern geradezu an Sanato...

Absatz 48

...via London und Paris erfahren, daß viele Gefangene von Dürgoy, woselbst jene Lustbarkeiten stattfinden, gebrochene Rip...

Absatz 48

... Aber Raufebold tritt vor und berichtet, was er bei Breslau geleistet: Wer das Gesicht m...

Absatz 63

Registereintrag

Das Konzentrationslager Sonnenburg

Das Konzentrationslager existierte von 3. April 1933 bis 23. April 1934 und war in einem ehemaligen Zuchthaus in Küstrin in der Neumark untergebracht, das wegen schlechter sanitärer Verhältnisse 1931 geschlossen worden war. Wegen der Überlastung der Berliner Gefängnisse und SA-Keller wurde es wieder in Betrieb genommen und dem Berliner Polizeipräsidium unterstellt. Die ersten Gefangenen waren politische Gegner wie Erich Mühsam oder Karl von Ossietzky, später wurden auch Freimaurer und Anhänger Gregor Strassers, eines parteiinternen Rivalen Hitlers, inhaftiert. Gegen die (wenigen) jüdische Häftlinge, vor allem gegen den Unternehmer Hans Ullmann sowie dessen Bruder und Vater, ging die Wachmannschaft mit besonderer Brutalität vor. Wegen der herrschenden Willkür und Grausamkeit erhielt das Lager den Beinamen „Folterhölle“. Hatte das ehemalige Zuchthaus bloß 637 Plätze gehabt, lag die Maximalbelegung des Konzentrationslagers bei 1226 Insassen. Im Laufe des Sommers 1933 übernahm die SS das Lager, nach seiner Schließung 1934 wurde es wieder als Zuchthaus verwendet.

Quellen

Wolfgang Benz u. Barbara Distel (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 2: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. München: C. H. Beck 2005 , darin: Kaspar Nürnberg: Eintrag „Sonnenburg“, S. 200–203

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... Raubtier ist«, ja der den Vorgängen in Dachau und Sonnenberg, in der Hedemannstraße und Papestraße unmittelbar die gedan...

Absatz 18

...errscht deren Auswurf. Da somit Dachau, Dürgoy und Sonnenburg nicht bloß Internaten gleichkommen, sondern geradezu an Sanatorien ...

Absatz 48

Registereintrag

SA-Einrichtungen in der Hedemannstraße

In der Hedemannstraße befanden sich zwei unter mehreren Bezeichnungen („Blutkeller“, „SA-Kaserne“ …) firmierende SA-Zentralen, die beide zeitweise der Internierung politischer Gegner dienten. Zwischen Februar und März 1933 wurden Regimegegner, Juden, aber auch persönliche Feinde und willkürlich Festgenommene im SA-Sitz der Gruppe Berlin-Brandenburg an der Hausnummer 31/32 festgehalten, verhört und gefoltert. Hier nahm Graf Helldorff Paraden der misshandelten Insassen ab (siehe Abs. 48 der Dritten Walpurgisnacht). Hedemannstraße Nr. 5 und 6 beherbergte die SA-Geschäftstelle Berlin-Ost und wurde von Anfang März bis zumindest September 1933 als KZ genutzt. Die Gefangenen erlitten hier Prügelstrafen nach einer eigens festgelegten Strafordnung, Demütigungen und Folterungen sowie Scheinerschießungen, auch von tatsächlichen Exekutionen wurde berichtet.

Quellen

Wolfgang Benz u. Barbara Distel (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 2: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. München: C. H. Beck 2005 , darin: Irene Mayer: Eintrag „Berlin-Kreuzberg (Hedemannstraße)“, S. 48–51

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...den Vorgängen in Dachau und Sonnenberg, in der Hedemannstraße und Papestraße unmittelbar die gedankliche Basis ...

Absatz 18

Registereintrag

SA-Keller in der General-Pape-Straße

Von März bis Dezember 1933 wurden mehrere Keller des von Behörden und als Wohnungen genutzten Kasernengeländes von der SA-Gruppe Berlin-Brandenburg als ‚wildes‘ KZ genutzt. Interniert wurden meist politische Gegner (KPD, SPD, Gewerkschaften), aber auch viele Juden und Frauen, insgesamt ca. 2.000 Personen, von denen ca. 50 ermordet wurden. Die hier von den meist jungen SA-Angehörigen an männlichen wie weiblichen Gefangenen verübten Verbrechen umfassten brutale körperliche Gewalt bis zum Mord, Vergewaltigungen und verschiedenste – u. a. sexuelle – Folterpraktiken.

Quellen

Wolfgang Benz u. Barbara Distel (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 2: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. München: C. H. Beck 2005 , darin: Kurt Schilde: Eintrag „Berlin-Tempelhof (General-Pape-Straße)“, S. 61–63

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... Dachau und Sonnenberg, in der Hedemannstraße und Papestraße unmittelbar die gedankliche Basis schuf: durch das Lob der ...

Absatz 18

Registereintrag

Kraus und Bernhard Diebold

Kraus’ Auseinandersetzung mit Bernhard Diebold begann 1929, anlässlich Diebolds’ – in den Augen Kraus’: unverständiger – Rezension zu einer Blaubart-Inszenierung am Berliner Metropol-Theater. Im selben Jahr verfasste er einen Brief an die Redaktion der Frankfurter Zeitung, in dem er über eine abfällige Rezension Diebolds zu Offenbachs Pariser Leben beziehungsweise dessen Unkenntnis des Originaltextes Klage führte. (F 811,106-108) In Der Fall Diebold kam Kraus auf einen Angriff Diebolds gegen Kraus’ Die letzte Nacht zu sprechen, den Epilog zu Die letzten Tage der Menschheit, der am 15. Jänner 1930 auf der Versuchsbühne des Theaters am Schiffbauerdamm aufgeführt worden war, sowie auf dessen Untergriffe gegen Kraus und Offenbach anlässlich der Perichole-Inszenierung am Berliner Staatstheater in Kraus’ Übersetzung – wofür ihm eine Nestroy-Inszenierung den, so Kraus, an den Haaren herbeigezogenen Anlass bot. (F 857, 48-55) 1932, in Die Kultur im Dienste des Kaufmanns, sezierte er genüsslich eine von Diebold getextete Tourismus-Annonce und nahm sie zum Anlass einer die ganze Heftnummer umfassenden Polemik gegen die Vermischung von wirtschaftlichen und journalistischen Interessen im Zeitungswesen. (F 873)

Quellen

Links

Um Offenbach, in: Die Fackel Nr. 811–819 von Anfang August 1929 Der Fall Diebold, in: Die Fackel Nr. 857–863 vom August 1931 Die Kultur im Dienste des Kaufmanns, in: Die Fackel Nr. 873–875 von Mitte April 1932

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...k zugleich. Seit ich ihn kenne einer meiner schwersten Fälle, einer meiner rückfälligsten Patienten, in allen publizistischen Lagen ...

Absatz 11

Registereintrag

„Zsolnays Herabstimmung“

Kraus spielt möglicherweise auf die herben wirtschaftlichen Verluste an, die der Paul Zsolnay-Verlag nach der Machtübernahme 1933 erlitt. Nicht nur war ein nennenswerter Anteil seiner Buchproduktion ‚jüdisch‘ und damit in Deutschland kaum noch absetzbar, nicht nur traf ihn die restriktive deutsche Devisenpolitik, auch wurden der Verlag und seine Autor:innen in der Folge des P.E.N.-Debakels in Ragusa als Zentrum ‚deutschfeindlicher‘ Machenschaften ausgemacht und boykottiert. Um dem entgegenzuwirken, wurden nach 1934 mehrheitlich Autoren verlegt, die Mitglieder der in Österreich illegalen NSDAP waren, auch das Cheflektorat übernahm ein Parteigenosse. Der Erfolg dieser Taktik in Deutschland war jedoch begrenzt.

Quellen

Murray G. Hall: Paul Zsolnay Verlag (Wien-Berlin-Leipzig). In: Ders.: Österreichische Verlagsgeschichte. 1985/2016. URL: ,

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... daß trotz Zsolnays Herabstimmung noch die Zeit kommen wird, wo ich Emil Ludwig in der Perspe...

Absatz 8

Registereintrag

Die „Harzburger Front“

Im Oktober 1931 trafen sich Deutschlands rechtsnationale Kräfte – DNVP, NSDAP, „Stahlhelm“ und andere – in Bad Harzburg. Während zwischen den Fraktionen vielfach Uneinigkeit herrschte – Hitler beispielsweise hob seinen uneingeschränkten Anspruch auf die Führungsrolle in der Rechten hervor –, wurde nach außen hin Einigkeit im Kampf gegen die Weimarer Republik und die Regierung Brüning demonstriert. Ein wenige Tage später erfolgendes Misstrauensvotum überstand Brüning knapp.

Quellen

Eberhard Kolb: Deutschland 1918–1933. Eine Geschichte der Weimarer Republik. München: Oldenbourg 2010 , S. 199

Deutsches Historisches Museum, Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland u. Bundesarchiv (Hg.): LEMO – Lebendiges Museum Online. [Relaunch 2014]. URL: , darin: Arnulf Scriba: Eintrag „Die Harzburger Front 1931“. 2008. URL: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer-republik/innenpolitik/harzburger-front-1931.html

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...der von der ersten Walpurgisnacht kam, der harzburgischen, erlebte die Enttäuschung Mephistos an den Schwierigkeiten d...

Absatz 21

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Frauen-KZ Gotteszell

Am 31. März wurde im Frauengefängnis Gotteszell (Schwäbisch Gmünd) ein KZ für Frauen eingerichtet, das bis zur Schließung im Jänner 1934 60 bis 80 Insassen hatte.

Quellen

Wolfgang Benz u. Barbara Distel (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 2: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. München: C. H. Beck 2005 , darin: Markus Kienle: Eintrag „Gotteszell“, S. 104–106

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...e⨯danken gebracht, auch ein Konzentrationslager für Frauen zu eröffnen. Damit wird nicht bloß Gleichberechtigung angestrebt, sondern auc...

Absatz 49

...behaupten. Die Eröffnung von Konzentrationslagern für Frauen, von welchen man überhaupt erst wieder in diesem Zusammenhan...

Absatz 49

Registereintrag

KZ Annaberg

Das KZ in Annaberg (im Erzgebirge) wurde im März 1933 im Gasthof „Schützenhaus“ eingerichtet (und wahrscheinlich von dessen Wirt geleitet); eine nach dem Zweiten Weltkrieg angebrachte Plakette an dem Gebäude spricht von insgesamt 523 Kommunisten und Sozialdemokraten, die hier inhaftiert waren und gefoltert wurden. Die Arbeiter-Zeitung vom 18. März 1933 berichtete von Folterungen im Braunen Haus Annaberg; die von Kraus erwähnten Besuche Graf Helldorffs (s. Absatz 48 der Dritten Walpurgisnacht) galten indes wahrscheinlich der Hedemannstraße in Berlin.

Quellen

Wolfgang Benz u. Barbara Distel (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 2: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. München: C. H. Beck 2005 , darin: Irene Mayer: Eintrag „Berlin-Kreuzberg (Hedemannstraße)“, S. 48–51

N. N.: Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitlerterror. Basel: Universum-Bücherei 1933 , S. 200

Links

ANNO: Arbeiter-Zeitung vom 18. 3. 1933

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... zuschauen kam, damals als im Braunen Haus von Annaberg gleich Zweihundert mit verbundenem Kopf habtacht standen...

Absatz 48

Registereintrag

Die deutschen Bücherverbrennungen 1933

Unter der nationalsozialistischen Herrschaft wurden 1933 zumindest 93 Bücherverbrennungen in 70 Städten durchgeführt. Sie fanden teils ungeplant als Begleiterscheinungen des Terrors – der Demolierung von Verlagen und Parteihäusern – statt, teils wurden sie von NS-Formationen wie der Hitlerjugend, dem Kampfbund für Deutsche Kultur, dem Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband oder der Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation geplant und durchgeführt. Die öffentlichkeitswirksamsten Bücherverbrennungen fanden im Rahmen der von der Deutschen Studentenschaft (seit 1931 dominiert vom NS-Studentenbund) reichsweit durchgeführten „Aktion wider den undeutschen Geist“ statt. Im Mai (und in zwei Fällen im Juni) 1933 wurden dabei in 30 Städten Bücher öffentlich verbrannt. 19 dieser Veranstaltungen fanden am 10. Mai 1933 statt, darunter die am Berliner Opernplatz in Anwesenheit Goebbels’.

Quellen

Werner Treß: Berlin. In: Orte der Bücherverbrennungen in Deutschland 1933. Hg. v. Julius H. Schoeps u. Werner Treß. Hildesheim, Zürich und New York: Olms 2008, S. 47–142 , S. 115–125

Werner Treß: Phasen und Akteure der Bücherverbrennungen in Deutschland 1933. In: Orte der Bücherverbrennungen in Deutschland 1933. Hg. v. Julius H. Schoeps u. Werner Treß. Hildesheim, Zürich und New York: Olms 2008, S. 9–28 , S. 14–24

Links

wikimedia.org: Flugblatt der „Aktion wider den undeutschen Geist“

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...n, die Schriftstellern der Neuzeit doch so selten widerfährt. Sie waren der Ehre nachher so unwürdig wie zuvor. Ich möchte ja nicht ...

Absatz 10

...gen die Nationalfeier des Boykott-Tags jener Mummenschanz der Bücherverbrennung, dem ja ein europäischer Lacherfolg sicher war, ...

Absatz 25

...ls sie ja auf den Index kamen oder geradezu verbrannt wurden, worin die Urheber zwar einen gewissen Ansporn zur Dankbarke...

Absatz 26

... wiewohl einer der Feuersprüche bei der Bücherverbrennung doch gelautet hat: ...

Absatz 27

...jenigen mit einem Stern bezeichnet sind, die verbrannt wurden und darum als Sehenswürdigkeiten erhalten bleiben. Doch auc...

Absatz 32

...er zugegebenermaßen von nationaler Seite angezündet wurde. Vielleicht hätte es jedoch gar nicht der Ablenkung durch die Ereignisse bedur...

Absatz 36

Registereintrag

Die „schwarzen Listen“

Im April 1933 setzte der Berliner Oberbürgermeister einen dreiköpfigen „Ausschuss zur Neuordnung der Berliner Stadt- und Volksbüchereien" ein, dem auch Wolfgang Herrmann angehörte. Letzterer erstellte federführend die „schwarzen Listen“ und nahm Kontakt zur Deutschen Studentenschaft (DSt) auf, wodurch die ursprünglich auf Berlin beschränkte Arbeit des Ausschusses kurzzeitig reichsweite Auswirkungen hatte: Die DSt bediente sich der Listen Herrmanns als Orientierungshilfen bei der Aussonderung der zu verbrennenden Literatur. Eine erste Liste zur ‚schönen Literatur‘ langte am 26. April bei der DSt ein, eine erweiterte Fassung vom 1. Mai enthielt 127 Autor:innen und vier Anthologien; am 4. und 8. Mai folgten eine vorläufige bzw. eine vollständige Liste zur ‚belehrenden Abteilung‘ (d. h. zu Sachbüchern und wissenschaftlicher Literatur) mit 190 Autor:innen. Die Zusammenarbeit mit der DSt sowie die Publikation einer Version der Liste im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel Mitte Mai 1933 sollten der Steigerung der Breitenwirkung dieser Listen dienen. Unmittelbar nach den Bücherverbrennungen wurde unter Führung des Kampfbundes für deutsche Kultur ein Arbeitsausschuss eingesetzt, dem Vertreter des Börsenvereins, des Reichsverbands Deutscher Schriftsteller, des Propagandaministeriums und des preußischen Kultusministeriums angehörten und der weitaus umfassendere Listen „unerwünschter“ Literatur erstellte; die erste dieser Listen wurde Mitte Juli an das Propagandaministerium übermittelt. Im Herbst und Winter 1933/1934 erfolgten Rundschreiben des Börsenvereins an seine Mitglieder, denen – bei Drohung des Ausschlusses – der Vertrieb der gelisteten Titel untersagt wurde.

Quellen

Werner Treß: Berlin. In: Orte der Bücherverbrennungen in Deutschland 1933. Hg. v. Julius H. Schoeps u. Werner Treß. Hildesheim, Zürich und New York: Olms 2008, S. 47–142 , S. 106–109

Werner Treß: Berlin. In: Orte der Bücherverbrennungen in Deutschland 1933. Hg. v. Julius H. Schoeps u. Werner Treß. Hildesheim, Zürich und New York: Olms 2008, S. 47–142 , S. 116

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...und ohne Billigkeit verteilt, so ist es diese schwarze Liste, bei deren Anblick einen der gelbe Neid packt. Wo bleibt da ...

Absatz 10

... ihr langte. Indem sie aber so statt durch die schwarze Liste durch eine weit schwärzere List ihn opfert und ein Raffinem...

Absatz 10

..., ist insofern nicht ganz glücklich, als sie ja auf den Index kamen oder geradezu verbrannt wurden, worin die Urheber ...

Absatz 26

... Die beiden Berge frevelnd aufgesetzt. »Schwarze Liste« verfolgt den Zweck, den Büchermarkt endlich für jene frei z...

Absatz 32

...egegnen und jener zu genügen, erschuf eben die Schwarze Liste, den Index der von der Schwelle des Dritten Reichs gewiesen...

Absatz 32

...ann hat also seine Meriten. Der Kommentar zur Schwarzen Liste jedoch, der vom Preußischen Ministerium für ...

Absatz 35

...n und den geistigen Kampf der Überzeugungen eingeführt haben? Nämlich auf ...

Absatz 53

Registereintrag

„Asphaltliteratur“

Mit dem Schlagwort „Asphaltliteratur“ bezeichnete die nationalsozialistische Propaganda – so etwa die Vorbemerkung zur Schwarzen Liste für erzählende Literatur im Juli 1933 – Literatur, die sich durch „geistreichelnde, bewegliche“ bzw. „freischwebende[] Intellektualität“ bei gleichzeitig mangelnder Bindung an ‚völkische Werte‘ auszeichne; ‚Asphalt‘ galt aus NS-Sicht als Signum des jüdisch-demokratischen, wurzellosen Großstadtbewohners.

Quellen

Cornelia Schmitz-Berning: Vokabular des Nationalsozialismus. Berlin u. New York: de Gruyter 1998 , darin: Eintrag „Asphalt“, S. 71–73

Zum Text

...Kenner aller einschlägigen Terminologie, deren Verwendung dem Asphaltschrifttum nicht mehr möglich ist. Er hat die Einstellung wie die Einf...

Absatz 13

...aß »nicht jeder jüdische Schriftsteller ein Asphaltliterat« ist. Man würde nun — und jetzt erbitte ich Spannung — unmö...

Absatz 35

Registereintrag

Illegale Propagandaflüge über Österreich

Schon im Juni 1933 wurde in der Reichspost Flugblattabwürfe über Linz gemeldet. Für den Juli 1933 berichtete das Bundeskommissariat für Heimatdienst von drei Tagen, an denen Flugzeuge über zahlreichen österreichischen Städten gesichtet wurden, die Flugblätter mit Durchhalteparolen, Beschimpfungen Dollfuß’ und Aufforderungen zum Steuerstreik sowie zum Abheben von Spareinlagen abwarfen.

Quellen

Simon Ganahl: Karl Kraus und Peter Altenberg. Eine Typologie moderner Haltungen. Konstanz: Konstanz University Press 2015 , S. 94

Zum Text

...Empfindlichkeit ist angewachsen; Schmähschriften, aus Flugzeugen herabgeworfen, sind höchst unnütze Nadelstiche. Auf solche Art, fürchte...

Absatz 23

... man dir tu, erlüg und füg dem andern zu: Flugzeugpropaganda. Der Einbruch in Österreich ist eine innere Angelegenheit De...

Absatz 44

...gte Abwerfung von Flugblättern auf österreichischen Boden, während die wirkliche auf deutschen Boden zu einer angeblic...

Absatz 44

...rten abgeworfen, die sich gegen die jetzige österreichische Regierung wendeten. Das ist alles. ...

Absatz 44

Registereintrag

Rundfunkpropaganda

Radioansprachen gegen Österreich waren schon Mitte März des Jahres ausgestrahlt worden, ab Juli erfolgte die Rundfunkpropaganda systematisch als Reihe im Bayerischen Rundfunk; ein Flugblatt kündigte „Die Wahrheit über Österreich“ zweimal wöchentlich auf mehreren deutschen Sendern an. Unter den Vortragenden waren u. a. Hans Frank (etwa am 18. März 1933) und Theo Habicht (ab 5. Juli), der bis Mitte Juli des Folgejahres insgesamt 21 Rundfunkreden gegen Österreich halten sollte. Insgesamt wurden ca. 130 Reden dieser Art übertragen, zeitweise fast täglich, Wien reagierte unter anderem durch die Sendung von – eher zurückhaltenden – Erwiderungen. Einsprüchen von österreichischer Seite begegnete Deutschland abwiegelnd oder mit Ausflüchten. Um Schwierigkeiten zu vermeiden – auch England und Frankreich intervenierten in dieser Sache – bemühten sich jedoch das Auswärtige Amt und dann auch Hitler selbst darum, Habicht zur Mäßigung zu bewegen. Dennoch störte dieser bis zu seiner Entmachtung im Folgejahr (in Folge des Juliputsches) durch antiösterreichische Rundfunkansprachen immer wieder die Bemühungen um diplomatische Entspannung.

Quellen

Ansgar Diller: Rundfunkpolitik im Dritten Reich. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1980 (= Rundfunk in Deutschland, Bd. 2) , S. 214–223

Simon Ganahl: Karl Kraus und Peter Altenberg. Eine Typologie moderner Haltungen. Konstanz: Konstanz University Press 2015 , S. 90–91

Simon Ganahl: Dritte Walpurgisnacht. In: Karl Kraus-Handbuch. Leben, Werk, Wirkung. Unter Mitarb. v. Isabel Langkabel u. Johannes Knüchel hg. v. Katharina Prager u. Simon Ganahl. Berlin: Metzler 2022, S. 233–244 , S. 238–239

Zum Text

... sind der nationalen Sache abträglich; die Rundfunkpropaganda stört das brüderliche Verhältnis, anstatt Sympathie und Zuneigung zu wecken; ...

Absatz 23

...e sein kann«, außer etwa der im Rundfunk noch zu hörenden. Die Deutsche Gesandtschaft eine Agentur für Hochverrat an Ö...

Absatz 44

Registereintrag

Die Frankfurter Zeitung vor und nach der ‚Machtergreifung‘

1929 hatte der Industrielle und Vorstandsvorsitzende der IG Farben Carl Bosch durch die Imprimatur Gmbh den verschuldeten und defizitären Frankfurter Societäts-Verlag gerettet: Er hatte 48% der Anteile am Verlag übernommen, die Bankschulden getilgt und glich von da an das jährliche Defizit aus. Gerüchteweise war seither (nicht korrekt) von einer Übernahme der Frankfurter Zeitung durch die IG Farben die Rede. Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft vertrat die Frankfurter Zeitung demokratische Positionen in deutlicher Opposition zu Hitler. Unter immer schwierigeren Voraussetzungen wurde Kritik bald nur noch indirekt, zwischen den Zeilen, über die Wiedergabe von Auslandsstimmen oder auch über Druckfehler und das Schriftbild geäußert. An die Stelle von Leitartikeln trat die Dokumentation des NS-Alltags in Kurzmeldungen. Teile der Redaktion – aus der NS-Sympathisanten entfernt worden waren – ließen sich dennoch fallweise von NS-Propaganda und Masseninszenierungen (wie dem Nürnberger Parteitag) beeindrucken. Der relative Bewegungsspielraum, den die FZ sorgfältig auslotete, erklärte sich aus ihrer hohen Geltung im Ausland – und ihrer darauf gründenden Funktion als Feigenblatt des Regimes. Aus wirtschaftlichen Gründen und auf Druck aus der Regierung hin schieden 1934 die Mitglieder der Eignerfamilie Simon-Sonnemann vollständig aus dem Verlag aus. Die IG Farben erwarb fast alle Anteile am Verlag, neuer Leiter wurde der Geschäftsführer der Imprimatur Gmbh, Wendelin Hecht, womit die zwangsweise Einsetzung eines regierungstreuen Verlagsleiters abgewendet wurde. Nicht verhindert werden konnte die Kündigung jüdischer Redaktionsangehöriger. Erst 1939 ging die FZ in den Besitz der NS-Holding Herold-Verlagsgesellschaft m. b. H. über, 1943 erfolgte das Verbot der Zeitung.

Quellen

Günther Gillessen: Auf verlorenem Posten. Die Frankfurter Zeitung im Dritten Reich. Berlin: Siedler 1986 , S. 52–54

Günther Gillessen: Auf verlorenem Posten. Die Frankfurter Zeitung im Dritten Reich. Berlin: Siedler 1986 , S. 107–174

Kurt Paupié: Frankfurter Zeitung (1856–1943). In: Heinz-Dietrich Fischer (Hg.): Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Dokumentation 1972, S. 214–256 ,

Zum Text

...iven Sauberkeit, die nicht viel wert ist, zu bewahren schien, innerhalb eines Metiers, dessen ersetzbare Gesinnung durch ...

Absatz 11

Registereintrag

Nationalsozialistische Agitation gegen den Vertrag von Versailles

Von Beginn an war die Agitation gegen den Vertrag von Versailles fixer Bestandteil des NS-Programms. Die Ablehnung des Vertrags wurde damals von einem breiten Parteienspektrum getragen. Tatsächlich war jedoch die vom Vertrag vorgesehene Nachkriegsordnung schon vor 1933 in zentralen Punkten aufgeweicht worden: 1932 wurden die Reparationszahlungen drastisch reduziert (Abkommen von Lausanne), im selben Jahr wurde Deutschland in Rüstungsfragen prinzipielle Gleichberechtigung zuerkannt (Genfer Abrüstungskonferenz). Die Ziele der Nationalsozialisten gingen über die üblichen mit dem Kampf gegen den Vertrag verbundenen territorialen Forderungen – Wiedererlangung der verlorenen Gebiete, Rückgabe der Kolonien – weit hinaus: Anstelle einer Wiederherstellung der Grenzen von 1914 erstrebte Hitler die Gewinnung neuen ‚Lebensraums‘ und den ‚Anschluss‘ Österreichs. Schon zu Beginn der 1930er Jahre sprach Hitler aus außenpolitischen Erwägungen nicht mehr öffentlich von diesen Eroberungsplänen.

Quellen

Michael Grüttner: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Bd. 19: Das Dritte Reich 1933–1939. 10., völlig neu bearb. Aufl. Hg. v. Wolfgang Benz. Stuttgart: Klett-Cotta 2014 , S. 49, S. 80, S. 201–208

Zum Text

...infache, mit der Beschwerde über zu harte Friedensbedingungen vereinbare Anleitung für menschlichen Verkehr rechtfertigt schon ...

Absatz 18

Registereintrag

Revision und Bruch des Vertrags von Versailles

Als die 1932 zugesagte prinzipielle Gleichberechtigung in Rüstungsfragen im Zuge der Genfer Abrüstungskonferenz 1933 nicht tatsächlich realisiert wurde, verließ Deutschland die Konferenz und trat am 13. Oktober aus dem Völkerbund aus. Im Jänner 1935 fand nach einer Volksabstimmung die Wiedereingliederung des Saarlands statt; im März desselben Jahres hob Deutschland eigenmächtig die im Versailler Vertrag festgelegte Begrenzung des Heeres auf 100.000 Mann auf, führte die Wehrpflicht ein und erhöhte die Stärke der Wehrmacht auf 550.000. Im März des Folgejahres marschierte Hitler ins entmilitarisierte Rheinland ein. Spätestens als er im November 1937 vor dem Auswärtigen Amt und den Spitzen der Wehrmacht vom ‚Anschluss‘ Österreichs und der Niederwerfung der Tschechoslowakei sprach, wurde deutlich, dass er es außenpolitisch nicht bei einer Revision des Versailler Vertrags belassen würde.

Quellen

Marie-Luise Recker: Die Außenpolitik des Dritten Reiches. Berlin, München u. Boston: de Gruyter 1990 , S. 7–20

Zum Text

...ht gerade dies bis zu einem gewissen Maß schon der Fall wäre. Solchen Mißvergnügten wird Schutzhaft, Auflösung ...

Absatz 58

Registereintrag

Denkmäler in Dachau

In Dachau befanden sich Denkmäler für Albert Leo Schlageter und Horst Wessel – zwei parteipropagandistisch verwertete ‚Märtyrer‘ der ‚Bewegung‘. Die Denkmäler wurden am 26. Mai beziehungsweise am 4. August 1933 eingeweiht, jenes für Wessel mit Musikkapelle und in Anwesenheit von Röhm, Himmler, Heydrich und weiteren NS-Granden. Beim Passieren der Denkmäler hatten Insassen ihre Mützen abzunehmen.

Quellen

Stanislav Zámečnik: Das war Dachau. Übers. v. Peter Heumos u. Gitta Grossmann. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch 2002 (Die Zeit des Nationalsozialismus) , S. 56f.

Zum Text

... beschäftigt wurden, ein Horst Wessel-Denkmal zu errichten? Gewalttat vorstellbar macht, diese erfinderische Phantasie,...

Absatz 48

Registereintrag

Besuche der gleichgeschalteten Presse im Konzentrationslager

Die frühen Konzentrationslager wurden 1933 regional und lokal Gegenstand ausführlicher Berichterstattung; für größere Lager wie Dachau und Oranienburg galt dies deutschlandweit. Auch ausführliche, auf Pressebesuche und -führungen zurückgehende Reportagen und Bildberichte wurden publiziert. Die Berichterstattung über die Lager diente der Beschwichtigung der Bevölkerung, funktionierte jedoch zugleich als Abschreckungsmaßnahme. Die Phase relativer Zugänglichkeit für Berichterstatter endete für Dachau schon mit Juni 1933 (spätere Veröffentlichungen waren meist Auftragsarbeiten der SS), ab Herbst 1933 erschienen auch weniger Artikel über Besuche im Lager Oranienburg. Allgemein wurde bei fortdauernder Sichtbarkeit der Lager im öffentlichen Leben die Berichterstattung über diese sukzessive eingeschränkt, ab 1936 und verstärkt nach Beginn des Zweiten Weltkriegs fanden Konzentrationslager in der Presse nur noch selten Erwähnung.

Quellen

Kerstin Schwenke: Öffentlichkeit und Inszenierung. Besuche in nationalsozialistischen Konzentrationslagern zwischen 1933 und 1945. Berlin: Metropol 2021 (Geschichte der Konzentrationslager 1933–1945, Bd. 16) , S. 210–214

Zum Text

... mustergültigen Einrichtung der Anstalten überzeugen konnten, wurden zwar derartige, nur im äußersten Fall notwendige Maßnahmen nicht vorge...

Absatz 48

...utschen Presse anlangt, so haben sie in Aussicht gestellt: ...

Absatz 48

...t erklärt hat, über das Erlebte wahrheitsgetreu zu berichten, wodurch man erfahren kann, daß sich die Lagerinsassen über ...

Absatz 63

Registereintrag

Flucht Max Reinhardts

Noch am 1. März 1933 hatte Reinhardts Inszenierung des Großen Welttheaters im Deutschen Theater in Berlin Premiere; am 27. Februar 1933 (nach anderen Angaben erst am 8. oder 9. März) floh Reinhardt nach Österreich. Im Lauf des April wurde sein „Ausscheiden“ aus den Berliner Theatern verkündet. Im Auftrag der deutschen Regierung unterbreitete ihm Werner Krauß das Angebot, ihn zum „Ehren-Arier“ zu machen, was Reinhardt ablehnte. Indes inszenierte er 1933 und 1934 auf Wunsch Mussolinis in Italien. Als sich sein Schaffensschwerpunkt zum Teil – und nach 1937 permanent – in die USA verschob, konnte er nicht mehr an vergangene Erfolge anschließen: Vor dem Publikum erfolgreiche Inszenierungen erwiesen sich als finanzielle Verlustgeschäfte, ebenso ein Filmprojekt mit dem Warner-Brothers-Studio; ein Reinhardt-Workshop musste nach drei Jahren geschlossen werden.

Quellen

Leonhard M. Fiedler: Max Reinhardt in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1975 , S. 117–128

Sybille Zehle: Max Reinhardt. Ein Leben als Festspiel. Wien: Brandstätter 2020 , S. 107, S. 171f., S. 192–235

Zum Text

...lgt sind alle Feinde der Fackel von Reinhardt bis Kerr! . . . ...

Absatz 8

...tun! Die Entmachtung der Faktoren »von Reinhardt bis Kerr« mag als Resultat erfreulich sein; aber ganz abgesehen davon...

Absatz 8

... den Schmerz hervortreten läßt, daß Reinhardt geopfert wurde, dieses th...

Absatz 11

Registereintrag

Die Verfolgung ehemaliger Rundfunkpioniere im NS-Staat

Im ersten Halbjahr 1933 waren von 2115 deutschen Rundfunkmitarbeitern ca. 270 Opfer der ersten nationalsozialistischen Säuberungswelle geworden. In den Funkhäusern eingesetzte Kommissare sammelten nun Material, das Korruption und Verschwendung im Rundfunk der Weimarer Republik belegen sollte. Als Folge solcher Anwürfe wurden am 8. August 1933 u. a. mehrere Rundfunkfunktionäre ins Konzentrationslager Oranienburg eingeliefert. Im Zuge der propagandistischen Verwertung des Ereignisses zirkulierte die in der Dritten Walpurgisnacht zitierte Fotografie. Sie zeigt – neben dem SPD-Reichstagsabgeordneten und Chefredakteur der inzwischen verbotenen Brandenburgischen Zeitung Friedrich Ebert jun. – Kurt Magnus, Gründer der Berliner Funk-Stunde und Mitbegründer sowie Geschäftsführer der Reichs-Rundfunks-Gesellschaft (RRG), sowie Heinrich Giesecke, einen weiteren Geschäftsführer der RRG. Magnus war Anfang April 1933 ein Rundfunkkommissar zur Seite gestellt worden, woraufhin er seinen Rücktritt einreichte; auch Giesecke war aus der Geschäftsführung ausgeschieden. Ebenfalls abgebildet ist Hans Flesch, ehemaliger Intendant der Berliner Funkstunde, der schon im August 1932 auf Betreiben der Nationalsozialisten gekündigt worden war , der enorm populäre Reporter, Hörspielmacher, Schauspieler und Radiosprecher Alfred Braun sowie der prominente SPD-Politiker und Gründer einer für den Rundfunk einflussreichen Nachrichtenredaktion, Ernst Heilmann . In Fleschs Ägide hatte auch Kraus zum Programm der Funk-Stunde beigetragen, Braun hatte in einer von Kraus’ Radio-Inszenierung mitgewirkt. Das in der Dritten Walpurgisnacht erwähnte Protesttelegramm des Vorstandsvorsitzenden der RRG, Hans Bredow, provozierte weitere Festnahmen; um der Verhaftung und der Folterung im Konzentrationslager zu entgehen, begingen zudem mit Ludwig Neubeck und Friedrich Georg Knoepfke zwei Vertreter des Rundfunks Suizid. Bredow wurde schließlich im Oktober 1933 verhaftet. Der ab November 1934 vom nunmehrigen Geschäftsleiter der Reichs-Rundfunks-Gesellschaft Eugen Adamovsky vor dem Landgericht Berlin betriebene Schauprozess u. a. gegen Flesch, Bredow und Magnus endete nach 89 Verhandlungstagen aus propagandistischer Sicht erfolglos: Von den 53 Anklagepunkten hatten nur vier aufrecht erhalten werden können, die (geringen) Strafen gegen die drei Genannten galten als schon verbüßt; in einer Revision 1937 wurde ein Teil der Urteile zudem aufgehoben, das ganze Verfahren 1938 eingestellt. Bredow, Magnus und Flesch hatten unter der Diktatur keine Funktion im Rundfunk mehr inne, obwohl ersterer letztlich rehabilitiert wurde. Flesch gilt seit April 1945 – er war Arzt in der Wehrmacht bzw. im Volkssturm – als verschollen. Heilmann war von Juni 1933 an Insasse mehrerer Lager und Gefängnisse, darunter Dachau und Buchenwald, wo er Anfang April 1940 ermordet wurde. Alfred Braun, obwohl im Jänner 1934 in die Schweiz, später in die Türkei emigriert, versuchte sich dem Regime anzudienen. Bald nach Kriegsausbruch hatte er wieder verschiedene Funktionen im deutschen Rundfunk inne, seit Mitte 1941 hatte er eine feste Anstellung bei der UFA. Für Veit Harlan arbeitete er als Regiesassistent und Drehbuchautor an nationalsozialistischen Hetzfilmen (u. a. Jud Süß).

