|
in derwo ▒ Menschen
verschwinden und in
einem verlöteten Sarg
ihrer Familie ▒ werden ;ins Haus zurück▒ ;
verschwinden und in
einem verlöteten Sarg
|₰
| ▒
| „
| “ besteht,
| ,
| d
93
Unsagbarer Jammer !
Durch ein Mißverständnis
wurde mir mein
Mann entrissen. Um
stilles Beileid bittet — — Am 16. d. M. ging mein lieber Mann still dahin.
Das Begräbnis wurde in aller Stille durchgeführt. Kann »Übertreibung« einer Sphäre nahetreten, wo
die Aussage der Betroffenen, wo Teilnahme und
Nachforschung verwehrt ist und dem Terror nur die
Furcht begegnet, Leiden zu vermehren und die An-
steckung dieser absurden Gefahr zu verbreiten ?
Könnte es denn, bestünde nur der leiseste Verdacht
auf | Greuel, ein sittlicheres Tun geben als deren
»Propaganda«, eine lügenhaftere, nichtswürdigere
Fiktion alsihren Vorwurf ? Natürlich ist es »nicht
zu glauben« und alles klingtwie erfunden ; sei der
greuliche Inhalt nun simpel oder raffiniert. Doch
mit Namen, Ortund Zeit | wird beglaubigt, was zu
einfach fürgie Erfindung wäre :
Ein Hochofenarbeiter sollte aus der Wohnung geholt werden. Die
Frau bittet, ihn daheim zu lassen und hier auszufragen. Zwei Ohr-
feigen strecken sie auf die Diele. Die Kinder, ein elffähriger Knabe
und ein neunjähriges Mädchen, kommen herzu, weinen, knien nieder
und heben die Hände bittend für Vater und Mutter. Einer nimmt den
Gummiknüttel und schlägt auf die Kinder ein. Wie unglaubwürdig erst der Bericht, wenn der Vor-
gang der erfinderischen Phantasie von Menschen-
quälern entstammt :
Ein unscheinbarer Jude ernährt durch Lumpenhandel seine fünf Kinder.
Zu ihm kommen SA.-Leute und verlangen fünfhundert Mark. Er kann
sie nicht geben, weil er sie nicht hat ; er hat wohl niemals soviel
Geld auf einmal gesehen. Sie schlagen ihn, daß er wimmernd auf
dem Fußboden liegt. Endlich stöhnt er : »In der Kommode sind
30 Mark für die Mietrate.« Sie nehmen das Geld. Dann gießen sie
ihm einen vollen Liter Rhizinusöl ein, stecken ihn in einen Leinen-
sack, binden beim Hals zu und schleifen ihn in den Keller. Das Öl
wirkt, der Mann kauert buchstäblich in Kot und Urin vier Tage. Sein
Schreien hört man in der Straße. Ein Metzger befreit ihn. Als das
Opfer aus der Badewanne steigt, ist sein Leib vom Schmutz ange-
fressen, als wäre er stundenlang gefesselt in einem Ameisenhaufen
gelegen.Nur einer der Fälle, wo es noch gestattet ist, einen
Wirtschaftsfaktor »in der Freiheit der Entschließungen
zu behindern«. Einer der tausend Fälle, wo kein
wurde mir mein
Mann entrissen. Um
stilles Beileid bittet — — Am 16. d. M. ging mein lieber Mann still dahin.
Das Begräbnis wurde in aller Stille durchgeführt. Kann »Übertreibung« einer Sphäre nahetreten
Nachforschung verwehrt ist und dem Terror nur die
Furcht begegnet, Leiden zu vermehren und die An-
steckung dieser absurden Gefahr zu verbreiten ?
auf | Greuel
»Propaganda«, eine lügenhaftere, nichtswürdigere
Fiktion als
zu glauben« und alles klingt
greuliche Inhalt nun simpel oder raffiniert. Doch
mit Namen, Ort
einfach für
Frau bittet, ihn daheim zu lassen und hier auszufragen. Zwei Ohr-
feigen strecken sie auf die Diele. Die Kinder, ein elffähriger Knabe
und ein neunjähriges Mädchen, kommen herzu, weinen, knien nieder
und heben die Hände bittend für Vater und Mutter. Ein
Gummiknüttel und schlägt auf die Kinder ein. Wie unglaubwürdig erst der Bericht, wenn der Vor-
gang der erfinderischen Phantasie von Menschen-
quälern entstamm
Zu ihm kommen SA.-Leute und verlangen fünfhundert Mark. Er kann
sie nicht geben, weil er sie nicht hat ; er hat wohl niemals soviel
Geld auf einmal gesehen. Sie schlagen ihn, daß er wimmernd auf
dem Fußboden liegt. Endlich stöhnt er : »In der Kommode sind
30 Mark für die Mietrate.« Sie nehmen das Geld. Dann gießen sie
ihm einen vollen Liter Rhizinusöl ein, stecken ihn in einen Leinen-
sack, binden beim Hals zu und schleifen ihn in den Keller. Das Öl
wirkt, der Mann kauert buchstäblich in Kot und Urin vier Tage. Sein
Schreien hört man in der Straße. Ein Metzger befreit ihn. Als das
Opfer aus der Badewanne steigt, ist sein Leib vom Schmutz ange-
fressen, als wäre er stundenlang gefesselt in einem Ameisenhaufen
gelegen.
Wirtschaftsfaktor »in der Freiheit der Entschließungen
zu behindern«. Einer der tausend Fälle, wo kein
| ,
| wo
|₰
| deren
|₰
| und jeglichem Umstand
| SA. Mann
| te
Jerusalemer Konvolut, fol. [94] recto
Pagination oben rechts: "93". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 19. 06. 1933 (zitierter Text)