anderer jüdischer Krämer, den der Berichterstatter aufsuchte, erzählte,
daß es noch gute Nachbarn gebe, die ihm nachts Eßwaren bringen,
damit er und seine Kinder nicht verhungern.Vielleicht hätte sie der Antichrist jenen vorgezogen.
Oder sind die Aufseher der Konzentrationslager Ver-
treter der Herrenmoral ?
Rasse| auf solche Art
daß sich feige Unholde für ihr erotisches Hauskreuz
rächen ? Sie waren zum Weibe gegangen, und können
die Peitsche nicht vergessen : Das Lager war in verschiedene Klassen eingeteilt. Am schlechtesten
hatten es die Kommunisten und radikalen Sozialisten in der dritten
Klasse. Die Juden wurden zwar von der jüdischen Gemeinde ver-
köstigt, mußten aber die niedrigsten Dienste verrichten, die Klosett
reinigen, den SA.-Leuten die Stiefel putzen, auf Befehl die Füße
küssen oder die Stiefel lecken. Wollten sie nicht, so half
der Gummiknüttel. Ich sah, wie ihnen die Haare ausgerissen wurden,
daß Stücke der Kopfhaut mitgingen. Sie wurden auch gezwungen, sich
selbst in das Gesicht zu schlagen oder gegeneinander zu boxen : »Haut
euch, Hunde !« Sonst tat der Knüttel seine Arbeit, bis das Blut spritzte.
Viele bekamen Nervenzusammenbrüche, andere wurden krank. Ärzt-
liche Visite war wöchentlich einmal. Es ging aber nur immer : Der
nächste, der nächste, ohne jemand anzuhören. Jemand neben mir sagte :
»Die Lunge ist nicht in Ordnung, ich spucke Blut« ; die Antwort war :
»Rizinusöl«. Nein, das kann kein Philosoph gewollt haben. Hast du, o Thales, je in
untergeordneter Organe nicht verantwortlich zu machen
wäre, in dem Verhalten jener Gewalthaber, die ihr
Wort, und jener Worthaber, die ihre Gewalt ver-
leugnen ? In der Tatkraft avancierter Fememörder,
in der Wortkraft der Polizeipräsidenten, die für den
Eventualfall als Sicherheitsmaßnahme »einen Progrom,
wie ihn die Welt noch nicht erlebt hat«, in Aussicht
stellen, »Bartholomäusnächte« verheißen, denen »Tage
der Auferstehung« folgen sollen, »Stunden einer Vergel-
tung«, gegen die die
Legende
- Drucktext
- Typoskript
- Handschriftlicher Text, Karl Kraus
- Handschriftlicher Text, Druckerei oder Karl Kraus
- Graphenfolge in schwarzer Tinte
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- Graphenfolge in blauem Farbstift
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- Überschreibung mit Variante Überschreibung mit Varianz (Mouse-Over legt untere Textschicht frei)
- | – vereinheitlichtes Korrektur- und Einfügungszeichen
- – Tilgung (Deleatur)
- – Vertauschung (Transposition)
- Unsichere[?] Entzifferung[?]
- ¿¿¿¿¿¿¿ – nicht entzifferte Graphenfolge
- / – Start bzw. Ende einer Markierung für die Fackel Nr. 890-905
Jerusalemer Konvolut,
fol. [57] recto.
Standort, Signatur
National Library of Israel, Jerusalem, Abraham Schwadron Collection, Schwad 01 19 290.1.
Paginierung oben rechts: "57" (Schwarze Tinte (Karl Kraus))
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Textträger, Grundschicht,
Digitalisat
Gehört zu:
Druckfahnen – Fahnenabzüge (vor dem Umbruch), umfassen 268 von 293 Blatt des Konvoluts. Höhe 210 mm, Breite 142 mm. Druckqualität variabel: stellenweise Blitzer, vielfach Doublieren (‚Schmitze‘).
Leichte bis (vor allem bei den ersten Seiten) mittlere mechanische Schäden – Knicke, Risse, selten Fehlstellen – vor allem im Bereich der Blattränder. Vielfach verschmutzte Blattränder, im Blattinneren leichte bis selten mittlere Verschmutzung durch vmtl. Druckerschwärze, Griffecken und anderes. Stellenweise leicht stockfleckig. Brandschäden kleinsten Ausmaßes auf wenigen fols.
Digitalisiert von der National Library of Israel mit 300 dpi, 1.737 bis 2.016 Pixel Breite und 2.566 bis 2.816 Pixel Höhe.
Bearbeitungsschichten
- Schwarze Tinte (Karl Kraus)
- Bleistift