Quellen

Ansgar Diller: Rundfunkpolitik im Dritten Reich. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1980 (= Rundfunk in Deutschland, Bd. 2) , S. 127f.

Ansgar Diller: Rundfunkpolitik im Dritten Reich. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1980 (= Rundfunk in Deutschland, Bd. 2) , S. 110

Ansgar Diller: Rundfunkpolitik im Dritten Reich. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1980 (= Rundfunk in Deutschland, Bd. 2) , S. 129f.

Ansgar Diller: Rundfunkpolitik im Dritten Reich. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1980 (= Rundfunk in Deutschland, Bd. 2) , S. 132f.

Ansgar Diller: Rundfunkpolitik im Dritten Reich. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1980 (= Rundfunk in Deutschland, Bd. 2) , S. 133

Steffen Jenter: Alfred Braun – Radiopionier und Reporter in Berlin. Potsdam: Verlag für Berlin-Brandenburg 1998 (= Veröffentlichungen des Deutschen Rundfunkarchivs 22) ,

Steffen Jenter: Alfred Braun – Radiopionier und Reporter in Berlin. Potsdam: Verlag für Berlin-Brandenburg 1998 (= Veröffentlichungen des Deutschen Rundfunkarchivs 22) , S. 49f., 109–112

Solveig Ottmann: Im Anfang war das Experiment. Das Weimarer Radio bei Hans Flesch und Ernst Schoen. Berlin: Kadmos 2013 (= Kaleidogramme, Bd. 92) , S. 70

Solveig Ottmann: Im Anfang war das Experiment. Das Weimarer Radio bei Hans Flesch und Ernst Schoen. Berlin: Kadmos 2013 (= Kaleidogramme, Bd. 92) , S. 79–88

Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und Arbeitsstelle „Nationale und Internationale Gewerkschaftspolitik“ am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin: Internetausstellung und Datenbank „Die politischen Häftlinge des Konzentrationslagers Oranienburg“. [o. J.]. URL: [archiviert unter , darin: Lisa Dittrich: Eintrag „Ebert, Friedrich junior“. URL: https://web.archive.org/web/20160304094354/http://www.stiftung-bg.de/kz-oranienburg/index.php?id=52

Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und Arbeitsstelle „Nationale und Internationale Gewerkschaftspolitik“ am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin: Internetausstellung und Datenbank „Die politischen Häftlinge des Konzentrationslagers Oranienburg“. [o. J.]. URL: [archiviert unter , darin: Jana Rahmlow: Eintrag „Magnus, Dr. Kurt“. URL: https://web.archive.org/web/20160304192159/http://www.stiftung-bg.de/kz-oranienburg/index.php?id=202

Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und Arbeitsstelle „Nationale und Internationale Gewerkschaftspolitik“ am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin: Internetausstellung und Datenbank „Die politischen Häftlinge des Konzentrationslagers Oranienburg“. [o. J.]. URL: [archiviert unter , darin: Meiko Keller: Eintrag „Heilmann, Ernst“. URL: https://web.archive.org/web/20160304194831/http://www.stiftung-bg.de/kz-oranienburg/index.php?id=345

Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und Arbeitsstelle „Nationale und Internationale Gewerkschaftspolitik“ am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin: Internetausstellung und Datenbank „Die politischen Häftlinge des Konzentrationslagers Oranienburg“. [o. J.]. URL: [archiviert unter , darin: Jana Rahmlow: Eintrag „Magnus, Dr. Kurt“. URL: https://web.archive.org/web/20160304192159/http://www.stiftung-bg.de/kz-oranienburg/index.php?id=202

Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und Arbeitsstelle „Nationale und Internationale Gewerkschaftspolitik“ am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin: Internetausstellung und Datenbank „Die politischen Häftlinge des Konzentrationslagers Oranienburg“. [o. J.]. URL: [archiviert unter , darin: Meiko Keller: Eintrag „Heilmann, Ernst“. URL: https://web.archive.org/web/20160304194831/http://www.stiftung-bg.de/kz-oranienburg/index.php?id=345

Zum Text

...rgleichen nur gegen die Einkerkerung der Männer des Rundfunks aufstehe, jener Flesch und Braun, gegen die sich hinterdrei...

Absatz 25

Registereintrag

Der Kiepenheuer-Verlag 1933

Gottfried Benn publizierte 1933 in der Deutschen Verlagsanstalt; davor jedoch und seit 1928 war Benn Autor des renommierten Kiepenheuer-Verlags. Das stark verschuldete Verlagshaus und sein als „linksbürgerlich“ geltendes Programm wurden durch die schwarzen Listen besonders schwer getroffen; im Mai 1933 schloss der Verlag. Am 15. August jedoch gründete Gustav Kiepenheuer den Verlag erneut – mit stark ausgedünntem und unpolitischem Programm. Von nun an publizierte er Unterhaltungsliteratur, historische Romane, Biographien, Anekdotensammlungen; als finanziell sehr erfolgreich erwiesen sich die Wehrmachtsausgaben. Als 1944 alle Papiergesuche abgelehnt wurden, kam es erneut zur Schließung.

Quellen

Reinhard Würffel: Lexikon deutscher Verlage von A–Z. 1071 Verlage und 2800 Verlagssignete vom Anfang der Buchdruckerkunst bis 1945. Adressen – Daten – Fakten – Namen. Berlin: Grotesk 2000 , S. 426

Zum Text

...u sprechen anfängt, mag es auch heute verkracht oder gar gleichgeschaltet sein! Und alles das, um Greuelpropaganda zu entkräften? Welch ein...

Absatz 19

Registereintrag

Der „Palästina-Transfer“

Sam Cohen, Geschäftsführer der palästinensischen Hanotea Ltd., traf im Mai ein Abkommen mit dem deutschen Reichswirtschaftsministerium. Demzufolge zahlten Auswanderungswillige 40.000 RM auf ein Sperrkonto ein; den Gegenwert dafür erhielten sie von der Hanotea Ltd. in Sachwerten, die Hanotea Ltd. wiederum importierte für die 40.000 RM deutsche Waren nach Palästina. Diese solcherart auf private Initiative zurückgehende und als ‚Palästina-Transfer‘ bzw. ‚Haavara-Abkommen‘ bezeichnete Einigung wurde schon im Juli von einer auf drei Millionen RM erweitert, bis Kriegsausbruch wurden so 120 Millionen RM transferiert; 52.000 Jüdinnen und Juden gelangten auf diese Weise nach Palästina. Das Abkommen untergrub sämtliche Boykott-Bestrebungen und löste in der jüdischen Öffentlichkeit heftige Diskussionen aus.

Quellen

Avraham Barkai: Vom Boykott zur „Entjudung“. Der wirtschaftliche Existenzkampf der Juden im Dritten Reich 1933–1943. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch 1988 , S. 62–63

Zum Text

... die Juden hinauskönnen, »dürfen« sie Exportware abnehmen; und überall mischt die Mordslüge noch den freien Willen ein...

Absatz 58

Registereintrag

Das Horst-Wessel-Lied

Das Horst-Wessel-Lied, eigentlich Die Fahne hoch, ist benannt nach dem Verfasser des Textes, einem SA-Sturmführer in Berlin-Friedrichshain. Die Melodie basiert auf einem Berliner Gassenhauer. Es war am 23. September 1929 zuerst in Goebbels’ Angriff veröffentlicht worden, nach Wessels Ermordung im Zuge einer privaten Auseinandersetzung wurde es auf der ersten Seite des Völkischen Beobachter vom 1. März 1930 abgedruckt; Wessel wurde zum Märtyrer der Nationalsozialistischen Bewegung stilisiert. Im selben Jahr wurde das Horst-Wessel-Lied zur Parteihymne erklärt und galt als „der Bewegung erster und einziger Choral“ – so etwa die Zeitschrift Der Ostdeutsche Sturmtupp 1934. Im Juli 1933 berichtete die Presse von einem Rundschreiben Fricks, das zum Lied den Hitler-Gruß vorschrieb.

Quellen

Cornelia Schmitz-Berning: Vokabular des Nationalsozialismus. Berlin u. New York: de Gruyter 1998 , darin: Eintrag „Horst-Wessel-Lied“, S. 314

Links

ANNO: Neue Freie Presse vom 15. 7. 1933

Zum Text

...mmerhin für Bayreuth angeordnet, auf das Horst Wessel-Lied zu verzichten, das ja doch auch unvereinbar wäre mit einer ...

Absatz 18

...verrecke!« Oder selbst nur als Verordnung der Gauleiter, beim Horst Wessel-Lied »während des ersten und vierten Verses den rechten Arm z...

Absatz 19

...tet, daß Amerikaner, nicht ahnend, daß man zu Horst Wessel aufzustehn und vor Fahnen zu müllern hat, niedergetrampe...

Absatz 59

...sei ein schamloses Frauenzimmer, weil sie bei Horst Wessel sitzen geblieben.; in die Schlageter-Ausstellung ...

Absatz 59

... durch wiederholtes Absingen des Horst Wessel-Liedes aufzufrischen. Bezüglich der Darsteller wurde verordnet, da...

Absatz 59

Registereintrag

Kerrs Flucht aus Deutschland

Am 14. Februar 1933 wurde Kerr durch einen Polizeibeamten telefonisch von der bevorstehenden Einziehung seines Reisepasses unterrichtet; am selben Tag floh er in die Tschechoslowakei, dann in die Schweiz, wohin seine Familie folgte. Das Exil führte die nun völlig mittellosen Kerrs nach Paris, später nach England. In Deutschland wurden Kerrs Bücher verbrannt, er selbst verlor die Staatsbürgerschaft und wurde enteignet. Am 30. Oktober 1933 erschien im Prager Mittag Kerrs Abrechnung mit Hauptmann, Gerhart Hauptmanns Schande.

Quellen

Deborah Vietor-Englänger: Alfred Kerr. Die Biographie. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2016 , S. 453ff.

Zum Text

...lgt sind alle Feinde der Fackel von Reinhardt bis Kerr! . . . ...

Absatz 8

...tun! Die Entmachtung der Faktoren »von Reinhardt bis Kerr« mag als Resultat erfreulich sein; aber ganz abgesehen davon...

Absatz 8

Registereintrag

Der P.E.N.-Club-Kongress in Ragusa

Vor dem Hintergrund der Verfolgung von Intellektuellen in Deutschland sowie der Bücherverbrennung fand im Stadttheater von Ragusa (Dubrovnik) von 25. bis 28. Mai 1933 der XI. Kongress des Internationalen P.E.N.-Clubs statt. Eine erste, US-amerikanische Resolution des Kongresses konnte von der deutschen Delegation ohne Widerspruch angenommen werden, die zweite Resolution von belgischer und französischer Seite wurde durch deutsche Intervention entschärft. Im weiteren Verlauf stellte der englische Delegierte und Generalsekretär Hermon Ould jedoch zwei kritische Fragen an die deutsche Delegation, was von dieser als Bruch der Geschäftsordnung angesehen wurde, woraufhin sie unter Protest den Saal verließ. Die belgisch-französische Resolution in ihrer abgeschwächten Form wurde auch mit österreichischen Stimmen – u. a. Felix Saltens – angenommen.

Quellen

Klaus Amann: P. E. N. Politik – Emigration – Nationalsozialismus. Ein österreichischer Schriftstellerclub. Wien, Köln u. Graz: Hermann Böhlaus Nachfolger 1984 , S. 26–29

Gerhard Renner: Österreichische Schriftsteller und der Nationalsozialismus (1933–1940). Der „Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs“ und der Aufbau der Reichsschrifttumskammer in der „Ostmark“. Frankfurt am Main: Buchhändler-Vereinigung 1986 , S. 207

Zum Text

...nbrüdern spreche, welche der Führung ihres Salten nach Ragusa gefolgt waren, der kurz vorher für die deutsche Geistesfrei...

Absatz 25

... Wie das kam und was bis dahin vorgegangen war, kurzum: »Die Wahrheit über den Penklub-Kongreß«, ...

Absatz 25

Registereintrag

Die österreichische Delegation in Ragusa

Die österreichische P.E.N.-Delegation hatte ihre Mitglieder vorab auf Druck der völkischen und teilweise der katholischen Autor:innen verpflichtet, sich neutral zu verhalten, und sich demgemäß nicht zu den Vorgängen in Deutschland geäußert. Ein Antrag Hugo Sonnenscheins, in dem er Solidarität mit den Verfolgten und Hilfsmaßnahmen für diese einforderte und zahlreiche Opfer namentlich nannte, wurde dem Kongress nicht vorgelegt; am letzten Tag verlas er ein österreichisches Protesttelegramm. Unterdessen hatte sich Grete von Urbanitzky, die Geschäftsführerin des österreichischen P.E.N.-Clubs, der deutschen Delegation demonstrativ angeschlossen, als diese den Saal aus Protest gegen kritische Fragen verlassen hatte.

Quellen

Klaus Amann: P. E. N. Politik – Emigration – Nationalsozialismus. Ein österreichischer Schriftstellerclub. Wien, Köln u. Graz: Hermann Böhlaus Nachfolger 1984 , S. 29–30

Links

ANNO: Hugo Sonnenschein (Sonka) in der Wiener Allgemeinen Zeitung vom 3. 6. 1933

Zum Text

...er Gattin. Weshalb er es vorzog, in Ragusa keines zu sprechen, und allfälligen Wünschen mit dem Einspruch zu ...

Absatz 25

Registereintrag

Der österreichische P.E.N.-Club nach Ragusa

Zumindest für den österreichischen P.E.N.-Club hatte Ragusa gravierende Folgen. Vor der Generalversammlung am 27. Juni im Hotel Imperial in Wien hatte Salten sein Vorgehen in der Presse verteidigt und die Spitze des österreichischen P.E.N.-Clubs ihr Vorgehen in einem Rundschreiben an die Mitglieder erneut gerechtfertigt. Auf der Versammlung selbst wurde zwar ein geplantes Misstrauensvotum gegen Salten nicht eingebracht, allerdings mit 25 zu 15 Stimmen eine Resolution verabschiedet, die klar Stellung gegen die Vorgänge in Deutschland bezog. Fünf Autoren, darunter Mirko Jelusich, erklärten daraufhin sofort ihren Austritt. Weitere folgten: Bis Dezember war mehr als ein Viertel der 200 Mitglieder ausgetreten; einige wurden stattdessem Mitglieder des deutschen P.E.N.-Club bei.

Quellen

Klaus Amann: P. E. N. Politik – Emigration – Nationalsozialismus. Ein österreichischer Schriftstellerclub. Wien, Köln u. Graz: Hermann Böhlaus Nachfolger 1984 , S. 31–35, 37f.

Zum Text

... Das ist der Tod des Pen-Klubs! Haste Verlust! hätte Altenberg geantwortet (den er ...

Absatz 25

Registereintrag

Grete von Urbanitzky gegen den österreichischen P.E.N.-Club

In Ragusa hatte Grete von Urbanitzky demonstrativ Einigkeit mit der deutschen Delegation gezeigt; nach der Verabschiedung der österreichischen Resolution Ende Juni beteiligte sie sich publizistisch an Boykottaktionen gegen ihre österreichischen Kollegen. Sie trat dem deutschen P.E.N.-Club bei, im Herbst zog sie nach Berlin, wo sie zuerst mit offenen Armen empfangen zu werden schien. Im Lauf der nächsten Jahre jedoch wurden erste Werke Urbanitzkys in Deutschland verboten, im August 1941 ihr Gesamtwerk.

Quellen

Klaus Amann: P. E. N. Politik – Emigration – Nationalsozialismus. Ein österreichischer Schriftstellerclub. Wien, Köln u. Graz: Hermann Böhlaus Nachfolger 1984 , S. 37–42

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Registereintrag

Kerrs Haltung im Ersten Weltkrieg

Wie viele andere Schriftsteller empfand Kerr zur Zeit der deutschen Kriegserklärungen ‚patriotisch‘; er publizierte patriotische Stimmungsbilder und meldete sich (wenngleich erfolglos) freiwillig zum Heeresdienst. Er veröffentlichte, beginnend schon am 2. August, Kriegsgedichte, zum Teil als einer von mehreren Autoren unter dem Sammelpseudonym „Gottlieb“. Am 31. August 1914 wurde Zarischer Angriff gedruckt, am 16. September 1916 das Rumänenlied; insgesamt publizierte Kerr an die zehn Gedichte dieser Art (während andere seiner Texte von der schwindenden Kriegsbegeisterung des Autors zeugen). Kraus verachtete nicht nur die in seinen Augen opportunistische Kriegshetze von Literaten wir Kerr, er störte sich auch daran, dass gerade Kerr sich nach dem Krieg als Proponent der Völkerverständigung zwischen Deutschland und Frankreich gab.

Quellen

Jens Malte Fischer: Karl Kraus. Der Widersprecher. Wien: Zsolnay 2020 , S. 689f.

Deborah Vietor-Englänger: Alfred Kerr. Die Biographie. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2016 , S. 245–252

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... zu sagen pflegte, der auch ein tüchtiger Januspolitiker war. Leicht hat man’s gewiß nicht, und dieser Papen, der nunmehr...

Absatz 21

Registereintrag

„Ahnungsloses“ Paris

Im Jänner 1926 war Alfred Kerr für zehn Tage in Paris, um auf Einladung der französischen Regierung an der Sorbonne zwei Vorträge zu halten: Das deutsche Drama der Gegenwart und Die Dramenkunst als völkerverbindendes Mittel. Von Kerrs nationalistisch-kriegshetzerischen Gedichten aus der Zeit des Ersten Weltkriegs war den Veranstaltern wohl nichts bekannt. Mehrere Zeitungen berichteten von einem Vorfall während der zweiten Lesung, als zwei Studenten serbischer Herkunft Kerr ein serbienfeindliches Gedicht zum Vorwurf machten (das Kerr in diesem speziellen Fall tatsächlich nicht verfasst hatte). Der Neuen Zürcher Zeitung zufolge soll einer der beiden die Fackel geschwenkt haben. Kraus lässt zur Beschreibung des Vorfalls in der Fackel einen namenlosen „Pariser Spezialkorrespondenten“ zu Wort kommen, in dieser Version endet der Eklat mit der Blamage Kerrs und dem Ende seiner Pariser Reise.

Quellen

Jens Malte Fischer: Karl Kraus. Der Widersprecher. Wien: Zsolnay 2020 , S. 689f.

Deborah Vietor-Englänger: Alfred Kerr. Die Biographie. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2016 , S. 366–368

Links

Kerr in Paris, in: Die Fackel Nr. 717–723 vom April 1926

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...oktorats. (Selbst auf dem Boden ahnungsloser Pariser Toleranz können Faktoren, denen der von Berlin zivilrechtlich heiß w...

Absatz 8

Registereintrag

Kraus contra Kerr

Im Dezember 1926 beleidigte Kerr Kraus in einem Artikel; Kraus und seine Anwälte Oskar Samek (in Wien) und Viktor Fraenkl (in Berlin) reichten Klage ein; als diese abgelehnt zu werden drohte, beleidigte Kraus Kerr in der Fackel (F 759, 49 u. 53), sodass dieser Gegenklage einreichte. In der nun folgenden Verhandlung gingen beide Parteien in ihrer Argumentation zurück bis zu einem Gerichtsfall aus dem Jahr 1897, die eingereichten Schriftsätze hatten einen Umfang von bis zu 78 (Kraus) bzw. 34 Seiten (Kerr). Unter anderem unterstellte Kerr Kraus eine antideutsche Einstellung. Er tat dies unter Berufung auf „Stimmen aus Tirol“, tatsächlich auf den Tiroler Antisemitenbund, ohne Nennung dieser Quelle – die Kraus jedoch bekannt war: Er hatte diese Anwürfe selbst schon 1920 in der Fackel abgedruckt (F 531, 142f.).

Quellen

Johannes Knüchel u. Isabel Langkabel (Hg.): Karl Kraus: Rechtsakten der Kanzlei Oskar Samek. Wissenschaftliche Edition. Auf Grundlage der Vorarbeiten Katharina Pragers, unter Mitarb. v. Laura Untner u. a. 2022. URL: , darin: Akte 68 Karl Kraus ca. Alfred Kerr. URL: https://www.kraus.wienbibliothek.at/legalkraus-app/objects/188558

Links

Rechtsakten Karl Kraus: Akte 68 Karl Kraus ca. Alfred Kerr Innsbruck, in: Die Fackel 531–543 vom Mai 1920 Mein Vorurteil gegen Piscator, in: Die Fackel 759–765 vom Juni 1927 Der größte Schuft im ganzen Land …, in: Die Fackel Nr. 787–794 von Anfang September 1928

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...iegshaltung, die Berufung auf den Tiroler Antisemitenbund, war eines, das ihm das Verbleiben ermöglicht hätte. ...

Absatz 11

Registereintrag

„Literatengezänk“

Der Gerichtsfall Kraus contra Kerr endete im Februar 1928 mit einem Vergleich. Dieser war zustandegekommen, weil der Anwalt Kerrs – so berichtete es Sigismund von Radecki brieflich – die ganze Angelegenheit als der gerichtlichen Befassung nicht wert hingestellt hatte. Die Formulierung vom „übliche[n] Literatengezänk“ fiel dabei jedoch nicht wörtlich, sondern war, wie Radecki in einem weiteren Brief klarstellte, eine Paraphrase.

Quellen

Johannes Knüchel u. Isabel Langkabel (Hg.): Karl Kraus: Rechtsakten der Kanzlei Oskar Samek. Wissenschaftliche Edition. Auf Grundlage der Vorarbeiten Katharina Pragers, unter Mitarb. v. Laura Untner u. a. 2022. URL: , darin: Akte 68 Karl Kraus ca. Alfred Kerr. URL: https://www.kraus.wienbibliothek.at/legalkraus-app/objects/188558

Johannes Knüchel u. Isabel Langkabel (Hg.): Karl Kraus: Rechtsakten der Kanzlei Oskar Samek. Wissenschaftliche Edition. Auf Grundlage der Vorarbeiten Katharina Pragers, unter Mitarb. v. Laura Untner u. a. 2022. URL: , darin: Karl Kraus ca. Alfred Kerr – Brief Sigismund von Radecki an Kraus vom 3. 2. 1928, S. 2. URL: https://www.kraus.wienbibliothek.at/legalkraus-app/lesefassung/211214

Johannes Knüchel u. Isabel Langkabel (Hg.): Karl Kraus: Rechtsakten der Kanzlei Oskar Samek. Wissenschaftliche Edition. Auf Grundlage der Vorarbeiten Katharina Pragers, unter Mitarb. v. Laura Untner u. a. 2022. URL: , darin: Akte 68 Karl Kraus ca. Alfred Kerr – 68.77 Brief Sigismund von Radecki an Samek vom 8. 2. 1928, S. 1. URL: https://www.kraus.wienbibliothek.at/legalkraus-app/lesefassung/206033

Links

Rechtsakten Karl Kraus: Akte 68 Karl Kraus ca. Alfred Kerr

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...daktion; so sprach der Berliner Anwalt über »Literatengezänk«, so spricht der Lügner vor dem Weltgericht über die ...

Absatz 22

Registereintrag

Der Rechtsstreit mit Kerr in der Fackel

Das sehr umfangreiche Septemberheft der Fackel 1928 (F 787) widmete Kraus zur Gänze seinem Rechtsstreit mit Alfred Kerr; der Titel Der größte Schuft im ganzen Land ... evoziert einerseits das Sprichwort: „Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant“, die Rede vom „Schuft“ andererseits die Auseinandersetzung mit Imre Békessy (und den Schlachtruf „Hinaus aus Wien mit dem Schuft!“). Diese Fackel-Nummer war übrigens Anlass für Kerr, erneut gerichtlich gegen Kraus vorzugehen.

Quellen

Jens Malte Fischer: Karl Kraus. Der Widersprecher. Wien: Zsolnay 2020 , S. 692

Johannes Knüchel u. Isabel Langkabel (Hg.): Karl Kraus: Rechtsakten der Kanzlei Oskar Samek. Wissenschaftliche Edition. Auf Grundlage der Vorarbeiten Katharina Pragers, unter Mitarb. v. Laura Untner u. a. 2022. URL: , darin: Akte 70 Alfred Kerr ca. Karl Kraus. URL: https://www.kraus.wienbibliothek.at/legalkraus-app/objects/188952

Links

Die Fackel Nr. 787–794 von Anfang September 1928

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...tirische Beweisführung, daß er der größte im ganzen Land sei. (Wiewohl es eine Übertreibung war und wir heute froh ...

Absatz 8

Registereintrag

Stefan George und das „Dritte Reich“

Stefan George äußerte sich nie öffentlich zum NS-Regime. 1933 bot man ihm eine leitende Stellung in der (durch die Nationalsozialisten „gereinigten“) Abteilung der Dichtung der Preußischen Akademie der Künste an – seine Ablehnung wird in der Forschung dafür herangezogen, seine persönliche Distanz zur NS-Diktatur zu illustrieren. Georges posthume Beanspruchung durch die Nationalsozialisten als „Ahnherr“ des „Dritten Reichs“ wird u. a. darauf zurückgeführt, dass das 1928 erschienene Neue Reich als „Prophetie auf Hitler“ gelesen bzw. gedanklich mit dem „Dritten Reich“ verknüpft wurde. Das „George-Kreis“ genannte Bündnis von Dichtern sah in George eine „geistige Autorität“ und hatte in den Jahrzehnten nach dessen Tod wesentlichen Einfluss auf die Geisteswissenschaften.

Quellen

Achim Aurnhammer: Poetische Rezeption. In: Stefan George und sein Kreis. Ein Handbuch. Bd. 2. In Zsarb. m. Kai Kauffmann hg. v. Achim Aurnhammer u. a. Berlin u. Boston: de Gruyter 2012, S. 829–896 , S. 868

Wilhelm Kühlmann (Hg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollst. überarb. Aufl. Bd. 4: Fri – Hap. Berlin u. New York: de Gruyter 2009 , darin: Gert Mattenklott u. Achim Aurnhammer: Eintrag „George, Stefan (Anton)“, S. 164–170

Ernst Osterkamp: Das Neue Reich (SW IX). In: Stefan George und sein Kreis. Ein Handbuch. Bd. 2. In Zusarb. m. Kai Kauffmann hg. v. Achim Aurnhammer u. a. Berlin u. Boston: de Gruyter 2012, S. 203–217 , S. 212–213

Michael Winkler: Stefan George. Stuttgart: J. B. Metzler 1970 (= Sammlung Metzler, Bd. 90) , S. 61–62

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...benten Ringes zu dem des Dritten Reiches emporsteigen sollte, Benn dessen Prosaiker, echter als Diebold, stärker als Mirk...

Absatz 19

Registereintrag

Friedrich Nietzsche und der Nationalsozialismus

Die Vereinnahmung des Werks Friedrich Nietzsches durch den Nationalsozialismus ist insbesondere auf das „Nietzsche-Archiv“ zurückzuführen. Dessen Leiterin, Nietzsches Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche, ‚vermarktete‘ seine Schriften in einem weltanschaulichen bzw. politischen Sinn und lenkte die vom Archiv ausgehenden Vorgaben für die Interpretation des Werks in eine nationalistische bzw. faschistische Richtung; darüber hinaus bekundeten sie und die im Archiv beschäftigten Personen in den 1930er- und 1940er-Jahren offen ihre Sympathie für Hitler und Mussolini. Die Rezeption Nietzsches durch die Nationalsozialisten war kein auf Sachkenntnis beruhender Prozess, sondern eine oberflächliche und das Werk verfälschende Instrumentalisierung. Des Weiteren waren bestimmte Konzepte Nietzsches mit der NS-Ideologie eigentlich unvereinbar – so stehe etwa Nietzsches Konzept der Individualität im Widerspruch zur nationalsozialistischen Rassenideologie.

Quellen

Hans-Martin Gerlach: Aspekte der Rezeption und Wirkung – Politik (Faschismus, Nationalsozialismus, Sozialdemokratie, Marxismus). In: Nietzsche-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Hg. v. Henning Ottmann. Sonderausgabe. Stuttgart: J.B. Metzler u. Carl Ernst Poeschel Verlag 2000/2011, S. 499–509 , S. 499–504

David Marc Hoffmann: Aspekte der Rezeption und Wirkung – Geschichte des Nietzsche-Archivs. In: Nietzsche-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Hg. v. Henning Ottmann. Sonderausgabe. Stuttgart: J.B. Metzler u. Carl Ernst Poeschel Verlag 2000/2011, S. 440–443 , S. 442

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... Ich horchte zu, es hieß: Natur! Natur! Nietzsche? Nicht doch, doch nicht! Er wäre, trotz aller Schwankung zw...

Absatz 18

... etwas ist, das überwunden werden soll, wenig hellenische Freude. Denn was der Affe für den Menschen ist und der Mensch fü...

Absatz 18

... untergeordneter Organe nicht verantwortlich zu machen wäre, in dem Verhalten jener Gewalthaber, die ihr Wort, und jener...

Absatz 18

...it, daß man ihn auf die geistige Verwandtschaft mit Nietzsche aufmerksam gemacht hat, ja geradezu ein faux pas, ...

Absatz 18

...e diesen Bekenntnissen gesichert. Mit Nietzsche ist’s nichts. Geeigneter zur philosophischen Stützung dürfte schon der zweite sein, ...

Absatz 18

... dieselben seien wie bei Fichte, Burckhardt und Nietzsche, nicht ohne auch an Hegel anzuknüpfen, vor allem aber an ...

Absatz 30

Registereintrag

Friedrich Nietzsches Einfluss auf die Literatur seit 1900

Heinrich und Thomas Mann, Alfred Döblin, Gottfried Benn und Robert Musil setzten sich als erste (deutschsprachige) Autoren ernsthaft mit dem Werk Friedrich Nietzsches auseinander. Die Forschung hebt etwa die Bedeutung des kulturkritischen Impetus Nietzsches für die Manns hervor, weist auf den Einfluss der perspektivistischen (die Möglichkeit einer „objektiven Wahrheit“ ablehnenden) Erkenntnistheorie Nietzsches auf den „Möglichkeitssinn“ im Mann ohne Eigenschaften hin, macht diesen Roman generell als epische Bearbeitung von Nietzsches Denken aus und unterstreicht die Bedeutung Nietzsches auch für die Poetik Benns.

Quellen

Bruno Hillebrand: Aspekte der Rezeption und Wirkung – Literatur und Dichtung (deutschsprachig). In: Nietzsche-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Hg. v. Henning Ottmann. Sonderausgabe. Stuttgart: J.B. Metzler u. Carl Ernst Poeschel Verlag 2000/2011, S. 444–466 , S. 456–465

Claus Zittel: Begriffe, Theorien, Metaphern – Perspektivismus. In: Henning Ottmann (Hg.): In: Nietzsche-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Hg. v. Henning Ottmann. Sonderausgabe. Stuttgart: J.B. Metzler u. Carl Ernst Poeschel 2000/2011, S. 299–301 , S. 300

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... schweifenden blonden Bestie«, mit der eine Literaturgeneration geweidet hat, würde er nichts wiederfinden als eben die »Herdentiermoral«...

Absatz 18

Registereintrag

Oswald Spengler und der Nationalsozialismus

Oswald Spengler favorisierte einen autoritär regierten preußischen Staat (siehe die Schrift Preußentum und Sozialismus) und somit eine antidemokratische und antiparlamentarische Regierungsform. Trotz der antisemitischen Passagen im 1922 erschienenen zweiten Band von Untergang des Abendlandes wird Spengler jedoch eine ablehnende Einstellung zur völkischen Bewegung und zu dem damit verbundenen „rassenbiologischen“ Antisemitismus zugesprochen. Die Autorschaft bei der Zeitschrift Deutsches Volkstum lehnte er 1923 ebenso ab wie 1925 die Mitarbeit an den Nationalsozialistischen Monatsheften. 1933 kam er dem Angebot Goebbels, eine Rundfunkrede zu halten, sowie dem einer Professur in Leipzig nicht nach. Während der Wagner-Festspiele im Juli 1933 kam es zum einzigen persönlichen Treffen zwischen Spengler und Hitler. Im selben Jahr erschien die Schrift Jahre der Entscheidung: Der darin formulierten Kritik am Nationalsozialismus, der ein Lob des italienischen Faschismus gegenüberstand, folgte eine Kampagne gegen Spengler in der nationalsozialistischen Presse.

Quellen

Deutsches Historisches Museum, Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland u. Bundesarchiv (Hg.): LEMO – Lebendiges Museum Online. [Relaunch 2014]. URL: , darin: Daniel Wosnitzka: Eintrag „Oswald Spengler 1880–1936“. 2014. URL: https://www.dhm.de/lemo/biografie/oswald-spengler.html

Wolfgang Benz (Hg.): Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart. Band 2/2. Personen L – Z. Berlin: de Gruyter u. Saur 2009 , darin: Ulrich Wyrwa: Eintrag „Spengler, Oswald“, S. 784–786

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...fte schon der zweite sein, dem ich auf der Spur bin: Spengler, der da gemeint hat, es gebe »dem Typus Mensch einen hohen ...

