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toten Satiriker für den lebenden in Strafe zu neh-
men. Sie hat sich inzwischen der Vorschrift, über-
haupt keine Meinung zu haben, anpassen müssen,
wiewohl ein starker finanzieller Rückhalt ihr die
förmliche Gleichschaltung zu ersparen und ein
wenig von jener relativen Sauberkeit, die nicht viel
wert ist, zu bewahren schien, innerhalb eines
Metiers, dessen ersetzbare Gesinnung durch mein
Wirkenbis jetzt nicht weltkundig war. Ist es mir
doch beiweitem nicht gelungen, diese so zur
Anschauung zu bringen, wie es »schlagartig« der
kühne Handstreich vermocht hat, mit dem die Er-
pressung an den Erpressern begangen wurde, jener
Zugriff, der so manchen Piraten zwang, sich von |
Aktien eines Familienbesitzes an öffentlicher Mei-
nung zu trennen und das Raubschiff politischen
Korsaren zu überlassen. Die‚Frankfurter Zeitung‘
half sich eine zeitlang, wie sie konnte, und sie
konnte nicht umhin, die »Verkündigung desdritten
Reiches« durch Herrn Johst als etwas zu empfinden,
das »an die Herzen schlägt«. Bald erklärte sie offen-
herzig, daß sie den Zwiespalt zwischen ihrem Freisinn
und dem »Lebensstil der Unerbittlichkeit« nicht mehr
fühle, wiewohl sie von einem Stück des Dramatikers
Goebbels zugeben mußte : Kunst als objektive Lebensbetrachtung im Sinne Goethes ist
nicht erstrebt. Drückte sie sich nun redaktionell um die Erkenntnis
men. Sie hat sich inzwischen der Vorschrift, über-
haupt keine Meinung zu haben, anpassen müssen,
wiewohl ein starker finanzieller Rückhalt ihr die
förmliche Gleichschaltung zu ersparen und ein
wenig von jener relativen Sauberkeit, die nicht viel
wert ist, zu bewahren schien, innerhalb eines
Metiers, dessen ersetzbare Gesinnung durch mein
Wirken
doch beiweitem nicht gelungen, diese so zur
Anschauung zu bringen, wie es »schlagartig« der
kühne Handstreich vermocht hat, mit dem die Er-
pressung an den Erpressern begangen wurde, jener
Zugriff, der so manchen Piraten zwang, sich von |
Aktien eines Familienbesitzes an öffentlicher Mei-
nung zu trennen und das Raubschiff politischen
Korsaren zu überlassen. Die
half sich eine zeitlang, wie sie konnte, und sie
konnte nicht umhin, die »Verkündigung des
Reiches« durch Herrn Johst als etwas zu empfinden,
das »an die Herzen schlägt«. Bald erklärte sie offen-
herzig, daß sie den Zwiespalt zwischen ihrem Freisinn
und dem »Lebensstil der Unerbittlichkeit« nicht mehr
fühle, wiewohl sie von einem Stück des Dramatikers
Goebbels zugeben mußte : Kunst als objektive Lebensbetrachtung im Sinne Goethes ist
nicht erstrebt. Drückte sie sich nun redaktionell um die Erkenntnis
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Jerusalemer Konvolut, fol. [25] recto
Pagination oben rechts: "25". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
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Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 31. 08. 1933 (zitierter Text)