Solche Intention ermöglicht die Unbefangenheit, ihre Verkennung einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen, die Gunst der Mißgünstigen anzusprechen und brüsker Ablehnung mit dem Versuch der Werbung entgegenzutreten. Früh genug hat ja der Führer die Erkenntnis ausgesprochen⁠ ⁠: Wenn die deutsche Nation den Zustand ihrer drohenden Ausrottung in Europa beenden will, dann hat sie nicht in den Fehler der Vorkriegszeit zu verfallen und sich Gott und die Welt zum Feind zu machen. Gelingt’s ihr trotzdem, so sind Vorkehrungen zu treffen, und bange machen gilt bekanntlich nicht. Wie wenn nichts geschehen wäre oder nur etwas, was beliebt macht, frisch, unbefangen, ein unreiner Tor, tritt man vor die Welt⁠ ⁠; bleibt ihr die Spucke weg, wird man sie umso eher herumkriegen. Wider Erwarten gelingt’s nicht. Die Mission Rosenbergs, den die Londoner Polizei vor dem Erfolg seiner Absicht, Sympathien zu erringen, schützen mußte, stieß also aufs Gegenteil, und man mag begreifen, daß ihm bei den vielen Erkundigungen nach der und jener Einzelaktion die Geduld riß, so daß er die Frager einfach mit dem Bescheid abfertigte, man könne »sich doch das alles nicht merken⁠ ⁠ Wie wenig ehrliches Streben nach Beliebtheit gewürdigt wird, beweist schon der Umstand, daß die englische Presse selbst für Annoncengeld nicht bereit war, den deutschen Fremdenverkehr zu fördern, ein Verhalten, dem gewiß keine Repressalien drohen würden. Aber das muß man schon sagen⁠ ⁠: der Parsifal war ein Roué gegen den Tumben, der mitten in die Panik, die sich des Auslands nach dem Boykottag bemächtigt hatte, mit der Forderung trat⁠ ⁠: in der ganzen Welt Freunde für den deutschen Gedanken der nationalen Erhebung zu werben und Mitarbeiter zu finden für dieses neue Deutschland. Schlagartig, wie dessen größte Tat begonnen und wie sie abgebrochen ward, ließ sich nunmehr — eine Woche danach — die Gelegenheit der Schmutzkonkurrenz ergreifen⁠ ⁠: Das Wort »Deutschland ist das billigste Land der Welt« sollte im Rahmen der Propaganda eine schlagartige Rolle spielen. Flair, Takt, Ethos — alles muß zusammenwirken. Jetzt ist der richtige Moment⁠ ⁠; wie einst, als in Gaswolken unser Benedikt dem Reisenden gebot, die Fühlhörner auszustrecken und die Kundschaft abzutasten. »Es kann offenbleiben«, ob diese Propaganda, die im richtigen Zeitpunkte einsetzt, »lediglich wirtschaftlich orientiert« sein soll⁠ ⁠; doch wenn auch die Wirtschaft »der Hauptinteressierte« ist, so kommt es doch darauf an, für Deutschlands Kultur als solche in der Welt zu werben. Wann denn, wenn nicht jetzt⁠ ⁠? Dem In- und Ausland sei ständig vorzuhalten wie unsinnig es in den meisten Fällen ist, Auslandsprodukte und Auslandskultur deutschem Gut vorzuziehen. Die Propaganda soll insbesondere »durch Plakate in der Auslandssprache, durch die Verteilung von Zetteln« erfolgen. Es kann »dafür gesorgt« werden daß die ausländische Presse — und sei es im Inseratenteil — immer wieder auf das hinweist, was Deutschland zu bieten vermag. Doch selbst der Inseratenteil zeigte sich abgeneigt, während der Textteil sich schon damals selbstlos in den Dienst der Propaganda für Deutschlands Kultur stellte, und so ausgiebig, daß die Welt wußte, wie viel’s geschlagen hat. Und da es unter der Diktatur des Zufalls keinen gibt, so folgt dem Vorschlag zur Güte eine Kriminalplauderei auf dem Fuß, und der Blick (kein Zusammenhang entgeht ihm, keinem kann er entgehn) erfaßt, was dem Berliner von 1933 durch den Kopf geht⁠ ⁠: etwas aus dem Hamlet, zwar nicht das, was zum Himmel stinkt, aber doch etwas von Mord, denn schwarz auf weiß ist da zu lesen, daß er, »hat er schon keine Zunge, mit wundervollen Stimmen spricht«.