Absatz 18

... den Lebenden taugt sonst keiner; Spengler wäre der Richtige. Leider soll auch er enttäuscht haben, da er zwischen »Rasse...

Absatz 18

Registereintrag

„Lagergeld“ im Konzentrationslager Oranienburg

Als Zahlungsmittel der Häftlinge diente in Oranienburg eigenes „Lagergeld“: Der Graphiker Willi Lippert, ein Insasse des Lagers, wurde gezwungen, die Scheine zu entwerfen, gedruckt wurden sie in der Reichdruckerei. Das Bargeld der Häftlinge sowie die Überweisungen ihrer Verwandten mussten in „Lagergeld“ getauscht werden, wobei die Lagerleitung 30 Prozent des Nennwertes einbehielt.

Quellen

Klaus Drobisch: Oranienburg – eines der ersten nationalsozialistischen Konzentrationslager. In: Konzentrationslager Oranienburg. Hg. v. Günter Morsch. Oranienburg: Edition Hentrich 1994 (Schriftenreihe der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Bd. 3), S. 13–22 , S. 14

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... die Unterschrift dreier Folterbankdirektoren tragen. Viel bemerkt wurde auch die Neuerung, daß ein ...

Absatz 48

Registereintrag

Der „Stahlhelm“ nach der Machtergreifung

Waren sich die paramilitärische Frontkämpfervereinigung „Stahlhelm“ und die SA zwar grundsätzlich einig, was ihre politischen Feindbilder anging, unterschieden sie sich doch deutlich hinsichtlich der Schichtzugehörigkeit ihrer Mitglieder sowie der Rolle der jüngeren Generation in der jeweiligen Formation. Die vom „Stahlhelm“ als ‚plebejisch‘ wahrgenommene SA zog mit ihrem Aktivismus die jüngeren „Stahlhelm“-Mitglieder an, die in ihrer Vereinigung strukturell benachteiligt waren. Nach der ‚Machtergreifung‘ rekrutierte sich Görings Hilfspolizei in Preußen auch aus „Stahlhelm“-Mitgliedern. Trotz demonstrativer Einigkeit nach der ‚Machtergreifung‘ kam es auch – namentlich in Braunschweig – zu schweren Zusammenstößen zwischen den beiden paramilitärischen Formationen. „Stahlhelm“-Führer Franz Seldte, der seit Ende Jänner auch Reichsarbeitsminister war, trat am 27. April der NSDAP bei; schrittweise erfolgte nun die Eingliederung des „Stahlhelm“ in die SA. Ab Juni 1933 wurden die „Jungstahlhelmer“ in die SA, der „Stahlhelm“-Jugendverband „Scharnhorst“ in die HJ eingegliedert; nach der Neuorganisation der SA Anfang November wurde der „Stahlhelm“ je nach Alter auf die „aktive“ SA oder in die Reserve I und II aufgeteilt. Der verbliebene „Stahlhelm“ wurde im März des Folgejahres in „Nationalsozialistischer Deutscher Frontkämpferbund“ umbenannt.

Quellen

Michael Grüttner: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Bd. 19: Das Dritte Reich 1933–1939. 10., völlig neu bearb. Aufl. Hg. v. Wolfgang Benz. Stuttgart: Klett-Cotta 2014 , S. 50

Anke Hoffstadt: Eine Frage der Ehre – Zur ‚Beziehungsgeschichte‘ von „Stahlhelm. Bund der Frontsoldaten“ und SA. In: Bürgerkriegsarmee. Forschungen zur nationalsozialistischen Sturmabteilung (SA). Hg. v. Yves Müller u. Reiner Zilkenat. Frankfurt am Main: Peter Lang 2013, S. 267–296 , S. 267–268

Daniel Siemens: Sturmabteilung. Die Geschichte der SA. Übers. v. Karl Heinz Siber. München: Siedler 2019 , S. 208–209

Daniel Siemens: Sturmabteilung. Die Geschichte der SA. Übers. v. Karl Heinz Siber. München: Siedler 2019 , S. 209–210

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...m Schicksal mit Recht gebührt hat, so dem eines »Stahlhelms«, unter dem heute, wie in allen Erscheinungen des Staatswesens, schon verkappte...

Absatz 21

... tapferen SA. und SS. einst wacker genannt werden konnten, dermaßen geändert, daß einer ihrer Kreisgruppenführer...

Absatz 63

...erklärt Goebbels, drinnen drunter und drüber. Seldte huldigt, Hugenberg ward vom Teufel geholt, Papen soll sich als Herre...

Absatz 63

Registereintrag

„Befreiung“ Deutschlands von der Wissenschaft

Wenige Tage nach dem Erlass des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ und dessen „Erster Durchführungsverordnung“ meldete das Wolff’sche Telegraphische Büro die ersten Beurlaubungen namhafter Wissenschaftler durch Kultusminister Bernhard Rust. Dem waren schon Boykottaktionen durch den Nationalsozialistischen Studentenbund vorangegangen. Nun folgten Massenentlassungen, auch unter nicht-beamteten Universitätsangestellten. Sie betrafen 19% der Forscher:innen und wurden durch die übrigen Unversitätsangehörigen, die sich nun vielfach um NS-Mitgliedschaft bewarben, widerspruchslos akzeptiert. Der wahrgenommenen Wissenschaftsfeindlichkeit des Regimes zum Trotz stiegen nach 1933 die Aufwendungen für Forschung; dies betraf jedoch vor allem außeruniversitäre Standorte im Dienst der deutschen Rüstungs- und Autarkiepolitik.

Quellen

Michael Grüttner: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Bd. 19: Das Dritte Reich 1933–1939. 10., völlig neu bearb. Aufl. Hg. v. Wolfgang Benz. Stuttgart: Klett-Cotta 2014 , S. 474, 477

Peter Lundgreen: Hochschulpolitik und Wissenschaft im Dritten Reich. In: Wissenschaft im Dritten Reich. Hg. v. Peter Lundgreen. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1985, S. 9–30 , S. 11f.

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ANNO: Arbeiter-Zeitung vom 14. 4. 1933

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...geisterung das Vaterland von der Wissenschaft befreit hat, und der nun ...

Absatz 21

...hrt, alle des Rechtes teilhaft, die Professoren davonzujagen, Doch auch viele Studierte, die sich schon in Berufen befind...

Absatz 63

Registereintrag

Das „Maß Billingers“

„Und wenn noch frommer Glaube in Blutrausch, Inbrunst in Brunst umschlägt, dann ist kein Zweifel mehr, daß wieder einmal die Dämonen des Innviertels losgelassen sind und Billinger ein neues Stück hat. […] Man ahnt ja nicht, welchen Ruch die Gegend zwischen Ried und Schärding dampft, die man immer nur in Glast gehüllt wähnte.“ – So glossiert Kraus 1932 in der Fackel die Berichterstattung anlässlich der Uraufführung von Billingers Zweiakter Das Verlöbnis in München (F 876, 47). Billingers Theaterstücke mit ihrer mythisch-dämonisch verbrämten Darstellung des Bauerntums und ihrer Betonung von Körperlichkeit und Gewalt (Perchtenspiel, 1928, Rauhnacht, 1931) waren große Erfolge. 1933 gehörte Billinger zu denjenigen österreichischen Autoren, die aus Protest gegen dessen vermeintlich „antideutsche“ Haltung ihren Austritt aus dem österreichischen P.E.N.-Club erklärten; ein nationalsozialistisches Gedicht, das im Völkischen Beobachter unter seinem Namen publiziert wurde, war hingegen tatsächlich die modifizierte Fassung eines Texts von Hugo Sonnenschein. Während der NS-Zeit war er ein literarischer Großverdiener. Er erhielt zahlreiche Preise und Ehrungen, sein Drama Der Gigant (1937) wurde 1942 von Veit Harlan als Die goldene Stadt verfilmt. Dennoch wahrte das offizielle Deutschland eine gewisse Distanz: Seiner Homosexualität wegen war Billinger 1935 mehrere Monate im Konzentrationslager und stand in München vor Gericht. Eine Beteiligung am „Volksbildungswerk“ der Deutschen Arbeitsfront wurde mit Verweis auf seine Homosexualität abgelehnt.

Quellen

Klaus Kastberger: Bewegungslosigkeit als Karriere oder Das Innviertler Originalgenie im Dritten Reich. In: Heimat.Körper.Kunst. Richard Billinger Symposium. Hg. v. Klaus Kastberger u. Daniela Strigl. Linz: StifterHaus 2014, S. 7–16 ,

Karl Müller: Probleme männlicher Identität bei Richard Billinger. Homosexualität und Literatur während der NS-Zeit. In: Macht Literatur Krieg. Österreichische Literatur im Nationalsozialismus. Unter Mitarb. v. Helga Mitterbauer hg. v. Uwe Baur, Karin Gradwohl-Schlacher u. Sabine Fuchs. Wien, Köln u. Weimar: Böhlau 1998 (= Fazit. Ergebnisse aus germanistischer und komparatistischer Literaturwissenschaft, Bd. 2), S. 246–273 ,

Edith Rabenstein: Richard Billinger – Ambivalenzen eines Künstlerlebens in der NS-Diktatur. In: Heimat.Körper.Kunst. Richard Billinger Symposium. Hg. v. Klaus Kastberger u. Daniela Strigl. Linz: StifterHaus 2014, S. 93–101 ,

Links

Von wem ist die Rede?, in: Die Fackel Nr. 876-884 von Mitte Oktober 1932

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... Maß Billingers einschränkt. Es ist nicht wahr, daß sich die deutsche Seele...

Ewers in Amerika

Im Anschluss an eine Südamerikareise kam Hanns Heinz Ewers am Tag der österreichischen Kriegserklärung an Serbien in New York an. Vorerst mied er aus Angst vor der Gefangennahme durch die Engländer die Überfahrt nach Hause. Bei einem entsprechenden Versuch 1915 wurde das Schiff in Gibraltar von den Engländern festgehalten, Ewers entkam nach Spanien; von nun an reiste er zwischen den USA und Spanien sowie Mexiko hin und her. In den USA wandelte sich Ewers vom Kosmopoliten zum Nationalisten; seine Kriegslieder, dessen erstes am 30. August 1914 in der New Yorker Staatszeitung erschien und die als Sammlung mehrere Auflagen erreichen sollten, legen davon beredtes Zeugnis ab. Eines der Gedichte (Wir und die Welt) wurde von Kaiser Wilhelm II. begeistert aufgenommen und in tausenden Nachdrucken unter den deutschen Soldaten verteilt, ein anderes (Lied von der Emden) wurde im Deutschen Lesebuch für höhere Lehranstalten abgedruckt. Im Dienst der deutschen Propaganda beteiligte sich Ewers darüber hinaus an Diskussionen, hielt Vorträge und arbeitete im Untergrund, wo er in Passfälschungen involviert war und vermutlich die mexikanischen Revolutionäre zum Angriff auf die amerikanischen Südstaaten bewegen konnte. Im Juni 1918 wurde er wegen Sabotage festgenommen und in Fort Oglethorpe (Georgia) interniert; erst 1920 erhielt er die Erlaubnis zur Heimkehr nach Deutschland.

Quellen

Wilfried Kugel: Der Unverantwortliche. Das Leben des Hanns Heinz Ewers. Düsseldorf: Grupello 1992 , S. 201–239

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... Kerls zu sein, bedurfte es damals — er weilte in Amerika — flehent...

Absatz 34

Registereintrag

Alliierte Propaganda im Ersten Weltkrieg

Aufgrund des starken Widerstands der belgischen Armee und der Garde Civique kam es schon ab dem zweiten Tag der deutschen Offensive zur Erschießung von Geiseln; es folgten die Zerstörung ganzer Dörfer und Massenerschießungen, denen in den ersten beiden Monaten 4.200 belgische Zivilisten zum Opfer fielen. Ein Höhepunkt deutscher Verbrechen fand in Löwen statt, wo 250 Einwohner erschossen sowie die Universität und die weltberühmte Bibliothek niedergebrannt wurden. Vor allem letzteres widerlegte den deutschen Kulturanspruch vor den Augen der Weltöffentlichkeit, die mit harscher Kritik reagierte. Britische Zeitungen druckten die Meldungen, vermischt mit Gerüchten und Unwahrheiten; vielfach fand das Bild des blutrünstigen Deutschen Verbreitung. Die deutsche Seite war nicht in der Lage, dem etwas entgegenzusetzen; ihre offiziellen Gegendarstellungen sowie ihre eigene Propaganda erwiesen sich als weitgehend erfolglos.

Quellen

Klaus-Jürgen Bremm: Propaganda im Ersten Weltkrieg. Darmstadt: Theiss 2013 , S. 37–54

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...r? (Und nachträglich fast die Greuelpropaganda des Weltkriegs beglaubigt.) Als könnte überhaupt so viel gelogen werden, w...

Absatz 24

Registereintrag

Der „deutsche Arbeiter“ zu Beginn des „Dritten Reichs“

Als sich bei den Betriebsratswahlen im März 1933 abzeichnete, dass die Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation (NSBO) nicht mehr als ein Viertel der Stimmen erhalten würde, wurde die Wahl kurzerhand ausgesetzt; dennoch verhielt sich der Allgemeine deutsche Gewerkschaftsbund opportunistisch, distanzierte sich von der Sozialdemokratie und forderte seine Mitglieder zur Teilnahme an den NS-Feierlichkeiten zum 1. Mai auf. Am Tag darauf besetzten SA und SS Gewerkschaftshäuser, verhafteten Funktionär:innen und stellten alles unter kommissarische Leitung. Sämtliche Gewerkschaften wurden in die Deutsche Arbeitsfront (DAF) eingegliedert, Hitler ernannte als Arbeitervertreter 13 sogenannte „Treuhänder der Arbeit“. Die Lebensqualität der Arbeiterschicht wurde durch die Agrar-, Autarkie- und Rüstungspolitik des Regimes beeinträchtigt. Der Anstieg der Lebenshaltungskosten und der Anstieg der Nettoverdienste hielten sich bis 1938 ungefähr die Waage; als positiver psychologischer Faktor ist allenfalls die Beseitigung der hohen Arbeitslosigkeit zu verbuchen.

Quellen

Tim Schanetzky: Kanonen statt Butter. Wirtschaft und Konsum im Dritten Reich. München: Beck 2015 (= Die Deutschen und der Nationalsozialismus, Bd. 5) , S. 42–45

André Steiner: Zur Neuschätzung des Lebenshaltungskostenindex für die Vorkriegszeit des Nationalsozialismus. In: Jahrbuch für Wissenschaftsgeschichte 46 (2005), H. 2, S. 129–152 ,

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...es dem deutschen Arbeiter heute besser⨯ geht als zuvor. Benn kann es nicht oft genug wiederholen und wiewohl er nic...

Absatz 30

... Arbeiters bewegt und daß es ihm heute besser geht als zuvor? Haben wir, jedennoch: ...

Absatz 30

Registereintrag

Hunger in Deutschland

Auf einen schnellen Sieg rechnend, hatte Deutschland 1914 nur militärisch, nicht jedoch wirtschaftlich mobilisiert. Der Landwirtschaft fehlten Arbeitskräfte, Pferde, Düngemittel sowie Möglichkeiten der Wartung und des Ersatzes landwirtschaftlicher Maschinen; dazu kamen in den Jahren 1916 und 1917 ungewöhnlich schlechte Ernten. Durch die englische Seeblockade war Deutschland zudem von wichtigen Importen abgeschnitten. Folge war eine katastrophale Unterversorgung der Bevölkerung. Staatliche Eingriffe wie Rationierungen und Höchstpreisverordnungen blieben erfolglos. Das Ausbleiben von Kartoffellieferungen hatte 1916/1917 den sogenannten „Steckrübenwinter“ zu Folge. Schon ab 1915 kam es vielfach zu Hungerunruhen und Massenprotesten. Die Sterblichkeitsrate – vor allem bei Kindern – stieg deutlich an. Insgesamt wird von 750.000 direkten oder indirekten Opfern des Hungers in Deutschland während des ersten Weltkriegs ausgegangen. Auch in der Weimarer Republik herrschte vielfach Hunger – in den Anfangsjahren ebenso wie in den Jahren der Hyperinflation, als die Ernährung der Stadtbevölkerung gefährdet war, sowie während der Wirtschaftskrise. Schulärztliche Untersuchungen ergaben, dass der Gesundheitszustand der Kinder im Jahr 1932 wieder so schlecht war wie im Ersten Weltkrieg.

Quellen

Ursula Büttner: Weimar – die überforderte Republik 1918–1933. In: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Bd. 18. 10., völlig neu bearb. Aufl. Stuttgart: Klett-Cotta 2010, S. 173–712 , S. 401, S. 645f.

Deutsches Historisches Museum, Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland u. Bundesarchiv (Hg.): LEMO – Lebendiges Museum Online. [Relaunch 2014]. URL: , darin: Burkhard Asmuss: Eintrag „Die Lebensmittelversorgung“. 2011. URL: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-weltkrieg/alltagsleben/lebensmittelversorgung.html

Wolfgang J. Mommsen: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Bd. 17: Die Urkatastrophe Deutschlands. Der Erste Weltkrieg 1914–1918. 10., völlig neu bearb. Aufl. Stuttgart: Klett-Cotta 2002 , S. 92–96

Zum Text

...not einer Gemeinschaft, selbst nicht Panik des Hungersterbens ausgerast hat, vermöge der Besonderheit nur von einem übers...

Absatz 18

Registereintrag

„Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“

Das politische Schlagwort entstand aus den Schlussversen („ […] und es mag am deutschen Wesen / einmal noch die Welt genesen“) des vom nationalistisch geprägten Autor Emanuel Geibel 1861 verfassten Gedichts Deutschlands Beruf, das im Jahr der Proklamation des Wilhelminischen Kaiserreichs (1871) erschien. Die allmähliche Verselbstständigung, sprachliche Umgestaltung sowie politische Instrumentalisierung der Schlusssentenzen des Gedichts werden assoziiert mit dem von Deutschtümelei und übertriebenem Nationalstolz gekennzeichneten geistigen Milieu im neu gegründeten Nationalstaat, der nach politischer und wirtschaftlicher Hegemonie strebte. Obwohl auch nach dem Ende des Wilhelminischen Kaiserreichs nationalistisch-chauvinistische Bestrebungen mit dem Kerngedanken des Schlagwortes verbunden blieben, wahrte die nationalsozialistische Ideologie ein eher distanziertes Verhältnis dazu, da sie das „deutsche Wesen“ rassisch konstruierte und als nicht einfach auf andere Völker übertragbar auffasste.

Quellen

Armin Jähne: Am deutschen Wesen soll die Welt genesen. In: Schlagwörter und Schlachtrufe. Aus zwei Jahrhunderten deutscher Geschichte. Bd. 2. Hg. v. Kurt Pätzold u. Manfred Weißbecker. Leipzig: Militzke Verlag 2002, S. 279–285 , S. 279–284

Zum Text

... Wesens herausstellt, an dem die Welt zu genesen fürchtet. Kein Zweifel, zwischen der handelnden und der redenden ...

Absatz 42

...solche Sorte das Mittel hat, an dem die Welt genesen soll. Es ist so beschaffen: ...

Absatz 44

Registereintrag

Theodor Körner und der „Wehrwille“

Theodor Körner, Dichter und Verfasser patriotischer Lyrik, verstarb 1813 einundzwanzigjährig als Freiwilliger in den Napoleonischen Kriegen. Nach seinem frühen Tod wurde er in Literatur, bildender Kunst und Film – sowie als Motiv auf Sammelbildern und Postkarten – zur (dichtenden) Heldenfigur stilisiert und fungierte als ästhetische Projektionsfläche für politische, auf einen deutschen Nationalstaat gerichtete Bestrebungen. Darüber hinaus blieb sein Kriegslieder und Befreiungslyrik umfassendes literarisches Werk durch Neuauflagen und Wiederabdrucke im kollektiven Gedächtnis präsent. Auch im Zusammenhang mit beiden Weltkriegen wurden er beziehungsweise seine Texte ideologisch vereinnahmt – die nationalsozialistische Propaganda instrumentalisierte Körner zur Heraufbeschwörung einer Volksgemeinschaft beziehungsweise zur Förderung der Kampfbereitschaft, aber auch die „Weiße Rose“ rekurrierte auf ihn, indem sie den Widerstand gegen die NSDAP mit dem Kampf gegen Napoleon verglich.

Quellen

Nikolas Immer u. Maria Schultz: Lützows wildester Jäger. Zur Heroisierung Theodor Körners im 19. und 20. Jahrhundert. In: helden. heroes. héros. E-Journal zu Kulturen des Heroischen 2 (2014), H. 2, S. 69–92. URL: , S. 69–71, 74–76 u. 79–80

Wilhelm Kühlmann (Hg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollst. überarb. Aufl. Bd. 6: Huh – Kräf. Berlin u. New York: de Gruyter 2009 , darin: Detlef Haberland u. Barbara Gribnitz: Eintrag „Körner, (Karl) Theodor“, S. 575–576

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... ihr eine Entwicklung voraussagt, die im Ausdruck des Wehrwillens bis zu Körner, in der Bejahung der Genußrechte zu Baumbach vorwärts dringt. (Die Verbindung...

Absatz 17

Registereintrag

Rudolf Baumbach und die „Bejahung der Genussrechte“

Rudolf Baumbach galt zur Zeit Wilhelms II. als Modedichter. Mit seiner vor allem humoristischen Literatur, ihrer einfachen und eingängigen Rhythmik und Sprachmelodie traf er einen breiten Publikumsgeschmack. Sujets der Dichtungen waren neben Natur, historischen Begebenheiten und mitteleuropäischen Sagen die leiblichen Genüsse.

Quellen

Wilhelm Kühlmann (Hg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollst. überarb. Aufl. Bd. 1: A – Blu. Berlin u. New York: de Gruyter 2008 , darin: Andreas Seifert: Eintrag „Baumbach, Rudolf“, S. 364–365

Zum Text

...ruck des Wehrwillens bis zu Körner, in der Bejahung der Genußrechte zu Baumbach vorwärts dringt. (Die Verbindung der Elemente erfolgt im Mi...

Absatz 17

Registereintrag

Der SA-Sturm 33

Der seit Februar 1931 von Hans Maikowsky geführte SA-Sturm 33 (Berlin-Charlottenburg) galt als besonders gewaltbereit und war schon vor 1933 u. a. für zahlreiche Morde vor allem an Kommunisten verantwortlich (daher die Bezeichnung „Mordsturm“). Als der Sturm am Abend des 30. Jänner 1933 vom Fackelzug im Berliner Regierungsviertel zurückkehrte, wählte er eine Route durch als kommunistisch bekannte Wohngebiete; in der Wallstraße kam es zu einer Straßenschlacht, bei der Maikowsky und ein Polizist erschossen wurden. Obwohl die Täterschaft nicht geklärt werden konnte (und der Täter womöglich selbst SA-Mann war ), wurde Maikowsky von der NS-Propaganda sofort als Märtyrer dargestellt. Auch nach dem 30. Jänner verübte der SA-Sturm noch zahlreiche weitere Morde und war u. a. an der ‚Köpenicker Blutwoche‘ beteiligt.

Quellen

Bernhard Sauer: Goebbels’ „Rabauken“. Zur Geschichte der SA in Berlin-Brandenburg. In: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 2006, S. 107–164 , S. 139

Heinrich-Wilhelm Wörmann: Widerstand in Charlottenburg. 2. Aufl. Berlin: Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1998 (= Schriftenreihe über den Widerstand in Berlin von 1933 bis 1945, Bd. 5) , S. 43–46

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...erissen ist, zu bieten vermöchte; und wenn der »Mordsturm 33« das, was ihm hier zur philosophischen Deutung seines Tuns g...

Absatz 19

Registereintrag

Der Verband nationaldeutscher Juden

Der deutschnational, antizionistisch und assimilatorisch eingestellte Verband nationaldeutscher Juden war von Anfang an um ein Naheverhältnis zum NS-Regime bemüht. Nach der Machtübernahme versuchte er erfolglos eine Annäherung an den „Stahlhelm“ (der seit 1924 einen Arierparagraphen hatte); vor der Wahl im März 1933 veröffentlichte er einen Wahlaufruf zugunsten der Nationalsozialisten. Er übernahm in seinen Publikationen die NS-Diktion, unterstrich seine Loyalität dem Führer gegenüber und vertrat den Assimilationsgedanken noch radikaler als bisher. Angesichts der antisemitischen Ausschreitungen, so sein Standpunkt, sei Nachsicht angebracht. Der ausländischen Berichterstattung über diese Ausschreitungen trat der Verband durch die Richtigstellung von Übertreibungen und Falschmeldungen entgegen, eigene Beschwerden wurden nicht öffentlich, sondern nur amtlichen Stellen mitgeteilt; zudem beteiligte er sich an der Publikation von Jakow Trachtenbergs Band Die Greuelpropaganda ist eine Lügenpropaganda. Laufend bemühte er sich um Kontakt zu Führungspersönlichkeiten des Regimes; vor dem Judenboykott am 1. April suchte der Vorsitzende Max Naumann um Audienzen sowohl bei Hitler als auch bei Hindenburg an. Im Sommer 1933 reorganisierte er sich nach dem „Führerprinzip“. Sämtliche Bemühungen des Verbands nationaldeutscher Juden fußten auf einer krassen Fehleinschätzung des nationalsozialistischen Antisemitismus und blieben erfolglos, hingegen war der Verband immer wieder der deutschen Auslandspropaganda nützlich. Im November 1935 wurde er als eine der ersten deutsch-jüdischen Organisationen verboten. Naumann wurde am selben Tag in Schutzhaft genommen, woraufhin er einen Suizidversuch beging.

Quellen

Matthias Hambrock: Die Etablierung der Außenseiter. Der Verband nationaldeutscher Juden 1921–1935. Köln, Wien u. Weimar: Böhlau 2003 , S. 567–604, S. 684–692

Zum Text

... eigenen Belangen einer verkehrten Lesart: »nationaldeutsche Juden«,, und sie haben gleich mehrsprachig ein ganzes Buch unter dem...

Absatz 22

... Verhalten empfiehlt da der »geschäftsführende Vorstand« der Nationaldeutschen? Wir dürfe...

Absatz 22

Registereintrag

Die ‚Köpenicker Blutwoche‘

Vor dem Hintergrund umfassender Aktionen gegen den politischen Gegner (die SPD, aber auch den deutschnationalen „Kampfring“) plante die Köpenicker SA eine Aktion gegen dortige Regimegegner. Unterstützt vom Charlottenburger SA-Sturm 33 begann sie am 21. Juni 1933 mit Hausdurchsuchungen, Verschleppungen und Folterungen. Am Abend desselben Tages erschoss der junge Sozialdemokrat Anton Schmaus in Notwehr drei SA-Männer (die Auswirkung dieser Tat auf die Eskalation der Gewalt wird kontrovers diskutiert ). Insgesamt wurden über 500 Menschen in verschiedene SA-Lokale sowie ins Amtsgerichtsgefängnis Köpenick verschleppt. Mindestens 22 wurden ermordet, zahllose trugen bleibende Schäden, Behinderungen und Verstümmelungen davon.

Quellen

Iris Helbing u. Yves Müller: Die „Köpenicker Blutwoche“ 1933 – Über Opfer und Täter. In: Bürgerkriegsarmee. Forschungen zur nationalsozialistischen Sturmabteilung (SA). Hg. v. Yves Müller u. Reiner Zilkenat. Frankfurt am Main: Peter Lang 2013, S. 171–194 , S. 171f.

Heinrich-Wilhelm Wörmann: Widerstand in Köpenick und Treptow. 2. Aufl. Berlin: Gedenkstätte Deutscher Widerstand 2010 (= Schriftenreihe über den Widerstand in Berlin von 1933 bis 1945, Bd. 9) , S. 23–38

Zum Text

... nicht einmal das Blutbad von Köpenick stattgefunden hat, das als solches schon die Zahl erreic...

Absatz 42

...nden Paul v. Essen und all der Blutzeugen von Köpenick, ob er insbesondere die Massakrierung des Mädchens ...

Absatz 48

... haben als die erschütternde Schilderung der Tat von Köpenick und die Beschreibung eines Leichenzugs: ...

Absatz 55

Registereintrag

Entrechtung der Arbeiterschaft unter Dollfuß 1933

Wichtige Teile der bald nach dem Ersten Weltkrieg in Kraft getretenen Sozialgesetzgebung wurden unter Dollfuß rasch demontiert, entgegen seiner noch in der „Trabrennplatzrede“ vom 11. September 1933 gemachten Zusicherung, die Rechte der Arbeiter nicht anzutasten. Schon im April des Jahres hatte er ein Streikverbot verordnet, die Bedingungen der Arbeitslosenunterstützung und der Notstandshilfe verschärft sowie die Arbeitszeitgesetzgebung zuungunsten der Arbeitnehmer:innen geändert. Im Dezember folgte die Auflösung der Betriebsräte aller staatlichen Unternehmen, zu Beginn des folgenden Jahres – im Zusammenhang der Februarkämpfe – die Ausschaltung der Gewerkschaften.

Quellen

Emmerich Tálos: Das austrofaschistische Herrschaftssystem. Österreich 1933–1938. Wien: Lit-Verlag 2013 , S. 334f., S. 361–365

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... und Taktik ist ihr fast alle materielle Errungenschaft aus dem Kriegsleiden, alle seelische abhanden gekommen — bis zu der Erkenntnis, der ...

Absatz 54

...ie noch so schwer von einer Schmälerung realer Arbeiterrechte betroffen, die ja wesentlicher ist als der Verlust der Preß...

Absatz 57

Registereintrag

Die wirtschaftliche Situation im Austrofaschismus

Die Wirtschaftskrise hatte Österreich etwas später als andere Länder getroffen; der Tiefpunkt war in Österreich 1933 erreicht, die in Deutschland zügig voranschreitende Erholung setzte hier nur sehr langsam ein. Noch 1937 lag Österreich – in Gegensatz zu Deutschland – deutlich hinter der wirtschaftlichen Entwicklung von 1913 zurück. Die Arbeitslosigkeit, die 1933 26% betrug, ging bis 1937 – bei rückläufigen Einkommen – nur auf 22% zurück. Dem deutschen Arbeitsprogramm, genauer: den diesbezüglichen propagandistischen Erfolgen Hitlers hatte das Regime in Österreich somit wenig entgegenzusetzen.

Quellen

Ernst Hanisch: Österreichische Geschichte 1890–1990. Der lange Schatten des Staates. Österreichische Gesellschaftsgeschichte im 20. Jahrhundert. Hg. v. Wolfram Herwig. Wien: Ueberreuter 1994 (= Österreichische Geschichte) , S. 295

Emmerich Tálos: Das austrofaschistische Herrschaftssystem. Österreich 1933–1938. Wien: Lit-Verlag 2013 , S. 313–314, S. 326

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...gengeht, geht Österreich unter der Gewaltherrschaft des Herrn Dollfuß zugrunde. Uschla. Alles wird eulogisch. Immerhin, ein Stachel ...

Absatz 44

Ausschaltung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs

Um der Sozialdemokratie weitere Handlungsmöglichkeiten zu nehmen, beschloss Dollfuß die Ausschaltung des Verfassungsgerichtshofs: Per Verordnung vom 23. Mai verbot er die Teilnahme von durch den National- oder Bundesrat ernannten Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs, solange nicht sämtliche auf diesem Wege ernannte Personen noch Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs waren; die kurz davor erfolgten Rücktritte regimetreuer Verfassungsrichter verhinderten damit die Beschlussfähigkeit des Verfassungsgerichtshofs.

Quellen

Emmerich Tálos: Das austrofaschistische Herrschaftssystem. Österreich 1933–1938. Wien: Lit-Verlag 2013 , S. 45

Links

ALEX: Verordnung der Bundesregierung vom 23. Mai 1933, betreffend Abänderungen des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1930HDGÖ: 1933: Die Ausschaltung des Verfassungsgerichtshofes

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...ie sie sind, »die Lahmlegung des Verfassungsgerichtshofes« bemängelte, ertönte im Chor die Frage: ...

Absatz 55

Registereintrag

Die „Dolchstoßlegende“ als Waffe gegen die Linke

Schon vor Kriegsende hatte die deutsche Oberste Heeresleitung (OHL) prophylaktisch die unkooperative Zivilbevölkerung – etwa streikende Arbeiter – bzw. das mangelhafte Durchgreifen gegen diese für eine mögliche Niederlage verantwortlich zu machen versucht; in den ersten Jahren nach dem Krieg erschienen verschiedene, teils weit verbreitete Pamphlete, Flugschriften und auch Aktenausgaben, in denen die Schuld am katastophalen Kriegsausgang wechselweise der Bevölkerung beziehungsweise der OHL gegeben wurde. Vorrangig war hier die Frage, ob das deutsche Heer unter anderen Bedingungen in der Lage gewesen wäre, eine bessere Position für den Verhandlungsfrieden zu erringen – noch nicht jedoch der Vorwurf des durch Verrat verhinderten Siegfriedens. Großes Gewicht hatten die Äußerungen Hindenburgs im Herbst 1919 vor dem mit dieser Frage befassten parlamentarischen Untersuchungsausschuss sowie in seinen vielgelesenen Memoiren. In der politischen Auseinandersetzung kam es bald zu einer starken Polarisierung, jeweils auch im Vorfeld von Reichstagswahlen; aufsehenerregende Gerichtsprozesse zu dieser Frage – in einem davon wurde der Reichspräsident Ebert wegen seiner Rolle bei den Streiks Anfang 1918 richterlich als Hochverräter bezeichnet – heizten die Stimmung weiter an. Der – antisemitisch grundierte – Vorwurf, das unbesiegte Heer sei ‚von hinten erdolcht‘ worden, wurde zur Waffe im politischen Kampf der nationalistischen Rechten gegen die Linke bzw. gegen die als ‚Novemberverbrecher‘ geschmähten Vertreter der jungen Republik.

Quellen

Gerd Krumeich: Die unbewältigte Niederlage. Das Trauma des Ersten Weltkriegs und die Weimarer Republik. Freiburg im Breisgau: Herder 2021 , S. 183–209

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...nnte den Nachgebornen besser einleuchten als der »Dolchstoß«, da außen keine Entscheidung sichtbar war, innen aber die Ni...

