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Die Klassiker hat man entseelt und der Libertinage
hat man gefrönt. Aber dieser Vorwurf kann mich
nicht treffen, der ich doch im Gegenteil ebensosehr
den Ergötzungen der Bürgerwelt an Bekessy ent-
gegentrat wie der Beschmutzung Goethes, vor allem
aber auch der Verwendung von Schillerzitaten für
Italienreisende, freilich auf die Gefahr hin, die
Autorität eines wahrhaft Großen, wenn schon leider
nicht zu zerstören, so doch zu kränken. Daß mußte ein Ende nehmen. Und Goebbels zur Welt kommen, um die aus den
Fugen geratene Zeit einzurichten, mit eigenen
Schriften und denen Johsts, welchem Diebold seine geistige Art, den künstlerischen Nationalismus aufzufassen zuerkennt. Freilich erlaubt er sich für alles Weitere
die Mahnung, das Nationale dürfe in der Kunst nicht
»mit militärischen und heimatkünstlerischen Phäno-
menen in Verwechslung geraten« : Die Qualität entscheidet auch innerhalb des nationalen Kunst-
bereichs. Also nicht wie ihr Herrn das vielleicht meint,
bloß Quantität und so Sachen. Diebold erwartet von
Goebbels, dem er nachrühmt, was er selbst hat,
einen »vor seiner Partei bemerkenswerten Mut« :
daß nicht bloß niedergerissen, sondern auch aufge|
und »eigenkräftige Leistungen gefördert werden«.
Aus der Vergangenheit — Schwamm drüber —
möchte er Piscator mit seinen »Anregungen« her-
überretten und selbstverständlich die »ideelle Ziel-
setzung« unseres Unruh, den man der‚Frankfurter
Zeitung‘ nun einmal nicht nehmen darf, im ganzen
circa fünf Frankfurter von ehrlichem Kulturbewußt-
sein, welches aber leider nicht verhindern konnte,
daß der »Mythus« zerstört wurde, der nun in anderer
Schreibung mit dem Blut verbunden wird. Anschaulich
macht sich aber die Kulturverwirrung, die geherrscht
haben muß, in der folgenden Beschwerde :
hat man gefrönt. Aber dieser Vorwurf kann mich
nicht treffen, der ich doch im Gegenteil ebensosehr
den Ergötzungen der Bürgerwelt an Bekessy ent-
gegentrat wie der Beschmutzung Goethes, vor allem
aber auch der Verwendung von Schillerzitaten für
Italienreisende, freilich auf die Gefahr hin, die
Autorität eines wahrhaft Großen, wenn schon leider
nicht zu zerstören, so doch zu kränken. Daß mußte ein Ende nehmen. Und Goebbels zur Welt kommen, um die aus den
Fugen geratene Zeit einzurichten, mit eigenen
Schriften und denen Johsts, welchem Diebold seine geistige Art, den künstlerischen Nationalismus aufzufassen zuerkennt. Freilich erlaubt er sich für alles Weitere
die Mahnung, das Nationale dürfe in der Kunst nicht
»mit militärischen und heimatkünstlerischen Phäno-
menen in Verwechslung geraten« : Die Qualität entscheidet auch innerhalb des nationalen Kunst-
bereichs. Also nicht wie ihr Herrn das vielleicht meint,
bloß Quantität und so Sachen. Diebold erwartet von
Goebbels, dem er nachrühmt, was er selbst hat,
einen »vor seiner Partei bemerkenswerten Mut« :
daß nicht bloß niedergerissen, sondern auch aufge|
und »eigenkräftige Leistungen gefördert werden«.
Aus der Vergangenheit — Schwamm drüber —
möchte er Piscator mit seinen »Anregungen« her-
überretten und selbstverständlich die »ideelle Ziel-
setzung« unseres Unruh, den man der
Zeitung
circa fünf Frankfurter von ehrlichem Kulturbewußt-
sein, welches aber leider nicht verhindern konnte,
daß der »Mythus« zerstört wurde, der nun in anderer
Schreibung mit dem Blut verbunden wird. Anschaulich
haben muß, in der folgenden Beschwerde
| baut
|₰
|₰
| tritt jedoch
| hervor :
Jerusalemer Konvolut, fol. [32] recto
Pagination oben rechts: "32". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
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Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 16. 04. 1933 (zitierter Text)