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zum Rassenproblem, und | geradezu als | Maxime|
aufstellte : Mit keinem Menschen umgehen, der an dem verlogenen Rassen-
schwindel Anteil hat !Ja der in »Ecce homo«, das freilich selbst einer
psychopathischen Region nahesteht, auf seine Art
über die Jahrtausende verfügt, indem er sie nicht
nur für die Geltung seiner Gedanken in Anspruch
nimmt, sondern auch behauptet : Alle Verbrechen gegen die Kultur in den letzten vierhundert Jahren
haben die Deutschen auf dem Gewissen. Und von demsogar der Satz stammt :
Die Deutschen sind Canaillen — ein Mann erniedrigt sich, wenn er
ihre Gesellschaft frequentiert. Ein Jahrtausendim Konzentrationslager in ihrer
Gesellschaft wäre diesen Bekenntnissen gesichert.
Mit Nietzsche ist’s nichts. Geeigneter zur philo-
sophischen Stützung dürfte schon der zweite sein,
dem ich auf der Spur bin : Spengler, der da gemeint
hat, es gebe »dem Typus Mensch einen hohen Rang,
daß er ein Raubtier ist«, ja der den Vorgängen in
Dachau und Sonnenberg, in der Hedemannstraße
und Papestraße unmittelbar die gedankliche Basis
schuf : durch das Lob der Fähigkeit, sich »aktiv klug«
auf den Schwächeren zu stürzen, und durch die Be-
stärkung der Seele, die den Rausch des Gefühls kennt, wenn das Messer in den
feindlichen Leib schneidet, wenn Blutgeruch und Stöhnen zu den
triumphierenden Sinnen dringen. Jeder wirkliche Mann
noch in den Städten später Kulturen fühlt zuweilen die
schlafende Glut dieses Urseelentums in sich. Nichts . . .
von den zahnlosen Gefühlen des Mitleids, der Versöhnung.Ja, dem ist zu glauben, wenn er bekennt : Niemand konnte die nationale Umwälzung dieses Jahres mehr
herbeisehnen als ich. Man hat ihm die Lehrkanzel in Leipzig angeboten.
Er versteht die Untergangster des Abendlandes, und
sie verstehen ihn. Seine einfache, mit der Beschwerde
über zu harte Friedensbedingungen vereinbare An-
leitung für menschlichen Verkehr rechtfertigt schon
aufstellte : Mit keinem Menschen umgehen, der an dem verlogenen Rassen-
schwindel Anteil hat !Ja der in »Ecce homo«, das freilich selbst einer
psychopathischen Region nahesteht, auf seine Art
über die Jahrtausende verfügt, indem er sie nicht
nur für die Geltung seiner Gedanken in Anspruch
nimmt, sondern auch behauptet : Alle Verbrechen gegen die Kultur in den letzten vierhundert Jahren
haben die Deutschen auf dem Gewissen. Und von dem
ihre Gesellschaft frequentiert. Ein Jahrtausend
Gesellschaft wäre diesen Bekenntnissen gesichert.
Mit Nietzsche ist’s nichts. Geeigneter zur philo-
sophischen Stützung dürfte schon der zweite sein,
dem ich auf der Spur bin : Spengler, der da gemeint
hat, es gebe »dem Typus Mensch einen hohen Rang,
daß er ein Raubtier ist«, ja der den Vorgängen in
Dachau und Sonnenberg, in der Hedemannstraße
und Papestraße unmittelbar die gedankliche Basis
schuf : durch das Lob der Fähigkeit, sich »aktiv klug«
auf den Schwächeren zu stürzen, und durch die Be-
stärkung der Seele, die den Rausch des Gefühls kennt, wenn das Messer in den
feindlichen Leib schneidet, wenn Blutgeruch und Stöhnen zu den
triumphierenden Sinnen dringen. Jeder wirkliche Mann
noch in den Städten später Kulturen fühlt zuweilen die
schlafende Glut dieses Urseelentums in sich. Nichts . . .
von den zahnlosen Gefühlen des Mitleids, der Versöhnung.Ja, dem ist zu glauben, wenn er bekennt : Niemand konnte die nationale Umwälzung dieses Jahres mehr
herbeisehnen als ich. Man hat ihm die Lehrkanzel in Leipzig angeboten.
sie verstehen ihn. Seine einfache, mit der Beschwerde
über zu harte Friedensbedingungen vereinbare An-
leitung für menschlichen Verkehr rechtfertigt schon
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Jerusalemer Konvolut, fol. [59] recto
Pagination oben rechts: "59". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 15. 07. 1933 (zitierter Text)