| immer
| ,
| doch
| welche leider
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Sie streiten sich, so heißt’s, um Freiheitsrechte,
Genau besehn, sind’s Knechte gegen Knechte.
andern sie von der Regierung autoritär und besser ge-
schützt sind ? Warum muß denn immer noch »ge-
kämpft« werden, wo jede Faser des Wesens zum
Paktieren neigt ? Auch gibt es ja zwischen jenem und
diesem noch den goldenen Mittelweg des Packelns,
und wäre selbst solches nicht ehrlicher, wo man
ohnedies | vermutet, daß es bereits geschieht ? Und
wenn es vor dem Problem des nackten Lebens
wichtig scheint, sogar das der Weltanschauung, so-
weit sie vorhanden, zurückzustellen — nur »für die
Dauer der besondern Gefahr« — ; und wenn eine
Fahne, wie immer man zu Fahnen stehen mag|
nun einmal verboten ist : ist es da würdig,
sie| wie die Hoffnung auf dem Grabe, auf Giebeln
und Schornsteinen aufzupflanzen und mit Wach-
leuten, die | mit einer ernsthafteren Gefahr zu tun haben,
Fangerl zu spielen ? Ist es nicht ein Unfug, der schon
an die Nichtswürdigkeiten hinanreicht, die jetzt die
Wächter in Atem halten : sie eben davon abzulenken,
sie | apportieren zu lassen und dann höhnisch zu rap-
portieren : Die Wachebeamten sparen nicht mit grimmiger Anerkennung
der einzigartigen Verwegenheit, mit der die geheimnis-
vollen Rebellen die verbotene Fahne an Stellen befestigen, die
sonst nur für Vögel erreichbar sind . . . Erst nach zwei-
stündiger Arbeit gelang es zwei Wachebeamten, drei der zwölf Fahnen
herunterzuholen . . . während die Betrachter »mit merkwürdig vergnügten
Mienen hinaufblinzelten«. Soll man es glauben, dieses
Bubenspiel bildete eine Rubrik des Zentralorgans,
die mit der andern abwechselte :
Ein Wachmann stirbt an den Folgen der Überan-
strengung.Sie ist in der beispiellosen Abwehr geleistet, einer
Verschwörung gegen Leben und Eigentum, Tag für
Tag, Nacht für Nacht — und »geheimnisvolle Rebellen«
frozzeln eine Wachsamkeit, die sie | vor Bomben
behütet, mit Fahnenwitzen !Wir melden :
Rayonsinspektor Friedrich Flassak ist in den letzten Tagen nicht
oft aus den Schuhen gekommen — — bis Mitternacht Dienst
gemacht Drei Stunden später — — Alarmbereitschaft — — schon
wieder im Dienst. Kein Zweifel : er ist an den Folgen der Über-
anstrengung gestorben.
schützt sind ? Warum muß denn immer noch »ge-
kämpft« werden, wo jede Faser des Wesens zum
Paktieren neigt ? Auch gibt es ja zwischen jenem und
diesem noch den goldenen Mittelweg des Packelns,
und wäre selbst solches nicht ehrlicher, wo man
ohnedies | vermutet, daß es bereits geschieht ? Und
wenn es vor dem Problem des nackten Lebens
wichtig scheint, sogar das der Weltanschauung, so-
weit sie vorhanden, zurückzustellen — nur »für die
Dauer der besondern Gefahr« — ; und wenn eine
Fahne, wie immer man zu Fahnen stehen mag|
nun einmal verboten ist : ist es da würdig,
sie| wie die Hoffnung auf dem Grab
und Schornsteinen aufzupflanzen und mit Wach-
leuten, die | mit einer ernsthafteren Gefahr zu tun haben,
Fangerl zu spielen ? Ist es nicht ein Unfug, der schon
an die Nichtswürdigkeiten hinanreicht, die jetzt die
Wächter in Atem halten : sie eben davon abzulenken,
sie | apportieren zu lassen und dann höhnisch zu rap-
portieren : Die Wachebeamten sparen nicht mit grimmiger Anerkennung
der einzigartigen Verwegenheit, mit der die geheimnis-
vollen Rebellen die verbotene Fahne an Stellen befesti
sonst nur für Vögel erreichbar sind . . . Erst nach zwei-
stündiger Arbeit gelang es zwei Wachebeamten, drei der zwölf Fahnen
herunterzuholen . . . während die Betrachter »mit merkwürdig vergnügten
Mienen hinaufblinzelten«. Soll man es glauben, dieses
Bubenspiel bildete eine Rubrik des Zentralorgans,
strengung.
Verschwörung gegen Leben und Eigentum, Tag für
Tag, Nacht für Nacht — und »geheimnisvolle Rebellen«
frozzeln eine Wachsamkeit, die sie | vor Bomben
behütet, mit Fahnenwitzen !
oft aus den Schuhen gekommen — — bis Mitternacht Dienst
gemacht Drei Stunden später — — Alarmbereitschaft — — schon
wieder im Dienst. Kein Zweifel : er ist an den Folgen der Über-
anstrengung gestorben.
|₰
| ,
|₰
| förmlich
| gt
| selbst selber
| Das Organ der Rebellen
| t
Jerusalemer Konvolut, fol. [235] recto
Pagination oben rechts: "225". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
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Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 22. 06. 1933 (zitierter Text)