Absatz 20

Registereintrag

Der Reichsparteitag 1933 in Nürnberg

Ziel der NSDAP-Reichsparteitage war stets die möglichst publikumstaugliche und breitenwirksame Demonstration von Macht und Stärke der Partei. Für die Wahl Nürnbergs als Austragungsort (erstmals 1927) waren vorerst praktische Gründe ausschlaggebend gewesen: Die Stadt war verkehrstechnisch gut angebunden, bot die nötige Infrastruktur für Großveranstaltungen und verfügte darüber hinaus über eine stark national eingestellte, darum wohlwollende Polizei. Nachdem es jedoch im Zuge des Parteitags 1929 zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen war, ließ die Stadt die Verantsaltung 1930 und 1931 nicht zu. 1932 entfiel sie aufgrund leerer Parteikassen und dauernder Wahlkampfaktivität. Der „Parteitag des Sieges“ 1933 fand schon in einem völlig gleichgeschalteten Nürnberg statt: Für die Organisation der Veranstaltung wurde in der Stadtverwaltung ein eigenes Amt geschaffen. Zum Auftakt am Abend des 30. August wurde Hitler im Rathaus empfangen; in den folgenden Tagen fanden der Parteikongress, Sondertagungen, eine Wagner-Festaufführung, Kundgebungen der paramilitärischen Organisationen, der HJ und der Amtswalter sowie ein großes Feuerwerk statt; Hitler hielt unter anderem eine Ansprache zur ‚deutschen Kultur‘ und sprach vor den Amtswaltern sowie der Hitlerjugend. Die enormen Kosten wurden von der Partei zum Großteil auf die schon durch Sozialausgaben schwer belastete Stadt Nürnberg abgewälzt, die 1,4 Millionen RM übernehmen musste.

Quellen

Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP in Nürnberg. Nürnberg: Nürnberger Presse 2002 (= Schriftenreihe des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände, Bd. 2) , S. 30–40, S. 50–76

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...ll verstimmt sein. In Nürnberg findet der Parteitag statt, für den die Deutsche Reichspost ein Schmucktelegramm herausgab, mit einem gro...

Absatz 49

Registereintrag

Dollfuß’ Kampf gegen den „Anschluss“

1933/1934 versuchte Dollfuß mehrmals, über den Verhandlungsweg einen Ausgleich der deutsch-österreichischen Interessen herzustellen, was jedoch nicht zuletzt an der Unvereinbarkeit der Standpunkte – Deutschland forderte eine nationalsozialistische Regierungsbeteiligung, Österreich beharrte auf seine Unabhängigkeit – scheiterte. Dollfuß’ Bestrebungen, sich einerseits bei den Westmächten beziehungsweise dem Völkerbund, andererseits bei Italien Unterstützung zu holen, waren nur bedingt erfolgreich. 1934 litt zudem Österreichs internationales Ansehen durch das Vorgehen gegen die Sozialdemokratie im Zuge der ‚Februarkämpfe‘. 1935, als Italien Abessinien überfiel, vertiefte sich die österreichische Isolation, weil es sich den Sanktionen gegen Italien nicht anschließen konnte – zu sehr war man auf den südlichen Nachbarn angewiesen. Mussolini, der das österreichische System nach italienischem Vorbild umformen wollte, hatte nicht nur schon lange die Heimwehren gefördert, sondern sich auch als Unterstützer Dollfuß’ und Schutzmacht gegen Deutschland geriert – im Austausch für massiven innenpolitischen Einfluss. Beispielhaft ist ein Treffen im August 1933 in Riccione, dessen direkte Konsequenz Dollfuß’ sogenannte Trabrennplatzrede im Folgemonat war. Dementsprechend hatte Italien auch kein Interesse am Engagement anderer Länder für Österreich.

Die „Demarche“ gegen Berlin

Bei der Londoner Weltwirtschaftskonferenz im Juni 1933 fand Dollfuß’ Eintreten für Österreichs Unabhängigkeit allgemein sehr positives Echo. Einem akkordierten diplomatischen Auftreten der Mächte England, Frankreich und Italien – einer gemeinsamen Demarche in Berlin – kam Italien jedoch zuvor, indem es am 31. Juli in Berlin freundschaftlichen Protest bezüglich der Terrorakte, Fliegerraids und Rundfunkpropaganda gegen Österreich deponierte. Die daraufhin gegebenen Zusicherungen Deutschlands wurden am 9. August in der italienischen Presse gedruckt; noch am selben Tag hielt Habicht eine weitere Radioansprache gegen Österreich.

Quellen

Dieter Anton Binder: Dollfuß und Hitler. Über die Außenpolitik des autoritären Ständestaates in den Jahren 1933/34. Graz: dbv-Verlag für die Technische Universität Graz 1979 (= Dissertationen der Universität Graz, Bd. 43) , S. 136–140

Königgrätz

Die Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866 war die entscheidende Schlacht im Deutschen Krieg, in dem sich Bündnisse deutscher Staaten gegenüberstanden, die von den um die Vorherrschaft im Deutschen Bund konkurrierenden Opponenten Preußen und Österreich geführt wurden. Preußen war siegreich, der Deutsche Bund wurde aufgelöst, an seine Stelle trat der preußisch dominierte Norddeutsche Bund. Das geschwächte Österreich verlor Gebiete an das mit Preußen paktierende Italien.

Quellen

Deutsches Historisches Museum, Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland u. Bundesarchiv (Hg.): LEMO – Lebendiges Museum Online. [Relaunch 2014]. URL: , darin: Arnulf Scriba: Eintrag „Die Schlacht bei Königgrätz 1866“. 2014. URL: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/reaktionszeit/deutscher-bund-und-nationale-frage/koeniggraetz-1866.html

Deutsches Historisches Museum, Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland u. Bundesarchiv (Hg.): LEMO – Lebendiges Museum Online. [Relaunch 2014]. URL: , darin: Arnulf Scriba: Eintrag „Der Deutsche Krieg 1866“. 2014. URL: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/reaktionszeit/deutscher-bund-und-nationale-frage/deutscher-krieg-1866.html

Links

LeMO: Der Deutsche Krieg 1866LeMO: Die Schlacht bei Königgrätz 1866

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...Niederlagen errungen werden; daß den Österreichern Königgrätz besser bekam als den Preußen, welchen vollends ...

Absatz 20

Registereintrag

Sedan

Die den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 entscheidende Schlacht bei Sedan (1. und 2. September 1870) endete mit dem Sieg des von Preußen angeführten Bündnisses des Norddeutschen Bundes und der süddeutschen Länder, der französische Herrscher Napoleon III. geriet in preußische Gefangenschaft. Der gewonnene Krieg bildete den Grundstein der deutschen Reichseinigung.

Quellen

Deutsches Historisches Museum, Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland u. Bundesarchiv (Hg.): LEMO – Lebendiges Museum Online. [Relaunch 2014]. URL: , darin: Arnulf Scriba: Eintrag „Die Reichsgründung 1871“. 2018. URL: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/kaiserreich/das-reich/reichsgruendung-1871.html

Deutsches Historisches Museum, Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland u. Bundesarchiv (Hg.): LEMO – Lebendiges Museum Online. [Relaunch 2014]. URL: , darin: Arnulf Scriba: Eintrag „Die Schlacht bei Sedan“. 2018. URL: https://www.dhm.de/lemo/rueckblick/die-schlacht-bei-sedan-1870.html

Links

LeMO: Die Schlacht bei SedanLeMO: Die Reichsgründung 1871

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...bekam als den Preußen, welchen vollends ein kulturelles Sedan bereitet ward —, solches Denken ist nun geschlagen von der Aussicht, daß selb...

Absatz 20

Registereintrag

Verlust der deutschen Kolonien im Ersten Weltkrieg

Im Ersten Weltkrieg verlor das Deutsche Reich seine Kolonien in Afrika, Asien und im Pazifik nach unterschiedlich starker Gegenwehr: Im Pazifik hielt sich der deutsche Widerstand in Grenzen, in Afrika, vor allem im Kampf um Deutsch-Ostafrika, hielt er bis 1918 an. Da für den deutschen Kolonialismus vor allem wirtschaftliche Interessen im Vordergrund standen, war der Verlust eigentlich verkraftbar, insofern die Kolonien zwar für einzelne private Unternehmen lukrativ, für die Reichsfinanzen jedoch bis zuletzt ein reines Verlustgeschäft waren.

Quellen

Markus A. Denzel: Die wirtschaftliche Bilanz des deutschen Kolonialreiches. In: Die Deutschen und ihre Kolonien. Ein Überblick. Hg. v. Horst Gründer u. Hermann Hiery. Berlin: be.bra 2017, S. 144–160 ,

Enzyklopädie Erster Weltkrieg. In Verb. m. Markus Pöhlmann hg. v. Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich u. Irina Renz. Akt. u. erw. Studienausg. Paderborn: Ferdinand Schöningh 2009 , darin: Jürgen Zimmerer: Eintrag „Kolonialkrieg“, S. 617–620

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...an denken — stets dafür wirken; was wir verloren haben. Erinnerungen sind da aufgestellt an eine heldenhafte ...

Absatz 29

Registereintrag

Schweißfüße

Schon früh verwendete Kraus „Schweißfüße“ als Chiffre für deutschnationale, antisemitische Gesinnung (etwa F 219, 45). In einer Glosse von 1916 (Metaphysik der Schweißfüße) führte Kraus das romantische, volkstümliche und brutale Gesinnungsgemisch im völkischen Lager auf seelische „Schweißfüße“ zurück (F 431, 59). Auch die Tatsache, dass die Deutschösterreichische Tages-Zeitung als Organ der österreichischen Nationalsozialist:innen häufig Werbeanzeigen schaltete, die auf Linderung des Fußschweißes ausgerichtet waren, griff er in der Fackel mehrfach auf (etwa F 838, 106f.).

Quellen

Brigitte Stocker: Rhetorik eines Protagonisten gegen die Zeit. Karl Kraus als Redner in den Vorlesungen 1919 bis 1932. Wien u. Berlin: LIT Verlag 2013 (= Kritische Kulturstudien, Bd. 3) , S. 99–100

Links

Schmock, in: Die Fackel Nr. 219–220 Metaphysik der Schweißfüße, in: Die Fackel Nr. 431–436 Vorsicht!, in: Die Fackel Nr. 838–844

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... den einen, wenngleich wesentlichen Belang beschränkt geblieben ist. ...

Absatz 38

Registereintrag

Hungersnot in der Sowjetunion Anfang der 1930er

Aufgrund der Zwangskollektivierung der sowjetischen Landwirtschaft unter Stalin und der damit einhergehenden Quoten für die Ablieferung von Getreide und Fleisch war die ländliche Bevölkerung ab 1928 großem ökonomischem Druck ausgesetzt. 1932/33 führte die Kombination aus einer nochmaligen Erhöhung der Quoten und einer Missernte zu einer Hungerkatastrophe, die zwischen fünf und sieben Millionen Todesopfer (ca. drei Millionen allein in der Ukraine) zur Folge hatte. Die sowjetische Führung interpretierte die Situation als Sabotageakt der Landbevölkerung und reagierte u. a. mit der Abriegelung von Regionen und der Zwangsabnahme von Getreide – angesichts der hohen Opferzahlen in der Ukraine wird das Verhalten der sowjetischen Führung als Genozid an der ukrainischen Bevölkerung bewertet.

Quellen

Dekoder-GmbH (Hg.): Dekoder. Russland und Belarus entschlüsseln. URL: , darin: Robert Kindler: Eintrag „Hungersnot in der Sowjetunion 1932/33“. 2018. URL: https://www.dekoder.org/de/gnose/hungersnot-holodomor-sowjetunion-kollektivierung

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... noch immer weniger deutsche Arbeiter zugrunde gehen ließ als russische Bauern. Wahrscheinlich muß das alles so sein und erfordert ...

Absatz 51

Registereintrag

Der „Viermächtepakt“

Als die Genfer Abrüstungskonferenz ins Stocken geriet, wurde auf Vorschlag Mussolinis der Viermächtepakt ins Leben gerufen: eine Vereinbarung zwischen Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland, die den Erfolg der Genfer Konferenz sichern und die Unterzeichner zu Zusammenarbeit und Friedenspolitik verpflichtete, auch in Hinsicht auf eine Revision des Versailler Friedensvertrags und eine gleichberechtigte Behandlung Deutschlands. Der Vertrag wurde am 15. Juli paraphiert, jedoch nie ratifiziert.

Quellen

Helmuth K. G. Rönnefarth u. Heinrich Euler (Bearb.): Konferenzen und Verträge. Vertrags-Ploetz. Ein Handbuch geschichtlich bedeutsamer Zusammenkünfte und Vereinbarungen. Teil II, Bd. 4: Neueste Zeit 1914–1959. 2., erw. u. veränd. Aufl. Würzburg: A. G. Ploetz 1959 , S. 124–125

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...erung des ‚Völkischen Beobachters‘ über den Viermächtepakt läßt sich nachempfinden, wenn man die relativ kurze Zeit be...

Absatz 39

Registereintrag

Die „Sümpfe“ von 1914

Der „Schrecken des Wiedererkennens“ (Absatz 6) bezog auch die Rede davon mit ein, „Kampfuntüchtige in Sümpfen zu ersticken“: 1914 waren es russische Soldaten gewesen, die im Zuge der Schlacht von Tannenberg – wie die Neue Freie Presse titelte – in die masurischen Sümpfe ‚hineingeworfen‘ worden waren. Schon 1914, in In dieser großen Zeit, findet sich eine Anspielung höchstwahrscheinlich auf dieses Ereignis (F 404, 3). In der Folge kommt es bei Kraus wiederholt im Zusammenhang mit der kriegshetzerischen Lyrik Ottokar Kernstocks (Der Tag der Rache, 1916) oder Franz Karl Ginzkeys (Ballade von den Masurischen Seen, 1914) zur Sprache, in der Fackel ebenso wie in den Letzten Tagen der Menschheit (III. Akt, 32. Szene bzw. II. Akt, 1. Szene). Die von Kraus oft zitierte Stelle bei Kernstock lautet: „Da winkte Gott — der Rächer kam, / Das Racheschwert zu zücken / Und, was dem Schwert entrann, im Schlamm / Der Sümpfe zu ersticken.“

Quellen

Sigurd Paul Scheichl: „In dieser großen Zeit". Ein Kommentar. Unter Mitarb. v. Ulrike Lang. Kraus-Hefte (1989), H. 50, S. 2–19 , S. 6f

Links

ANNO: Neue Freie Presse vom 31. 8. 1914 In dieser großen Zeit, in: Die Fackel Nr. 404 vom Dezember 1914 Geteilte Ansichten über die Kriegsberichterstattung, in: Die Fackel Nr. 413–417 vom Dezember 1915 Kernstock der Jugend!, in: Die Fackel Nr. 437–442 vom November 1916

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...en«, was bisher nur erfolgreich mit Russen unternommen wurde, so erhält man durch diesen Anschauungsunterricht wahrlich e...

Absatz 46

Registereintrag

Erwin Piscator 1933

Im Gegensatz zu vielen anderen Kulturschaffenden, die 1933 vom Regime bedroht waren, musste der kommunistische Theatermacher Erwin Piscator nicht fliehen: Schon seit 1931 war er für Filmarbeiten in der Sowjetunion. In Berlin hatte er zuvor auf den Piscator-Bühnen etliche inszenatorische Neuerungen (Etagenbühne, Segment-Globus-Bühne, das „laufende Band“) eingeführt, war aber wirtschaftlich gescheitert. 1936 erfuhr er im Rahmen einer Parisreise vom Beginn der Schauprozesse Stalins und kehrte nicht in die Sowjetunion zurück. 1939 emigrierte er weiter nach New York, wo er an der „New School for Social Research“ einen „Dramatic Workshop“ gründete. Mit Kraus verbanden ihn zwar der politische Anspruch des Theaters sowie die Technik des Dokumentarischen – paradigmatisch in den Letzten Tagen der Menschheit –, seine starken Schaueffekte und die aktualisierenden Eingriffe in Klassikertexte jedoch widerstrebten Kraus.

Quellen

Hans-Jörg Grell: Erwin Piscator 1893–1966. Stationen seines Lebens – Stichworte zu Werk und Wirkung. In: „Leben – ist immer ein Anfang!“ Erwin Piscator 1893–1966. Der Regisseur des politischen Theaters. In Zsarb. m. d. Akademie der Künste, Berlin, hg. v. Ullrich Amlung. Marburg: Jonas 1993, S. 11–33 , S. 21–28

Alexandra Millner: Literatur und Theater. In: Karl Kraus-Handbuch. Leben, Werk, Wirkung. Unter Mitarb. v. Isabel Langkabel u. Johannes Knüchel hg. v. Katharina Prager u. Simon Ganahl. Berlin: Metzler 2022, S. 271–288 , S. 282

Zum Text

... Aus der Vergangenheit — Schwamm drüber — möchte er Piscator mit seinen »Anregungen« herüberretten und selbstverständlich die »ideelle Zie...

Absatz 11

Registereintrag

Die Hilfspolizei

Unter dem Vorwand der Bedrohung der öffentlichen Sicherheit durch kommunistische Umsturzbestrebungen stellte Göring am 22. Februar 1933 in Preußen eine Hilfspolizei zur Unterstützung der regulären Polizeikräfte auf. Rekrutiert wurden die 50.000 Hilfspolizisten aus SA, SS und „Stahlhelm“. Die anderen deutschen Länder zogen nach erfolgter Gleichschaltung schnell nach. Die sehr hohen Kosten wurden vom Reich übernommen; Reichsinnenminister Fricks Ankündigung, ab Mitte August keine Mittel mehr zur Verfügung zu stellen, bedeutete das Ende der Hilfspolizei (mit Ausnahme von Württemberg, wo sie bis Ende 1933 weiterbestand). Das Verhältnis zwischen regulärer und Hilfspolizei war schwierig, Misstrauen und Vorbehalte aufgrund früherer Auseinandersetzungen kamen von Seiten der NSDAP-Verbände sowie von Seiten der Polizei: Sie scheiterte daran, die nun zu Hilfspolizisten erhobenen und ihr damit formal unterstellten SA-Mitglieder zu kontrollieren, die weiterhin brutal gegen politische Gegner vorgingen. Die deutschsprachige Presse meldete bald Bedenken von Seiten des Auslandes: Die Gründung der Hilfspolizei sei mit dem Versailler Vertrag unvereinbar und verstoße etwa gegen die dort festgelegte Obergrenze der deutschen Streitmächte.

Quellen

Florian Dierl: Die Ordnungspolizei. In: Ordnung und Vernichtung. Die Polizei im NS-Staat [Ausstellungskatalog]. Hg. v. d. Deutschen Hochschule der Polizei u. a. Dresden: Sandstein 2011, S. 30–41 , S. 33

Antonio Vera: Von der ‚Polizei der Demokratie‘ zum ‚Glied und Werkzeug der nationalsozialistischen Gemeinschaft‘. Die Polizei als Instrument staatlicher Herrschaft im Deutschland der Zwischenkriegszeit (1918 –1939). Baden-Baden: Nomos 2019 , S. 447

Friedrich Wilhelm: Die Polizei im NS-Staat. Die Geschichte ihrer Organisation im Überblick. Paderborn u. a.: Schöningh 1997 (= Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart) , S. 47–48

Links

ANNO: Der Wiener Tag vom 26. 2. 1933 ANNO: Neues Wiener Tagblatt vom 3. 5. 1933

Zum Text

... Nun, das Problem der »Einrechnung der Hilfspolizei« verschwindet wohl vor der Frage, ob nicht mit jedem deutsch...

Absatz 21

Registereintrag

Rosenbergs ‚Mission‘ in London

Als Vorsitzender des neu gegründeten Außenpolitischen Amts der NSDAP fuhr Alfred Rosenberg in der ersten Maihälfte 1933 nach London, um die öffentliche Meinung gegenüber Deutschland positiv zu beeinflussen. Er sprach dort zwar mit dem Außenminister, mit dem Staatssekretär des Foreign Office sowie mit dem Kriegsminister; ersterer machte jedoch deutlich, dass Rosenberg nur auf Ersuchen des deutschen Botschafters hin empfangen worden war. Andere, wie der britische Premierminister, verweigerten Rosenberg ein Treffen. Zwei Tage früher als geplant trat er die Rückreise nach Deutschland an. Ihren Zweck hatte die Reise verfehlt, die öffentliche Meinung zum Regime in Deutschland war negativer denn je. Als außenpolitischer Vermittler wurde Rosenberg daraufhin bald von Joachim von Ribbentrop abgelöst.

Quellen

Hermann Graml: Hitler und England. Ein Essay zur nationalsozialistischen Außenpolitik 1920 bis 1940. München: Oldenbourg 2010 (= Zeitgeschichte im Gespräch, Bd. 7) , S. 57

Hermann Graml: Hitler und England. Ein Essay zur nationalsozialistischen Außenpolitik 1920 bis 1940. München: Oldenbourg 2010 (= Zeitgeschichte im Gespräch, Bd. 7) , S. 58

Franz Knipping (Bearb.): Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918–1945. Aus dem Archiv des Auswärtigen Amts. Hg. v. Hans Rothfels u. a. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1971 , darin: [Leopold von Hoesch]: Der Botschafter in London von Hoesch an das Auswärtige Amt [Telegramm vom 15. 5. 1933], S. 427–429

Volker Koop: Alfred Rosenberg: Der Wegbereiter des Holocaust. Eine Biographie. Wien u. Köln: Böhlau 2016 , S. 46

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...nd bis zu den erfolgreichen Missionen Rosenbergs und Habichts vor uns anrückten, den Versuchen, England zu gewinnen und Ö...

Absatz 43

...en zu erringen, schützen mußte, stieß also aufs Gegenteil, und man mag begreifen, daß ihm bei den vielen Erkundigungen...

Absatz 47

Registereintrag

Das „Menschenmaterial“

Der Begriff „Menschenmaterial“, schon seit dem 19. Jahrhundert in verschiedenen Kontexten gebräuchlich, bezeichnete im Ersten Weltkrieg die Soldaten und machte sie so als (Verlust-)Posten in dessen Materialschlachten verrechenbar; Kraus kritisierte den Begriff in diesem Kontext in der Fackel mehrfach, auch in den Letzten Tagen der Menschheit ist von der „Schändung der Menschheit zum Menschenmaterial“ (II. Akt, 29. Szene) die Rede. Im Rahmen der NS-Ideologie bezeichnete er die Menschen als Masse mit bestimmten, „rassisch“ bedingten Eigenschaften. 1942 wurde seine Verwendung per Presseanweisung untersagt.

Quellen

Cornelia Schmitz-Berning: Vokabular des Nationalsozialismus. Berlin u. New York: de Gruyter 1998 , darin: Eintrag „Menschenmaterial“, S. 399–403

Links

Das Menschenmaterial, in: Die Fackel Nr. 484–498 vom Oktober 1918

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... wie nur jene, die dem Weltkrieg das »Menschenmaterial« zugewiesen hat. Aber ihr Verfahren, das mit diesem noch weit kürzern Pro...

Absatz 27

Registereintrag

„Puttkamerun“

Der Begriff „Puttkamerun“ kann auf gleich zwei Mitglieder der Familie von Puttkamer bezogen werden: auf Jesko von Puttkamer, 1895–1907 Gouverneur Kameruns, unter dessen Regime in der von Skandalen und Unruhen erschütterten Kolonie die systematische Unterdrückung, Enteignung und Zwangsumsiedelung der Bevölkerung stattfand, zugunsten von Kautschukplantagen, an denen Puttkamer selbst Teilhaber war. Im Mai 1907 stürzte er über private Skandale und Vorwürfe seine Amtsführung betreffend. Allerdings fand der Begriff auch in Bezug auf Puttkamers Vater, Robert von Puttkamer, Anwendung: Als preußischer Innenminister (1881–1888) bekämpfte er dort die Sozialdemokratie. Eine Sammlung von u. a. gegen ihn und seine Durchsetzung der Sozialistengesetze gerichteten Flugblättern Wilhelm Liebknechts etwa ist mit Erzieherisches aus Puttkamerun untertitelt.

Quellen

Gisela Graichen u. Horst Gründer: Deutsche Kolonien. Traum und Trauma. Unter Mitarb. v. Holger Diedrich. Berlin: Ullstein 2005 , S. 107–108

Winfried Speitkamp: Die deutschen Kolonien in Afrika. In: Horst Gründer u. Hermann Hiery (Hg.): Die Deutschen und ihre Kolonien. Ein Überblick. Berlin: be.bra 2017, S. 65–88 , S. 70

Vetter Niemand [d. i.: Wilhelm Liebknecht]: Trutz Eisenstirn. Erzieherisches aus Puttkamerun. Ein vierblättriges Broschüren-Kleeblatt. 2 Teile. London: German Cooperative Printing and Publishing 1889/1890 (= Sozialdemokratische Bibliothek, Bd. 29) ,

Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Bayerische Staatsbibliothek: Deutsche Biographie. URL: , darin: Wolfgang Neugebauer: Eintrag „Puttkamer, Robert Viktor Freiherr von“. 2003. URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz103911.html

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...it Hintansetzung des Gedenkens an das berühmte Schlagwort »«) fleckenre...

Absatz 29

Registereintrag

Der Völkermord an den Armeniern und seine gerichtliche Verfolgung

Während des Ersten Weltkriegs hatte das Osmanische Reich einen der ersten Völkermorde des 20. Jahrhunderts begangen: Eine verheerende Niederlage gegen die Russen war der vorgeblich ‚unzuverlässigen‘ armenischen Minderheit angelastet worden. Im April 1915 wurde die politische und kulturelle Elite der Armenier verhaftet und umgebracht; die Männer der armenischen Bevölkerung wurden außerhalb der Städte hingerichet, Frauen und Kinder nach Alleppo deportiert, mit dem Ziel, möglichst wenige von ihnen lebend dort ankommen zu lassen. Unzählige kamen auf den Märschen durch Massaker, Hunger, Durst und Krankheit ums Leben. Die türkische Regierung bereicherte sich am Eigentum der Armenier. Die Schätzungen hinsichtlich der Opferzahlen liegen zwischen 800.000 und 1,5 Millionen Toten. Noch während des Krieges gab die Entente bekannt, die Verantwortlichen gerichtlich zu verfolgen. Nach Kriegsende überließ Großbritannien die Verhaftungen bald der Türkei selbst, die Verfolgung der Verantwortlichen ging jedoch schleppend voran. Erste Verfahren fanden ab 5. Februar 1919 statt. Als es im Februar und März 1920 erneut zu Massakern an Armeniern kam, wurde Istanbul von den Briten besetzt. Bis November des Jahres waren schließlich 144 Urteile gefällt worden. Eine Schwierigkeit stellte die Auseinandersetzung der Regierung in Istanbul mit der Nationalbewegung Mustafa Kemals in Ankara dar, die gegen die Prozesse opponierte. Als Istanbul von der Nationalbewegung eingenommen wurde, beendete eine von der Nationalregierung am 31. März 1923 gewährte Generalamnestie die gerichtliche Verfolgung des Völkermords an den Armeniern endgültig.

Quellen

Taner Akçam: Armenien und der Völkermord. Die Istanbuler Prozesse und die türkische Nationalbewegung. Hamburg: Hamburger Edition 1996 , 100–121

Holger Kremser: Vertreibung und Bevölkerungsaustausch nach dem Ersten Weltkrieg. In: Der Erste Weltkrieg und seine Folgen für das Zusammenleben der Völker in Mittel- und Ostmitteleuropa. Teil 2. Hg. v. Gilbert H. Gornig u. Adrianna A. Michel. Berlin: Duncker & Humblot 2019 (= Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht, Bd. 33), S. 223–246 , S. 223–226

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...Armeniergreuel erinnert, (gegen welche sie eingreifen konnte) an Torturen Anstoß nimmt, deren Ersinnung weit mehr Phantas...

Absatz 43

Registereintrag

Eugenik

Während Überlegungen zur Eugenik oder ‚Erbpflege‘ in der Weimarer Republik durchaus auch von anderen Parteien angestellt worden waren, wurde dieses Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Gedankengut von den Nationalsozialisten besonders vehement verfochten. Ziel war die Züchtung eines ‚erbgesunden‘, ‚rassenreinen‘ Volkes durch Eingriff in die Fortpflanzungsrechte. Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, das die Sterilisation ohne Einverständnis der Betroffenen ermöglichte, weckte in der Bevölkerung kaum Widerstand. Die ‚Euthanasie‘ psychisch Kranker setzte nach Kriegsbeginn ohne Inkenntnissetzung der Gesamtbevölkerung ein. Zu den vom „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ betroffenen Krankheitsbildern bzw. Symptomen zählten (nach heutiger Nomenklatur) Intelligenzminderung, Schizophrenie, bipolare affektive Störung, erbliche Epilepsie, erbliche Chorea Huntington, erbliche Blindheit und Taubheit, schwere erbliche körperliche Fehlbildungen sowie schwerer Alkoholismus.

Quellen

Manfred Vasold: Medizin. In: Enzyklpopädie des Nationalsozialismus. Hg. v. Wolfgang Benz, Hermann Graml u. Hermann Weiß. 5., akt. u. erw. Aufl. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2007, S. 235–250 , S. 259–276

Links

ALEX: Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933

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...chlossen sich wohl nicht nur wegen der vielfachen eugenischen Möglichkeiten, die jetzt eröffnet sind, sondern auch wegen ...

Absatz 19

...Anschauungsunterricht wahrlich einen so niederschmetternden Begriff von Eugenik wie der biedere Kent, als er vor der Runde ausbrach: ...

Absatz 46

Registereintrag

Hermann Lüdemann im KZ

Als Oberpräsident von Niederschlesien hatte sich Hermann Lüdemann bei der NSDAP durch entschiedenes Auftreten gegen rechtswidrige Zeitungsartikel und das Verbot von Aufmärschen unbeliebt gemacht. Von Hindenburg im Juli 1932 entmachtet, wurde er im Juni 1933 (wahrscheinlich am 20.) verhaftet, verhört und nach Breslau zum neuen Polizeipräsidenten Edmund Heines gebracht. Linke Medien beschrieben die demütigenden Umstände der Einlieferung und der Lagerhaft. Lüdemann verbrachte zwei Monate in Dürgoy, war danach noch in zwei weiteren Konzentrationslagern inhaftiert und wurde erst im Februar 1935 entlassen. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich anschließend als Teilhaber und Geschäftsführer eines kleinen Berliner Kinos.

Quellen

Rolf Fischer: Hermann Lüdemann und die deutsche Demokratie. Neumünster: Wachholtz 2006 , S. 80–110

Links

ANNO: Arbeiter-Zeitung vom 12. 8. 1933

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...tische Kampfzeichen zu nähen und ihn Besuchern vorzuzeigen — so ist man doch gewiß berechtigt, es nicht zu glauben. ...

Absatz 48

Registereintrag

Die „legale Offensive“ gegen die NSDAP in den Landtagen

Nach dem Parteiverbot der NSDAP in Österreich am 19. Juni 1933 war Niederösterreich das erste Bundesland, in dem die Landtagsmandate der NSDAP für erloschen erklärt wurden. Am 21. Juni beschloss der sozialdemokratische Parteivorstand, diktatorische Mittel zu befürworten, solange sie auf Grundlage der Verfassung beschlossen würden. In der Landtagssitzung vom 23. Juni erklärte dementsprechend der sozialdemokratische Landtagsvizepräsident von Niederösterreich, Leopold Petznek, die Partei hätte dem Ansinnen des Landeshauptmannes, hier per Verordnung vorzugehen, nicht zugestimmt. Stattdessen wurde einstimmig ein Verfassungsgesetz zu diesem Zweck beschlossen. Weitere Bundesländer (als nächste: Wien und Salzburg) setzten in der Folge ähnliche Maßnahmen.

Quellen

Franz Schausberger: Ins Parlament, um es zu zerstören. Das parlamentarische Agi(ti)eren der Nationalsozialisten in den Landtagen von Wien, Niederösterreich, Salzburg und Vorarlberg nach den Landtagswahlen 1932. 2. Aufl. Wien, Köln u. Weimar: Böhlau 2012 (= Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg, Bd. 1) , S. 370–376

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...ralitätserklärung«, welcher aber die legale Offensive folgte, die wir dann eine »wahre Tat« nannten. Nach ihrem Vollbring...

Absatz 55

Registereintrag

Die deutsche Sozialdemokratie zu Beginn des Ersten Weltkriegs

Grundsätzlich war die deutsche Sozialdemokratie bereit, das Reich in einem nicht selbst verschuldeten Krieg zu unterstützen. Am 4. August 1914 stimmte sie den Kriegskrediten zu – unter der Bedingung, dass das Deutsche Reich einen Verteidigungskrieg führen würde, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Sicherung des Reiches gewährleistet ist; die Zustimmung wurde als Sensation aufgenommen. Der ‚Burgfrieden‘ zwischen den politischen Fraktionen begann ab 1916 wegen wachsender Auseinandersetzungen etwa über die Kriegsziele zu bröckeln.

Quellen

Enzyklopädie Erster Weltkrieg. In Verb. m. Markus Pöhlmann hg. v. Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich u. Irina Renz. Akt. u. erw. Studienausg. Paderborn: Ferdinand Schöningh 2009 , darin: Jeffrey Verhey: Eintrag „Burgfrieden“, S. 400–402

Zum Text

... abzuwehren vermochte, wie sie den Krieg gefördert hat. Die Schuld am Krieg von denen geleugnet, die ihn eröffnet h...

Absatz 20

... für die sie ja auch entschlossen in den Weltkrieg zog; sie weiß, daß sie selbst sich, vor dem letzten Ende, von de...

Absatz 55

Registereintrag

Kraus und Goethes Pandora

Das 1807/1808 entstandene Fragment des Festspiels Pandora wird biographisch auf die Verunsicherungs- und Verlusterfahrungen Goethes während der Kriegsereignisse im Jahr 1806 bezogen. Der erste Teil des Schauspiels (der zweite Teil wurde nie ausgeführt) zeigt Epimetheus, den Gatten der Pandora, und seinen Bruder Prometheus sowie die ihnen zugeordneten Gruppen der Hirten bzw. Schmiede als Vertreter einander entgegenstehender, dabei alleine jeweils dysfunktionaler Lebensentwürfe: Während Prometheus für Tatkraft, Technik und Wehrhaftigkeit steht, vertritt Epimetheus Erinnerung, Sehnsucht und Kontemplation. Die (für den zweiten Teil vorgesehene) Wiederkehr Pandoras sollte die Widersprüche durch die Kunst vereinen. Für Kraus zentrale Motive waren hierbei die Konversion Prometheus’ zu einer kontemplativeren Lebensweise sowie die Macht der Memoria als Korrektiv der Gegenwart (in Bezug auf die Katastrophe des Ersten Weltkriegs). Schon 1917 trug Kraus die Pandora öffentlich vor; 1918 widmet er dem Text ein Gedicht (Die Flamme der Epimeleia, F 474, 85f.) Vielfach wurde ihm die fehlerhafte Wiedergabe des „heiligen“ Textes in verschiedenen Ausgaben Anlass zur Klage (etwa in F 484, 136–138). 1919 (und in den Folgejahren in mehreren Variationen) kontrastierte er den Text mit dem vorherrschenden Militarismus: „Ich glaube, daß eine Untersuchung, wie viel Deutsche die Pandora und wie viele den Roten Kampfflieger von Richthofen gelesen haben, ein Resultat zeitigen würde, das uns nicht gerade berechtigen könnte, uns in Kulturaffären mausig zu machen.“ (F 519, 10) 1932 eröffnete Radio Wien sein Programm zum Goethe-Jahr mit einer Übertragung von Kraus’ Lesung der Pandora.

