| werde
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| er
| rs
| jedoch
| meinte,
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Die Bevölkerung ist von den Idealen begeistert,
aber schwer dazu zu erziehen, wenigstens
nicht außerhalb des Lagerswird vorübergehn ; ein Mädchen in Neuruppin bekam
eine Tafel um den Hals, da stand, sie sei ein
schamloses Frauenzimmer, weil siezu Horst Wessel
nicht aufgestanden ; in die Schlageter-Ausstellung
geht kein Mensch und bei einer Rundfrage des
Theaters in Erfurt bekam O▒fenbach mehr Stimmen
als Johst. Nichts | als Mißverständnisse, die Einhei-
mischen halten die Fremden für Juden, die Fremden
halten die Einheimischen für Barbaren,aber daß | die
Einheimischen untereinander nicht Bescheid wissen,
ist beschämend. Was soll aus Oberammergau
werden, wo schon Bayreuth der besonderen Weihe
bedarf, daß die Regierung die Freikarten aufkauft ?
Dort war ein tragische Konflikt zwischen Fremden-
verkehr und besserer Überzeugung aufgebrochen.
Zimmervermieter, die sich als Apostel verkleiden,
sind heißt es Nationalsozialisten geworden und
sollen Gewissensqualen ausstehen, weil sie jüdische
Typen darzustellen haben. Nun hatten sie sich, um das
peinliche Gefühl der Verstellung loszuwerden, gleich
die langen Bärte und Schmachtlocken wachsen lassen,
die sie für das Passionsspiel brauchen. Was ge-
schieht ? Volksgenossen aus dem Norden kommen,
sehen es und raufen ihnen dennatürlichen Bart, in
dem falschen Glauben, er seinatürlich. Bei solchem
leibhaftigen Anteil an der darzustellenden Passion
mußten sie erkennen, daß es keine mehr sei, und
machten den Vorschlag, die Bärte bis auf ein Mini-
mum zu entfernen und an Stelle des Leidens Christi das Leben Hitler darzustellen,
was | abgelehnt wurde|
da man annahm, dieses Thema würde keine Fremden herbeilocken.Man einigte sich schließlich auf den goldenen Mittel-
weg, die Spiele in ihrer alten Form beizubehalten
und nur durch wiederholtes Absingen des Horst
Wessel-Liedes aufzufrischen. Bezüglich der Darsteller
wurde verordnet, daß | der Christus nur ein blonder
aber schwer dazu zu erziehen, wenigstens
nicht außerhalb des Lagers
eine Tafel um den Hals, da stand, sie sei ein
schamloses Frauenzimmer, weil sie
geht kein Mensch und bei einer Rundfrage des
Theaters in Erfurt bekam O
als Johst. Nichts | als Mißverständnisse, die Einhei-
mischen halten die Fremden für Juden, die Fremden
halten die Einheimischen für Barbaren,
ist beschämend. Was soll aus Oberammergau
werden, wo schon Bayreuth der besonder
bedarf, daß die Regierung die Freikarten aufkauft ?
Dort war ein tragisch
verkehr und besserer Überzeugung aufgebrochen.
Zimmervermieter, die sich als Apostel verkleiden,
sind heißt es Nationalsozia
sollen Gewissensqualen ausstehen, weil sie jüdische
Typen darzustellen haben. Nun hatten sie sich, um das
peinliche Gefühl der Verstellung loszuwerden, gleich
die langen Bärte und Schmachtlocken wachsen lassen,
die sie für das Passionsspiel brauchen. Was ge-
schieht ? Volksgenossen aus dem Norden kommen,
sehen es und raufen ihnen den
dem falschen Glauben, er sei
leibhaftigen Anteil an der darzustellenden Passion
mußten sie erkennen, daß es keine mehr sei, und
machten den Vorschlag, die Bärte bis auf ein Mini-
mum zu entfernen und an Stelle des Leidens Christi das Leben Hitle
weg, die Spiele in ihrer alten Form beizubehalten
und nur durch wiederholtes Absingen des Horst
Wessel-Liedes aufzufrischen. Bezüglich der Darsteller
wurde verordnet, daß | der Christus nur ein blonder
| bei
| sitzen geblieben.
| f
| als Pech, nichts
| doch
|₰
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| echten
| der echte.
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Jerusalemer Konvolut, fol. [255] recto
Pagination oben rechts: "245". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
- Bleistift
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Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 08. 07. 1933 (zitierter Text)