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Gewiß wäre es interessant, zu erfahren, wie er sonst
schreibt. Manchmal stellt sich ihm doch auch das
Glück des Reimes ein : Viel Worte machen und alles war Mist Wir reden wieder deutsch wie der Schnabel gewachsen ist ! Es wird eben durchaus nicht das geschraubte
Schriftdeutsch jener angestrebt, denen der Bescheid
gebührt : Reitet, mauschelt soviel ihr wollt mit der Feder Im Ausland doch da weiß es auch bald ein jeder Daß ihr seid ganz verkommene Subjekte Gewiß könnte aber zur Aufklärung des Auslands
der vorliegende Trutzgesang noch etwas beitragen,
mit dessen Dichter man so recht fühlt, wie ihm
schließlich die Geduld reißt : Wir bauen auf ! Haben keine Zeit Uns mit der Juden Gewinsel zu befassen Ist Schwindel ; es pfeifen es die Spatzen in den Gassen ! Die strenge Forderung Diebolds ist nicht erfüllt.
Wohl hat man es mit einem heimatkünstlerischen
Phänomen zu tun, aber die Willensbildung, die
zweifellos angestrebt wird, setzt sich nur mit einem
freiwilligen Verzicht auf höchste geistige Formung
durch, und die wenigen Interpunktionen sind vom
Setzer. Ebenso in einem anschließenden Lied, das
gleichfalls vom Gebot der Stunde diktiert scheint,
mit dem Titel und dem Refrain »Juden raus !«, eine
Forderung, die der Tendenz gegen Kapitalsflucht
freilich durchaus entgegensteht. Hierin wird das
deutsche Volk geradezu Des Juden Knecht, des Geldes Fluch genannt, aber Der Bauer hinterm Flug will sehn Wieder hinauf zur Sonne frei ! Er ist natürlich durch keinen Aeroplan behindert,
während allerdings Der deutsche Kaufmann nicht auf mehr kann sehn Gemeint ist offenbar nicht, daß dieser nicht auf mehr
(Geld) sehen kann, weil es doch der Judeu. s. w.,usw.,
schreibt. Manchmal stellt sich ihm doch auch das
Glück des Reimes ein : Viel Worte machen und alles war Mist Wir reden wieder deutsch wie der Schnabel gewachsen ist ! Es wird eben durchaus nicht das geschraubte
Schriftdeutsch jener angestrebt, denen der Bescheid
gebührt : Reitet, mauschelt soviel ihr wollt mit der Feder Im Ausland doch da weiß es auch bald ein jeder Daß ihr seid ganz verkommene Subjekte Gewiß könnte aber zur Aufklärung des Auslands
der vorliegende Trutzgesang noch etwas beitragen,
mit dessen Dichter man so recht fühlt, wie ihm
schließlich die Geduld reißt : Wir bauen auf ! Haben keine Zeit Uns mit der Juden Gewinsel zu befassen Ist Schwindel ; es pfeifen es die Spatzen in den Gassen ! Die strenge Forderung Diebolds ist nicht erfüllt.
Wohl hat man es mit einem heimatkünstlerischen
Phänomen zu tun, aber die Willensbildung, die
zweifellos angestrebt wird, setzt sich nur mit einem
freiwilligen Verzicht auf höchste geistige Formung
durch, und die wenigen Interpunktionen sind vom
Setzer. Ebenso in einem anschließenden Lied, das
gleichfalls vom Gebot der Stunde diktiert scheint,
mit dem Titel und dem Refrain »Juden raus !«, eine
Forderung, die der Tendenz gegen Kapitalsflucht
freilich durchaus entgegensteht. Hierin wird das
deutsche Volk geradezu Des Juden Knecht, des Geldes Fluch genannt, aber Der Bauer hinterm Flug will sehn Wieder hinauf zur Sonne frei ! Er ist natürlich durch keinen Aeroplan behindert,
während allerdings Der deutsche Kaufmann nicht auf mehr kann sehn Gemeint ist offenbar nicht, daß dieser nicht auf mehr
(Geld) sehen kann, weil es doch der Jude
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Jerusalemer Konvolut, fol. [43] recto
Pagination oben rechts: "43". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 16. 04. 1933 (zitierter Text)