Quellen

Gerhard Sauder: Festspiele. In: Goethe–Handbuch in vier Bänden. Hg. v. Bernd Witte u. a. Bd. 2: Dramen. Hg. v. Theo Buck. Stuttgart u. Weimar: Metzler 1995, S. 334–340 , S. 335–337

Gerald Stieg: Goethe als Maßstab der Ästhetik und Polemik von Karl Kraus. In: Karl Kraus – Ästhetik und Kritik. Beiträge des Kraus-Symposiums Poznań. Hg. v. Stefan H. Kaszyński u. Sigurd Paul Scheichl. München: edition text + kritik 1989, S. 71–81. , S. 75–77

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 380–381

Thomas Traupmann: Radiosendungen. In: Karl Kraus-Handbuch. Leben, Werk, Wirkung. Unter Mitarb. v. Isabel Langkabel u. Johannes Knüchel hg. v. Katharina Prager u. Simon Ganahl. Berlin: Metzler 2022, S. 221–231 , S. 227–228

Links

Die Flamme der Epimeleia, in: Die Fackel Nr. 474–483 vom Mai 1918 (Die Insel-Ausgabe der „Pandora“), in: Die Fackel Nr. 484–498 vom Oktober 1918 Brot und Lüge, in: Die Fackel Nr. 519–520 vom November 1919

Zum Text

..., daß der Dichter etwa eine besondere Beziehung zur »Pandora« unterhält, wenngleich er offenbar eine Faustnatur ist und wohl ...

Absatz 14

Registereintrag

Reparationen

Im Jänner 1921 hatten die Alliierten den Deutschen einen Reparationsplan über 226 Mrd. Goldmark und 12 % der Exportwerte vorgelegt, das deutsche Gegenangebot vom März über 30 Mrd. Goldmark wurde entsprechend als Provokation verstanden. Zwischenzeitlich wurden deutsche Städte besetzt und das Rheinland aus dem deutschen Zollgebiet gelöst. Im Mai stellten die Allierten ein sechstägiges Ultimatum über die Annahme der nunmehr auf 132 Mrd. reduzierten Forderung; Deutschland akzeptierte. Die erste Rate über eine Mrd. wurde fristgerecht bezahlt, schon für die zweite Rate jedoch Zahlungsaufschub erbeten. Weitere Verzögerungen führten zum Einmarsch französischer und belgischer Truppen ins Ruhrgebiet.

Der Dawes-Plan

Der Dawes-Plan von 1924 verringerte die deutschen Raten der Reparationszahlungen, zugleich erlangten die Alliierten einen gewissen Einfluss etwa auf die Reichsbahn und die Reichsbank; ein eingesetzter ‚Generalagent‘ war unter Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage Deutschlands zuständig für die Überweisung – und nötigenfalls Senkung – der Raten; zudem wurde das Ruhrgebiet von französischen Truppen geräumt.

Quellen

Der im Jänner 1930 angenommene Young-Plan reduzierte die deutschen Leistungen noch einmal, zudem entfielen die internationalen Kontrollen. Die Regelung wurde jedoch durch die Weltwirtschaftskrise hinfällig, auf Vorschlag des amerikanischen Präsidenten Hoover wurden sämtliche Zahlungen für ein Jahr eingestellt. Auf einem Gipfel in Lausanne 1932 wurden die restlichen Reparationsforderungen mit einer Abschlusszahlung von 3 Mrd. Goldmark für erledigt erklärt, auch dieser Restbetrag wurde jedoch nie überwiesen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Deutschland seit 1924 erst 11 Mrd. Reichsmark abgeleistet, dazu während der Inflationszeit von beiden Seiten unterschiedlich hoch bewertete Zahlungen und Sachleistungen. Die Reparationsfrage hatte vor allem aufgrund der damit verbundenen Kriegsschuldfrage einen starken Wählerzulauf bei politisch rechtsstehenden Parteien zur Folge gehabt. Sowohl der Dawes-Plan als auch der Young-Plan waren zum Gegenstand wütender Kampagnen geworden. Die im Kampf gegen den Young-Plan mit ‚respektableren‘ rechten Kräften verbundene NSDAP gewann hier politisches Gewicht und wurde in der rechten Presse wohlwollend behandelt. Auch Kraus kritisierte die Reparationszahlungen, jedoch nicht aus außen-, sondern aus innenpolitischen und vielmehr noch aus moralischen Gründen: Die pekuniäre Abgeltung würde weder die tatsächlichen Täter treffen noch der eigentlichen Dimension des Unrechts gerecht werden. In Hüben und Drüben bezeichnet er die Reparationen nicht als „Strafgericht an den Schuldigen“, sondern als „Pfändung ihrer Opfer“ (F 876, 20).

Quellen

Links

Hüben und Drüben, in: Die Fackel Nr. 876–884 von Mitte Oktober 1932 LeMO: Reparationen

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...htbare Niederlage mit moralischer Wirkung. Mit »Reparationen« — Rechnungslegung in einem Wahnraum, den auch die andern be...

Absatz 20

...die reduzierteste Leistung den Staatshaushalt in Ketten lege. Aber in keine geologisch ermeßbare Ferne reicht der Gedanke...

Absatz 20

Registereintrag

Der Dawes-Plan

Quellen

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... 7. Der Dawes-Plan wird mit sofortiger Wirkung aufgehoben und die Deutsc...

Absatz 39

Registereintrag

Das Buch Josua

Die ersten 12 Kapitel des Buches Josua beschreiben die Eroberung von Kanaan durch die von Gott dazu ermunterten und dabei unterstützten Israeliten. Als historischer Hintergrund dieser als ‚Landnahme‘ bezeichneten Eroberung des Westjordanlandes ist tatsächlich jedoch kein einheitliches kriegerisches Geschehen anzunehmen, vielmehr ein sukzessives Einsickern verschiedener, später als ‚Israel‘ bezeichneter Gruppen.

Die „Sonne von Gibeon“

Kraus polemisierte vielfach gegen die auch im Ersten Weltkrieg instrumentalisierte Vorstellung vom gottgewollten Krieg, nicht zuletzt in seinem erstmals am 17. April 1916 vorgetragenen Gebet an die Sonne von Gibeon (F 423, 58–64), das die Aggression der Mittelmächte und die des Volkes Israel aufeinander projiziert und dabei auf eine Episode des Buches Josua Bezug nimmt: als Sonne und Mond in der Schlacht bei Gibeon aufgrund einer göttlichen Intervention zugunsten Israels stehen bleiben. Schon zu Kraus’ Lebzeiten war dieser Bezug auf das Volk Israel Anlass für Antisemitismus-Vorwürfe gegen Kraus (vgl. dazu den Beginn von Absatz 37 der Dritten Walpurgisnacht).

Quellen

Links

Gebet an die Sonne von Gibeon, in: Die Fackel Nr. 423–425 von Mai 1916

Quellen

Kogler, Franz (Hg.): Herders neues Bibellexikon. Freiburg im Breisgau u. a.: Herder 2008 , darin: David Volgger: Eintrag „Josuabuch“, S. 394–396; Friedrich Vinzenz Reiterer: Eintrag „Landnahme“, S. 432–464; Felix Gradl: Eintrag „Gibeon / Gibeoniter“, S. 257–258

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Änderungen in Mein Kampf

Entgegen Kraus’ Äußerung bzw. seiner (noch nicht identifizierten) Quelle trifft dies höchstwahrscheinlich nicht zu. Zwei hier inhaltlich in Frage kommende Stellen erfuhren in der Publikationsgeschichte von Mein Kampf keine Änderungen. Die einzige inhaltlich relevante Änderung seit der Erstausgabe 1925 betrifft das von Hitler vormals vertretene Ideal einer „germanischen Demokratie“: eine Formulierung, mit der rhetorisch das autoritäre Führerprinzip kaschiert werden sollte, die 1930 aber dennoch – zumindest an einer Stelle – ersetzt wurde. Nunmehr war dort von „unbedingte[r] Führerautorität“ die Rede.

Quellen

Hitler, Mein Kampf. Eine kritische Edition. Im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte u. unter Mitarb. v. Pascal Trees, Angelika Reizle u. Martina Seewald-Mooser hg. v. Christian Hartmann u. a. 13. Aufl. 2022. URL: , Bd. I, Kap. 3, Anm. 125. URL: https://www.mein-kampf-edition.de/?page=band1%2Fp090.html#Fn125Chap3-volI-p067

Sven Felix Kellerhoff: „Mein Kampf“. Die Karriere eines deutschen Buches. Stuttgart: Klett-Cotta 2015 , S. 164–167

Othmar Plöckinger: Geschichte eines Buches: Adolf Hitlers „Mein Kampf“ 1922–1945. 2., akt. Aufl. München: Oldenbourg 2011 , S. 193–195

Links

Mein Kampf (Kritische Edition), Bd. 1, Kap. 10 Mein Kampf (Kritische Edition), Bd. 2, Kap. 1

Zum Text

... haben und eben im Lauf der Zeit mißdeutbar geworden sein. Eindeutiger ist, wenn ein Unter-Anführer die Programmgläubi...

Absatz 37

...im Gegensatz zu der Erkenntnis von der Notwendigkeit, das Volk zu beschwindeln, noch in späteren Auflagen zu finden ist: ...

Absatz 62

Registereintrag

Keine „Kolonie Frankreichs“

Am 21. März 1931 war die drei Tage zuvor erfolgte Unterzeichnung einer Zollunion zwischen Österreich und Deutschland öffentlich geworden. Das Abkommen sorgte für einen Skandal, da die Zollunion als Verstoß gegen das ‚Anschlussverbot‘ aufgefasst wurde. Mitte Mai legte Frankreich die Zollunionspläne dem Haager Gerichtshof vor. Zugleich bewarb sich Österreich um eine französische Schatzanleihe, weil kurz davor der katastrophale Zusammenbruch der Creditanstalt bekannt geworden war. Die daran geknüpften Bedingungen waren Ursache für die antifranzösische Agitation der Sozialdemokratie und die Rede davon, keine „Kolonie Frankreichs“ sein zu wollen.

Quellen

Hanns Haas: Österreich im System der Pariser Vororteverträge. In: Handbuch des politischen Systems Österreichs. Erste Republik 1918–1933. Hg. v. Emmerich Tálos u. a. Wien: Manz’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung 1995, S. 665–681 , S. 674

Zum Text

...heidung, vielleicht doch lieber »eine Kolonie Frankreichs« als eine Preußens zu sein, ...

Absatz 56

Registereintrag

Das „Schulter an Schulter“ mit den Großdeutschen

Während die Frage der deutsch-österreichischen Zollunion noch dem Haager Gerichtshof vorlag, musste Österreich am 7. August 1931 um eine große Anleihe bitten – denn kurz davor war die Creditanstalt zusammengebrochen. Die Lausanner Protokolle, von Dollfuß am 15. 7. 1932 unterzeichnet, knüpften die Anleihe erneut an die Bedingung des ‚Anschlussverzichts‘. Sozialdemokraten und Großdeutsche opponierten (erfolglos).

Quellen

Links

Arbeiter-Zeitung vom 29. Juli 1932

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...ürdigen Schulter an Schulter mit jenem großdeutschen Sepp. Denn immer wird sie die Redefreiheit für diejenigen postuli...

Absatz 56

Registereintrag

„Johannes der Täuscher“

Aufgrund der in einer Rede Ernst Rüdiger von Starhembergs vom 24. September 1931 gegen Johann Schober gerichteten Invektive „Johannes der Täuscher“ änderte sich Kraus’ Beurteilung des Heimwehrführers: Noch im März bekannte Kraus in der Fackel sein „Grauen“ vor Starhemberg (F 847, 10), in einem Vortrag vom 13. November indes lobte er dessen Formulierung (F 864, 2). Unbekannt dürfte ihm gewesen sein, dass Starhemberg hier eine Wendung des Wiener NSDAP-Gauleiters Alfred Eduard Frauenfeld zitierte, die dieser am 5. August 1931 verwendet hatte.

Quellen

J. W. Brügel: Unverdientes Lob für Starhemberg? In: Kraus-Hefte (1980), H. 14, S. 13–15 , S. 14–15

Links

Wichtigkeit!, in: Die Fackel Nr. 847–851 von Ende März 1931 Schober, in: Die Fackel Nr. 864–867 vom Dezember 1931

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...icher Formulierung politischen Täuscherwesens gelangt ist, auch nicht mehr richtig und vollends nicht nach ...

Absatz 57

Registereintrag

Karl Kraus contra Völkischer Beobachter

Der Münchner Völkische Beobachter hatte am 3. März 1928 Kraus sowie dessen Traumstück attackiert; die daraufhin gegen den Redakteur Wilhelm Weiß eingereichte Klage war erfolgreich, Weiß wurde zu einer Zahlung von 200 Mark verurteilt. Weiß’ „Entrüstung“ ob der vorgeblichen „Verhöhnung“ der Frontsoldaten wurde dabei als stark strafmindernd angesehen.

Quellen

Johannes Knüchel u. Isabel Langkabel (Hg.): Karl Kraus: Rechtsakten der Kanzlei Oskar Samek. Wissenschaftliche Edition. Auf Grundlage der Vorarbeiten Katharina Pragers, unter Mitarb. v. Laura Untner u. a. 2022. URL: , darin: Akte 99 Karl Kraus ca. Völkischer Beobachter (München). URL: https://kraus.wienbibliothek.at/legalkraus-app/objects/188671

Johannes Knüchel u. Isabel Langkabel (Hg.): Karl Kraus: Rechtsakten der Kanzlei Oskar Samek. Wissenschaftliche Edition. Auf Grundlage der Vorarbeiten Katharina Pragers, unter Mitarb. v. Laura Untner u. a. 2022. URL: , darin: Akte 99 Karl Kraus ca. Völkischer Beobachter – 99.22 Urteil des Amtsgerichts München vom 11. Juni 1928, S. 8. URL: https://kraus.wienbibliothek.at/legalkraus-app/lesefassung/207904

Zum Text

...‚Völkischen Beobachter‘, der gleich eine größere bekam, nationale Erregung zugebilligt worden, da sie fanden,...

Absatz 64

Registereintrag

Karl Kraus contra Fränkischer Kurier

Der Fränkische Kurier in Nürnberg hatte Kraus anlässlich des Traumstücks beschimpft. Kraus bzw. seine Anwälte klagten den verantwortlichen Redakteur Oskar Franz Schardt sowie den eigentlichen Urheber des Arikels, Ernst Hohenstatter. Die Klage gegen letzteren wurde zurückgewiesen, ersterer zuerst freigesprochen (der Richter erkannte die Angemessenheit solcher Mittel im politischen Kampf an ), in zweiter Instanz dann zu einer Geldstrafe von – nur – 50 Mark verurteilt.

Quellen

Johannes Knüchel u. Isabel Langkabel (Hg.): Karl Kraus: Rechtsakten der Kanzlei Oskar Samek. Wissenschaftliche Edition. Auf Grundlage der Vorarbeiten Katharina Pragers, unter Mitarb. v. Laura Untner u. a. 2022. URL: , darin: Akte 103 Karl Kraus ca. Fränkischer Kurier – 103.24 Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 2. August 1928, S. 7. URL: https://kraus.wienbibliothek.at/legalkraus-app/lesefassung/211412

Johannes Knüchel u. Isabel Langkabel (Hg.): Karl Kraus: Rechtsakten der Kanzlei Oskar Samek. Wissenschaftliche Edition. Auf Grundlage der Vorarbeiten Katharina Pragers, unter Mitarb. v. Laura Untner u. a. 2022. URL: , darin: Akte 103 Karl Kraus ca. Fränkischer Kurier. URL: https://kraus.wienbibliothek.at/legalkraus-app/objects/188489

Zum Text

...nstanz zu einer kleinen Geldstrafe verurteilt wurde, war wie dem Schriftleiter des ‚Völkischen Beobachter‘, ...

Absatz 64

Registereintrag

Kraus und der Fremdenverkehr

Schon früh bekundete Kraus seine Abneigung gegen die Bemühungen von offizieller Seite, den österreichischen Tourismus anzukurbeln. Die Fetischisierung des Fremden als Objekt des Fremdenverkehrs stand in seinen Augen im krassen Widerspruch zur eigentlichen Fremdenfeindlichkeit der Wiener und ging Hand in Hand mit der entwürdigenden Verwandlung der Bevölkerung in zudringliche Domestiken. Bei gleichzeitigem Bemühen, Sehenswürdigkeiten herzustellen, verdränge der Fremdenverkehr tatsächliche Kulturwerte. In Pfleget den Fremdenverkehr sieht er 1913 einer Zeit entgegen, in der gereimte Fremdenverkehrswerbung die Lyrik seiner Kindheit verdrängt haben wird (F 372, 16–18), was in den Letzten Tagen der Menschheit wieder aufgenommen wird (I/9, V/23); ebenfalls wird dort die tatsächlich ventilierte Idee thematisiert, die Schauplätze des Krieges als Tourismusattraktionen anzupreisen (V/24), was drei Jahre nach dem Krieg dann von den Basler Nachrichten in die Tat umgesetzt wurde.

„Schlachtfelder-Rundfahrten“

Die im September und Oktober 1921 von den Basler Nachrichten veranstalteten und beworbenen „Schlachtfelder-Rundfahrten im Auto“ – unter anderem zum Schauplatz der Schlacht von Verdun – waren Anlass zu Kraus’ Reklamefahrten zur Hölle, einer Textmontage, die eine Welt zeichnet, „in der es keinen Quadratzentimeter Oberfläche gibt, der nicht von Granaten und Inseraten durchwühlt wäre“ (F 577, 98).

Quellen

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 81–83

Links

Reklamefahrten zur Hölle, in: Die Fackel Nr. 577–582 vom November 1921

Quellen

Maria Giovanna Campobasso: «Pfleget den Fremdenverkehr!» Karl Kraus e la propaganda d’incentivo al turismo. In: Studia theodisca 25 (2018), S. 111–138. DOI: ,

Links

Pfleget den Fremdenverkehr, in: Die Fackel Nr. 372–373 von April 1913 Pfleget den Fremdenverkehr, in: Die Fackel Nr. 717–723 von April 1926

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...1000 Mark-⨯Taxe hergegeben wird, bin ich bereit, den Fremdenverkehr zu bejahen, als wirtschaftliche ultima ratio, als würdigstes Mittel der...

Absatz 54

Registereintrag

„Schlachtfelder-Rundfahrten“

Quellen

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 81–83

Links

Reklamefahrten zur Hölle, in: Die Fackel Nr. 577–582 vom November 1921

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Registereintrag

„Schlachtfelder-Rundfahrten“

Quellen

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 81–83

Links

Reklamefahrten zur Hölle, in: Die Fackel Nr. 577–582 vom November 1921

Verfälschende Zitatpraxis

Zum einen gehörte Zuspitzung durch Kürzung oder Hervorhebung zum Handwerk des zitierenden Satirikers; zum anderen wurden im Text der Dritten Walpurgisnacht bzw. der Fackel Nr. 890–905 schon früh (nämlich 1935 von Robert Ungar unter dem Pseudonym „Jaromir“ ) verfälschende Kürzungen durch Kraus festgestellt. Zu den wichtigsten Fällen gehört zweifellos die Kürzung der Erklärung der sozialdemokratischen Partei, sie sei „zu Verhandlungen nicht bereit“, um die darauf folgende Bedingung: „solange das Parlament und die Verfassung ausgeschaltet sind.“ (Die dem von Kraus als positives Gegenbild gegenübergestellte Ansprache Leopold Kunschaks enthält indessen – ebenfalls ausgesparte – deutschtümelnde Elemente. ) Ebenso spitzte Kraus Oscar Pollaks Gegenüberstellung, es gebe zwar „bisher keine Mißhandlungen und keine Konzentrationslager“, dafür aber auch „keine Staatsbürgerfreiheit, kein Parlament, keine Verfassung, keinen Schutz der sozialpolitischen Gesetze“ auf den bloßen Gegensatz von „kein Konzentrationslager“ und „kein Parlament“ zu ; an anderer Stelle unterschlägt er, dass Adolf Schärf nicht bloß über Festnahmen aufgrund von Verordnungen, sondern aufgrund von dezidiert gesetzeswidrigen Verordnungen klagt.

Quellen

J. W. Brügel: Einige Bemerkungen zur „Fackel“ 890–905. In: Kraus-Hefte (1980), H. 14, S. 7–13 , S. 287

Eckart Früh: Nicht verhandlungsbereit. In: Kraus-Hefte (1981), H. 17, S. 10 ,

Simon Ganahl: Karl Kraus und Peter Altenberg. Eine Typologie moderner Haltungen. Konstanz: Konstanz University Press 2015 , S. 88–89

Simon Ganahl: Karl Kraus und Peter Altenberg. Eine Typologie moderner Haltungen. Konstanz: Konstanz University Press 2015 , S. 89

Simon Ganahl: Karl Kraus und Peter Altenberg. Eine Typologie moderner Haltungen. Konstanz: Konstanz University Press 2015 , S. 88

Jaromir [d. i. Robert Ungar]: Letzten Endes. Eine Studie über Karl Kraus. Wien: Moderna [1935] , S. 23

Alfred Pfabigan: Karl Kraus und der Sozialismus. Eine politische Biographie. Wien: Europaverlag 1976 , S. 350

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...ch werden Tausende von Menschen täglich eingesperrt auf Grund von Verordnungen. Dieselbe Beredt?samkeit, der es »gar nicht einfällt, ...

Absatz 56

... übersehen«, daß es — nein, das erriete niemand — daß es »kein Parlament« gibt! (Die deutschen Genossen wären vielleicht heute bereit, diesen ...

Absatz 57

Registereintrag

Germanisierung slawischer Stämme

Die hier gelisteten Stammesbezeichnungen stellen – nach der damals aktuellsten vollständigen Brockhaus-Auflage (14.) – eine Ansammlung von Über- und Unterbegriffen bzw. Synonymen dar: Die Wilzen und Obotriten seien Teilstämme der Polaben, die früher als Sorben bezeichnet worden seien, die wiederum in ihrer damals aktuellen Bedeutung identisch seien mit den Wenden, als welche früher die Slawen im Ganzen bezeichnet worden seien. Die hier angespielte Darstellung des mittelalterlichen Prozesses der Unterwerfung bzw. Assimilation dieser Stämme durch Deutsche im Zuge der sog. ‚Ostkolonisation‘ diente in der deutschen Geschichtswissenschaft auch ideologischen – nationalistischen, rassistischen und kulturchauvinistischen – Zwecken, in der Zwischenkriegszeit nicht zuletzt zur Untermauerung der revisionistischen Forderungen nach Rückgabe der verlorenen preußischen Gebiete an Deutschland.

Quellen

Gerd Althoff: Die Beurteilung der mittelalterlichen Ostpolitik als Paradigma für zeitgebundene Geschichtsbewertung. In: Die Deutschen und ihr Mittelalter. Themen und Funktionen moderner Geschichtsbilder vom Mittelalter. Hg. v. Gerd Althoff. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1992 (= Ausblicke), S. 147–164 , S. 149–161

Brockhaus’ Konversations-Lexikon. 14., vollst. neubearb. Aufl. Neue rev. Jubiläums-Ausg. Bd. 10: K – Lech. Leipzig, Berlin u. Wien: F. A. Brockhaus 1902. Digitalisat auf archive.org: , darin: Eintrag „Kassuben (Kaschuben)“, S. 218

Brockhaus’ Konversations-Lexikon. 14., vollst. neubearb. Aufl. Neue rev. Jubiläums-Ausg. Bd. 13: Pesa – Ruder. Leipzig, Berlin u. Wien: F. A. Brockhaus 1903. Digitalisat auf archive.org: , darin: Eintrag „Polaben“, S. 222

Brockhaus’ Konversations-Lexikon. 14., vollst. neubearb. Aufl. Neue rev. Jubiläums-Ausg. Bd. 14: Rudera – Soccus. Leipzig, Berlin u. Wien: F. A. Brockhaus 1903. Digitalisat auf archive.org: , darin: Eintrag „Slawen“, S. 1036

Brockhaus’ Konversations-Lexikon. 14., vollst. neubearb. Aufl. Neue rev. Jubiläums-Ausg. Bd. 15: Social – Türken. Leipzig, Berlin u. Wien: F. A. Brockhaus 1903. Digitalisat auf archive.org: , darin: Eintrag „Sorben“, S. 66

Brockhaus’ Konversations-Lexikon. 14., vollst. neubearb. Aufl. Neue rev. Jubiläums-Ausg. Bd. 16: Turkestan – Zz. Leipzig: F. A. Brockhaus 1903. Digitalisat auf archive.org: , darin: Eintrag „Wilzen“, S. 748

Jörg Hackmann: Deutsche Ostsiedlung. In: Handbuch der völkischen Wissenschaften. Akteure, Netzwerke, Forschungsprogramme. Bd. 2. Hg. v. Michael Fahlbusch, Ingo Haar u. Alexander Pinwinkler unter Mitarb. v. David Hamann. 2., grundlegend erw. u. überarb. Aufl. Berlin u. Boston: Walter de Gruyter 2017, S. 976–997 , S. 977–980

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... hat, da ihnen ja eben das preußische Geblüt entstammte, das heute so strenge Anforderungen an Rasse stellt Aber Jud...

Absatz 22

Registereintrag

NS-Größe als Kinderschänder

Die Wendung vom „Urheber des radikalern Judenboykotts“ spielt höchstwahrscheinlich auf Julius Streicher an, den Vorsitzenden des für den Judenboykott vom 1. April verantwortlichen ‚Zentralkomitees‘. (Ein Zusammenhang zwischen Streicher und Kraus’ Klage gegen den Fränkischen Kurier, wie er im Text hergestellt wird, ist jedoch nicht nachweisbar.) Streicher, ehemaliger Lehrer, war 1926 im Rahmen einer gegen ihn gerichteten Kampagne mehrerer Sexualverbrechen (darunter Kinderschändung) bezichtigt worden; obwohl er vor Gericht erfolgreich gegen die Urheber vorging, blieben die Vorwürfe in der öffentlichen Meinung bestehen und fanden vielfach Eingang in Zeitungsberichte und Publikationen politischer Gegner.

Quellen

Daniel Roos: Julius Streicher und „Der Stürmer“ 1923–1945. Paderborn: Ferdinand Schöningh 2014 , S. 283–285

Daniel Roos: Julius Streicher und „Der Stürmer“ 1923–1945. Paderborn: Ferdinand Schöningh 2014 , S. 190–196

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ANNO: Die Stunde vom 7. 9. 1926

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...n seiner Lehrtätigkeit hin, Kinderschändung nachsagten. Der publizistische Irrtum, den er selbst beging, ist auf ein Mißverständnis m...

Absatz 64

Registereintrag

Salten als „Kompagnon“ Bekéssys

Am 18. 12. 1925 veröffentlichte Békessys Stunde einen Brief Peter Altenbergs mit negativen Äußerungen über Kraus , welcher, so schließt Kraus in der Fackel, der Zeitung von Felix Salten – einem langjährigen Gegner Kraus’ – zur Verfügung gestellt worden war. Dies hatte Die Stunde unterschlagen, in Kraus’ Darstellung war Salten danach jedoch gerichtlich zu dieser Klarstellung gezwungen gewesen (F 759, 98f.).

Quellen

Johannes Knüchel u. Isabel Langkabel (Hg.): Karl Kraus: Rechtsakten der Kanzlei Oskar Samek. Wissenschaftliche Edition. Auf Grundlage der Vorarbeiten Katharina Pragers, unter Mitarb. v. Laura Untner u. a. 2022. URL: , darin: Akte 28 Karl Kraus ca. Die Stunde. URL: https://kraus.wienbibliothek.at/legalkraus-app/objects/188924

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Was sich alles einschleichen kann, in: Die Fackel Nr. 759–765 vom Juni 1927

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... er aber nur als stiller Kompagnon Bekessys verknüpft bleibt). Denn man hat bis heute nicht erfahren, wem durch die Bankette des Penklubs g...

Absatz 25

Registereintrag

Johann Schober zwischen Steffi Richter und Lord Rothermere

Zeitungsmeldungen zufolge hatte Johann Schober 1930 Stephanie von Hohenlohe (geb. Richter), die schon seit Mitte der 1920er Jahre mit dem Zeitungsbaron Lord Rothermere bekannt war und großen Einfluss auf dessen Themenwahl hatte, beauftragt, diesen brieflich um Unterstützung für das Wahlbündnis „Schoberblock“ zu bitten – mit Bezug auf die freundliche Berichterstattung, die Rothermere in der Vergangenheit Hitler hatte angedeihen lassen. Während Kraus hieraus eine Affinität Schobers für Hitler ableitete, sind Schober zumindest keine judenfeindlichen Äußerungen nachzuweisen; im betreffenden Wahlkampf 1930 hatte er sich von seinen deutschnationalen Bündnispartnern die Unterlassung antisemitischer Ausfälle zusagen lassen.

Quellen

Rainer Hubert: Schober. „Arbeitermörder“ und „Hort der Republik“. Biographie eines Gestrigen. Wien u. a.: Böhlau 1990 , S. 365–379

Martha Schad: Stephanie von Hohenlohe. Hitlers jüdische Spionin. München: Herbig 2012 , S. 25–27

Karina Urbach: Go-Betweens for Hitler. Oxford: Oxford University Press 2015 , S. 225–235

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ANNO: Österreichisches Abendblatt vom 19. 7. 1933

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...ie gelobt hatte, eisern dem Nationalsozialismus gehalten.) Welch ein Menschliches muß zur Abklärung gelangen, bevor di...

Absatz 41

Registereintrag

Deutschlands „Platz an der Sonne“

Die Forderung nach einem „Platz an der Sonne“ wurde im Zusammenhang mit Deutschlands kolonialen Bestrebungen 1897 von Bernhard von Bülow erstmals geäußert und in den folgenden Jahrzehnten vielfach wieder aufgenommen – auch von Kraus, der sie in der Fackel, nicht zuletzt aber in den Letzten Tagen der Menschheit (etwa im Couplet des Kommerzienrats Wahnschaffe im III. Akt, 40. Szene) kritisch zitiert.

Quellen

Agnes Pistorius: „Kolossal montiert“. Ein Lexikon zu Karl Kraus „Die letzten Tage der Menschheit“. Wien: Ibera 2011 , S. 378–379

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...dwo hinaus⨯ zu wollen, vermutlich um einen Platz an der Sonne zu gewinnen, den man dem andern nimmt. ...

Absatz 43

Registereintrag

Die „Gelegenheit 1918“

Zu Kraus’ Vorwurf an die Sozialdemokratie, die „Gelegenheit 1918“ – das revolutionäre Klima nach dem Untergang der Monarchie – nicht zu einem Umsturz der österreichischen Gesellschaftsordnung genutzt zu haben, ist anzumerken, dass Kraus selbst 1918 ein Gegner der radikalen Linken war und die Sozialdemokratie als Möglichkeit wahrnahm, diese im Zaum zu halten. Die extreme Linke, das waren aus Kraus’ Perspektive vor allem die jüngst radikalisierten Schriftsteller, von denen manche gerade noch im Kriegspressequartier gearbeitet hatten und die sich nun aus Opportunismus zu einem lachhaften Revolutionsversuch hinreißen ließen. Den Räterepubliken Ungarn und München stand Kraus zudem sehr kritisch gegenüber. Der Republik Österreich hingegen wünschte er, dass sie „mit den Mitessern der Revolution ein Ende mache“ (F 514, 86).

Quellen

Alfred Pfabigan: Karl Kraus und der Sozialismus. Eine politische Biographie. Wien: Europaverlag 1976 , S. 222

Alfred Pfabigan: Karl Kraus und der Sozialismus. Eine politische Biographie. Wien: Europaverlag 1976 , S. 242–246

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 229–231

Florian Wenninger: Genosse ex negativo? Hypothesen zum Verhältnis von Karl Kraus und der österreichischen Sozialdemokratie. In: Geist versus Zeitgeist. Karl Kraus in der Ersten Republik. Hg. v. Katharina Prager. Wien: Metroverlag 2018, S. 60–79 , S. 69

Norbert Christian Wolf: Revolution in Wien. Die literarische Intelligenz im politischen Umbruch 1918/19. Wien, Köln u. Weimar: Böhlau 2018 , S. 288–289

Links

Die Sintflut, in: Die Fackel Nr. 499–500 vom Nov. 1918 Nachruf, in: Die Fackel Nr. 501–507 vom Januar 1919 Proteste, in: Die Fackel Nr. 514–518 vom August 1919 Gespenster, in: Die Fackel Nr. 514–518 vom August 1919

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...hern: die Einsicht, daß nun einmal, weil die Gelegenheit 1918 verpfuscht ist; weil die Sozialdemokratie den Frieden verloren hat und eben d...

Absatz 52

Registereintrag

Die ‚Mission‘ Habichts

Am 12. Juni wurde Habicht, der NSDAP-Landesinspektor und -Parteileiter in Österreich, in Folge des nationalsozialistischen Attentats auf den Heimwehrführer Richard Steidle festgenommen und ausgewiesen, als Reaktion verfuhr Deutschland mit dem österreichischen Presseattaché in Berlin, Erwin Wasserbäck, ebenso. Zuvor hatte Deutschland versucht, Habicht zum Presseattaché der deutschen Gesandtschaft in Wien zu ernennen (was diplomatischen Schutz für seine Agitationstätigkeit bedeutet hätte), wozu Österreich jedoch am 27. Mai die Zustimmung verweigerte. In Deutschland verlegte Habicht seine agitatorische Tätigkeit in den Rundfunk; bis Anfang 1934 war Habicht noch in Dollfuß’ Versuche involviert, eine Aussprache mit Hitler in die Wege zu leiten.

Quellen

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...nd bis zu den erfolgreichen Missionen Rosenbergs und Habichts vor uns anrückten, den Versuchen, England zu gewinnen und Ö...

