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Dies Europa ! Das hat wohl Werte, — wo es nicht bestechen und
schießen kann, da steht es wohl recht kläglich da ! Darum eben muß jeder Deutschewenigstens
schießen lernen. Benn vergleicht noch Hitler mit
Napoleon und zieht jenen vor, da man ihn von
se▒ner Bewegung nicht unterscheiden könne, während
dieser bloß ein individuelles Genie wor. Er läßt
sich in eine Charakterologie der großen Männer ein,
welche »die abnorme Leichtigkeit in allem, nament-
lich auch den organischen Funktionen« gemeinsam
haben. Dann beruft er sich darauf, daß die »Grund-
lagen seiner Darstellung« dieselben seien wie bei
Fichte, Burckhardt und Nietzsche, nicht ohne auch
an Hegel anzuknüpfen, vor allem aber an die eigene
»fanatische Reinheit« zu erinnern, an die auch die
Flüchtlinge appeliert haben. Wie lange er mit ihr,
wie insbesondere mit der intellektuellen Zurüstung,
als Kämpfer für die Sache durchhalten wird, weckt
Spannung. Dochnicht ohne Interesse läßt sich auch
das Blatt, in dem er auf den Plan tritt, wenden,
und da gesellt sich der irrationalen Zuversicht und
dem Einblick ins Quartär die reaktionelle Mahnung :
Man soll in der Politik auch die Dinge des täglichen
Lebens, die das Volk unmittelbar berühren, nicht unterschätzen. Gewiß soll man nicht, aber wir haben doch gehört,
daß sich das Lebensgefühl des deutschen Arbeiters
bewegt und daß es ihm heute besser geht als zuvor ?
Haben wir, jedennoch : Während der letzten Wochen ist im Zusammenhang mit der Margarine-
verordnung eine starke Preissteigerung für alle Fette zu verzeichnen
gewesen. Der Butterpreis stieg von einem Tiefstand von 84 Mark auf
120 Mark für den Zentner. Beispiele der »Auswirkung« für den Konsumenten
folgen. An einzelnen Plätzen, namentlich in Süddeutschland sind die Preise
noch stärker gestiegen ; in München haben etwa 200 Händler den
Weg nach Dachau in das Konzentrationslager antreten müssen,
und zwar, weil man ihnen Preiswucher zum Vorwurf machte.
schießen kann, da steht es wohl recht kläglich da ! Darum eben muß jeder Deutsche
schießen lernen. Benn vergleicht noch Hitler mit
Napoleon und zieht jenen vor, da man ihn von
se
dieser bloß ein individuelles Genie w
sich in eine Charakterologie der großen Männer ein,
welche »die abnorme Leichtigkeit in allem, nament-
lich auch den organischen Funktionen« gemeinsam
haben. Dann beruft er sich darauf, daß die »Grund-
lagen seiner Darstellung« dieselben seien wie bei
Fichte, Burckhardt und Nietzsche, nicht ohne auch
an Hegel anzuknüpfen, vor allem aber an die eigene
»fanatische Reinheit« zu erinnern, an die auch die
Flüchtlinge appe
wie insbesondere mit der intellektuellen Zurüstung,
als Kämpfer für die Sache durchhalten wird, weckt
Spannung. Doch
das Blatt, in dem er auf den Plan tritt, wenden,
und da gesellt sich der irrationalen Zuversicht und
dem Einblick ins Quartär die re
Lebens, die das Volk unmittelbar berühren, nicht unterschätzen. Gewiß soll man nicht, aber wir haben doch gehört,
daß sich das Lebensgefühl des deutschen Arbeiters
bewegt und daß es ihm heute besser geht als zuvor ?
Haben wir, jedennoch : Während der letzten Wochen ist im Zusammenhang mit der Margarine-
verordnung eine starke Preissteigerung für alle Fette zu verzeichnen
gewesen. Der Butterpreis stieg von einem Tiefstand von 84 Mark auf
120 Mark für den Zentner. Beispiele der »Auswirkung« für den Konsumenten
folgen. An einzelnen Plätzen, namentlich in Süddeutschland sind die Preise
noch stärker gestiegen ; in München haben etwa 200 Händler den
Weg nach Dachau in das Konzentrationslager antreten müssen,
und zwar, weil man ihnen Preiswucher zum Vorwurf machte.
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Jerusalemer Konvolut, fol. [117] recto
Pagination oben rechts: "115". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
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Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 25. 05. 1933 (zitierter Text)