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199
Eindeutiger war bekanntlich der Gruß, den ihm
der Abgesandte der österreichischen Regierung zum
Empfang auf dem Flugfeld von Aspern entboten hat.
Und ich muß, nicht weniger eindeutig und ohne
jede politische Nebenabsicht, schon sagen, daß mir,
als Kenner geistiger Regiewirkung, durch die ein
Wort, an den rechten Punkt der Handlung gesetzt,
dramatische Tat wird▒ dieses Diktum, das da zum
Faktum wurde,gut gefallen hat, besser als eines
seit Gründung der Republik, irgendeins aus
jenem Machtbereich der Phrase, wo dem politischen
Feind bisher nur die Enttäuschung widerfuhr, auf
Gallert zu beißen. Was mir an solcher Initiative
— nach der lähmenden Ära gesprochener und ver-
ratener Pflichterfüllung und angesichts des Leerlaufs
einer oppositionellen Rhetorik — was mir an dem
Entschluß, dem Gastfreund gleich an der Schwelle
zu sagen, sein Besuch sei nicht sehr erwünschtwohlgefällt, ja imponiert, das ist das Moment der
Neuerung, das innen Zweckhafte und außen Schmuck-
lose der Formel, die zum erstenmal keine Floskel
ist, der Mut zum Nochnichtdagewesenen in der
Politik, ein nicht bloß für den Betroffenen über-
raschender Durchbruch durch die Konvention diplo-
matischer Formen. Denn wenngleich es nur die
Antwort auf eben derenformlose Durchbrechung
warwie auf den | Eingriff in staatliche Lebensrechte,
so war doch zur Fixierung lebendige Energie erfor-
derlich, ein politischer Nervenmut, wie der persön-
liche für dieLieferung. Man denke nur, ein Reichs-
minister kommt geflogen, es ist, wenngleich nicht
offiziell, der erste Besuch seit dem Einbruch in die
Weltgeschichte — doch Weg ! das Hassen, weg ! das Neiden, Sammeln wir die klarsten Freuden, Unterm Himmel ausgestreut ! Auf dem Wasser, auf der Erde, Sei’s die heiterste Geberde, Die man dem Willkommnen beut.
der Abgesandte der österreichischen Regierung zum
Empfang auf dem Flugfeld von Aspern entboten hat.
Und ich muß, nicht weniger eindeutig und ohne
jede politische Nebenabsicht, schon sagen, daß mir
als Kenner geistiger Regiewirkung, durch die ein
Wort, an den rechten Punkt der Handlung gesetzt,
dramatische Tat wird
Faktum wurde,
seit Gründung der Republik, irgendeins aus
jenem Machtbereich der Phrase, wo dem politischen
Feind bisher nur die Enttäuschung widerfuhr, auf
Gallert zu beißen. Was mir an solcher Initiative
— nach der lähmenden Ära gesprochener und ver-
ratener Pflichterfüllung und angesichts des Leerlaufs
einer oppositionellen Rhetorik — was mir an dem
Entschluß, dem Gastfreund gleich an der Schwelle
zu sagen, sein Besuch sei nicht sehr erwünscht
Neuerung, das innen Zweckhafte und außen Schmuck-
lose der Formel, die zum erstenmal keine Floskel
ist, der Mut zum Nochnichtdagewesenen in der
Politik, ein nicht bloß für den Betroffenen über-
raschender Durchbruch durch die Konvention diplo-
matischer Formen. Denn wenngleich es nur die
Antwort auf eben deren
war
so war doch zur Fixierung lebendige Energie erfor-
derlich, ein politischer Nervenmut, wie der persön-
liche für die
minister kommt geflogen, es ist, wenngleich nicht
offiziell, der erste Besuch seit dem Einbruch in die
Weltgeschichte — doch Weg ! das Hassen, weg ! das Neiden, Sammeln wir die klarsten Freuden, Unterm Himmel ausgestreut ! Auf dem Wasser, auf der Erde, Sei’s die heiterste Geberde, Die man dem Willkommnen beut.
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| formlosen
| Übermittl
Jerusalemer Konvolut, fol. [208] recto
Pagination oben rechts: "199". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
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- Markierung für den Druck der Fackel Nr. 890: vertikale Linie Rechts