Benn könnte aber der Meinung sein, daß man in Zeiten, wo man mit dem Feind wieder deutsch spricht, eben dies nicht müsse, indem man auch mit der Sprache nicht viel Federlesens machen soll, und er schließt sich vielleicht dem bedeutenden Grundsatz an, den ein linker Geist neulich aufgestellt hat⁠ ⁠: Der Glaube an die unwandelbare Heiligkeit des Wortes, an die Unantastbarkeit der Sprache (wird nicht verkündet, sondern) scheint mir ein Vorurteil, das — um den Dichter als Lebensgestalter auszuschalten — von der jeweilig herrschenden Ordnung begünstigt wird. Ich denke zwar nicht, daß irgendeine der herrschenden Ordnungen mit meinem Begriff von Sprache etwas anzufangen wüßte, und denke im Gegenteil, daß eine Lebensgestaltung, die allen zuwiderläuft, sich dem Glauben an die Unantastbarkeit der Sprache verdankte⁠ ⁠; aber ich gestehe zu, daß die Journalisten ihn für ein noch größeres Vorurteil halten müssen, als die Eigentumsverbrecher das Gesetz. Das Unglück ist nur, daß dort nicht wie hier dem Vorurteil ein Urteil folgt, weil die jeweils herrschende Ordnung bei weitem kein so großes Interesse am geistigen Gut hat wie am materiellen. Wie wäre man als Gutsbesitzer anerkannt und geschützt, wenn der Staat es beherzigte⁠ ⁠: Geist ist nichts Metaphysisches. Geist entspringt der Realität. Ein Gedanke, der doch sein Geld wert ist. Ich vermute, daß Benn, wenn ich ihn auf eine Fehlkonstruktion aufmerksam machte, gleichfalls dem Vorurteil abwinken und bloß die Lebensgestaltung, wie er sie intendiert, betonen würde. Ich könnte ihm aber sogar aus syntaktisch unbedenklichen Sätzen die Widerlegung seines Denkens durch seine Sprache angedeihen lassen. Es ist unecht bis zu den Schrecken der Apokalypse.