Absatz 43

Registereintrag

Das Berliner Tageblatt 1933

Einst das liberale Aushängeschild der Weimarer Republik, geriet das Berliner Tageblatt ab 1931 in finanzielle Schwierigkeiten. Noch am Tag der Reichstagswahl am 5. März 1933 veröffentlichte die Zeitung, die stets einen strikt antinazistischen, demokratischen Kurs verfolgt hatte, einen Wahlaufruf des Chefredakteurs Theodor Wolff gegen Hitler; schon vor Erscheinen des Artikels hatte Wolff Deutschland verlassen. Nach einem erstmaligen Verbot am 10. März war auch die Zeit danach vielfach von politischen und finanziellen Schwierigkeiten geprägt. Ende 1934 wurde die Zeitung von der Cautio Treuhand-Gmbh übernommen, 1936 ‚gleichgeschaltet‘, 1939 mit der DAZ verschmolzen. Margret Boveri berichtet, dass im September 1933 versucht wurde, bei Goebbels die Stimmung des Regimes gegenüber dem Blatt auszuloten; dieser versprach dem Blatt aufgrund von dessen Auslandswirkung gewisse Freiräume, hielt diese Zusage jedoch nicht ein. Ein ‚Toleranzbefehl‘, wie ihn die Dritte Walpurgisnacht nahelegt, konnte nicht eruiert werden.

Quellen

Margret Boveri: Wir lügen alle. Eine Hauptstadtzeitung unter Hitler. Olten: Walter 1965 , S. 161–163

Gotthart Schwarz: Berliner Tageblatt, Berlin (1872–1939). In: Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts. Hg. v. Heinz-Dietrich Fischer. Berlin u. Boston: de Gruyter 1972 [reprint 2017], S. 315–327 , S. 324–327

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... — dem Toleranz befohlen wurde (wenngleich nur ausnahmsweise) und das fürs weltbürgerliche Bedürfnis sogar die Leistungen jüdischer Gelehrt...

Absatz 22

Registereintrag

Bartels’ „Mißvergnügen“

Von großem Einfluss im ‚Dritten Reich‘ war die Geschichte der deutschen Literatur (1901/02) des antisemitischen, völkisch-rassistischen Schriftstellers und Publizisten Adolf Bartels, die 1924–1928 in einer dreibändigen Ausgabe erschien. Als Mitglied der Heimatkunstbewegung opponierte er gegen die gesellschaftlichen und künstlerischen Erscheinungsweisen der Moderne. 1942 wurde er NDSDAP-Ehrenmitglied.

Quellen

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...ch das Mißvergnügen verrät, das der Bartels an der Epoche hat und das auf Gegenseitigkeit beruht. Das Ereignishafte in a...

Absatz 32

Registereintrag

Zwischen „Theater, Presse und Justiz“ in Berlin

In Berlin hielt Kraus zahlreiche Vorlesungen, nicht zuletzt jedoch verbanden ihn mit der Stadt Ambitionen, in der dortigen Theaterszene Fuß zu fassen. In der ersten Hälfte der 20er Jahre engagierte er sich – auch finanziell – für Berthold Viertels Theaterunternehmen „Die Truppe“ und stellte sich Angriffen von Theaterkritikern auf Viertel entgegen. Mitte der 1920er Jahre vermehrt mit innerösterreichischen Polemiken befasst (gegen Békessy und Schober), wandte Kraus Berlin ab 1928 wieder seine Aufmerksamkeit zu: Nicht nur beobachtete er die Berliner Theaterszene, am 20. Oktober 1929 fand an der Berliner Volksbühne die Premiere seines Dramas Die Unüberwindlichen statt (F 827, 1–41), in dem Kraus sich mit der Verflechtung von Politik, Presse und Finanz auseinandersetzte und deutlich auf Schober, Békessy sowie dessen Geldgeber Camillo Castiglioni verwies. Trotz großen Erfolgs wurde das Stück – auf politischen Druck von österreichischer sowie deutscher Seite – abgesetzt. Kraus beschritt gegen die Berliner Volksbühne den Rechtsweg (F 868, 24f.). Im Jänner 1930 erfolgte zudem eine Aufführung von Kraus’ Die letzte Nacht am Theater am Schiffbauerdamm ; mit den Reaktionen darauf setzte sich Kraus ausführlich in der Mai-Fackel auseinander (F 834, 46–70).

Quellen

Johannes Knüchel u. Isabel Langkabel (Hg.): Karl Kraus: Rechtsakten der Kanzlei Oskar Samek. Wissenschaftliche Edition. Auf Grundlage der Vorarbeiten Katharina Pragers, unter Mitarb. v. Laura Untner u. a. 2022. URL: , darin: Akte 136 Karl Kraus ca. Volksbühne Berlin. URL: https://www.kraus.wienbibliothek.at/legalkraus-app/akten-edition/kultur/theater/objects/189039

Katharina Prager: Berthold Viertel. Eine Biografie der Wiener Moderne. Wien: Böhlau 2018 , S. 280

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 365

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 365–371

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 372

Links

Die Unüberwindlichen, in: Die Fackel Nr. 827–833 von Anfang Februar 1930 [Zur Aufführung »Die Unüberwindlichen«], in: Die Fackel Nr. 868–872 vom März 1932 Die letzte Nacht, in: Die Fackel Nr. 834–837 vom Mai 1930

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...eater, Presse und Justiz erlebt und schon aufgezeichnet habe, der Nachwelt unverloren, auch der Mitwelt zugänglich werden...

Absatz 8

Registereintrag

Der Mörder Edmund Heines

1928 erregte der Fememordprozess um Edmund Heines großes Aufsehen: Infolge eines Erpressungsversuchs an einem der damaligen Beteiligten war Heines als Anstifter bzw. Täter in einem Mordfall aus dem Jahr 1920 angeklagt worden. Damals hatte er als Mitglied des „Freikorps Roßbach“ einen mutmaßlichen Verräter erschossen. Heines wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt; das ein Jahr später schon unter veränderten politischen Umständen stattfindende Revisionsverfahren verringerte das Urteil auf fünf Jahre und gestand dem Angeklagten zu, „von der vaterländischen Wichtigkeit seiner Aufgabe durchdrungen“ gewesen zu sein. Noch 1929 kam Heines wieder frei. Ab 1930 zeichnete er sich als Reichstagsabgeordneter durch Beschimpfungen, Drohungen und tätliche Angriffe aus; als schlesischer SA-Chef war er für hunderte Opfer unter den politischen Gegnern der NSDAP verantwortlich. In seiner Funktion als Breslauer Polizeipräsident errichtete er das Konzentrationslager Breslau-Dürrgoy. 1934 wurde er im Rahmen des sogenannten ‚Röhm-Putsches‘ ermordet.

Quellen

Irmela Nagel: Fememorde und Fememordprozesse in der Weimarer Republik. Wien: Böhlau 1991 , S. 57–58, 244–257, 273–278, 345

Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Bayerische Staatsbibliothek: Deutsche Biographie. URL: , darin: Rainer Orth: Eintrag „Heines, Edmund“. 2022. URL: https://www.deutsche-biographie.de/dbo064477.html

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...räftige Heines, der selbst einst ein Beispiel gegeben hat, für seine Schutzbefohlenen vorsieht. Einer von diesen behau...

Absatz 48

...heusal von Breslau, der Mörder und Polizeipräsident Heines alte Männer peitschen und den früheren Oberpräsidenten von ...

Absatz 48

Registereintrag

Der Gegner Heine

Während Heinrich Heine – der selbst ab 1831 in Paris im Exil lebte – begreiflicherweise Identifikationsfigur für viele aus Deutschland Vertriebene wurde , war sein Werk in Deutschland ab 1933 geächtet. Zwar ist nicht nachweisbar, dass Heines Werke am 10. Mai unter den verbrannten Büchern waren, Heine tauchte weder davor noch danach auf den ‚schwarzen Listen‘ des Regimes auf – seine Werke fielen erst 1940 unter das Verbot sämtlichen ‚jüdischen Schrifttums‘. Dennoch zogen große Verlage nach der ‚Machtergreifung‘ Heine-Ausgaben aus dem Angebot zurück. NS-Presse sowie Literaturgeschichtsschreibung und -wissenschaft versuchten indes durch Polemik, mehr noch durch Verschweigen, die enorme Popularität des Autors einzugrenzen, die vom Nationalsozialismus als Beweis für die umfassende jüdische Unterwanderung der deutschen Kultur angesehen wurde. In ihrer Argumentation gegen Heine konnten sich die Nationalsozialisten auf viele Jahrzehnte antisemitischer Heine-Polemik stützen. Auch Karl Kraus bediente sich aus diesem Fundus. In der Frühphase seiner Beschäftigung mit Heine (der schon im ersten Fackel-Heft genannt wird) hatte er noch eher die Heine-Gefolgschaft und die damit verbundene Presseberichterstattung im Visier, den ‚Heineismus‘, mit dem sich in seinen Augen Missstände wie Kulturphilistertum und die Vermischung von Kapitalinteressen und Kunst verbanden. Seine großen Texte Um Heine (F 199, 1–6), Heine und die Folgen (F 329, 1–33) und „Die Feinde Goethe und Heine“ (F 406, 52–89) waren sämtlich Reaktionen auf die Behandlung des Autors in der Neuen Freien Presse, einer der Trägerinnen des Heine-Kults; Kraus hingegen bezichtigte Heine, ein ‚Sprachschwindler‘ zu sein, der im Deutschen die Kluft zwischen Form und Inhalt aufgerissen und die ‚Franzosenkrankheit‘ des Feuilletonismus in Deutschland eingeschleppt habe; Kraus argumentierte hier vielfach antisemitisch. Zugleich wurde festgestellt, dass Kraus nach seiner ideologischen Neuausrichtung in den 1910er Jahren sowohl Themen als auch Textsorten („Zeitgedichte“) aus der Heine-Tradition übernahm.

Quellen

Dietmar Goltschnigg: Die Fackel ins wunde Herz. Kraus über Heine. Eine „Erledigung“? Texte, Analysen, Kommentar. Wien: Passagen 2000 , S. 17–84

Hartmut Steinecke: Heinrich Heine im Dritten Reich und im Exil. Hg. v. d. Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Paderborn: Schöningh 2008 (= Vorträge – Geisteswissenschaften, Bd. 416) , S. 45–48

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 395

Links

Um Heine, in: Die Fackel Nr. 199 vom 23. März 1906 Heine und die Folgen, in: Die Fackel Nr. 329/330 vom 31. August 1911 „Die Feinde Goethe und Heine“, in: Die Fackel Nr. 406–412 vom 5. Oktober 1915

Zum Text

... etwas einfällt, solange ein Schwindler vorbildlich wirkt, muß er um die Erhaltung besorgt sein, und man ahnt nicht, w...

Absatz 9

... naturgemäß dazu neigt, jedes Opfer deutscher Proskription mit einem Talent oder doch einem Charakter zu verwechsel...

Absatz 10

...s Haar kämmen, und man wird keines drin finden, das von Heine ist, noch auch die Leichen im ruhigfließenden Rhein. ...

Absatz 17

... pünktlich jeder dieser Verbannten sich als Nachfolger Heines, der auch schon kein echter war, empfiehlt, obgleich es gew...

Absatz 25

...en, daß er einst das Judentum und insbesondere Heinrich Heine verherrlicht hat, dem soeben eine Straßentafel in Chemnitz ...

Absatz 32

Registereintrag

Kraus, Platen und Heine

Im Zuge seiner jahrzehntelangen Auseinandersetzung mit Heine kam Kraus immer wieder auch auf August von Platen zu sprechen, der als Gegner Heines gewissermaßen prädestiniert war für Kraus’ Wohlwollen. Als Reaktion auf eine antisemitische Attacke Platens hatte Heine diesen dessen Homosexualität wegen verspottet, was den für Kraus unverzeihlichen Fall eines Eingriffs in die Intimsphäre darstellte, wie er ihn auch bei Zeitgenossen mehrfach anprangerte (prominent etwa im Falle der sogenannten „Eulenburg-Affäre“).

Quellen

Dietmar Goltschnigg: Die Fackel ins wunde Herz. Kraus über Heine. Eine „Erledigung“? Texte, Analysen, Kommentar. Wien: Passagen 2000 , S. 23, 62

Zum Text

...laten berufen, der ja ein noch besserer Dichter und Deutscher war und nicht bloß nachgedichtet, sondern gedichtet hat, ...

Absatz 33

Registereintrag

Die drei ‚Lamien‘ Fritsch, Paudler und Haid

Von den drei im Zusammenhang mit Goebbels’ Empfängen genannten Filmstars Willy Fritsch, Maria Paudler und Liane Haid konnte vor allem Willy Fritsch auch unter dem NS-Regime reüssieren. Liane Haid, ehemaliger Stummfilmstar und Leinwanddiva der 20er Jahre, erhielt ab 1934 keine Rollenangebote mehr in Deutschland und emigrierte 1942 in die Schweiz , nachdem sie noch 1938 ein Mietshaus von zur Flucht gezwungenen Juden gekauft hatte. Maria Paudler war vor allem in der zweiten Hälfte der 20er Jahre vielfach in Hauptrollen zu sehen, nach 1931 jedoch immer seltener. Noch 1933 jedoch verschaffte ihr Goebbels selbst ein Engagement. Willy Fritsch feierte nach 1933 zahlreiche Erfolge – auch wenn seine Filme in der NS-Zeit nicht mehr an frühere Leistungen anknüpfen konnten und seine Karriere nach der Emigration seiner langjährigen Filmpartnerin Lilian Harvey 1939 stagnierte. Während der NS-Zeit trat er in 35 Filmen auf, darunter zwei Propagandafilme, und wurde in die ‚Gottbegnadetenliste‘ der für das Regime besonders wichtigen Künstler:innen aufgenommen.

Quellen

Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Überarb. Ausg. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch 2009 , darin: Eintrag „Fritsch, Willy“, S. 150–151

Peter Longerich: Joseph Goebbels. Biographie. München: Siedler 2010 , S. 229

Brigitte Stocker: „Großartig hab’n S’ das g’macht Herr Hitler, nur so weiter, toi toi toi!“ – Karl Kraus’ Dritte Walpurgisnacht als historische Quelle für die Gleichschaltung der Theater. In: Theater unter NS-Herrschaft. Theatre under Pressure. Hg. v. Brigitte Dalinger u. Veronika Zangl. Göttingen: V & R unipress 2018, S. 83–95 , S. 89–90, FN 26

Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Berlin: Schwarzkopf & Schwarzkopf 2001 , darin: Eintrag „Liane Haid“, Bd. 3, S. 482–843

Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Berlin: Schwarzkopf & Schwarzkopf 2001 , darin: Eintrag „Maria Paudler“, Bd. 6, S. 161–162

Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Berlin: Schwarzkopf & Schwarzkopf 2001 , darin: Eintrag „Willy Fritsch“, Bd. 3, S. 117–118

biografiA. biografische Datenbank und Lexikon österreichischer Frauen. Hg. v. Ilse Korotin. URL: , darin: Karin Nusko: Eintrag „Haid Liane“ (2021)

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... das g’macht, Herr Hitler, nur so weiter, toi toi toi!« Und immer lachend Goebbels unter den Lamien: ...

Absatz 16

Registereintrag

Die Neue Freie Presse in Geldnöten

Die Neue Freie Presse machte seit 1925 Verluste, immer wieder kursierten Gerüchte über Verkaufspläne. Verhandlungen mit Ullstein zerschlugen sich 1929 ebenso wie 1932 Gespräche mit dem Auswärtigen Amt in Berlin. Im Mai/Juni desselben Jahres ging im Gegenzug für die Entschuldung des Blattes eine Mehrheit der Aktien – 65% – an ein Konsortium rund um Siegmund Bosel, das später auch die restlichen Anteile erwarb. Um eine Übernahme durch das nun nationalsozialistische Deutschland zu verhindern, wurde die Zeitung im Dezember 1934 von der österreichischen Bundesregierung übernommen.

Quellen

Simon Ganahl: Ad oculos et aures. Presse, Radio und Film in der Dritten Walpurgisnacht von Karl Kraus. Univ. Diss., Wien 2008 , S. 28

Theodor Venus: Die dunklen Jahre. Österreichs Ende und das Ende der „Neuen Freien Presse“. In: Ein Stück Österreich. 150 Jahre Die Presse. Hg. v. Julius Kainz u. Andreas Unterberger. Wien: Holzhausen 1998, S. 136–153 , S. 138–140

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... irgendwoher Zuschuß an nationaler Lebenshoffnung bekam. Wir stehen ja noch nicht vor der Übergabe, aber eine Verträ...

Absatz 23

Registereintrag

Kraus und Offenbach

Kraus war seit seiner Jugend mit den Operetten Jacques Offenbachs bekannt, vereinzelt hatten auch schon Offenbach-Melodien den Weg in Kraus’ Werk gefunden. Auf den Gedanken jedoch, Offenbach-Operetten selbst vorzutragen, brachte ihn Sigismund von Radecki. Anliegen der nun von ihm angestoßenen „Offenbach-Renaissance“ war es, einen Kontrapunkt zur gegenwärtigen Aufführungspraxis zu schaffen. Zudem stand das kosmopolitische Werk Offenbachs für Kraus im Kontrast etwa zur patriotischen Musik seiner Gegenwart oder Wagners männlich-militaristischem Heldenpathos. Im antimilitaristischen, antinationalistischen, antiklerikalen, gegen männlichen wie christlich-germanischen Chauvinismus gerichteten Offenbach erkannte Kraus seine eigene Position wieder. Zu einer rechten Störaktion gegen Madame l’Archiduc vermerkte er 1927, es gebe „keine Offenbacharier“ (F 806, 56). Von 1926 an trug Kraus an 123 Abenden Offenbach-Operetten vor, was Offenbachs Werk zum meist vorgetragenen in seinen Vorlesungen macht. Tagesaktuelles ließ Kraus hier meist nur über Zeitstrophen bzw. Extempores einfließen, in zwei Fällen indes hatte der gesamte Vortrag politische Implikationen: Die zehn Aufführungen der Briganten 1928/1929 fanden im Zusammenhang mit Kraus’ Kampagne gegen Johann Schober statt; auf die Nürnberger Rassegesetze von 1935 reagierte Kraus mit dem Vortrag der Kreolin.

Kraus’ Offenbach-Zyklus

Anlässlich von Offenbachs 50. Todestag veranstaltete die Berliner Funkstunde (in Kooperation mit anderen Sendern) einen 15-teiligen Offenbach-Zyklus; elf der ausgestrahlten Operetten fanden unter Kraus’ Wortregie und auf Grundlage seiner Bearbeitungen statt; zudem führte Kraus in einer vom österreichischen Rundfunk unabhängig vom Offenbach-Zyklus ausgestrahlten Inszenierung Regie.

Quellen

Jacques Le Rider: Vorlesungen. In: Karl Kraus-Handbuch. Leben, Werk, Wirkung. Unter Mitarb. v. Isabel Langkabel u. Johannes Knüchel hg. v. Katharina Prager u. Simon Ganahl. Berlin: Metzler 2022, S. 149–162 , S. 158

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 435–436

Christian Wagenknecht: Entstehung und Überlieferung. In: Karl Kraus: Schriften. Bd. 13: Theater der Dichtung. Jacques Offenbach. Hg. v. Christian Wagenknecht. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1994, S. 411–428 , S. 417–418

Links

»Offenbach-Renaissance«, in: Die Fackel Nr. 757–758 vom April 1927 Offenbach und der Troglodyt, in: Die Fackel Nr. 806–809 vom Mai 1929

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...hland hat, nicht einmal ich habe eine Agitation für Offenbach zugleich mit lächelnder Ablehnung Wagners betätigt, wiewohl...

Absatz 11

Registereintrag

Kraus’ Offenbach-Zyklus

Quellen

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..., das er ihr in zweien durch den Offenbach-Zyklus gewährt hat — eine sc...

Absatz 11

Registereintrag

Verträge mit der Berliner Funk-Stunde

Für Herbst 1932 waren offenbar Übertragungen von zwei Vorlesungen Kraus’ durch die Funk-Stunde Berlin vereinbart. Vom 6. September 1932 stammt ein Brief des Verlags Die Fackel, in dem nach den Terminen dazu gefragt wird, der entsprechende Akt der Kanzlei Samek enthält kein Antwortschreiben des Senders. Zu den beiden Vorlesungen kam es offenbar nicht mehr.

Quellen

Johannes Knüchel u. Isabel Langkabel (Hg.): Karl Kraus: Rechtsakten der Kanzlei Oskar Samek. Wissenschaftliche Edition. Auf Grundlage der Vorarbeiten Katharina Pragers, unter Mitarb. v. Laura Untner u. a. 2022. URL: , darin: Akte 180 Korrespondenz mit Funkstunde Berlin. URL: https://www.kraus.wienbibliothek.at/legalkraus-app/objects/188788

Sigurd Paul Scheichl: Karl Kraus im Rundfunk. In: Kraus-Hefte 1992, H. 61, S. 2–6 , S. 4–5

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... Rundfunk verbindet mich nichts mehr, nämlich zwei Kontrakte: Offenbachs »Reise in den Mond« zu inszenieren und Goethes »...

Absatz 36

Registereintrag

Die AEG 1933

Die AEG war 1933 schon länger in wirtschaftlicher Schieflage; in den Jahren seit 1928 hatte sie über 60% ihrer Belegschaft kündigen müssen. Zudem war die AEG, der traditionell der Ruf eines ‚jüdischen‘ Unternehmens anhing, stark von öffentlichen Aufträgen abhängig; in diesem Kontext ist der zitierte Geschäftsbericht zu sehen, dem schon im April eine Erklärung Otto Wageners vorausgegangen war, weder die AEG noch ihr Aktienkapital seien ‚jüdisch‘. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung besagten Berichts im Mai hatte die AEG noch drei jüdische stellvertretende Vorstandsmitglieder, mit 10. August jedoch keine mehr; sämtliche jüdische Aufsichtsratsmitglieder – sie hatten 1933 die Hälfte der Aufsichtsratsposten innegehabt – schieden bis 1938 aus.

Quellen

Martin Münzel: Die jüdischen Mitglieder der deutschen Wirtschaftselite 1927–1955. Verdrängung – Emigration – Rückkehr. Paderborn u. a.: Schöningh 2006 , S. 373–375

Links

UB Frankfurt: Jüdische Rundschau vom 23. 5. 1933

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...elungen ist, Juden unsichtbar zu machen und doch zu behalten. Dieser Gesellschaft hätte wohl kaum der Umstand geholfen, d...

Absatz 45

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NS-„Justizreform“

1933 konnte die NSDAP kein geschlossenes Konzept für eine Justizreform vorweisen. Konkrete Eingriffe erklärten sich z. T. aus dem Misstrauen der Partei gegen den Justizapparat der Weimarer Zeit. Dies äußerte sich einerseits in der Einführung der Sondergerichtsbarkeit zur Verfolgung politischer Delikte (März 1933), andererseits in personalpolitischen Eingriffen auf Grundlage u. a. des Berufsbeamtengesetzes, was auch Auswirkungen auf den Personalstand der Justizbeamtenschaft bis hinauf zu Generalstaatsanwälten und Landgerichtspräsidenten hatte. Darüber hinaus war dem Regime vor allem an der Nutzbarmachung der Justiz als Waffe gegen ihre politischen Gegner gelegen, wozu 1933 zahlreiche neue Verordnungen und Gesetze dienten, darunter etwa die Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar oder das Ermächtigungsgesetz vom 23. März, mittels derer zahlreiche Grundrechte aufgehoben wurden und die Macht der Gesetzgebung der Regierung übertragen wurde.

Die „Heimtückeverordnung“

Die sog. Heimtückeverordnung vom 21. März 1933 kriminalisierte jegliche Kritik am Regime und seinen Vertretern sowie den ‚Missbrauch‘ von Uniformen und Abzeichen.

Quellen

Michael Grüttner: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Bd. 19: Das Dritte Reich 1933–1939. 10., völlig neu bearb. Aufl. Hg. v. Wolfgang Benz. Stuttgart: Klett-Cotta 2014 , S. 131

Links

ALEX: Verordnung des Reichspräsidenten zur Abwehr heimtückischer Angriffe gegen die Regierung der nationalen Erhebung vom 21. März 1933

Grundlegend resultierten die Eingriffe des Regimes in die Rechtsordnung – mit der Aufhebung der Bindung des Staates an Gesetze sowie der Aufhebung des Rückwirkungsverbots – in einer Annäherung des deutschen Rechtssystems an den ‚Maßnahmenstaat‘ (Ernst Fraenkel).

Quellen

Michael Grüttner: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Bd. 19: Das Dritte Reich 1933–1939. 10., völlig neu bearb. Aufl. Hg. v. Wolfgang Benz. Stuttgart: Klett-Cotta 2014 , S. 129–135

Michael Grüttner: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Bd. 19: Das Dritte Reich 1933–1939. 10., völlig neu bearb. Aufl. Hg. v. Wolfgang Benz. Stuttgart: Klett-Cotta 2014 , S. 129

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...die Selbstgerechtigkeit funktioniert trotz einer Justizreform; und die Kolonialschau ist ...

Absatz 29

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Die „Heimtückeverordnung“

Die sog. Heimtückeverordnung vom 21. März 1933 kriminalisierte jegliche Kritik am Regime und seinen Vertretern sowie den ‚Missbrauch‘ von Uniformen und Abzeichen.

Quellen

Michael Grüttner: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Bd. 19: Das Dritte Reich 1933–1939. 10., völlig neu bearb. Aufl. Hg. v. Wolfgang Benz. Stuttgart: Klett-Cotta 2014 , S. 131

Links

ALEX: Verordnung des Reichspräsidenten zur Abwehr heimtückischer Angriffe gegen die Regierung der nationalen Erhebung vom 21. März 1933

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Registereintrag

Die „Heimtückeverordnung“

Die sog. Heimtückeverordnung vom 21. März 1933 kriminalisierte jegliche Kritik am Regime und seinen Vertretern sowie den ‚Missbrauch‘ von Uniformen und Abzeichen.

Quellen

Michael Grüttner: Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Bd. 19: Das Dritte Reich 1933–1939. 10., völlig neu bearb. Aufl. Hg. v. Wolfgang Benz. Stuttgart: Klett-Cotta 2014 , S. 131

Links

ALEX: Verordnung des Reichspräsidenten zur Abwehr heimtückischer Angriffe gegen die Regierung der nationalen Erhebung vom 21. März 1933

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...« fragt der Täter und verfolgt den Zeugen wegen Propaganda —: das ist es, was eine Annäherung des Verstandes an das...

Absatz 6

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NS-Indienstnahme deutscher Geistesgrößen

Die Vereinnahmung der hier genannten „deutsche[n] Größen“ der deutschen Klassik bzw. der Aufklärung durch den Nationalsozialismus funktionierte jeweils unterschiedlich gut:

Nationale und nationalsozialistische Schiller-Rezeption

Friedrich Schiller, der „Dichter der Nation“, war schon im Laufe des 19. Jahrhunderts zur Beschwörung der nationalen Einheit vereinnahmt worden; in der Schiller-Begeisterung sublimierte das Bürgertum auch die eigene politische Machtlosigkeit. Die Schiller-Rezeption der Weimarer Zeit fand verstärkt unter konservativ-reaktionären sowie militaristischen Vorzeichen statt, betont wurde das Ideal der Unterwerfung des Einzelnen unter eine Idee bzw. unter einen absoluten Wert. Völkische Lesarten begegneten etwa 1932 in Hans Fabricius’ Schiller als Kampfgenosse Hitlers. Die Indienstnahme Schillers durch die Nationalsozialisten (wie zum Beispiel im Schiller-Jahr 1934) übertraf noch den Schiller-Kult des 19. Jahrhunderts. Das Werk Schillers gehört in der Fackel zu den meistzitierten, wobei jedoch die bürgerliche Rezeption und die betreffende Reduktion Schillers auf aus dem Kontext gerissene Zitate hier vielfach mitreflektiert werden.

Quellen

Michael Hofmann: Wirkungsgeschichte. In: Schiller-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Unter Mitarb. v. Grit Dommes hg. v. Matthias Luserke-Jaqui. Stuttgart: Metzler 2005, S. 561–581 , S. 562–576

Kurt Krolop: „Die Berufung auf Schiller wird zur Gänze abgewiesen“ – Schiller-Bezüge der „Dritten Walpurgnisnacht“ im Lichte der „Fackel“. In: Ders.: Sprachsatire als Zeitsatire bei Karl Kraus. 2. Aufl. Berlin: Akademie Verlag 1992, S. 231–251 , 245–247

Goethe und Faust im Nationalsozialismus

Als Vertreter von humanistischen Werten, als Weltbürger und Napoleon-Verehrer, der zudem kein Interesse an den deutschen Befreiungskriegen zeigte, ließ sich Goethe von nationalsozialistischer Seite nicht ohne Weiteres vereinnahmen. Anders verhält es sich mit seinem Faust: Dieser war zum einen Quelle für schlagwortartige, dekontextualisierte Aneignungen; zum anderen wurde er regimekonform als Glorifizierung des ewig unerfüllten Tatmenschen gelesen, als Personifikation des ‚deutschen Wesens‘ (so etwa Rosenberg 1930 in Der Mythus des 20. Jahrhunderts); auch ließ sich etwa die Landgewinnung im zweiten Teil mit Bezug auf deutsche Eroberungsgelüste deuten (so etwa bei Adolf Bartels 1932 in Goethe der Deutsche oder bei Kurt Engelbrecht 1933 in Faust im Braunhemd).

Quellen

Thomas Zabka: Vom „deutschen Mythus“ zum „Kriegshilfsdienst“: „Faust“-Aneignungen im nationalsozialistischen Deutschland. In: Faust. Annäherung an eine Mythos. Hg. v. Frank Möbus, Friederike Schmidt-Möbus u. Gerd Unverfehrt. Göttingen: Wallstein 1995, S. 313–331 , S. 313–318

Kant im Nationalsozialismus

Immanuel Kants Lehre fand im Nationalsozialismus geteilte Resonanz: Einerseits wurde sein Universalismus – etwa von Alfred Rosenberg – als mit dem nationalsozialistischen Weltbild unvereinbar abgelehnt; andererseits diente Kants Philosophie auch hier als prominenter Bezugspunkt: Otto Dietrich etwa sieht in Kants praktischer Philosophie die Überwindung des Individualismus und das Hervortreten der (hier rassisch bzw. völkisch gelesenen) Gemeinschaft begründet; andernorts wird der Kant’sche Pflicht-Begriff nationalsozialistisch vereinnahmt. Auch wurde das ‚Verdienst‘ Kants gewürdigt, verschiedene für die Rassenlehre zentrale Termini präzisiert zu haben.

Quellen

Volker Böhnigk: Kant und der Nationalsozialismus. Einige programmatische Bemerkungen über nationalsozialistische Philosophie. Bonn: Bouvier 2000 (= Bonner philosophische Vorträge und Studien, Bd. 9) ,

Quellen

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...chuldigt, deutsche Größen wie Schiller, Goethe und Kant verhöhnt zu haben, so müssen wir uns kritisch frag...

Absatz 11

Registereintrag

Quellen

Primus-Heinz Kucher (Projektleitung): Transdisziplinäre Konstellationen in der österreichischen Literatur, Kunst und Kultur der Zwischenkriegszeit. Lexikon zum Literatur- und Kulturbetrieb im Österreich der Zwischenkriegszeit. URL: , darin: Primus-Heinz Kucher: Eintrag „Ullmann, Ludwig“, URL: https://litkult1920er.aau.at/litkult-lexikon/ullmann-ludwig/

Links

(Der Bosel der Adjektive), in: Die Fackel Nr. 613–621 vom April 1923 Dichters Klage, in: Die Fackel Nr. 622–631 vom Juni 1923 Die Seuche, in: Die Fackel Nr. 697–700–705 vom Oktober 1925

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...Bezug auf die Grundlage des Dritten Reiches Solideres heraus, und noch die Auskunft des Astrologen Knieriem gäbe besse...

Absatz 19

Registereintrag

Die Ungeduld von Kraus’ Leserschaft

Der Text spielt mehrfach auf diejenigen unter Kraus’ Leserschaft an, die angesichts der Vorgänge des Jahres 1933 eine Stellungnahme erwarteten und offenbar auch schriftlich einforderten – immerhin war seit 1930 auf der ersten Umschlagseite der Fackel zu lesen: „Erscheint vierteljährlich mindestens einmal.“ Ein handschriftlicher Entwurf erwähnt „die beiden Briefe“, die dem Motto der Dritten Walpurgisnacht eventuell hätten vorangestellt werden sollen und die womöglich mit den beiden 1934 in der Fackel Nr. 890 abgedruckten Zusendungen identisch sind. Das vorangegangene Heft der Fackel war schon im Dezember 1932 erschienen, das nun folgende Heft (Nr. 888 vom Oktober 1933) sollte jedoch nur die Grabrede auf Adolf Loos sowie das Gedicht Man frage nicht enthalten. Erst das übernächste Heft Nr. 890–905 enthielt dann zumindest Ausschnitte der Dritten Walpurgisnacht, wenn auch mit Änderungen wie Korrekturen und Aktualisierungen.

Quellen

Joseph Wälzholz: Rückzug? In: Karl Kraus-Handbuch. Leben, Werk, Wirkung. Unter Mitarb. v. Isabel Langkabel u. Johannes Knüchel hg. v. Katharina Prager u. Simon Ganahl. Berlin: Metzler 2022, S. 69–81 , S. 80

Christian Wagenknecht: Abbildungen zur Dokumentation. In: Karl Kraus: Schriften. Bd. 12: Dritte Walpurgisnacht. Hg. v. Christian Wagenknecht. 4. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2016, S. 359–372 , S. 362

Links

Die Fackel Nr. 888 vom Oktober 1933 Die Fackel Nr. 890 von Ende Juli 1934

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...weisen. Deshalb sollten die, die eine »Stimme« urgieren, sich bewußt sein, daß sie als Schrei noch aus erstic...

Absatz 1

...hinweg, deren freundlicher Wunsch nach einem Lebenszeichen nicht zu Ende gedacht scheint, und denen es keineswegs z...

Absatz 3

...gsgetümmel aufwiegt; von Lesern ermuntert und aufgehalten, die mit guter Meinung und schlechter Sicht im Gebirgsstu...

Absatz 64

Registereintrag

Solidarität mit einem „Einzelfall“

Wahrscheinlich war der hier angesprochene „Einzelfall“ derjenige Ernst Tollers: Als er 1919 am Ende der Münchner Räterepublik verhaftet wurde, wurde in einem Telegramm aus Wien (voreiliger) Protest gegen seine Hinrichtung laut. Unterzeichnet war das Telegramm von zahlreichen Größen aus Politik und Kultur. Für Kraus bedeutsam war an dieser Angelegenheit einerseits die Tatsache, dass niemand der Unterzeichneten von dem Telegramm wusste, dass aber andererseits eine Anzahl Kulturschaffender – darunter Franz Werfel, Franz Blei, Albert Ehrenstein, Albert Paris Gütersloh, Hugo Sonnenschein – nachträglich ihr Einverständnis gaben. Das wiederum war Anlass für Kraus, nun selbst ein Telegramm dieser Art zu verfassen (in dem er gegen die ungarische Räteregierung protestierte) und dieses der Presse zuzuspielen (F 514, 1–2).

