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Der Glaube an die unwandelbare Heiligkeit des Wotres, an die Un-
antastbarkeit der Sprache
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(wird nicht verkündet, sondern)
scheint mir ein Vorurteil, das — um den Dichter als Lebens-antastbarkeit der Sprache
gestalter auszuschalten — von der jeweilig herrschenden Ordnung
begünstigt wird. Ich denke zwar nicht, daß irgendeine der herrschenden
Ordnungen mit meinem Begriff
anzufangen wüßte, und denke im Gegenteil, daß
eine Lebensgestaltung, die
Sprache verdank
Journalisten ihn für ein noch größeres Vorurteil
halten müssen, als die Eigentumsverbrecher das
Gesetz. Das Unglück ist nur, daß dort nicht wie hier
dem Vorurteil ein Urteil
jeweils
so großes Interesse am geistigen Gut hat wie am
materiellen. Wie wäre man als Gutsbesitzer anerkannt
und geschützt, wenn der Staat es beherzigte : Geist ist nichts Metaphysisches. Geist entspringt der Realität. Ein Gedanke, der | sein Geld wert ist. Ich vermute,
daß Benn, wenn ich ihn auf eine Fehlkonstruktion
aufmerksam machte, gleichfalls dem Vorurteil ab-
winken und bloß die Lebensgestaltung, wie er sie
intendietr, betonen würde. Ich könnte ihm aber sogar
aus syntaktisch unbedenklichen Sätzen die Wider-
legung seines Denkens durch seine Sprache angedei-
hen lassen. E
Apokalypse.
Darum läßt er sich auch den Kitsch landsmän-
nischen Gemütstons nicht entgehen, indem er den
an der Küste gelagerten Flüchtlingen die folgende
Perspektive eröffnet : Da werfen Sie nun also einen Blick auf das nach Afrika sich hinzie-
hende Meer, vielleicht tummelt sich gerade eiu Schlachtschiff darauf
mit Negertruppen aus jenen sechshunderttausend Kolonialsoldaten der
gegen Deutschland einzusetzenden berüchtigten Forces d’outremer|
oder vielleicht auch auf den Arc de triomphe oder den Hradschin, und
schwören diesem Land, des politisch nichts will als seine Zukunft
sichern . . Rache.
nischen Gemütstons nicht entgehen, indem er den
an der Küste gelagerten Flüchtlingen die folgende
Perspektive eröffnet : Da werfen Sie nun also einen Blick auf das nach Afrika sich hinzie-
hende Meer, vielleicht tummelt sich gerade ei
mit Negertruppen aus jenen sechshunderttausend Kolonialsoldaten der
gegen Deutschland einzusetzenden berüchtigten Forces d’ou
schwören diesem Land, d
sichern . . Rache.
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Jerusalemer Konvolut, fol. [113] recto
Pagination oben rechts: "111". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
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Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 25. 05. 1933 (zitierter Text)