40sprüchen auf Gebrauchsporzellan, oder daß etwa
auf der Messe einer Fleischerinnung Heldenporträts
aus Schmalz ausgestellt werden, wie auch insbeson-
dere die Verwendung von Papierrollen, deren Blätter
einem Mißbrauch von Symbolen dienen, an Orten,
deren Wand ohnehinmit diesen versehen ist. Es
handelt sich eben um eine durchgreifende geistige Erneuerung des deutschen Menschen, die
das gesamte öffentliche Leben wie auch das Privatleben
jedes Deutschen umfassen soll. Dieser Tendenz entstammt auch jener Kampfruf »gegen
den Kitsch«, der aber eigentlich dem »gegen den un-
deutschen Geist« zuwiderläuft, indem er vielfach gerade
dem echtesten Ausdruck volkstümlichen Empfindens
nahetritt. Auch der deutsche Film, der doch schon
von Natur dem Gebiete des Kitsches zuneigt, wurde
angewiesen, sich »mehr mit den Ideen der neuen
Zeit« zu versorgen als mit deren Symbolen, wobei
allerdings die Frage entsteht, woher jene zu nehmen
wären, wenn man sich nicht entschließen wollte, sie
zu stehlen, was man auch täte, falls es sie gäbe.
Während nun der Kampf gegen den Kitsch weiter-
geht, wurde für den ersten Besuch des Reichskanzlers
im Berliner Rathaus vorgesehen, daß »zu beiden
Seiten des Vestibüls Herolde in historischen Trach-
ten Aufstellung nahmen«, eine Neuerung, durch die
mit einer alten Tradition gebrochen wurde, der zufolge
man sich den Berliner Heroldnur als den Künder
der Botschaft vorzustellen gewohnt war, die mit
»Wissen Sie schon« beginnt, um fortzusetzen, daß
die Prominente Gert Rut Sadinsky kürzlich mit
Rechtsanwalt Wolff III in einem Hotel in der Kantstraße
verschwunden ist, und was wohl Frau Rechtsanwalt
dazu sagt, die ihrerseits zuweilen mit dem Filmstar
Fred Neppke gesehen wird.
auf der Messe einer Fleischerinnung Heldenporträts
aus Schmalz ausgestellt werden, wie auch insbeson-
dere die Verwendung von Papierrollen, deren Blätter
einem Mißbrauch von Symbolen dienen, an Orten,
deren Wand ohnehin
handelt sich eben um eine durchgreifende geistige Erneuerung des deutschen Menschen, die
das gesamte öffentliche Leben wie auch das Privatleben
jedes Deutschen umfassen soll. Dieser Tendenz entstammt auch jener Kampfruf »gegen
den Kitsch«, der aber eigentlich dem »gegen den un-
deutschen Geist« zuwiderläuft, indem er vielfach gerade
dem echtesten Ausdruck volkstümlichen Empfindens
nahetritt. Auch der deutsche Film, der doch schon
von Natur dem Gebiete des Kitsches zuneigt, wurde
angewiesen, sich »mehr mit den Ideen der neuen
Zeit« zu versorgen als mit deren Symbolen, wobei
allerdings die Frage entsteht, woher jene zu nehmen
wären, wenn man sich nicht entschließen wollte, sie
zu stehlen, was man auch täte, falls es sie gäbe.
Während nun der Kampf gegen den Kitsch weiter-
geht, wurde für den ersten Besuch des Reichskanzlers
im Berliner Rathaus vorge
Seiten des Vestibüls Herolde in historischen Trach-
ten Aufstellung nahmen«, eine Neuerung, durch die
mit einer alten Tradition gebrochen wurde, der zufolge
man sich den Berliner Herold
der Botschaft vorzustellen gewohnt war, die mit
»Wissen Sie schon« beginnt, um fortzusetzen, daß
die Prominente Gert Rut Sadinsky kürzlich mit
Rechtsanwalt Wolff III in einem Hotel in der Kantstraße
verschwunden ist, und was wohl Frau Rechtsanwalt
dazu sagt, die ihrerseits zuweilen mit dem Filmstar
Fred Neppke gesehen wird.
Was die sonstige Produktion betrifft, zeigen sich,
soweit sich die schreibenden schöpferischen Teile
soweit sich die schreibenden schöpferischen Teile
| damit
| ▒▒▒▒
| kehrt,
| ▒
Jerusalemer Konvolut, fol. [40] recto
Pagination oben rechts: "40". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 17. 05. 1933 (zitierter Text)