Quellen

Alfred Pfabigan: Karl Kraus und der Sozialismus. Eine politische Biographie. Wien: Europaverlag 1976 , S. 244–245

Links

Proteste, in: Die Fackel Nr. 514–518 von Ende Juli 1919

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...t für den Einzelfall einer Formenjustiz alarmieren konnte: dieses Unbeschreibliche, das die Existenz an die Bedingung ...

Absatz 5

Registereintrag

Goebbels und Gundolf

Während Goebbels weithin als Schüler des enorm populären Literarhistorikers und Mitglieds des George-Kreises Friedrich Gundolf galt – tatsächlich hatte er bei diesem bloß 1920 eine Vorlesung besucht –, konnte er sein Vorhaben, bei Gundolf zu promovieren, nicht durchführen; stattdessen wurde er an Max von Waldberg verwiesen. Beide, Gundolf wie Waldberg, waren Juden, was Goebbels nicht zu stören schien.

Quellen

Claus-Ekkehard Bärsch: Der junge Goebbels. Erlösung und Vernichtung. 3., überarb. Neuaufl. München: Wilhelm Fink 2004 , S. 19–20

Peter Longerich: Joseph Goebbels. Biographie. München: Siedler 2010 , S. 37

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...lbst der Führer, dessen Ausdrucksvermögen keineswegs von Gundolf geschult wurde und dessen Weltbild nicht so sehr durch Freud als ...

Absatz 13

Registereintrag

Die SA nach der ‚Machtergreifung‘

Mehrfach nimmt die Dritte Walpurgisnacht Bezug auf die von der Situation der SA ausgehende Sprengkraft für das Regime und damit auf die Vorgeschichte der Ermordung der SA-Spitze Ende Juni / Anfang Juli 1934 im Zuge des sog. ‚Röhm-Putsches‘ . Während die NS-Führung schon im Sommer 1933 versuchte, die unkontrollierten Ausschreitungen der SA zu unterbinden, verkündete SA-Führer Ernst Röhm seinen nunmehr – nach erfolgter ‚Machtergreifung‘ – ziellosen Anhängern mehrmals und noch bis in den Frühling 1934, die nationalsozialistische Revolution sei noch nicht abgeschlossen. Seinen Vorstellungen entsprechend sollte die SA ein eigenständiger Machtfaktor im NS-Staat werden. Dazu erhöhte er die Mitgliederzahl der SA erheblich (Mitte 1934 betrug sie viereinhalb Millionen), pflegte lukrative Verbindungen mit der Industrie und knüpfte Beziehungen ins Ausland; auch eine Finanzierung der SA aus Reichsmitteln setzte er durch. Um jedoch die Stabilität des neuen Staates nicht zu gefährden, wirkte die Parteispitze Röhms Streben entgegen: Der Einfluss der SA-Kommissare wurde eingedämmt, Röhms Versuch, eine eigene SA-Gerichtsbarkeit durchzusetzen, scheiterte; das Röhm zuerkannte Ministeramt ohne Geschäftsbereich war eher ein Trostpflaster. Letztlich entschied sich Hitler gegen Röhms Vorstellungen eines Milizheeres und im Sinne der Reichswehr für die allgemeine Wehrpflicht; die SA habe nur vor- und untergeordnete Aufgaben in der Wehrhaftmachung zu erfüllen. Röhms Unmutsäußerungen nach dieser Entscheidung wurden Hitler hinterbracht.

Quellen

Simon Ganahl: „Natur! Natur!“ Die „Zweite Revolution“ in der „Dritten Walpurgisnacht“ von Karl Kraus. In: Weimarer Beiträge 57 (2011), H. 3, S. 325–344 ,

Peter Longerich: Geschichte der SA. München: C. H. Beck 2003 (= beck'sche reihe) , S. 179–205

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...lschewistischen Elemente, die von einer zweiten Revolution sprechen in einem Zeitpunkt, in dem das Volk und die Nat...

Absatz 63

Registereintrag

Kurt Tucholsky

Kurt Tucholsky war ein beredter Kritiker der Nationalsozialisten; sein Gedicht Deutschland, erwache wendete eine ihrer zentralen Parolen gegen sie, in Joebbels verspottete er den späteren Propagandaminister in Berliner Mundart, Hitler und Goethe ist ein ironischer Vergleich der beiden im Titel Genannten im Gewand eines Schulaufsatzes. Im schwedischen Exil (er lebte seit 1930 nicht mehr in Deutschland) verstummte er angesichts von Hitlers Machtübernahme, sein letzter Text in der Weltbühne erschien im Januar 1933. Im Mai wurden auch Tucholskys Bücher öffentlich verbrannt, am 23. August stand sein Name auf der ersten Ausbürgerungsliste; Ende 1935 starb er durch Suizid. Kraus, der Tucholskys jüngeres pazifistisches Engagement schätzte, hatte ihn indes wegen publizistischer Zugeständnisse sowie für seine Veröffentlichungen in ideologisch sehr unterschiedlich gelagerten Blättern kritisiert (siehe F 686, 61); wiederholt hatte er ihm darüber hinaus sein vergangenes Engagement für Kriegsanleihen sowie seine „Verulkung Rosa Luxemburgs“ vorgehalten (siehe etwa F 845, 23).

Quellen

Wolfgang Benz: Im Widerstand. Größe und Scheitern der Opposition gegen Hitler. München: C. H. Beck 2018 , S. 25

Wilhelm Kühlmann (Hg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollst. überarb. Aufl. Bd. 11: Si – Vi. Berlin u. New York: de Gruyter 2011 , darin: Anton Austermann: Eintrag „Tucholsky, Kurt“

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 130–131

Links

Der Fall Jacobsohn, in: Die Fackel Nr. 686–680 vom Mai 1925 (Mencken), in: Die Fackel Nr. 845–846 vom Dezember 1930

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...obelpreis mit dem Tucholsky auf einem Scheiterhaufen brennen; aber wenn es jemals ein Schulbeispiel dafür gegeben hat, da...

Absatz 10

... Oppositionsliteraten wie Karl Kraus und Tucholsky, die immer nur ein »Nein« gegen andere und nie ein ...

Absatz 11

Registereintrag

Eine Berliner Offenbach-Inszenierung

Ende Mai 1932 hatte Gustaf Gründgens’ Inszenierung von Offenbachs Die Banditen (Die Briganten) in der Berliner Städtischen Oper Premiere, auch er selbst stand dabei auf der Bühne. Im Oktober übersiedelte die sehr erfolgreiche Inszenierung an die (erst später so benannte) Hamburgische Staatsoper. In einer Rezension für die Frankfurter Zeitung gelang es Bernhard Diebold, zugleich die Inszenierung überschwänglich zu loben und das Stück selbst – vor allem den Text – zu verreißen (FZ vom 3. Juni 1932).

Quellen

Thomas Blubacher: Grustaf Gründgens. Biographie. Leipzig: Henschel 2013 , S. 138

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...reifen, die in der Städtischen Oper so große Zugkraft hatten. ...

Absatz 12

Registereintrag

Franz von Papen in Amerika

Seit 1913 Militärattaché in Washington, richtete Franz von Papen während des Ersten Weltkriegs eine „Kriegsnachrichtenstelle“ ein, als Tarnung diente eine deutsche Firma in New York. Seine Aktivitäten blieben nicht unentdeckt, schon Ende 1915 musste er ausreisen. Ihm wurden Wirtschaftsspionage und Sabotage vorgeworfen, im April des Folgejahres wurde auch Anklage wegen der geplanten Sprengung einer Eisenbahnbrücke erhoben. Außerdem wurde Papen vorgeworfen, in die von deutschen Agenten durchgeführte Sprengung von Black Tom Island – einem Umschlagplatz von für den Transport nach Europa vorgesehenen Rüstungsgütern – verwickelt zu sein. Weil Papen fälschlicherweise davon ausging, dass die diplomatische Immunität nicht nur für ihn, sondern auch für sein Gepäck gilt, gelangten auf der Heimreise Dokumente in die Hände der Briten, mithilfe derer zahlreiche deutsche Agenten in den USA enttarnt und verhaftet werden konnten.

Quellen

Reiner Möckelmann: Franz von Papen. Hitlers ewiger Vasall. Darmstadt: Philipp von Zabern 2016 , S. 17–18

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...r Posten die neuen Gebote befolgt hat (wenngleich nicht das mit dem Tornister), durch jene unvergeßliche Kundgebung, worin er ...

Absatz 21

Registereintrag

Görings Verwundung und Morphiumsucht

Beim sogenannten ‚Hitler-Putsch‘ am 9. November 1923 wurde Göring schwer verwundet; er fand Unterschlupf in der Wohnung eines jüdischen Möbelhändlers, dessen Frau erste Hilfe leistete; bei Einbruch der Dunkelheit wurde er in eine Klinik gebracht. Nach der Flucht über die österreichische Grenze und einem Aufenthalt in Italien zog Göring sich nach Schweden zurück, wo er wegen seiner aus der Verwundung resultierenden Morphiumsucht mehrfach stationär behandelt werden musste. Die Behandlungen blieben erfolglos, Patientenakten zufolge zeigte Göring unter anderem gewalttätiges Verhalten. Von der Droge entwöhnt wurde er schließlich erst während der Nürnberger Prozesse.

Quellen

Werner Maser: Hermann Göring: Hitlers janusköpfiger Paladin. Die politische Biographie. Berlin: Edition q 2000 , S. 62–73

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...berfallen kann, um bald darauf Ministerpräsident zu werden —, sie haben den Ausspruch eines Ungetüms vernommen, daß ...

Absatz 22

Registereintrag

Kultusminister Bernhard Rust

Die hier angespielte Verwicklung Bernhard Rusts in einen Sexualprozess und die Attestierung verminderter Zurechnungsfähigkeit konnten nicht eruiert werden. Im Ersten Weltkrieg erlitt Rust eine schwere Kopfverletzung und wurde zweimal verschüttet; offen ist, ob daraus eine dauerhafte Beeinträchtigung resultierte. Gegen die später von einer Trigeminusneuralgie verursachten starken Schmerzen trank Rust kolportiertermaßen größere Mengen Alkohol.

Quellen

Anne C. Nagel: Hitlers Bildungsreformer. Das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung 1934–1945. Frankfurt am Main: Fischer 2012 (= Die Zeit des Nationalsozialismus) , S. 42–44

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Heidegger und der Nationalsozialismus

Als Heidegger sehr zur Überraschung seiner Kollegen und Schüler Anfang Mai 1933 in die NSDAP eintrat – bis 1932 war er noch Wähler einer kleinen Weinbauernpartei gewesen – , tat er das vor allem in der Hoffnung auf die Reformierung der Universitäten in seinem Sinne. Darüber hinaus hegte er jedoch auch Vorurteile gegen den Liberalismus, die Psychoanalyse sowie die katholische Kirche und fürchtete das „internationale Judentum“. Während der NS-Herrschaft unterstützte Heidegger wohl einzelne aus „rassischen“ Gründen verfolgte Schüler; dem stehen Denunziationen von Kollegen wie etwa Eduard Baumgarten oder Hermann Staudinger gegenüber. Am 21. April 1933 übernahm er das Rektorat der Universität Freiburg, am 27. Mai hielt er die notorische Rektoratsrede; auch seine Gedenkworte für Schlageter haben in ihrer Verwirkung von NS-Rhetorik und Schlagworten aus Sein und Zeit beinahe parodistische Wirkung. Im Oktober befürwortete auch Heidegger den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund. Im April 1934 schon erklärte er den Rücktritt vom Amt des Rektors, bald distanzierte er sich auch öffentlich vom Rasseantisemitismus des Regimes.

Quellen

Helmuth Vetter: Grundriss Heidegger. Ein Handbuch zu Leben und Werk. Hamburg: Meiner 2014 , S. 393–414

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...ger, der seinen blauen Dunst dem braunen gleichgeschaltet hat und klar zu erkennen beginnt, die geistige Welt eines Volke...

Absatz 18

Registereintrag

Karl Kraus und der Literaturnobelpreis

Im November 1925 schlugen Professoren der Pariser Sorbonne, federführend Charles Andler und Charles Schweitzer, Karl Kraus für den Literaturnobelpreis vor. Es ist die erste von insgesamt drei erfolglosen Nominierungen. Sie erfolgen vor allem Kraus’ Kritik am wilhelminischen Imperialimus wegen – und nicht zuletzt, um einen Preisträger aus Deutschland zu verhindern.

Quellen

[Katharina Prager]: Zeittafel. In: Karl Kraus-Handbuch. Leben, Werk, Wirkung. Unter Mitarb. v. Isabel Langkabel u. Johannes Knüchel hg. v. Katharina Prager u. Simon Ganahl. Berlin: Metzler 2022, S. 459–484 , S. 477

Gerald Stieg: ‚Wir wollen weniger zitiert und mehr gelesen sein.‘ Karl Kraus in Frankreich. In: Karl Kraus und Die Fackel. Aufsätze zur Rezeptionsgeschichte. Reading Karl Kraus. Essays on the reception of Die Fackel. Hg. v. Gilbert J. Carr u. Edward Timms. München: Iudicium 2001, S. 206–218 , S. 208–210

Gerald Stieg: Karl Kraus in Frankreich. Ein Rezeptionsprozess mit Hindernissen. In: Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv 38–39 (2019–2020), S. 145–153 , S. 145–146

Links

Der Nobelpreis, in: Die Fackel Nr. 800–805 von Anfang Februar 1929

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...eichs und als Beweggrund zu seiner Ehrung aufgefaßt haben. Wie aber die österreichischen Faktoren zu meiner Leistung s...

Absatz 57

Absage Toscaninis für die Bayreuther Festspiele

Schon Anfang April hatte Toscanini sich mit den jüdischen Künstler:innen in Deutschland solidarisch erklärt, daraufhin wurde die Wiedergabe seiner Aufnahmen im deutschen Rundfunk verboten; Gerüchte über eine Absage von Toscaninis Engagement bei den Bayreuther Festspielen kursierten. Hitler persönlich intervenierte bei dem Dirigenten, der seine Teilnahme vorerst zu-, schließlich jedoch tatsächlich absagte.

Quellen

Oswald Georg Bauer: Die Geschichte der Bayreuther Festspiele. Bd. 1: 1850–1950. Berlin u. München: Deutscher Kunstverlag 2016 , S. 491–492

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... mit dem Nützlichen verbunden werde. Die Absage Toscaninis gibt ihr: zu denken. Solches auch vielen Abonennten, die st...

Absatz 23

... denke etwa an den Bescheid, den auf die Absage Toscaninis jener »Kampfbund« die Kultur erteilt hat, der die er die au...

Absatz 38

...nd der zur Logik Inklinierende, der nicht erfährt, daß Toscanini abgelehnt hat, weil anderneren die künstlerische Betätigung verwehrt is...

Absatz 38

Registereintrag

„Deutschland erwache!“

Das von Dietrich Eckart, einem Freund und Mentor Adolf Hitlers, 1919 und 1923 (2. bzw. 1. Strophe) verfasste Sturmlied – auch bekannt als Feuerjo! und Deutschland erwache! – erlangte in der Zeit des Nationalsozialismus enorme Verbreitung. Schon 1922 wurde es von Hans Gansser vertont, die Passage „Deutschland, erwache!“ zierte (ohne Komma) die NS-Parteistandarten.

Quellen

Jürgen Hillesheim u. Elisabeth Michael: Lexikon nationalsozialistischer Dichter. Biographien – Analysen – Bibliographien. Würzburg: Königshausen & Neumann 1993 , darin: Eintrag „Dietrich Eckart (1868–1923)“, S. 133–140

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... das persönliche Erschlaffen bei Erweckung einer Nation und Aufrichtung einer Diktatur, die heute alles ...

Absatz 1

...lten. Selbst der Dichter der Nation, deren Erweckung solche Vorsicht eingibt, er wäre es nicht mehr, wenn ...

Absatz 1

... sich die ungeheure Erfüllung des Gebots »Deutschland erwache!« so reibungslos vollzogen hätte, wenn ihm nicht die einfa...

Absatz 4

...hr einfällt. Denn das Gehirn erwacht nicht wie die Nation, es fühlt die Zurücksetzung durch die Natur, und wenn ...

Absatz 5

... Bewältigung der andern Parole, Deutschland erwachen wird; zu deren Rätseln sein größtes Gedicht vielfachen Aufs...

Absatz 64

Registereintrag

Max Reinhardts Offenbach-Inszenierungen

Reinhardt hatte schon seit 1901 immer wieder, und teils mit großem Erfolg, Offenbach inszeniert, bis in die frühen 1910er Jahre und – nach einer opportunen Pause während des Ersten Weltkrieges – auch Anfang der 1920er Jahre. Auf einen größeren Hiatus folgen Anfang der 1930er Jahre, nach der von Kraus eingeleiteten sogenannten ‚Offenbach-Renaissance‘, wieder vermehrt Offenbach-Inszenierungen durch Reinhardt. Gleich auf die ersten beiden davon, Die schöne Helena (1931 im Theater am Kurfürstendamm) und Hoffmanns Erzählungen (ebenfalls 1931 im Großen Schauspielhaus), reagiert Kraus in Offenbach-Schändungen mit harscher Kritik am Reinhardt’schen Spektakel.

Quellen

Heinrich Huesmann: Welttheater Reinhardt. Bauten – Spielstätten – Inszenierungen. M. e. Beitrag ‚Max Reinhardts amerikanische Spielpläne‘ von Leonhard M. Fiedler. München: Prestel 1983 ,

Links

Offenbach-Schändungen, in: Die Fackel Nr. 868–872 von März 1932

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... Klassiker neugestaltet, sondern auch Offenbach verhunzt hat, und doch imstande war, eben damit die Pleite, die vor dem F...

Absatz 11

Registereintrag

Ball im Savoy

Ball im Savoy war schon der dritte Welterfolg des Operettenkomponisten Paul Abraham, die Premiere am 23. 12. 1932 im Großen Schauspielhaus in Berlin wurde von der Presse als Sensation bejubelt (zugleich war die Premiere eine Benefizveranstaltung zugunsten des Fond der Berliner Presse). Schon unter Zeitgenossen, ja sogar im Programmheft fand die eskapistische Tendenz des Stücks Erwähnung. Die Produzenten, die Gebrüder Rotter, hatten sich von dem Stück die Rettung ihrer maroden Finanzen erhofft, mussten aber noch im Jänner 1933 vor ihren Gläubigern nach Liechtenstein fliehen. Nachdem die Aufführungen von Ball im Savoy regelmäßig von NS-Schergen gestört wurden und Abraham als Jude auch anderweitig Anfeindungen ausgesetzt war, floh er im Februar nach Wien, später nach Budapest bzw. Paris. Über Kuba gelangte er schließlich in die USA; seine letzten Jahre verbrachte er in psychiatrischen Einrichtungen. Ball im Savoy wurde – da erfolgreiche Operetten schon aus finanziellen Gründen nicht ohne Weiteres abgesetzt werden konnten – noch bis Anfang April gegeben.

Quellen

Daniel Hirschel: Paul Abraham. In: Operette unterm Hakenkreuz. Zwischen hoffähiger Kunst und „Entartung“. Beiträge einer Tagung der Staatsoperette Dresden. Hg. v. Wolfgang Schaller. Berlin: Metropol 2007 , S. 50–60

Klaus Waller: Paul Abraham. Der tragische König der Operette. Überarb. Neuausg. Norderstedt: Books on Demand 2017 , S. 92–104

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...ündlich aufgenordet« worden wäre, an Abraham wie an Grünwald. Wenigstens nach der Versicherung eines dieser neuen Intenda...

Absatz 12

Registereintrag

Der Katholische Gesellenverein 1933

Früh war sich der Katholische Gesellenverein (KGV) der Gefahr bewusst, mit seinem für 1933 geplanten ‚Gesellentag‘ in Opposition zum Regime zu geraten, das repräsentative Großveranstaltungen durch andere als NS-Verbände nicht dulden wollte. Als man beschloss, die Veranstaltung als Zeichen der eigenen Standfestigkeit dennoch abzuhalten, versuchte man von Beginn an, sich selbst als Teil des ‚erneuerten‘ Deutschland zu präsentieren – in diesem Zusammenhang veröffentlichte Johannes Nattermann, Generalsekretär des KGV, einen Aufruf, in dem er Hitler als den „Mann göttlicher Vorsehung“ bezeichnete – und Vetreter des Regimes einzubinden: Papen sagte seine Teilnahme zu. Unter ständiger Verbotsdrohung wurden Großkundgebungen aus dem Programm gestrichen, öffentliche Auftritte und geschlossenes Marschieren letztlich völlig unterlassen, Fahnen nur eingerollt getragen. Während der schon laufenden Veranstaltung verbot die Polizei noch das Tragen der orangen KGV-Hemden. Trotz hektischen Entgegenkommens von Seiten des KGV kam es schon früh zu Beschimpfungen und Überfällen von Seiten der SA, die Polizei erklärte sich für unzuständig. Schließlich wurde das für Sonntag geplante Festhochamt vom KGV abgesagt. Der Mainzer Diözesanpräses Eduard Zinßer erlag einem Herzschlag, was in der allgemeinen Aufregung als SA-Mord kolportiert wurde.

Quellen

Heinz-Albert Raem: Katholischer Gesellenverein und deutsche Kolpingsfamilie in der Ära des Nationalsozialismus. Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag 1982 (= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe B: Forschungen, Bd. 35) , S. 47–73

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...ffen umzubringen, gegeben und auch teilweise ausgeführt wird; und nie ist die Lage dessen beneidenswert, der einen ...

Absatz 21

Registereintrag

Proteste von Seiten der gelehrten Welt

Von den hier von Kraus genannten Gelehrten legten der Physiknobelpreisträger James Franck und der (hier wahrscheinlich gemeinte) Physiker Otto Stern (der später ebenfalls den Nobelpreis erhalten sollte), beide jüdischen Glaubens, ihre Professuren in Göttingen respektive Hamburg aus Protest gegen die Geschehnisse in Deutschland nieder. Davor war fast die gesamte Arbeitsgruppe Steins am Institut für physikalische Chemie dem Berufsbeamtengesetz zum Opfer gefallen. Beide Forscher verzichteten auf die Geltendmachung der auf sie zutreffenden Ausnahmeregelung für Kriegsteilnehmer. Franck und Stern emigrierten in die USA. In einem Artikel in der Deutschen Allgemeinen Zeitung äußerte sich der Psychologe Wolfgang Koehler kritisch zur Entlassung jüdischer Gelehrter; 1935 emigrierte auch er in die USA. Max Planck jedoch blieb in Deutschland und lehnte Proteste gegen die nationalsozialistische Wissenschaftspolitik mehrmals als zwecklos ab. Als Sekretär der Preußischen Akademie nahm er das freiwillige Ausscheiden des missliebig gewordenen Albert Einstein erleichtert zur Kenntnis. In seiner Rede vor der Hauptversammlung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft beschwor er die „Zusammenballung“ aller Kräfte zur Unterstützung von Hitlers neuem Staat – ehrte jedoch zugleich die Leistungen jüdischer Gelehrter und forderte ungehinderte Arbeitsmöglichkeiten für sie; 1935 veranstaltete er eine Gedenkfeier für den im Exil verstorbenen jüdischen Kollegen Fritz Haber.

Quellen

Ernst Peter Fischer: Der Physiker. Max Planck und das Zerfallen der Welt. München: Siedler 2007 , S. 245–261

Georg-August-Universität Göttingen: Göttingens kluge Köpfe. URL: , darin: Eintrag „James Franck, Physik (1882 bis 1964)“ bzw. „Protest gegen die Entlassung jüdischer Wissenschaftler“. URL: https://www.uni-goettingen.de/de/james+franck%2c+physik+%281882+bis+1964%29/187291.html bzw. https://www.uni-goettingen.de/de/protest+gegen+die+entlassung+jüdischer+wissenschaftler/85669.html

Horst Schmidt-Böcking u. Karin Reich: Otto Stern. Physiker, Querdenker, Nobelpreisträger. Frankfurt am Main: Societäts-Verlag 2011 (= Gründer, Gönner und Gelehrte. Biographienreihe der Goethe-Universität Frankfurt am Main) , S. 138–145

Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Bayerische Staatsbibliothek: Deutsche Biographie. URL: , darin: Rudolf Bergius: Eintrag „Köhler, Wolfgang“. 1980. URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz43694.html

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...e wie Frank und Stein, Planck und Koehler mutig aufgestanden; gegen den Auftrag einer heroischen Orientierung der Musen h...

Absatz 25

Registereintrag

Austritt Ricarda Huchs und Max Liebermanns aus der Preussischen Akademie

Bald nach der ‚Machtergreifung‘ erklärten Ricarda Huch und Max Liebermann ihren Austritt aus der Akademie – Huch schon am 9. April, Liebermann nach anfänglicher Sorge, ein früher Austritt könnte ihm als Feigheit ausgelegt werden, am 7. Mai. Vor allem der Austritt der konservativen Huch ließ das Regime einen Imageschaden befürchten, weshalb er so lange wie möglich verheimlicht wurde.

Quellen

Cordula Koepcke: Ricarda Huch. Ihr Leben und ihr Werk. Frankfurt am Main und Leiphzig: Insel 1996 , S. 246–249

Julius H. Schoeps: „Ick kann jar nicht so viel fressen, wie ick kötzen möchte“. Max Liebermann, die Nazis und das Scheitern der deutsch-jüdischen Symbiose. In: Max Liebermann und die französischen Impressionisten. Im Auftrag d. Jüdischen Museums Wien hg. v. G. Tobias Natter u. Julius H. Schoeps. Köln: DuMont 1997, S. 43–49 , S. 43–44

Zum Text

... haben sich Künstler wie Liebermann und Ricarda Huch gewehrt. Ein Beispiel bleibt auch Th. Th. Heine, der sich ...

Absatz 25

Registereintrag

Die Simplicissimus-Zeichner Gulbransson und Heine

Während der Karikaturist Olaf Gulbransson politischer Opportunist war, war Th. Th. Heine – wie Gulbransson maßgebliches Mitglied der Redaktion des Simplicissimus – seiner Haltung sowie seiner jüdischen Herkunft wegen den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge. Nach einem Verbot des Simplicissimus schaltete sich die Redaktion selbst gleich, Heine erklärte – wahrscheinlich unter Zwang – seinen Rücktritt und floh in der Folge aus Deutschland. Heine vermutete Gulbransson als Drahtzieher hinter seiner Verdrängung aus der Redaktion. Als indes im Juli eine Ausstellung Gulbranssons stattfinden sollte, wurde verschiedenen Stellen ein Brief Gulbranssons zugespielt, der (neben einem gefälschten Datum: 1933 statt 1930) hitlerkritische Äußerungen enthielt. Gulbranssons Ausstellung wurde nach nur einem Tag geschlossen.

Quellen

Gerd Holzheimer: Olaf Gulbransson. Eine Biographie. München: Allitera 2021 , S. 191–192, 207–209

Monika Peschken-Eilsberger: Thomas Theodor Heine. Bd. 2: Der Herr der roten Bulldogge. Biographie. Hg. v. Helmut Friedel. Leipzig: E. A. Seemann 2000 , S. 112–119

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...rbeigewinkt hatte. (Dem Gulbransson hat es nicht gefrommt, Herr Furtwängler, der seine Auslandsmöglichkeit zu siche...

Absatz 25

Registereintrag

Furtwängler und Goebbels

Der Dirigent Wilhelm Furtwängler wurde von den Nationalsozialisten hofiert – aufgrund seiner Vorliebe für Wagner, für Pathos und große Gesten, aber auch aufgrund seines Ansehens im Ausland und seiner angesichts der auswanderenden und vertriebenen Kollegenschaft zunehmenden Unersetzbarkeit. In einem Brief von Anfang April 1933 bat Furtwängler Goebbels, im Zuge der Gleichschaltung des Musikwesens auch künstlerische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Goebbels nutzte das Schreiben für Propagandazwecke: Gemeinsam mit seinem Antwortschreiben ließ er es in der renommierten Vossischen Zeitung abdrucken.

Quellen

Herbert Haffner: Wilhelm Furtwängler. Im Brennpunkt von Macht und Musik. Hofheim: Wolke 2020 , S. 138–141

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... Zwingherrn der Musen einen Gedankenaustausch pflog, zählt nicht und ist Staatsrat geworden. Gerhart Hauptmann soll sich jenem ohn...

Absatz 25

Registereintrag

Einsatz afrikanischer Truppen auf Seiten Frankreichs

Mehr als jede andere Kriegspartei stützte sich Frankreich im Ersten Weltkrieg auf Truppen aus den afrikanischen Kolonien („Forces d’outremer“ – überseeische Streitkräfte). Ungefähr 450.000 Soldaten aus beispielsweise Westafrika, Algerien, Tunesien kamen zum Einsatz, vornehmlich an der Westfront. Verluste unter diesen Soldaten waren dabei überproportional hoch. Nach dem Krieg spielten diese Truppen eine wichtige Rolle bei der Besetzung des Rheinlandes durch Frankreich. Deutschland, das gerade sämtliche Kolonien verloren hatte, empfand die Stationierung von 25.000 Kolonialsoldaten auf deutschem Boden als Provokation und startete eine Kampagne gegen die sogenannte ‚schwarze Schmach‘, in deren Zentrum angebliche Sexualverbrechen der Afrikaner an weißen Frauen standen. Diesen als ‚Barbaren‘ dargestellten Kolonialsoldaten stellte Deutschland das Bild der eigenen ehemaligen Kolonialtruppen, der ‚treuen‘ Askaris gegenüber.

Quellen

1914-1918-online. International Encyclopedia of the First World War. Hg. v. Ute Daniel u. a. Freie Universität Berlin 2014ff. URL: , darin: Christian Koller: Eintrag „Colonial Military Participation in Europe (Africa)“. 2014. DOI: http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10193

1914-1918-online. International Encyclopedia of the First World War. Hg. v. Ute Daniel u. a. Freie Universität Berlin 2014ff. URL: , darin: Luia Roos: Eintrag „Schwarze Schmach“. 2015. DOI: http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10647

Links

1914-1918 online: Colonial Military Participation in Europe (Africa)1914-1918 online: Schwarze Schmach

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...t, selbst für den kriegerischen Umgang mit jenen Negertruppen mehr Sicherheit garantieren, als Benn sie hinterdrein den ...

Absatz 29

Registereintrag

Deutsche Kolonialtruppen – die ‚braven Askaris‘

Im Gegensatz zu Frankreich setzte Deutschland Truppen aus seinen afrikanischen Kolonien nicht außerhalb Afrikas ein, vor allem aus logistischen Gründen. Die ‚Askaris‘ („Soldat“ oder „Polizist“ auf Swahili, Arabisch und anderen Sprachen) erhielten von ihren deutschen Kolonialherren eine relativ privilegierte Behandlung etwa in Form guter Bezahlung. Schon bei der Bekämpfung antikolonialer Aufstände hatten sie sich einen Ruf als loyale Truppen der Kolonialherren erworben, die rücksichtslos gegen die Kolonisierten vorgingen. Im Ersten Weltkrieg erstritten sie zu Kriegsbeginn einige kleinere Erfolge unter Paul von Lettow-Vorbeck; danach musste die Truppenstärke aber durch Zwangsrekrutierungen erhöht werden; zahlreiche Askaris desertierten und schlossen sich etwa britischen Kolonialtruppen an.

Quellen

1914-1918-online. International Encyclopedia of the First World War. Hg. v. Ute Daniel u. a. Freie Universität Berlin 2014ff. URL: , darin: Michelle Moyd: Eintrag „Askari“. 2015. DOI: http://dx.doi.org/10.15463/ie1418.10570

Links

Eintrag Askari auf 1914-1918 online

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...ven schwarzen Askaris«, die jetzt in fremder Hand verwildern. Es gilt: ...

Absatz 29

Registereintrag

Der „Umsturz der Theaterverhältnisse“

Im März und im April 1933 kam es an deutschen Theatern vielerorts zu Personalwechseln und Entlassungen bzw. vertragswidrigen ‚Beurlaubungen‘; dies betraf vorderhand Bühnen in öffentlicher Hand, aber auch schon private Theater. Nachträgliche Scheinlegitimation erhielten die Vorgänge vielfach durch das „Berufsbeamtengesetz“ vom 7. April; in Preußen wurde ein Theaterausschuss ins Leben gerufen, der die schon stattgehabten Vorgänge prüfte und zumeist bestätigte. Verantwortlich waren Göring und Rust sowie der Berliner Leiter des Kampfbunds für deutsche Kultur, Hans Hinkel. Insgesamt wurden ca. 60 Prozent der Theaterleitungen deutschlandweit ausgetauscht. Die Theater wurden in Folge nach dem ‚Führerprinzip‘ umgestaltet, das Mitspracherecht der Stadtparlamente eliminiert, der Intendant dem jeweiligen Oberbürgermeister unterstellt. Bald gewann Goebbels bzw. sein Ministerium auch hier an Einfluss, auf Kosten Görings und Hinkels.

Quellen

Henning Rischbieter: NS-Theaterpolitik. In: Thomas Eicher, Barbara Panse u. Henning Rischbieter: Theater im „Dritten Reich“: Theaterpolitik, Spielplanstruktur, NS-Dramatik. Hg. v. Henning Rischbieter. Seelze-Velber: Kallmeyer 2000, S. 9–278 , S. 14–21

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... zuträgt und was etwa Kunde bringt, wie eine zielbewußte Theaterpolitik die Gleichschaltung der Pleite in die Hand genommen hat. Da...

Absatz 12

... Vorgesetzten annehmen; und sicherlich hat der Umsturz der Theaterverhältnisse, neben der einst von der Presse, jetzt von der Rasse gestütz...

