erst lange nach dem Weltkrieg genaht ist, eine der
schwankendsten, die sich im Vordergrund deutschen
Kulturlebens tummeln durften und vermöge ihrer
Wendigkeit noch tummeln dürfen. Es ist Bernhard
Diebold, bekannter unter dem Namen Bernardo
Dieboldo, den er annahm und hierauf ich ihm
gemacht habe. Er unternimmt in der
Zeitung
den Versuch, durch Konfrontation meiner Tätigkeit
mit dem Nationalsozialismus mir dessen Beachtung
zu erringen und mich zu dessen Betrachtung zu
ermuntern. Und ich leiste sie so ungern, weil ich
mich im Gegenteil lieber mit der deutschen Sprache
befasse, und weil mich doch die Aufgabe,
nach französischen Versen der Offenbachschen Musik
anzupassen, weit mehr beglückt. Denn solches ist ja,
letzten Endes, wichtiger als sich mit dem zu be-
schäftigen, was nicht einmal ahnt, wie öde es ist und
daß selbst der Abgrund gähnt, der einen davon
trennt. Aber es freut mich auch immer, mich der
Presse als einer Heldenreizerin zu bedienen,
die mich zwar nicht liebt, jedoch »zu neuen
Taten läßt«, also ungefähr im Sinne Wagners,
dessen Antithese zu Offenbach eben, wie wir
sehen werden, Diebolds Sorge ist und sein
Motiv, bei Goebbels mich verdächtig und sich lieb
Kind zu machen. Doch war es ihm von Natur be-
stimmt, AnschIuß zu finden, denn sie hat ihn ledern
erschaffen und quick zugleich. Seit ich ihn kenne
einer meiner schwersten Fälle, einer meiner rück-
fälligsten Patienten, in allen publizistischen Lagen
an jener Wut leidend, die man
die als Kritik in Erscheinung tritt, hat er nun die
große Gelegenheit denunziatorischen Dranges be-
nützt, um ein Mütchen zu kühlen, das sonst minimal
wäre, aber gestützt auf die Waffe der populären
Stimmung, es selbst mit dem Mut aufnimmt. Diebold
galt lange als führender Kopf deutscher Theater-
wissenschaft, bis ich ihm dahinterkam, und als er
sich, schon unsicher gemacht, eines Tages gehen
und dem Humor die Zügel schießen ließ, ergriff ich
diese und stellte ihn in Originalgröße als den Schalk
dar, der im Auftrag eines Reisebüros —
Legende
- Drucktext
- Typoskript
- Handschriftlicher Text, Karl Kraus
- Handschriftlicher Text, Druckerei oder Karl Kraus
- Graphenfolge in schwarzer Tinte
- Graphenfolge in Blei
- Graphenfolge in rotem Farbstift
- Graphenfolge in blauer Tinte
- Graphenfolge in blauem Farbstift
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- Zurückgenommene Unterstreichung
- Graphenfolge mit Umrandung
- Zurückgenommene Umrandung
- Handschriftlicher Text, nachgezogen (keine Varianz erkennbar)
- Überschreibung mit Variante Überschreibung mit Varianz (Mouse-Over legt untere Textschicht frei)
- | – vereinheitlichtes Korrektur- und Einfügungszeichen
- – Tilgung (Deleatur)
- – Vertauschung (Transposition)
- Unsichere[?] Entzifferung[?]
- ¿¿¿¿¿¿¿ – nicht entzifferte Graphenfolge
- / – Start bzw. Ende einer Markierung für die Fackel Nr. 890-905
Jerusalemer Konvolut,
fol. [23] recto.
Standort, Signatur
National Library of Israel, Jerusalem, Abraham Schwadron Collection, Schwad 01 19 290.1.
Paginierung oben rechts: "23" (Schwarze Tinte (Karl Kraus))
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Textträger, Grundschicht,
Digitalisat
Gehört zu:
Druckfahnen – Fahnenabzüge (vor dem Umbruch), umfassen 268 von 293 Blatt des Konvoluts. Höhe 210 mm, Breite 142 mm. Druckqualität variabel: stellenweise Blitzer, vielfach Doublieren (‚Schmitze‘).
Leichte bis (vor allem bei den ersten Seiten) mittlere mechanische Schäden – Knicke, Risse, selten Fehlstellen – vor allem im Bereich der Blattränder. Vielfach verschmutzte Blattränder, im Blattinneren leichte bis selten mittlere Verschmutzung durch vmtl. Druckerschwärze, Griffecken und anderes. Stellenweise leicht stockfleckig. Brandschäden kleinsten Ausmaßes auf wenigen fols.
Digitalisiert von der National Library of Israel mit 300 dpi, 1.737 bis 2.016 Pixel Breite und 2.566 bis 2.816 Pixel Höhe.
Bearbeitungsschichten
- Schwarze Tinte (Karl Kraus)