| waren.
| e
| Nein, d
| ,
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Ausland verbreiteten Lügen«, Gespräche zwischen
dem Kommissar — einem Manne, der unverkennbar
soeben ans Ruder gelangt war, mit dem er a tempo
Schläge austeilte —, einem Vertreter des Presseamts
und echten, keineswegs dargestellten Gefangenen,
zumeist einstigenbadischen Ministern, an denen,
wie vor den Ohren der Millionen überzeugend fest-
gestellt wurde äußere Spuren einer Verletzung nicht wahrnehmbarzunehmen sind▒| Die Gefangenen — wehrlos wie der Hörer, Leidens-
genossen jener, die bis dahin bloß für Leser abge-
tastet wurden — antworteten der Reihe nach, daß
sie sich über nichts zu beklagen haben, eine Formel,
so stereotyp wie die reichsfunkische Ansprache per
»Novembergröße« und wie die Verwendung des
Titels »Der Jude X«. Die Regie klappte nicht durch-
aus und manchmal mußte die Antwort mit etwas
Nachdruck herbeigeführt werden, so daß man doch
die Regie klappen hörte. Beim letzten Dialog wurde
ein Mißlingen wahrnehmbar, dem eine furchtbare
Geräuschpause, nicht durch den Äther bewirkt, folgte
und hierauf ein Stammeln des Fragestellers, dessen
Sprachart bis dahin als geübtes Analphabetentum
erkennbar war. Jener Unglückliche war auf die
Frage, ob er, wie von der Lügenpropaganda be-
hauptet wurde, mißhandelt worden sei, schluchzend
in die Worte ausgebrochen :Die Ohren — nein — die hat man mir nicht abgeschnitten — aber
meine Existenz — hat man vernichtet — Die zwanglose Unterhaltung schien jäh abgebrochen.
Sie wurde dennoch, mit allein Mängeln der Im-
provisation behaftet, auf Schallplatten wiederholt ;
und | dieser Wiederholung | habe ich beigewohnt. Es
überstieg alle Fassungskraft, als Plan und Tat, doch
vor allem als der Gedanke, daß solch ein Greuel,
solchewirksamste Propaganda eben sie entkräften
sollte| und man konnte bei diesem Versuch, das
dem Kommissar — einem Manne, der unverkennbar
soeben ans Ruder gelangt war, mit dem er a tempo
Schläge austeilte —, einem Vertreter des Presseamts
und echten, keineswegs dargestellten Gefangenen,
zumeist einstigen
wie vor den Ohren der Millionen überzeugend fest-
gestellt wurde äußere Spuren einer Verletzung nicht wahr
genossen jener, die bis dahin bloß für Leser abge-
tastet wurden — antworteten der Reihe nach, daß
sie sich über nichts zu beklagen haben, eine Formel,
so stereotyp wie die reichsfunkische Ansprache per
»Novembergröße« und wie die Verwendung des
Titels »Der Jude X«. Die Regie klappte nicht durch-
aus und manchmal mußte die Antwort mit etwas
Nachdruck herbeigeführt werden, so daß man doch
die Regie klappen hörte. Beim letzten Dialog wurde
ein Mißlingen wahrnehmbar, dem eine furchtbare
Geräuschpause, nicht durch den Äther bewirkt, folgte
und hierauf ein Stammeln des Fragestellers, dessen
Spr
erkennbar war. Jener Unglückliche war auf die
Frage, ob er, wie von der Lügenpropaganda be-
hauptet wurde, mißhandelt worden sei, schluchzend
in die Worte ausgebrochen :
meine Existenz — hat man vernichtet — Die zwanglose Unterhaltung schien jäh abgebrochen.
Sie wurde dennoch, mit alle
provisation behaftet, auf Schallplatten wiederholt ;
und | dieser Wiederholung | habe ich beigewohnt. Es
überstieg alle Fassungskraft, als Plan und Tat, doch
vor allem als der Gedanke, daß solch ein Greuel,
solche
sollte| und man konnte bei diesem Versuch, das
| badensi
|₰
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| eben
| ungeheure
Jerusalemer Konvolut, fol. [206] recto
Pagination oben rechts: "197". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
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Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 07. 04. 1933 (zitierter Text)