Absatz 25

Registereintrag

Deutsche ‚Sprachpflege‘

In der Folge der deutschen Reichsgründung 1871 wurde die deutsche Sprache zum Nationalsymbol erhoben; der von offiziellen und halboffiziellen Stellen betriebene deutsche Sprachpurismus diente als integratives Moment, das sich gegen den Außenfeind – vor allem Frankreich – richtete. Der dieser Zeit entstammende Allgemeine deutsche Sprachverein war publizistisch sehr aktiv; sein Ziel war die ‚Reinigung‘ der deutschen Sprache von fremden Elementen. Indes verzeichnete er seine eigentlichen Erfolge in der Verbreitung nationalistischen Gedankenguts; den Ersten Weltkrieg begrüßte er dementsprechend als willkommenen Anlass zur ‚Entwelschung‘. Die Anfang der zwanziger Jahre rückgängigen Mitgliederzahlen waren bis 1930 mehr als wettgemacht. Weiterhin betrieb der Verein nationalistische und antidemokratische Hetze, das NS-Regime begrüßte er. Pikanterweise kritisierte er in seiner Vereinszeitschrift in den frühen Jahren auch Hitlers Gebrauch von Fremdwörtern. Nach Erlass der Nürnberger Gesetze argumentierte er auch antisemitisch, etwa gegen die vermeintlich jüdische Vorliebe für Abkürzungen – die jedoch gerade in der NS-Diktion weit verbreitet waren. Karl Kraus formulierte seine Ansicht zu den Bemühungen um die ‚Reinheit‘ der Sprache während des Ersten Weltkriegs unter anderem so: „Wenn die Herren, die die große Zeit, anstatt sie mit Sprachreinigung zu vertun, lieber darauf verwenden wollten, ihren Mund zu reinigen, so wären die Voraussetzungen für eine spätere internationale Verständigung vielleicht gegeben. […] Sie verstehen ihre eigene Sprache nicht, und so würden sie es auch nicht verstehen, wenn man ihnen verriete, daß das beste Deutsch aus lauter Fremdwörtern zusammengesetzt sein könnte, weil nämlich der Sprache nichts gleichgültiger sein kann, als das Material, aus dem sie schafft.“ (F 413, 43)

Quellen

Peter von Polenz: Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Band III: 19. und 20. Jahrhundert. Berlin u. a.: de Gruyter 1999 , S. 268–279

Links

Hier wird deutsch gespuckt, in: Die Fackel Nr. 413–417 vom Dezember 1915

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... Krieg durch eine rigorose »Eindeutschung« bestraft wurde. Der Monsieur als Titel ist eo ipso auf den Herrn herabge...

Absatz 27

... Ein Mann ein Wort; aber nur kein Fremdwort mehr, sie wollen es nicht lassen stan: ...

Absatz 41

Registereintrag

Kraus und Bertolt Brecht

Anfänglich stand auch Bertolt Brecht in Kraus’ Augen wie viele andere – etwa Erwin Piscator – für die niedergehende Theaterkultur der Gegenwart; dies änderte sich gegen Ende der 1920er Jahre. 1928 wohnte Kraus Proben der Dreigroschenoper bei, im August des Folgejahres nahm Kraus Stellung für den jüngeren Autor, als dieser einiger Textzeilen wegen von Alfred Kerr des Plagiats beschuldigt wurde. Späterhin äußerte sich Kraus ausnehmend positiv über Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny, Passagen aus Brechts Libretto trug er mehrfach in seinen Vorlesungen vor, darunter Kranich und Wolke. „Für die Verse von ‚Kranich und Wolke‘ jedoch gebe ich die Literatur sämtlicher Literaten hin, die sich irrtümlich für seine [Brechts, Anm.] Zeitgenossen halten", urteilte Kraus (F 868, 36). Als Kraus im Oktober 1933 nicht die lang erwartete Abrechnung mit dem Nationalsozialismus, sondern das Gedicht Man frage nicht publizierte, nahm Brecht ihn in Schutz und widmete dem Text wiederum selbst ein Gedicht: Über die Bedeutung des zehnzeiligen Gedichtes in der 888. Nummer der Fackel (Oktober 1933). Dieser Text erschien jedoch erst nach der Fackel Nr. 890–905 und damit nach Kraus’ öffentlicher Stellungnahme für Dollfuß. Auf diese Ausgabe der Fackel reagierte Brecht mit dem Gedicht Über den schnellen Fall des guten Unwissenden, das er Kraus durch Helene Weigel persönlich übergeben ließ.

Quellen

Kurt Krolop: Bertolt Brecht und Karl Kraus. In: Ders.: Sprachsatire als Zeitsatire bei Karl Kraus. 2. Aufl. Berlin: Akademie Verlag 1992, S. 252–303 ,

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 385–386, 495–496

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...linge, deren Anlagen Diebold dem Schutze der Nation empfiehlt —, so tritt seine »Undeutlichkeit« klar hervor: ...

Absatz 11

Registereintrag

‚Maispaziergang‘ statt Maiaufmarsch

Mit einem Erlass des Staatssekretärs für das Sicherheitswesen Emil Fey vom 7. März waren sämtliche politischen Kundgebungen in Österreich verboten worden. Während für die Mitte Mai stattfindende ‚Türkenbefreiungsfeier‘ des christlichsozialen Heimatschutzes später eine Ausnahme gestattet wurde, musste die Sozialdemokratie nun das Verbot mit dem Druck, der von der Parteibasis ausging, in Einklang bringen. Sie reagierte sowohl mit Kampfparolen als auch mit Aufrufen zur Disziplin. Die Arbeiter-Zeitung vom 29. April 1933 gab die Losung heraus: „Aufmarschieren ist verboten. Spazierengehen ist erlaubt.“ Danach folgten eine Maifeier im Praterstadion und Veranstaltungen in den Bezirksheimen. Polizei und Bundesheer sperrten die Wiener Innere Stadt mit Maschinengewehren, Stacheldraht und Panzerwagen ab. Rückblickend verbuchten die Medien sowohl der Sozialdemokratie (und der Kommunisten) als auch der Regierung den Tag als Erfolg für das eigene Lager.

Quellen

Simon Ganahl u. a.: Campus Medius. 2014–2023. URL: , darin: Simon Ganahl: Eintrag „Schlosspark Schönbrunn“. URL: https://campusmedius.net/topography/events/10?lang=de&info=full

Bernhard Hachleitner u. Werner Michael Schwarz: Dornenhecken oder der „Sieg der Ordnung“. In: Die Zerstörung der Demokratie. Österreich März 1933 bis Februar 1934. Hg. v. Bernhard Hachleitner u. a. Salzburg u. Wien: Residenz 2023, S. 130–140 ,

Links

ANNO: Arbeiter-Zeitung vom 29. 4. 1933 ANNO: Arbeiter-Zeitung vom 2. 5. 1933 Campus Medius: Schlosspark Schönbrunn

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... Man denke an den 1. Mai⨯ das ist der Erfolg! ...

Absatz 57

Registereintrag

Offenbach im ‚Dritten Reich‘

Die in Absatz 12 der Dritten Walpurgisnacht zitierte Zeitungsmeldung ist auf den Rundfunk bezogen und konnte noch nicht identifiziert werden. In den ersten Jahren des NS-Regimes kann ganz allgemein von einem Verbot Offenbachs oder einem Ausbleiben von Offenbach-Inszenierungen keine Rede sein: Für 1933/34 sind an zahlreichen deutschen Häusern Offenbach-Inszenierungen zu verzeichnen – und das, obwohl Offenbach als Jude und aufgrund seines „zersetzenden“ Wirkens stark angefeindet wurde. Zu wichtig war das Genre der Operette in finanzieller Hinsicht, zu einschneidend wäre eine ‚Bereinigung‘ im Sinne der NS-Ideologie gewesen; auf der ersten Verbotsliste von 1935 schien Offenbach zudem noch nicht auf. Danach wurde Offenbach vom Jüdischen Kulturbund (bis zu dessen Auflösung im September 1941) noch etwa 100 Mal im Rahmen von geschlossenen Vorstellungen aufgeführt. Für Ostern 1945 ist eine Inszenierung von Hoffmanns Erzählungen im KZ Theresienstadt belegt.

Quellen

Ingrid Grünberg: „Wer sich die Welt mit einem Donnerschlag erobern will …“. In: Hanns-Werner Heister u. Hans-Günter Klein: Musik und Musikpolitik im faschistischen Deutschland. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag 1984 , S. 227–242

Matthias Kauffmann: Operette im Dritten Reich. Musikalisches Unterhaltungstheater zwischen 1933 und 1945. Neumünster: von Bockel 2017 (= Musik im ‚Dritten Reich‘ und im Exil, Bd. 18) , S. 71–78

Thomas Schipperges: Offenbach – Antisemitismus – Nazismus. Zu einigen Topoi der Rezeption. In: Das (Musik-)Theater in Exil und Diktatur. Vorträge und Gespräche des Salzburger Symposions 2003. Hg. v. Peter Csobádi u. a. Anif u. Salzburg: Mueller-Speiser 2005 (= Wort und Musik. Salzburger akademische Beiträge, Bd. 58), S. 314–330 , S. 326

Stephan Stompor: Die Offenbach-Renaissance um 1930 und die geschlossenen Vorstellungen für Juden nach 1933. In: Offenbach und die Schauplätze seines Musiktheaters. Hg. v. Rainer Franke. Laaber: Laaber 1999 (= Thurnauer Schriften zum Musiktheater, Bd. 17), S. 257–266 , S. 259–266

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... Offenbach in Deutschland verboten. Die Leitung des deutschen Rundfunks hat die Weisung e...

Absatz 12

... Theaters in Erfurt bekam Offenbach mehr Stimmen als Johst. Nichts als Pech, nichts als Mißverständnisse, die Einheimischen halten die F...

Absatz 59

Registereintrag

Deutscher Bismarck-Kult

Die Rede von Bismarcks „Inkognito“ spielt auf den Kult an, der schon zu Lebzeiten um den deutschen Kanzler entstand; zu seinem 80. Geburtstag etwa erhielt Bismarck hunderte Ehrenbürgerschaften, an die zehntausend Telegramme, hunderttausende Briefe, sein Alterssitz wurde zur Pilgerstätte; bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs wurden in Deutschland ungefähr 500 Bismarck-Denkmäler realisiert.

Quellen

Deutsches Historisches Museum, Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland u. Bundesarchiv (Hg.): LEMO – Lebendiges Museum Online. [Relaunch 2014]. URL: , darin: Dorlis Blume: Eintrag „Otto von Bismarck 1815–1898“. 2014. URL: https://www.dhm.de/lemo/biografie/otto-von-bismarck.html

Links

LeMO: Otto von Bismarck 1815–1898

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...Popularität, vor der das Dasein Bismarcks zum Inkognito wird; dieses unersättliche Byzanz aller Arten von Lächeln und Hän...

Absatz 46

Registereintrag

Reinhardts Pleite

Die Anspielung in Absatz 51 der Dritten Walpurgisnacht bezieht sich sehr wahrscheinlich auf die finanziellen Schwierigkeiten der Berliner Reinhardt-Bühnen: Im Februar und April 1932, als der Schuldenstand des Unternehmens 2,5 Millionen Reichsmark betrug, gab Reinhardt zuerst die Komödie sowie das Theater am Kurfürstendamm ab, legte dann die Direktion des Deutschen Theaters nieder und verpachtete die Berliner Theater für fünf Jahre. Diese Vorgänge wurden von intensiver Medienberichterstattung begleitet.

Quellen

Sybille Zehle: Max Reinhardt. Ein Leben als Festspiel. Wien: Brandstätter 2020 , S. 106

Zum Text

... zu dem selbst Berliner Theaterdirektoren vor der Pleite nicht fähig waren. Daß es jener Diplomatie, die ein Reich, ...

Absatz 51

Registereintrag

Kraus und George Bernard Shaw

Erstmals war George Bernard Shaw (frz. „vieillard terrible“ – schrecklicher Greis) 1903 im Rahmen der Diskussion der Übersetzung seiner Werke durch Siegfried Trebitsch in das Fadenkreuz der Fackel geraten (F 129, 17). Von da an wurden die beiden vielfach gemeinsam angeführt: Shaw als Exponent zweifelhaften Ruhms in einer im Niedergang befindlichen Kulturwelt, Trebitsch als dessen Sekundant mit unzureichender Sprachkenntnis (siehe etwa F 331, 42). Stein des Anstoßes waren immer wieder Shaws in der Presse gerne zitierte Bonmots von, so Kraus, seichtem Witz, seine Modernität und sein Geschäftsgeist (siehe etwa F 561, 42), sowie nicht zuletzt seine Kritik an Shakespeare – was Kraus aphoristisch in Rechnung stellt: „Wenn Herr Shaw Shakespeare angreift, so handelt er in berechtigter Notwehr.“ (F 389, 33, vgl. auch F 360, 8)

Quellen

Links

Literatur, in: Die Fackel Nr. 129 vom 11. Februar 1903 Dem Herrn Shaw, in: Die Fackel Nr. 331–332 vom 30. September 1911 Was nützen ihm die Tausendkronennoten?, in: Die Fackel Nr. 561–567 vom März 1921 [Aphorismus], in Nachts, in: Die Fackel Nr. 389–390 von Mitte Dezember 1913

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...haw, den ich ja der bürgerlichen Gesittung als vieillard terrible nachempfinde, und resümiert: ...

Absatz 11

Registereintrag

Hundsstern

Lat. Sirius, vgl. auch „Siriasis“ – u. a. „Hundstagskrankheit, Sonnenstich, Entzündung des Gehirns durch die Sonnenstrahlen“.

Quellen

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Registereintrag

Terno

Vgl. „terne“ o. „ternion“ – „Dreitreffer in Zahlen-Lotterien“.

Quellen

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Registereintrag

Heimwehr

Nach dem Ersten Weltkrieg aus bürgerlichen paramilitärischen „Selbstschutzverbänden“ entstanden, die gegen kommunistische Betätigung sowie zum Grenzschutz eingesetzt wurden; bald vor allem gegen die Sozialdemokratie gerichtet. Starkes Näheverhältnis zu den Christlichsozialen, teils selbständiger politischer Akteur, Teile schlossen sich den Nationalsozialisten an. In den Februarkämpfen 1934 als regierungstreue Hilfstruppe eingesetzt.

Quellen

Wiener Stadt- und Landesarchiv u. Wienbibliothek im Rathaus: Wien Geschichte Wiki [o. J.] URL: , darin: Eintrag „Heimwehr“, URL: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Heimwehr

Links

Wien Geschichte Wiki: Eintrag Heimwehr

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Registereintrag

Kraus und Salten

Anfang der 1890er war der junge Kraus noch um ein gutes Verhältnis zum damals schon erfolgreichen Journalisten Salten bemüht; Salten seinerseits versuchte, Kraus in die Gepflogenheiten und Rücksichten des Zirkels Jung-Wien einzuführen. Nach verschiedenen Spannungen in der Beziehung der beiden waren die Fronten mit Erscheinen der Demolirten Literatur 1896 geklärt, Salten quittierte sein satirisches Porträt mit zwei öffentlich verabreichten Ohrfeigen. Vom ersten bis zum letzten Jahrgang war Salten in der Fackel Ziel von Kraus’ Spott; er wiederum revanchierte sich mit Kritik an Kraus’ ‚jüdischem Antisemitismus‘ und etwa einem Verriss von dessen Letzter Nacht.

Quellen

Dietmar Goltschnigg (Hg.): Karl Kraus im Urteil literarischer und publizistischer Kritik. Texte und Kontexte, Analysen und Kommentare. Bd. I: 1892–1945. Berlin: Erich Schmidt 2015 , S. 39, S. 378

Katharina Prager: „Und waschen Sie mir den Kopf ordentlich!“ Felix Salten und Karl Kraus. In: Im Schatten von Bambi. Felix Salten entdeckt die Wiener Moderne. Leben und Werk. Unter Mitarb. v. Tanja Gausterer hg. v. Marcel Atze. Salzburg u. Wien: Residenz 2020, S. 162–183 , S. 164–180

Daniela Strigl: Beziehungen. In: Karl Kraus-Handbuch. Leben, Werk, Wirkung. Unter Mitarb. v. Isabel Langkabel u. Johannes Knüchel hg. v. Katharina Prager u. Simon Ganahl. Berlin: Metzler 2022, S. 41–57 , S. 43–44

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...h von den Penbrüdern spreche, welche der Führung ihres Salten nach Ragusa gefolgt waren, der kurz vorher für die deutsche ...

Absatz 25

Registereintrag

Kraus „bei der Sozialdemokratie untendurch“

Trotz zeitweiser Nähe in der Vergangenheit war das Verhältnis zwischen Sozialdemokratie und Karl Kraus 1933 schon jahrelang von Konflikten geprägt. Hatte sich Kraus wegen der Katastrophe um den Justizpalastbrand 1927 noch solidarisch mit der Partei gezeigt, sah er ihr zwei Jahre später umso weniger nach, dass sie mit Johann Schober, dem Hauptverantwortlichen für dieses Massaker an ihrer Anhängerschaft, politisch zusammenarbeitete. Schon davor hatte Kraus der Partei Verbürgerlichung vorgeworfen, auch kritisierte er etwa die Anzeigenpraxis des Parteiblattes, der Arbeiter-Zeitung. Seine Gefolgsleute innerhalb der Partei forderte er zum parteiinternen Widerstand auf. Im Gegenzug wurde Kraus’ politische Position in der Partei viel diskutiert, in kulturellen Belangen wurde er attackiert bzw. totgeschwiegen. Im in der Fackel vom Oktober 1932 publizierten Text Hüben und Drüben forderte er seine Anhänger (die sich zwischenzeitlich in der kurzlebigen ‚Vereinigung Karl Kraus‘ zusammengefunden hatten) zum Austritt auf, der Partei hielt er erneut Verbürgerlichung und Heuchelei vor; sie trage die Schuld am Niedergang des politischen Lebens sowie am Aufstieg des Nationalsozialismus.

Quellen

Werner Anzenberger: Parteipolitik. In: Karl Kraus-Handbuch. Leben, Werk, Wirkung. Unter Mitarb. v. Isabel Langkabel u. Johannes Knüchel hg. v. Katharina Prager u. Simon Ganahl. Berlin: Metzler 2022, S. 303–318 , S. 311–315

Alfred Pfabigan: Karl Kraus und der Sozialismus. Eine politische Biographie. Wien: Europaverlag 1976 , S. 288–334

Links

Hüben und Drüben, in: Die Fackel Nr. 876–884 von Mitte Oktober 1932

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...o wird sie, weil ich bei der Sozialdemokratie untendurch bin, vielleicht aus dem Wunsch erklärlich, bei den Christlichsoz...

Absatz 52

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Wolff / Wolffbüro

1849 gegründet, erhielt das Wolffsche Telegrapische Bureau 1869 offiziösen Status: Verträge mit der preussischen Regierung erlaubten dieser die Kontrolle der politischen Berichterstattung. Kritisiert wurde das Wolff-Büro darum nicht zuletzt wegen des tendenziösen Kommentarcharakters seiner Meldungen. 1920 wurde aus der offiziösen die offizielle Agentur der Regierung, sie wurde zu einer Abteilung der Reichspressestelle. Wegen seiner Berichterstattung im Ersten Weltkrieg war das Wolff-Büro in der Fackel bald Gegenstand der Kritik geworden. In den Letzten Tagen der Menschheit wird es mehrfach genannt, hier firmiert es u. a. als „Fenriswolff-Büro“ (unter Bezugnahme auf das Untier aus der nordischen Mythologie).

Quellen

Agnes Pistorius: „Kolossal montiert“. Ein Lexikon zu Karl Kraus „Die letzten Tage der Menschheit“. Wien: Ibera 2011 , S. 542–543

Rudolf Stöber: Deutsche Pressegeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. 2., überarb. Aufl. Konstanz: UVK 2005 , S. 131–134

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... mechanisch wieder aufzulösen, mit Hilfe eines Dissimulators, den sie Wolffbüro nennen. Sie schaffen es, wenngleich sie’s wieder schaffe...

Absatz 6

Registereintrag

Die „Kriegsunschuldlüge“

Während sich in der Weimarer Zeit nur wenige Historiker mit der sogenannten „Kriegsschuldfrage“ auseinandersetzten, ist in diesem Zusammenhang vor allem die staatlich gelenkte „Zentralstelle für Erforschung der Kriegsursachen“ zu nennen, die einerseits den wissenschaftlichen Charakter ihrer Tätigkeit unterstrich, andererseits aber auch publizistisch in die Breite wirkte: Sie beschäftigte eine Anzahl von Autoren für ihre Zeitschrift, deren Beiträge in der deutschen Presse vielfach nachgedruckt wurden. Die Zentralstelle nahm die Mittelmächte von einem nennenswerten Anteil an der Schuld am Kriegsausbruch aus; in der Rangliste der Verantwortlichen führten mit großem Abstand Russland, Serbien und Frankreich. Im Ausland hatte man das Institut bald als das erkannt, was es war: ein offiziöses Propagandawerkzeug. Im Verhältnis zu den dafür aufgebrachten Mitteln blieb die Arbeit der Zentralstelle weitgehend wirkungslos.

Quellen

Ulrich Heinemamm: Die verdrängte Niederlage. Politische Öffentlichkeit und Kriegsschuldfrage in der Weimarer Republik. Goettingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1983 (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Bd. 59) , S. 95–105, S. 231

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... mit Recht seine Historiker mobilisierte, die Kriegsunschuldlüge auszuarbeiten. Diese Wissenschaft ist, schon über die Erkenntnis hinaus, ...

Absatz 20

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Schutzhaft 1933

Nach der sogenannten „Reichstagsbrandverordnung“ erfolgten Verhaftungswellen, die sich vor allem gegen Kommunist:innen, Sozialdemokrat:innen sowie Angehörige von Gewerkschaften und Reichsbanner richteten. Für Ende Juli 1933 ist von mindestens 26.789 Schutzhäftlingen auszugehen (zeitgenössiche Quellen differieren in ihren Angaben erwartungsgemäß stark ). Zentrale Richtlinien für die bis dahin auf Länderebene geregelte Schutzhaft wurden erst 1934 eingeführt.

Quellen

Enzyklopädie des Nationalsozialismus. Hg. v. Wolfgang Benz, Hermann Graml u. Hermann Weiß. 5., akt. u. erw. Aufl. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2007 , darin: Angelika Königseder: Eintrag „Schutzhaft“, S. 782

Simon Ganahl: Karl Kraus und Peter Altenberg. Eine Typologie moderner Haltungen. Konstanz: Konstanz University Press 2015 , S. 47

Links

LEMO: Die „Schutzhaft“

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...ner der ersten politischen Funktionäre in Schutzhaft genommen wurde — also geradezu ein Akt der Protektion — ...

Absatz 48

... angezündet haben, bereits in Schutzhaft geschunden werden, macht selbst ein Protest mit der Unterschrift ...

Absatz 52

...Schutzhäftlinge gezählt werden, und darum handelt es sich. Wie sich selbst diese Anzahl zwischen den Ländern verteilen...

Absatz 63

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Der „Ausbau der Radiotechnik“

Nachdem der Erste Weltkrieg dem Rundfunk zu technischen Fortschritten verholfen hatte, trat dieser seinen Siegeszug 1923 (Deutschland) bzw. 1924 (Österreich) an. In Österreich gewann er ab 1930 vermehrt politische Bedeutung: Als Massenmedium wurde er 1933 vom Dollfuß-Regime instrumentalisiert, zugleich machten sich die Nationalsozialisten den zunehmenden Konsum deutscher Sender zunutze. Der im Mai eröffnete Sender am Bisamberg war nicht nur die technisch fortschrittlichste Sendeanlage Europas, sondern auch ein politisches Symbol. In Deutschland selbst war der Rundfunk schon im Laufe der 20er Jahre für den Missbrauch durch ein totalitäres System zugerichtet worden – durch die Zusammenfassung aller Sender in der Reichs-Rundfunks-Gesellschaft 1925 sowie die in der Rundfunkordnung von 1926 zementierte politische Einflussnahme. Im Frühsommer 1932 ging schließlich der gesamte deutsche Rundfunk ins Eigentum von Staat und Ländern über.

Quellen

Konrad Dussel: Deutsche Rundfunkgeschichte. 3. Aufl. Konstanz: UVK 2010 , S. 19, S. 40–41

Wolfang Pensold: Zur Geschichte des Rundfunks in Österreich. Programm für die Nation. Unter Mitarb. v. Otmar Moritsch. Wiesbaden: Springer 2018 , S. 1

Wolfang Pensold: Zur Geschichte des Rundfunks in Österreich. Programm für die Nation. Unter Mitarb. v. Otmar Moritsch. Wiesbaden: Springer 2018 , S. 5–6

Wolfang Pensold: Zur Geschichte des Rundfunks in Österreich. Programm für die Nation. Unter Mitarb. v. Otmar Moritsch. Wiesbaden: Springer 2018 , S. 49–56

Hans Sarkowicz: „Nur nicht langweilig werden …“. Das Radio im Dienst der nationalsozialistischen Propaganda. In: Medien im Nationalsozialismus. Hg. v. Bernd Heidenreich u. Sönke Neitzel. Paderborn: Schöningh 2010, S. 205–234 , S. 205–206

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...nkungen fruchtlos blieb, ja durch den Ausbau der Radiotechnik vielfach behindert wurde. Wo die Bekundung der Ansicht, daß...

Absatz 22

... Rundfunks und der optischen einer illustrierten Presse das Bewußtsein der Absurdität beibringt, die ihrem kulturel...

Absatz 46

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Die illustrierte Presse

Den Prototyp der illustrierten Massenpresse – die Berliner Illustrirte Zeitung – gab es in Deutschland seit 1891, dennoch dauerte es bis zum Vorabend des Ersten Weltkriegs, bis illustrierte Zeitschriften langsam zur Konkurrenz der klassischen Tagespresse herangewachsen waren – die im Gegenzug ihrerseits Bildbeilagen publizierte. Während der Erste Weltkrieg den Fortschritt des Rundfunks beschleunigt hatte, erlitt die Weiterentwicklung der illustrierten Presse durch ihn eine starke Eindämmung. Erst nach Überwindung der Hyperinflation 1923 kann man in Deutschland vom ‚goldenen Zeitalter‘ der Illustrierten sprechen: Ab 1924 wurden zahlreiche illustrierte Zeitschriften gegründet, früh folgten außerdem Publikationen aus den verschiedenen politischen Lagern. Von 1925 bis 1931 verdoppelte sich die Auflage der Illustrierten in Deutschland auf ca. 5,3 Millionen.

Reglementierung der Bildberichterstattung

Der Zugriff des NS-Regimes auf die Pressefotografie erfolgte relativ schnell: Mitte Juni 1933 wurden die Berufsverbände zum „Reichsverband Deutscher Bildberichterstatter“ zusammengefasst, ab August kontrollierte dieser die Berufsausübung. In den Pressekonferenzen des Propagandaministeriums war ab Juli 1933 immer wieder auch die Pressefotografie Gegenstand der Reglementierung; für die Bildberichterstattung aus den Konzentrationslagern wurden seit der Gründung des Propagandaministeriums im März nur noch gestellte Aufnahmen zugelassen; Ziel war es, der sogenannten ‚Greuelpropaganda‘ in der ausländischen Presse kein Material zu liefern.

Quellen

Irene von Götz u. Christoph Kreutzmüller: Spiegel des frühen NS-Terrors. Zwei Foto-Ikonen und ihre Geschichte. In: Fotogeschichte 34 (2014), H. 131. URL: ,

Bernd Weise: Pressefotografie als Medium der Propaganda im Presselenkungssystem des Dritten Reiches. In: Diethart Kerbs (Hg.): Zur Geschichte der Pressefotografie 1930–36. Die Gleichschaltung der Bilder [Ausstellungskatalog]. Berlin: Frölich und Kaufmann 1983, S. 141–155 , S. 144–151

Quellen

Konrad Dussel: Pressebilder in der Weimarer Republik: Entgrenzung der Information. Berlin: Lit 2012 (= Kommunikationsgeschichte, Bd. 29) , S. 28–60

Rudolf Stöber: Deutsche Pressegeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. 2., überarb. Aufl. Konstanz: UVK 2005 , S. 269–270

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... Rundfunks und der optischen einer illustrierten Presse das Bewußtsein der Absurdität beibringt, die ihrem kulturel...

Absatz 46

Registereintrag

Reglementierung der Bildberichterstattung

Quellen

Irene von Götz u. Christoph Kreutzmüller: Spiegel des frühen NS-Terrors. Zwei Foto-Ikonen und ihre Geschichte. In: Fotogeschichte 34 (2014), H. 131. URL: ,

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Reglementierung der Bildberichterstattung

...e Kassen bleiben leer.⨯ Deckung auf 7 Prozent zurückgegangen. Wir wollen alle Tage sparen ...

Absatz 63

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agent inspecteur

Analog zu frz. „agent provocateur“ – „gedungener Aufhetzer, Spitzel“.

Quellen

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Großaugur

Lat. „Augur“ – „Weissager im alten Rom“; in Offenbachs Die schöne Helena ist es der Großaugur, der, von Paris bestochen, dessen sexuelle Absichten hinsichtlich der verheirateten Helena unterstützt.

Quellen

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Büromantik

Vgl. „Romantik“ – „das Mittelalterliche im Gegensatz zum Antiken; Richtung auf d. Abenteuerl. u. Phantastische“.

Quellen

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Tertiär / Quartär / Diluvium

Tertiär – geologische Formation vor dem Quartär; Quartär – geologische Formation, unterteilt in Diluvium und Alluvium; das Diluvium entspricht größtenteils der quartären Eiszeit.

Quellen

Der Große Brockhaus. Handbuch des Wissens in zwanzig Bänden. 15., völlig neu bearb. Aufl. v. Brockhaus’ Konversations-Lexikon. Bd. 4: Chi – Dob. Leipzig: F. A. Brockhaus 1929 , darin: Eintrag „Diluvium“, S. 778–779

Der Große Brockhaus. Handbuch des Wissens in zwanzig Bänden. 15., völlig neu bearb. Aufl. v. Brockhaus’ Konversations-Lexikon. Bd. 7: Gas – Gz. Leipzig: F. A. Brockhaus 1930 , darin: Übersichtskarte „Geologische Formationen“, S. 185

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Diskordat

Ggs. zu „Konkordat“, „Vertrag in Kirchensachen, Vereinigung zwischen Staat und Kirche“; vgl. lat. „concordia“ – Eintracht, Harmonie.

Quellen

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Wenn Kraus im Rundfunk sprach

Im Zuge des Bestrebens von Teilen der Wiener Presse, Kraus totzuschweigen, wurden auch seine Auftritte im Radio Anfang der 1930er vielfach nicht erwähnt; in einem besonders augenscheinlichen Fall im Neuen Wiener Journal, das an die Stelle des Programmpunkts schlicht eine Werbeanzeige setzte (F 868, 26). In der Neuen Freien Presse wurde der Name in der entsprechenden Rubrik nur gelegentlich – und versehentlich, wie man annehmen kann – genannt.

Quellen

Hans Friedmann: Zensur im Radioprogramm. In: Kraus-Hefte (1986), H. 40, S. 9 ,

Links

Radio Wien, in: Die Fackel Nr. 868–872 von März 1932 ANNO: Neues Wiener Journal vom 12. Dezember 1931

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...r Pike auf. Nachdem man also, wenn ich im Rundfunk sprach, sich genötigt gesehen hatte, die Rubrik ausfallen zu lassen — so mitten ...

Absatz 8

Registereintrag

Posten für die Verwandten nationalsozialistischer Politiker

Hans Goebbels, bisher Abteilungsleiter bei der Rheinland-Versicherung, wurde im Mai 1933 (vorerst: kommissarischer) Generaldirektor der Provinzial-Versicherungsanstalten. Ein persönliches Eingreifen seines Bruders Joseph Goebbels war dazu wohl nicht nötig, aufgrund politischer Opportunität war er schlicht der naheliegendste Kandidat. Hans Franks Vater war wegen zahlreicher Vergehen 1925 aus der Rechtsanwaltskammer ausgeschlossen worden; sobald er bayrischer Justizminister war, ließ Frank die Streichung rückgängig machen. Im Fall Baldur von Schirachs kann zumindest für seinen Vater Charles Bailey von Schirach festgestellt werden, dass er Profiteur des Umsturzes war: Von 1908 bis 1919 war er Generalintendant des Großherzoglichen Hoftheaters in Weimar gewesen, eine Stellung, für die er anscheinend wenig Eignung hatte. 1933 wurde er Generalintendant des Deutschen Theaters in Wiesbaden; Goebbels attestierte ihm später in seinen Tagebüchern Erfolglosigkeit. (Die in der Presseberichterstattung ebenfalls erwähnte Schwester Schirachs, Rosalind von Schirach, hatte hingegen 1933 schon ein Engagement an der Deutschen Oper Berlin, und zwar seit 1930.)

Quellen

Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Überarb. Ausg. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch 2009 , darin: Eintrag „Schirach, Carl von“, S. 474

K. J. Kutsch u. Leo Riemens: Großes Sängerlexikon. 4., erw. u. akt. Aufl. Bd. 4. München: K. G. Saur 2003 , darin: Eintrag „Schirach, Rosalind von“, S. 4208

Manfred Müller: Im Schatten „Grandgoschiers“. Generaldirektor Hans Goebbels, Bruder des Reichspropagandaministers. Aschau im Chiemgau: Brienna 1994 , S. 16–19, 29–30

Oliver Rathkolb: Schirach. Eine Generation zwischen Goethe und Hitler. Wien u. Graz: Molden 2020 , S. 15, 22

Dieter Schenk: Hans Frank. Hitlers Kronjurist und Generalgouverneur. Frankfurt am Main: Fischer 2006 , S. 42–43

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...twas Geringfügiges angestellt hatte, rehabilitiert, Schirachs Familie versorgt, und jeder hat wenigstens seinen Vetter befördert, wenn’s n...

Absatz 63

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Das Neue Wiener Journal

Das Neue Wiener Journal, herausgegeben von Jakob Lippowitz, war ein seichtes Konversationsblatt, politisch vor allem antimarxistisch eingestellt und 1933 Fürsprecherin der Dollfuß-Diktatur sowie der Repressionen gegen die – linke – Presse. Für den neunzehnjährigen Kraus war die damals neue Zeitung noch als möglicher Brotgeber in Betracht gekommen; schon in den Anfangsjahren der Fackel allerdings handelte sie sich durch pietätlose Berichterstattung angesichts der tödlichen Erkrankung seiner Geliebten Annie Kalmar Kraus’ Feindschaft ein (vgl. F 107, 15–24). In diesem Zeitraum setzte auch Kraus’ Kritik daran ein, dass das Neue Wiener Journal gewohnheitsmäßig und in großem Stil plagiierte – Kraus zufolge sei die „Schere des Herrn Lippowitz“ der „eigentlich einzige belletristische Mitarbeiter“ des Blattes (F 105, 25). In der Ersten Republik schlug sich die Zeitung zudem auf die Seite der Heimwehren und unterstützte Kraus’ Gegner Johann Schober auf dem Weg zur Kanzlerschaft; ihre rechte bzw. völkische Ausrichtung kontrastierte Kraus mit der jüdischen Herkunft ihres Herausgebers (vgl. F 820, 2–14).

Quellen

Kurt Paupié: Handbuch der österreichischen Pressegeschichte 1848–1959. Bd. 1: Wien. Wien: Braumüller 1960 , darin: Eintrag „Neues Wiener Journal“, S. 155–157

Rychner 1959 Max Rychner: Ein Brief des neunzehnjährigen Karl Kraus. In: Forum 6 (1959), H. 64, S. 151–152

Max Rychner: Ein Brief des neunzehnjährigen Karl Kraus. In: Forum 6 (1959), H. 64, S. 151–152 ,

Edward Timms: Karl Kraus. Apocalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. New Haven u. London: Yale University Press 2005 , S. 466

Links

Proskription

„Ächtung, Acht, Achtserklärung“.

Quellen

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