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der sich ihr entgegenstellt«, tut es wirklich ; »Aus-
stoßen aus der Deutschen Arbeitsfront« läßt das
b|racchium erkennen, mit dem ein Würdenträger| an
einer Kehlkopfverletzung beteiligt war ; und vollends
erfolgt die Absage an das Bildliche in dem Ver-
sprechen eines Staatspräsidenten : Wir sagen nicht : Auge um Auge, Zahn um Zahn, nein, wer uns ein
Auge ausschlägt, dem werden wir den Kopf abschlagen, und wer uns
einen Zahn ausschlägt, dem werden wir den Kiefer einschlagen. Es geschieht auch ohne diese Vorbedingung. Und
diese Ri|vindikation des Phraseninhaltes geht durch
alle Wenduu|gen, in denen ein ursprünglich blutiger
oder brachialer Inhalt sich längst zum Sinn | geistiger|
Offensive abgeklärt hat. Keine noch so raffinierte
Spielart könnte sich dem Prozess entziehen, selbst
nicht das entsetzliche »Salz in offene Wunden streuen«.
Einmal muß es geschehen sein, aber man hatte es
vergessen bis zum Verzicht auf jede Vorstellung
einer Tatsächlichkeit, bis zur völligen Unmöglichkeit
des Bewußtwerdens. Man wandte es an, um die brüske
Erinnerung an einen Verlust, die unzarte Berührung
eines Seelenleids zu meinen : das gibt’s immer,| die
eigentliche Handlung, von der’s bezogen war, blieb
ungedacht. Hier ist sie : Als sich der alte Genosse beim Kartoffelschälen einen tiefen Schnitt
in die Hand zufügte, zwang ihn eine hohnlachende Gesellschaft von
Nazi, die stark blutende Hand in einen Sack mit Salz hineinzuhalten.
Das Jä|mmergeschrei des alten Mannes machte ihnen großen Spaß.
Wr|r andereu| aber mußten dann das blutige Salz für das Gefangenen-
essen verwenden. Aber auch dies ist unvorstellbar, und da es geschah,
das Wort nicht mehr brauchbar. Oder »mit einem
blauen Auge davonkommen«. Nicht allen ist es jetzt
im uneigentlichen Sinne gelungen ; manchen im
eigentlichen. Es war bisher eine Metapher. Und es
ist wieder eine nur dann, wenn das andere Auge
verloren ging ; oder auch dann nicht. Und etwas,
was wie die Fe|ust darauf paßt, was also das Maß
stoßen aus der Deutschen Arbeitsfront« läßt das
einer Kehlkopfverletzung beteiligt war ; und vollends
erfolgt die Absage an das Bildliche in dem Ver-
sprechen eines Staatspräsidenten : Wir sagen nicht : Auge um Auge, Zahn um Zahn, nein, wer uns ein
Auge ausschlägt, dem werden wir den Kopf abschlagen, und wer uns
einen Zahn ausschlägt, dem werden wir den Kiefer einschlagen. Es geschieht auch ohne diese Vorbedingung. Und
diese R
alle Wendu
oder brachialer Inhalt sich längst zum Sinn | geistige
Offensive abgeklärt hat. Keine noch so raffinierte
Spielart könnte sich dem Prozess entziehen, selbst
nicht das entsetzliche »Salz in offene Wunden streuen«.
Einmal muß es geschehen sein, aber man hatte es
vergessen bis zum Verzicht auf jede Vorstellung
einer Tatsächlichkeit, bis zur völligen Unmöglichkeit
des Bewußtwerdens. Man wandte es an, um die brüske
Erinnerung an einen Verlust, die unzarte Berührung
eines Seelenleids zu meinen : das gibt’s immer
ungedacht. Hier ist sie : Als sich der alte Genosse beim Kartoffelschälen einen tiefen Schnitt
in die Hand zufügte, zwang ihn eine hohnlachende Gesellschaft von
Nazi, die stark blutende Hand in einen Sack mit Salz hineinzuhalten.
Das J
W
essen verwenden. Aber auch dies ist unvorstellbar, und da es geschah,
das Wort nicht mehr brauchbar. Oder »mit einem
blauen Auge davonkommen«. Nicht allen ist es jetzt
im uneigentlichen Sinne gelungen ; manchen im
eigentlichen. Es war bisher eine Metapher. Und es
ist wieder eine nur dann, wenn das andere Auge
verloren ging ; oder auch dann nicht. Und etwas,
was wie die F
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Jerusalemer Konvolut, fol. [120] recto
Pagination oben rechts: "118". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
- Buntstift, rot
- #undefined
- Markierung für den Druck der Fackel Nr. 890: vertikale Linie Rechts
Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 22. 06. 1933 (zitierter Text)