sie nichts gelesen haben als die erschütternde
Schilderung der Tat von Köpenick und die Be-
schreibung eines Leichenzugs : Kein Wort hatte in den Zeitungen gestanden. Wer dem andern sagte,
daß heute die Ermordeten begraben werden, mußte mit Zuchthaus
wegen Verbreitung von Greuelmärchen rechnen. Wer kam, wußte, daß
ihm Verhaftung drohte. Aber sie waren gekommen. Arbeitslose nach
stundenweite
haft versteinertem Gesicht. Manche gingen mühsam mit Stöcken, die
müden Glieder, noch geschwollen von den Schlägen der Bestien, wollten
sie kaum tragen. Aber sie kamen ; und wenn sie nur das Bild behielten : die den Sarg trugen, waren selbst alle noch verbunden und zerschlagen— wer in ihrem Lager versagte sich da den Wunsch :
Alles, nur nicht Hitler ! ? Ihre eigene Zeitung
politisiert als meldet und die den Notschrei ver-
höhnt, zu dem sie herausfordert. Die neben solchen
Bildern der Hölle den Mut hat, von den »bösen
Nazi« zu scherzen, welche
das von den andern überschätzt wird. Aber solches
könnte sie doch (für sich, kaum für andere) nur dann
sittlich verantworten, wenn sie glaubhaft machen
könnte, daß vom Sieg des Retters mindestens die
gleiche Vernichtung droht, und wenn sie heroisch
entschlossen wäre, ihr zuvorzukommen und
die durch den Außenfeind zu wählen. Freilich,
um
indem ja die unselige Vorstellung, man wolle »den
Teufel durch Beelzebub austreiben«, jenem die de-
mokratische Mauer macht. Es ist eine fixe Gedanken-
losigkeit, wie nur
immer Hitler mit unserer Demokratie vorhabe, sie
muß unversehrt bleiben, damit er sie leichter ver-
sehr
Gewalt mit Auflösung ihrer Organisation vorgehen
zu wollen :
Legende
- Drucktext
- Typoskript
- Handschriftlicher Text, Karl Kraus
- Handschriftlicher Text, Druckerei oder Karl Kraus
- Graphenfolge in schwarzer Tinte
- Graphenfolge in Blei
- Graphenfolge in rotem Farbstift
- Graphenfolge in blauer Tinte
- Graphenfolge in blauem Farbstift
Getilgte GraphenfolgeZurückgenommene Tilgung- Unterstreichung
- Zurückgenommene Unterstreichung
- Graphenfolge mit Umrandung
- Zurückgenommene Umrandung
- Handschriftlicher Text, nachgezogen (keine Varianz erkennbar)
- Überschreibung mit Variante Überschreibung mit Varianz (Mouse-Over legt untere Textschicht frei)
- | – vereinheitlichtes Korrektur- und Einfügungszeichen
- – Tilgung (Deleatur)
- – Vertauschung (Transposition)
- Unsichere[?] Entzifferung[?]
- ¿¿¿¿¿¿¿ – nicht entzifferte Graphenfolge
- / – Start bzw. Ende einer Markierung für die Fackel Nr. 890-905
Jerusalemer Konvolut,
fol. [228] recto.
Standort, Signatur
National Library of Israel, Jerusalem, Abraham Schwadron Collection, Schwad 01 19 290.1.
Paginierung oben rechts: "219" (Schwarze Tinte (Karl Kraus))
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Textträger, Grundschicht,
Digitalisat
Gehört zu:
Druckfahnen – Fahnenabzüge (vor dem Umbruch), umfassen 268 von 293 Blatt des Konvoluts. Höhe 210 mm, Breite 142 mm. Druckqualität variabel: stellenweise Blitzer, vielfach Doublieren (‚Schmitze‘).
Leichte bis (vor allem bei den ersten Seiten) mittlere mechanische Schäden – Knicke, Risse, selten Fehlstellen – vor allem im Bereich der Blattränder. Vielfach verschmutzte Blattränder, im Blattinneren leichte bis selten mittlere Verschmutzung durch vmtl. Druckerschwärze, Griffecken und anderes. Stellenweise leicht stockfleckig. Brandschäden kleinsten Ausmaßes auf wenigen fols.
Digitalisiert von der National Library of Israel mit 300 dpi, 1.737 bis 2.016 Pixel Breite und 2.566 bis 2.816 Pixel Höhe.
Bearbeitungsschichten
- Schwarze Tinte (Karl Kraus)