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Man möchte meinen, daß die Zeit für neckische
Spiele nicht geeignet sei. Darum werde ernst genommen,
was da ein Journalist schreibt, dem Mut gegen
Hitler wie gegen seinen Vorläufer keineswegs abzu-
sprechen ist. Wird diesem die Priorität der
Ideen, jenem das Verdienst ihrer Durchführung
nachgerühmt, so muß ich auch die Priorität ableh-
nen, wofern sie auf eine äußere Erfassung der Ge-
fahr einer »Journaille« bezogen wäre, deren Terminus
mir hier offenbar zugeschrieben wird. Mit demselben
Unrecht wie von der nationalsozialistischen Presse,
welche ihn selbstlos, wenngleich ohne jede Beziehung
auf die Quelle der ‚Fackel‘ verwendet, deren Vokabular
sie ja auch sonst vielfach für ihre Zwecke beschmutzt
hat — vermöge einer irrtümlichen Gleichschaltung
meiner Absichten mit den ihren, die nun die liberale
Journaille übernommen hat. Wohl bin ich die Quelle,
jedoch, wie schon seinerzeit fatiert war, leider nicht
der Schöpfer der genialen Prägung. Ein gelegent-
licher, aber eingeweihter Mitarbeiter der Neuen
Freien Presse, der viel und klug sprach und aus
seinem Herzen keine Mördergrube machte, doch
auch keine von Henkern der öffentlichen Meinung,
Alfred von Berger, ein Autor, dem gleichfalls die
rassische Eignung mangeln würde, mit Quellenan-
gabe zitiert zu werden, hat mir das Wort einst mit
der Bestimmung, daß ihm Flügel wachsen, über-
geben. Was nun mein antijournalistisches Denken
anlangt, das sich nicht nur in der Verbreitung solchen
Ausdrucks bewährt hat, so liegt ja die Priorität
vor dem Hitlergedanken klar zutage. Dieser Leit-
artikler (der immerhin so heißt, wie sein Blatt
geschrieben sein sollte) trifft manchmal den Nagel
Spiele nicht geeignet sei. Darum werde ernst genommen,
was da ein Journalist schreibt, dem Mut gegen
Hitler wie gegen seinen Vorläufer keineswegs abzu-
sprechen ist. Wird diesem die Priorität der
Ideen, jenem das Verdienst ihrer Durchführung
nachgerühmt, so muß ich auch die Priorität ableh-
nen, wofern sie auf eine äußere Erfassung der Ge-
fahr einer »Journaille« bezogen wäre, deren Terminus
mir hier offenbar zugeschrieben wird. Mit demselben
Unrecht wie von der nationalsozialistischen Presse,
welche ihn selbstlos, wenngleich ohne jede Beziehung
auf die Quelle der ‚Fackel‘ verwendet, deren Vokabular
sie ja auch sonst vielfach für ihre Zwecke beschmutzt
hat — vermöge einer irrtümlichen Gleichschaltung
meiner Absichten mit den ihren, die nun die liberale
Journaille übernommen hat. Wohl bin ich die Quelle,
jedoch, wie schon seinerzeit fatiert war, leider nicht
der Schöpfer der genialen Prägung. Ein gelegent-
licher, aber eingeweihter Mitarbeiter der Neuen
Freien Presse, der viel und klug sprach und aus
seinem Herzen keine Mördergrube machte, doch
auch keine von Henkern der öffentlichen Meinung,
Alfred von Berger, ein Autor, dem gleichfalls die
rassische Eignung mangeln würde, mit Quellenan-
gabe zitiert zu werden, hat mir das Wort einst mit
der Bestimmung, daß ihm Flügel wachsen, über-
geben. Was nun mein antijournalistisches Denken
anlangt, das sich nicht nur in der Verbreitung solchen
Ausdrucks bewährt hat, so liegt ja die Priorität
vor dem Hitlergedanken klar zutage. Dieser Leit-
artikler (der immerhin so heißt, wie sein Blatt
geschrieben sein sollte) trifft manchmal den Nagel
Jerusalemer Konvolut, fol. [16] recto
Pagination oben rechts: "16". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 21. 04. 1933 (zitierter Text)