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Und doch :
Es ist die Nation, deren Staatsangehörigkeit Sie besitzen,
deren Srache Sie sprechen, deren Schulen Sie besuchten . . . deren
Industrie Ihre Bücher druckte, deren Theater Ihre Stücke
spielte . . . und die Ihnen auch jetzt nicht viel getan hätte, wenn
Sie hier geblieben wären. Höchsens Verletzungen leichteren Grades| nicht der
Rede wert, und auf die Sicherheit hin, die Benn
nachträglich bietet, und in die die Staatsangehörigkeit
sie leider nicht gewiegt hat, wären sie ja vielleicht
geblieben. Wenn sichs aber vom sichern Port,in
welche▒ sich einer befindet, gemächlich raten läßt,
so ist es zweifellos noch feiger, ihn dem andern zu
widerraten. Benn scheint der Anschauung zu sein,
daß die Flüchtlinge aus purem Übermut dem Berliner
Wohlleben den Hunger in Paris vorgezogen haben.
Man muß nicht gerade die des Herrn Goebbels teilen,
daß das Emigrantendasein »schimpflich« sei. Ehren-
voller als der Tanz nach seiner Pfeife,▒st es aber
gewiß nicht beglückend für solche, die im taktvollen
Mitleid noch die Aversion gegen ihre Heimat zu
fühlen bekommen. Denn leider verhält es sich so,
daß das Ausland sie nicht bloß als die Opfer einer
politischen Unterdrückung, sondern vielfach auch als
die Vertreter einer ethnischen Besonderheit ansieht,
und man kann sich immerhin vorstellen, daß esihnen|
gelingen mag, das Vorurteil gegen diese zu befestigen,
indem sie schon durch ihr Auftreteneben die Propa-
ganda b▒sorgen, die den Interessen Deutschlands
zuwiderläuft und von ihm verpönt wird. Es dürfte
ja glaubhaft sein, daß sich Berliner Literaten auch
in Paris übernehmen und dem Edelmut der Gastgeber
die Bezeichnung »les greuel« abnötigen. Man erfährt
zum Beispiel von Vergleichen mit »unserer Wohnbau-
kultur«, bei denen die desAsyls »schlecht abschneidet«|
und für die Wirkung auf die Außenwelt wäre es unter
allen Umständen günstiger, niemals solche Lebens-
verhältnisse zu schaffen, die eine Auswanderung zur
deren S
Industrie Ihre Bücher druckte, deren Theater Ihre Stücke
spielte . . . und die Ihnen auch jetzt nicht viel getan hätte, wenn
Sie hier geblieben wären. Höch
Rede wert, und auf die Sicherheit hin, die Benn
nachträglich bietet, und in die die Staatsangehörigkeit
sie leider nicht gewiegt hat, wären sie ja vielleicht
geblieben. Wenn sichs aber vom sichern Port,
so ist es zweifellos noch feiger, ihn dem andern zu
widerraten. Benn scheint der Anschauung zu sein,
daß die Flüchtlinge aus purem Übermut dem Berliner
Wohlleben den Hunger in Paris vorgezogen haben.
Man muß nicht gerade die des Herrn Goebbels teilen,
daß das Emigrantendasein »schimpflich« sei. Ehren-
voller als der Tanz nach seiner Pfeife,
gewiß nicht beglückend für solche, die im taktvollen
Mitleid noch die Aversion gegen ihre Heimat zu
daß das Ausland sie nicht bloß als die Opfer einer
politischen Unterdrückung, sondern vielfach auch als
die Vertreter einer ethnischen Besonderheit ansieht,
und man kann sich immerhin vorstellen, daß es
gelingen mag, das Vorurteil gegen diese zu befestigen,
indem sie schon durch ihr Auftreten
ganda b
zuwiderläuft und von ihm verpönt wird. Es dürfte
ja glaubhaft sein, daß sich Berliner Literaten auch
in Paris übernehmen und dem Edelmut der Gastgeber
die Bezeichnung »les greuel« abnötigen. Man erfährt
zum Beispiel von Vergleichen mit »unserer Wohnbau-
kultur«, bei denen die des
und für die Wirkung auf die Außenwelt wäre es unter
allen Umständen günstiger, niemals solche Lebens-
verhältnisse zu schaffen, die eine Auswanderung zur
| pr
| st
| worin
|₰
| i
| spüren
| manchen unter ihnen
| ▒h▒
|₰
| Gastgebers
Jerusalemer Konvolut, fol. [106] recto
Pagination oben rechts: "105". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
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Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 20. 06. 1933 (zitierter Text)