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und »Pathos« ironisierte, sobald es »sich an die
Männerbrust schlug«. Es ist die öde Gewitztheit,
die auch »Huschhusch, die Waldfee !« machen konnte,
so daß man selbst diese im Original für das kleinere
Übel hielt ; wie alles Unzeitgemäße, von dem sie
sich mit einem eingestreuten »Hei !«, »Ha !«, »Hu !«
distanzierte, mit dem satirischen »traun, fürwahr«,
das weit ärger ist als das ernsthafte, oder gar mit
diesem enervierenden »erschröcklich«, das doch erst
so den Sinn erfüllt. Dieser Typus Schalk, selbst
Inbegriff aller Betriebsamkeit, durchschaute auch den
»Betrieb« und erkannte besonders die, die »in« etwas
»machen«, was psychischer Natur sein sollte, vor allem
»in Gesinnung«. Nun läßt sich der Satiriker Goebbels,
der schon »die hohe Wissenschaft hinter Aktbündeln
versteckt« sah, das Zugeständnis abringen, niemals
dürfe der Rundfunk nur in Gesinnung machenoder : damit will ich aber nicht etwa sagen, daß Kunst
Parademarsch sein müßte. Welcher einem dadurch sympathisch wird, abgesehen
von der Unehrlichkeit, die weiß, daß der Kunst nichts
anderes übrig bliebe, als eben das zu sein und darin
zu machen, selbst wenn sie vonNatur anders könnte.
Noch überraschender, zu hören, daß Goebbels auch
den »Hurrakitsch« ablehnt, dessen bloße Aussprache
durch den Berliner Mund einen der Sache geneigt
macht. Der Zivilisationsliterat kann aber auf das
satirische Klischee nicht verzichten, obschon es einer
Bewegung nahetritt, deren Wesen aus nichts als
Kitsch und Blut zusammengesetzt ist ; denn sein
Wesen| ist | die Unverbundenheit mit allem, worüber
er verfügt. So ist zwar noch keine Parole gegen das
Blut ausgegeben worden, wohl aber gegen den
Kitsch, in der irrtümlichen Annahme, daß etwas
Besseres herauskommen könnte. Denn der Mann,
dessen Züge faktisch weniger die neue Wirklichkeit
Männerbrust schlug«. Es ist die öde Gewitztheit,
die auch »Huschhusch, die Waldfee !« machen konnte,
so daß man selbst diese im Original für das kleinere
Übel hielt ; wie alles Unzeitgemäße, von dem sie
sich mit einem eingestreuten »Hei !«, »Ha !«, »Hu !«
distanzierte, mit dem satirischen »traun, fürwahr«,
das weit ärger ist als das ernsthafte, oder gar mit
diesem enervierenden »erschröcklich«, das doch erst
so den Sinn erfüllt. Dieser Typus Schalk, selbst
Inbegriff aller Betriebsamkeit, durchschaute auch den
»Betrieb« und erkannte besonders die, die »in« etwas
»machen«, was psychischer Natur sein sollte, vor allem
»in Gesinnung«. Nun läßt sich der Satiriker Goebbels,
der schon »die hohe Wissenschaft hinter Aktbündeln
versteckt« sah, das Zugeständnis abringen, niemals
dürfe der Rundfunk nur in Gesinnung machenoder : damit will ich aber nicht etwa sagen, daß Kunst
Parademarsch sein müßte. Welcher einem dadurch sympathisch wird, abgesehen
von der Unehrlichkeit, die weiß, daß der Kunst nichts
anderes übrig bliebe, als eben das zu sein und darin
zu machen, selbst wenn sie von
Noch überraschender, zu hören, daß Goebbels auch
den »Hurrakitsch« ablehnt, dessen bloße Aussprache
durch den Berliner Mund einen der Sache geneigt
macht. Der Zivilisationsliterat kann aber auf das
satirische Klischee nicht verzichten, obschon es einer
Bewegung nahetritt, deren Wesen aus nichts als
Kitsch und Blut zusammengesetzt ist ; denn sein
Wesen| ist | die Unverbundenheit mit allem, worüber
er verfügt. So ist zwar noch keine Parole gegen das
Blut ausgegeben worden, wohl aber gegen den
Kitsch, in der irrtümlichen Annahme, daß etwas
Besseres herauskommen könnte. Denn der Mann,
dessen Züge faktisch weniger die neue Wirklichkeit
| N
| ▒▒▒▒▒▒
| nichts als
Jerusalemer Konvolut, fol. [38] recto
Pagination oben rechts: "38". (Tinte, schwarz (Karl Kraus))
Textträger
Standort, Signatur:
Grundschicht, Material: Fahnenabzug, Höhe 210 mm, Breite 142 mm
Zustand
Bibliotheksstempel der National Library of Israel, Jerusalem, recto, unten rechts.
Weitere Textschichten
- Tinte, schwarz (Karl Kraus)
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Datierung (terminus post quem)
Grundschicht: 10. 05. 1933 (zitierter Text)