| (
| )
| .
|₰
|₰
234
die Nachrichten aus Deutschland«, was Faschismus
ist ; und da »sollte es uns kein lockendes, kein be-
feuerndes Kampfzicl sein«, für die Demokratie zu
kämpfen und uns »dadurch dagegen« zu sichern (wo-
gegen uns offenbar Dollfuß nicht sichert)▒ daß auch
Österreich »in die Knechtschaft hineingleitet« ? Hier
wird einem schwindlicht, bis sich endlich die klare
Erkenntnis durchsetzt, daß eine Stunde kommen
kann in derdas nur die Wahl bliebe, schimpflich zu kapitulieren oder
kühn zu kämpfen.Die Sprache bringt es an den Tag. Während sonst
der Kämpfer siegt oder untergeht, ist hier die Ka-
pitulation vorangestellt und das Pathos kommt ins
Hintertreffen der Alternative ; schon daß die Kühnheit
eine Eventualität ist— so beiläufig gesetzt wie :
gegebenen Falles ekstatisch schwärmen—, spricht
Bände von Papier. Ehe es freilich zu solcher Ent-
scheidung kommt, besteht die Hoffnung, daß die
Demokratierhetorisch wiedererobert werde und ein
parlamentarisch kontrolliertes Regierungssystem funk-
tioniere : auch wenn wir dieses Regierungssystem zunächst und vor-
erst nur als parlamentarische Opposition kontrol-
lieren können| Da hätte man freilich ausgesorgt▒ Aber zunächst und
vorerst schließt sich unter dem Titel »Zwischen zwei
Faschismen» eine Serie von Pollakwitzen an, die
wohl das Äußerste sind, was in ernster Zeit gewagt
werden kann : über die jüdische Bourgeoisie, »die von
panischer Angst vor den Nazi geschüttelt« sei, während
wir dochseelenruhig ihnen entgegensehen ; vom
»Beelzebub«, mit dem man jedenfalls mich vertreiben
kann, weil ich ihn | für das Schoßkind der sozial-
demokratischen Journalistik halte ; dann der Witz,
der schon etwas Galgenhumor hat : man ȟbersieht
nicht«, daß es »in Österreich bisher kein Konzentrations-
lager gibt«, aber— was hilft das, man »kann auch
nicht übersehen«, daß es — nein, das erriete nie-
mand — daß es »kein Parlament« gibt ! (Die deut-
schen Genossen wären vielleicht heute bereit, diesendas bereits einen
ist ; und da »sollte es uns kein lockendes, kein be-
feuerndes Kampfzi
kämpfen und uns »dadurch dagegen« zu sichern (wo-
gegen uns offenbar Dollfuß nicht sichert)
Österreich »in die Knechtschaft hineingleitet« ? Hier
wird einem schwindlicht, bis sich endlich die klare
Erkenntnis durchsetzt, daß eine Stunde kommen
kann in der
kühn zu kämpfen.Die Sprache bringt es an den Tag. Während sonst
der Kämpfer siegt oder untergeht, ist hier die Ka-
pitulation vorangestellt und das Pathos kommt ins
Hintertreffen der Alternative ; schon daß die Kühnheit
eine Eventualität ist
gegebenen Falles ekstatisch schwärmen
Bände von Papier. Ehe es freilich zu solcher Ent-
scheidung kommt, besteht die Hoffnung, daß die
Demokratie
parlamentarisch kontrolliertes Regierungssystem funk-
tioniere : auch wenn wir dieses Regierungssystem zunächst und vor-
erst nur als parlamentarische Opposition kontrol-
lieren können| Da hätte man freilich ausgesorgt
vorerst schließt sich unter dem Titel »Zwischen zwei
Faschismen» eine Serie von Pollakwitzen an, die
wohl das Äußerste sind, was in ernster Zeit gewagt
werden kann : über die jüdische Bourgeoisie, »die von
panischer Angst vor den Nazi geschüttelt« sei, während
wir doch
»Beelzebub«, mit dem man jedenfalls mich vertreiben
kann, weil ich ihn | für das Schoßkind der sozial-
demokratischen Journalistik halte ; dann der Witz,
der schon etwas Galgenhumor hat : man ȟbersieht
nicht«, daß es »in Österreich bisher kein Konzentrations-
lager gibt«, aber
nicht übersehen«, daß es — nein, das erriete nie-
mand — daß es »kein Parlament« gibt ! (Die deut-
schen Genossen wären vielleicht heute bereit, diesen
| e
| :
| uns
| mit Reden
| !
| gen Gemüts
| nämlich
Jerusalemer Konvolut, fol. [244] recto
Pagination oben rechts: "234". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- #undefined
- Buntstift, rot
- Bleistift
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
- Markierung für den Druck der Fackel Nr. 890: vertikale Linie Rechts
Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 07. 1933. (zitierter Text)